34R77/15s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarken WIEN-TICKET.AT und WIEN TICKET über die Rekurse der Antragstellerin gegen die Beschlüsse der Rechtsabteilung des Patentamts jeweils vom 23.3.2015, AM 3644/2013 7 und AM 3858/2013 8, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Rechtsmittelverfahren 34 R 77/15s und 34 R 78/15p werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führendes Verfahren ist 34 R 77/15s.
Beiden Rekursen wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Entscheidungen der Rechtsabteilung des Patentamts werden geändert und lauten:
«Die Wortmarken WIEN-TICKET.AT und WIEN TICKET sind in das Markenregister aufgrund der Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG für folgende Waren und Dienstleistungsklassen einzutragen:
9 : elektronische Publikationen (herunterladbar); Software;
35: Dateienverwaltung mittels Computer; Herausgabe von Werbetexten; Kundengewinnung und -pflege durch Versandwerbung (Mailing); Marketing; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Outsourcing-Dienste (Hilfe bei Geschäftsangelegenheiten); Sponsoring in Form von Werbung; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Telemarketing; Verkaufsförderung (Sales promotion) (für Dritte); Werbung; Werbung im Internet für Dritte;
38: Bereitstellung des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet; Bereitstellung von Online-Foren; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; Kommunikationsdienste mittels Computerterminals; Telefondienste; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet;
41: Auskünfte über Freizeitaktivitäten; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Durchführung von Spielen im Internet; Eintrittskartenvorverkauf (Unterhaltung); Filmvorführungen in Kinos; Informationen über Unterhaltungsveranstaltungen; Musikdarbietungen (Orchester); Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; Party-Planung (Unterhaltung); Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; Produktion von Shows; Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form); ausgenommen für Werbezwecke; Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Theateraufführungen;
42: Erstellen von Programmen zur Datenverarbeitung; Erstellung und Wartung von Internetseiten; Hosting von Internetseiten.»
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung
Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarken WIEN-TICKET.AT (= Verfahren 34 R 77/15s) und WIEN TICKET (= Verfahren 34 R 78/15p), jeweils für die Waren und Dienstleistungen der Klassen
9 : Computer und Datenverarbeitungsgeräte, insbesondere zur Abfrage, Darstellung, Bearbeitung und Ausgabe multimedialer Daten, insbesondere in Computernetzwerken und/oder im Internet; analoge, digitale und optische Datenträger, insbesondere Magnetdaten- und Magnetaufzeichnungsträger, Ton- und Bildaufzeichnungsgeräte, Schallplatten, CDs, Video-CDs, CD-Roms, DVDs, Disketten, Audio- und Videokassetten; elektronische Publikationen (herunterladbar); Software;
35: Dateienverwaltung mittels Computer; Herausgabe von Werbetexten; Kundengewinnung und -pflege durch Versandwerbung (Mailing); Marketing; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Outsourcing-Dienste (Hilfe bei Geschäftsangelegenheiten); Sponsoring in Form von Werbung; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Telemarketing; Verkaufsförderung (Sales promotion) (für Dritte); Werbung; Werbung im Internet für Dritte;
38: Bereitstellung des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet; Bereitstellung von Online-Foren; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; Kommunikationsdienste mittels Computerterminals; Telefondienste; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet;
41: Auskünfte über Freizeitaktivitäten; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Durchführung von Spielen im Internet; Eintrittskartenvorverkauf (Unterhaltung); Filmvorführungen in Kinos; Informationen über Unterhaltungsveranstaltungen; Musikdarbietungen (Orchester); Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; Party-Planung (Unterhaltung); Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; Produktion von Shows; Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form); ausgenommen für Werbezwecke; Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Theateraufführungen;
42: Erstellen von Programmen zur Datenverarbeitung; Erstellung und Wartung von Internetseiten; Hosting von Internetseiten.
Mit den nunmehr angefochtenen Beschlüssen wies das Patentamt jeweils die Eintragung für die Waren der Klasse 9 (teilweise in Bezug auf elektronische Publikationen [herunterladbar]; Software) und alle Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 41 und 42 aus dem Grund des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG ab. Die angemeldeten Zeichen würden nur als allgemeiner Hinweis darauf verstanden werden, dass die beantragten Waren und Dienstleistungen mit dem Verkauf von Tickets und/oder Eintrittskarten von in Wien stattfindenden Veranstaltungen im Zusammenhang stehen. Ohne österreichweiten Verkehrsgeltungsnachweis könne keine Marke erkannt werden. In Bezug auf eine Verkehrsgeltung würden die vorgelegten Unterlagen immer noch den Hauptmangel aufweisen, dass nicht die angemeldeten Wortzeichen sondern das bereits registrierte Wortbildzeichen (Markenanmeldung AM 3643/2013) dargestellt werde. Eine Registrierung ohne die Erbringung eines Nachweises der österreichischen Verkehrsgeltung sei nur für die Waren der Klasse 9, ausgenommen „elektronische Publikationen (herunterladbar); Software“, möglich. Darüber werde aber erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses entschieden werden.
Gegen diese Beschlüsse richten sich die Rekurse der Antragstellerin mit den Anträgen, die Beschlüsse aufzuheben und die Wortmarken in das Markenregister einzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse sind berechtigt.
1.1 Gemäß § 187 ZPO, gegen den heranzuziehen das Rekursgericht ungeachtet des Fehlens einer allgemeinen Verweisungsnorm im nach § 139 PatG iVm § 77c Abs 1 MSchG anzuwenden Außerstreitgesetz keine Bedenken hat (dogmatisch ist in Bezug auf § 12 Abs 2 AußStrG ein Größen- oder ein Analogieschluss zu ziehen; vgl RIS-Justiz RS0035344 [für das Insolvenzverfahren]), kann der Senat Verfahren verbinden, die zwischen den nämlichen Personen geführt werden, wenn dadurch zum Beispiel die Kosten und der Aufwand vermindert werden. Die verbundenen Verfahren können auch durch ein gemeinschaftliches Urteil entschieden werden (§ 404 Abs 2 ZPO). Die Anwendung dieser Bestimmungen ist nicht auf das Verfahren erster Instanz beschränkt (vgl Schragel in Fasching/Konecny 2 § 187 ZPO Rz 2; RIS-Justiz RS0037216).
1.2 Die Voraussetzung der Verbindung zur gemeinschaftlichen Entscheidung erachtet das Rekursgericht – neben der evidenten Parteienidentität – schon allein deswegen als gegeben, weil die Entscheidung im gegebenen Fall durch ein Rechtsmittel bekämpft werden könnte.
I. Zur Frage der Unterscheidungskraft:
2.1 Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist wie bei beschreibungsverdächtigen Zeichen anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen ( Koppensteiner, Markenrecht4 82; RIS-Justiz RS0079038).
Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C 108/97 – Chiemsee; C 104/00 P – Companyline; EuG T 471/07 – Tame it, Rn 15 mwN; C 398/08 – Vorsprung durch Technik; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix oder 4 Ob 49/14f – My TAXI).
Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – Oxi-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl OBm 1/13 – Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet aber nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl C 104/01 – Orange, Rn 58 und 59; C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).
2.2 Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 57). Die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rz 67 mwN der Rsp; C 104/01 – Orange , Rz 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]; vgl zuletzt 4 Ob 77/15z – Amarillo)
2.3 Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG sind zwar nach der Rechtsprechung des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06 – Eurohypo). Unterscheidungskraft fehlt bei einer Wortmarke aber jedenfalls dann, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft (C 304/06p – Eurohypo, Rz 69); eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (C 363/99 – Postkantoor, Rz 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OM 10/09 – Lümmeltütenparty; vgl 4 Ob 11/14t – Expressglass oder 4 Ob 49/14f – My TAXI).
2.4 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, nicht jedoch als Herkunftsangabe verstanden werden (vgl Koppensteiner, Markenrecht 4 71 mwN; Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 Rz 175 ff; RIS-Justiz RS0109431). Das heißt, die Verkehrskreise müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (vgl C 326/01 – Universaltelefonbuch mwN; C 494/08p – Pranahaus; vgl zuletzt 4 Ob 11/14t – Expressglass = RIS-Justiz RS0122383). Trifft das zu, kann auch Wortneubildungen die Unterscheidungskraft fehlen (4 Ob 38/06a – Shopping City; 4 Ob 28/06f – Firekiller; Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 § 8 Rz 120 mwN).
Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3], RS0090799, RS0066456; 4 Ob 116/03t – immofinanz; 17 Ob 27/07f – ländleimmo; OBm 1/12 – Die grüne Linie). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen.
Eine beschreibende Angabe liegt auch dann nicht vor, wenn ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff herstellt, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at). Ist somit die angemeldete Marke nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – Atelier prive; OBm 2/13 – Primera ua).
2.5 Das Verbot, ausschließlich beschreibende Zeichen oder Angaben als Marken einzutragen, soll verhindern, dass Zeichen oder Angaben als Marken eingetragen werden, die wegen ihrer Übereinstimmung mit der üblichen Art und Weise, die betroffenen Waren oder Dienstleistungen oder ihre Merkmale zu bezeichnen, die Funktion, das sie vertreibende Unternehmen zu identifizieren, nicht erfüllen können und die daher nicht die Unterscheidungskraft besitzen, die diese Funktion voraussetzt. Darunter fallen nur solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis des Verbrauchers die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können (vgl C 383/99 – Baby-Dry; 17 Ob 4/08z; Om 10/09, Obm 4/12).
3.1 Nach ständiger Rechtsprechung (vgl EUGH C 104/00 – Companyline; C 363/99 – Postkantoor ua) ist bei der Prüfung der Schutzfähigkeit das Zeichen in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Für die damit erforderliche Berücksichtigung aller Elemente eines Zeichens ergibt sich auch die Notwendigkeit, die einzelnen Elemente zu betrachten. Bei einer Wortkombination ist die Summe der Elemente einschließlich der sprachlichen Art der Wortverbindung zu prüfen, um zu einer Gesamtbeurteilung zu kommen.
3.2 Die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben besteht, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich diese Marke bezieht, verwendet werden, ist nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen (C 398/08 P – Vorsprung durch Technik, Rn 35 mwN). Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken sind daher nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RIS-Justiz RS0122385 [T1]). Sie sind dann nicht schutzfähig, wenn der Satz oder Satzteil nur eine beschreibende Aussage über die Ware oder Dienstleistung enthält (17 Ob 21/11d – echte Berge: als Synonym für prächtige, hohe Berge nicht unterscheidungskräftig). Anderes gilt, wenn die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthält (OBm 1/12 – Die grüne Linie mwN; 17 Ob 15/07s – we will rock you: unterscheidungskräftig für Ton- und Videoaufzeichnungen; VwGH 2009/03/0020 – Doc around the clock: unterscheidungskräftig für ärztliche Dienstleistungen).
3.3 Im Fall eines Werbeslogans ist insbesondere zu prüfen, ob er Bestandteile enthält, die über die offenkundige Werbeaussage hinaus die maßgebenden Verkehrskreise in die Lage versetzen, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen einzuprägen (EuG T 58/07 – Substance for Success, Rn 22; RIS-Justiz RS0122385 [T2]).
Das kann der Fall sein, wenn eine Wortfolge einen gewissen Interpretationsaufwand erfordert und eine gewisse Originalität und Prägnanz aufweist, die sie leicht merkfähig machen (vgl C 398/08 P – Vorsprung durch Technik; Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 § 8 Rz 144; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 Rz 104 f).
Einer sprachlich korrekten oder nicht unüblichen Wortverbindung, die in einer schlichten Aneinanderreihung von Begriffen besteht, der ein Aussagegehalt hinsichtlich der jeweiligen Waren und Dienstleistungen innewohnt, wird daher in aller Regel – unabhängig vom Vorliegen einer lexikalischen Eintragung – die Unterscheidungskraft abzusprechen sein ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 98).
4.1 Nach Ansicht der Antragstellerin sei die Unterscheidungskraft der Wortmarken WIEN-TICKET.AT und WIEN TICKET deshalb gegeben, weil in Bezug auf die beantragten Waren und Dienstleistungen eine entsprechende Auseinandersetzung und Denkarbeit der beteiligten Verkehrskreise nötig sei. Die jeweiligen Bezeichnungen deuten allenfalls darauf hin, dass die Antragstellerin Dienstleistungen in Bezug auf Eintrittskarten anbiete; diese Bezeichnungen würden aber nicht als Beschreibung der konkreten Dienstleistungen verstanden werden. Die Wortverbindungen WIEN-TICKET.AT und WIEN TICKET seien ihrer Struktur nach ungewöhnlich und bezeichneten keinen bekannten Ausdruck der deutschen Sprache zur Kennzeichnung der zur Registrierung beantragten Waren und Dienstleistungen oder des Unternehmens der Antragstellerin. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung komme den angemeldeten Zeichen sehr wohl Unterscheidungskraft in allen angemeldeten Klassen zu.
4.2 Ausgehend von den oben dargestellten Grundsätzen ist die Beurteilung des Patentamts in Bezug auf die fehlende Unterscheidungskraft der beantragten Wortzeichen nicht zu beanstanden. Das Rekursgericht hält die Begründung für zutreffend, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 139 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG). Die Antragstellerin bietet auch keine neuen Argumente, auf die einzugehen wäre.
II. Zur Frage der Verkehrsgeltung:
5.1 Die Beurteilung der Verkehrsgeltung erfordert jedoch eine differenzierte Betrachtung.
Grundsätzlich muss sich die Verkehrsgeltung auf die konkret angemeldete Marke beziehen, nicht auf ein davon abweichendes, bloß ähnliches Zeichen. Ist beispielsweise nur ein grafisch oder farbig ausgestaltetes Wort im Verkehr benutzt und bekannt, kann daraus nicht auf die Durchsetzung des Wortes an sich geschlossen werden ( Ströbele/Hacker, Markengesetz 11 , § 8 Rz 572; Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 Rz 319).
Die Maßgeblichkeit der angemeldete Marke ist insbesondere bei der Beurteilung von kombinierten Marken zu beachten. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass die Verkehrsgeltung einer Marke auch in Verbindung mit anderen Elementen oder als Teil einer anderen Marke erreicht werden kann. Gleichwohl darf aus der Benutzung und Durchsetzung einer Kombination mit mehreren Bestandteilen aber nicht zwangsläufig auch die Eintragungsfähigkeit eines dieser Bestandteile hergeleitet werden. Ebenso wenig reicht die Benutzung und die darauf beruhende Durchsetzung eines Bestandteils in jedem Fall für die Eintragung einer diese Bestandteile enthaltenen Kombinationsmarke; oder anders gesagt: Aus der Durchsetzung der Kombination ergibt sich naturgemäß nicht die Eintragbarkeit aller ihrer Komponenten ( Ingerl/Rohnke, Markengesetz³ Rz 323).
5.2 Was den Erwerb von Unterscheidungskraft durch Benutzung angeht, so muss die Tatsache, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen, auf der Benutzung der Marke als Marke beruhen (C 299/99 – Philips, Rn 64). Die Erfüllung dieser letztgenannten Voraussetzung verlangt nicht notwendigerweise, dass die Marke, deren Eintragung beantragt wird, eigenständig benutzt worden ist. Der Ausdruck „Benutzung der Marke als Marke“ ist also so zu verstehen, dass er sich nur auf eine Benutzung der Marke bezieht, die der Identifizierung der Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend durch die angesprochenen Verkehrskreise dient. Eine solche Identifizierung und damit der Erwerb der Unterscheidungskraft können sich sowohl aus der Benutzung eines Teils einer eingetragenen Marke als deren Bestandteil als auch aus der Benutzung einer anderen Marke in Verbindung mit einer eingetragenen Marke ergeben (C 353/03 – Mars, Rn 27–30).
5.3 Für eine zutreffende Beurteilung der markenmäßigen Benutzung eines angemeldeten Bestandteils einer durchgesetzten Kombination ist vorab zu klären, in welchem Verhältnis die einzelnen benutzten Elemente zueinander stehen. Eine Bedeutung für die Frage der Verkehrsgeltung haben nur zusätzliche Elemente, die eine für die beteiligten Verkehrskreise nachvollziehbare Verbindung mit der angemeldeten Marke eingehen. Solche Verbindungen können insbesondere durch die räumliche Nähe oder die Einbindung in ein emblemartiges Gesamtgebilde deutlich werden ( Ströbele/Hacker, Markengesetz 11 , § 8 Rz 575).
Bei Verbindungen mit sonstigen Zusätzen kann von einem eigenständigen Herkunftshinweis der angemeldeten Marke dann ausgegangen werden, wenn die sonstigen Elemente daneben keine eigenständige kennzeichnende Wirkung entfalten. Es kommt aber nicht auf die markenrechtliche Schutzfähigkeit des Zusatzes an sich an; maßgeblich ist vielmehr dessen Bedeutung innerhalb der Kombination. Bei benutzten Wort-Bild-Kombinationen kann davon ausgegangen werden, dass solche Verbindungen regelmäßig durch das Wort als einfachste Benennungsform gekennzeichnet werden ( Ströbele/Hacker, Markengesetz 11 , § 8 Rz 578).
5.4 Die Feststellung, ob ein bestimmtes Zeichen für den Anmelder durchgesetzt ist, ist eine Tatsachenfrage (RIS-Justiz RS0043668; OBm 3/13 – Steirerfleisch). Die Gesichtspunkte, die aufzeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die betreffende Ware oder Dienstleistung zu kennzeichnen, müssen umfassend geprüft werden. Zu berücksichtigen sind insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil; die Intensität; die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung dieser Marke; der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke; der Anteil der angesprochenen Verkehrskreise, der die Ware oder Dienstleistung aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt; sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden (C 108/97 und C 109/97 – Chiemsee, Rn 49 und 51; C 353/03 – Mars, Rn 31). Es muss aber ein beträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise im Zeichen einen eindeutigen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erblicken (vgl RIS-Justiz RS0078751), ohne dass der Namen des Zeichenträgers bekannt sein muss (17 Ob 1/07g). Dabei genügt es, dass die beteiligten Verkehrskreise an Waren oder Dienstleistungen der Antragsstellerin denken, wenn sie das Zeichen sehen (vgl RIS-Justiz RS0105403).
6.1 Zuzustimmen ist der Antragsstellerin, dass die angemeldeten Wortzeichen in der registrierten Wortbildmarke vollständig enthalten sind. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen ist aber zu prüfen, ob diese (Wort-)Bestandteile auch in den zum Nachweis der Verkehrsgeltung vorgelegten Unterlagen und Dokumenten als eigenständiges Zeichen in der Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise haften geblieben sind und daher in Alleinstellung auch eine Herkunfstfunktion erfüllen.
6.2 Auch wenn aus den Entscheidungen des Patentamts die Gewichtung der maßgeblichen Verhältnisse der einzelnen Elemente nicht hervorgeht, ist das Rekursgericht an das Faktum gebunden, dass die Wortbildmarke aufgrund eines Verkehrsgeltungsnachweises für alle beantragten Waren- und Dienstleistungsklassen eingetragen wurde.
In der Wortbildmarke
treten in der Wahrnehmung die Wortelemente „WIEN-TICKET.AT“ gegenüber dem Hörerzeichen (samt Kabel) und der angeführten Telefonnummer doch deutlich in den Vordergrund, sodass – ohne demoskopische Ermittlung oder anderweitiger Prüfung – davon ausgegangen werden kann, dass die Wortbestandteile die maßgeblichen Elemente für den Herkunftsnachweis sind. Weder die grafische Ausgestaltung durch das Zeigen eines Telefonhörers (samt Kabel) noch das Anführen einer Telefonnummer, die nach Ansicht des Rekursgerichts im konkreten Fall überhaupt keinen Wiedererkennungswert vermittelt, sind geeignet, Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu identifizieren. Gerade dann, wenn der Bildbestandteil (Telefonhörer) eine schwache Unterscheidungskraft aufweist, fehlt diesem Markenbestandteil jeglicher Hinweis für eine Zuordnung zu einem Unternehmen; dies gilt auch für die angeführte Telefonnummer. Die Identifizierung und damit der Erwerb der Unterscheidungskraft in Form der Verkehrsgeltung liegt daher ausschließlich in der Benutzung der (Wort-)Teile der eingetragenen Wortbildmarke.
6.3 Auch wenn der OPMS es in der Regel als unwahrscheinlich ansah, dass die Verwendung aller Teile im Laufe der Zeit dazu führen, dass die Verkehrskreise auch in der Verwendung des rein beschreibenden Wortbestandteils einen Unternehmensbezug erkennen, wenn erst die Kombination bloß beschreibender Markenelemente eine Zuordnung möglich macht, einzelne Teile aber dafür nicht ausreichen (OBm 3/13 – Steirerfleisch), trifft dies im konkreten Fall nicht zu. In Würdigung der gegeben Umstände kann – ohne weitere Beweisaufnahme – ausnahmsweise davon ausgegangen werden, dass die vorgelegten Verkehrsgeltungsnachweise (auch) für die Wortzeichen WIEN-TICKET.AT und WIEN TICKET ausreichen. Aufgrund der Gewichtung der maßgeblichen Verhältnisse der Bestandteile der eingetragenen Wortbildmarke in der Wahrnehmung wird der Durchschnittsverbraucher nach Auffassung des Rekursgerichts trotz des beschreibenden Charakters der Wortzeichen die konkreten Waren und Dienstleistungen „als von den bestimmten Unternehmen stammend erkennen“ (C 108/97 und C 109/97 – Chiemsee, Rn 47 und 52). Für die (erfolgte) Benutzung der Marke als Marke waren die Bild- und Zahlenelemente für die Identifizierung unbeachtlich.
Es sind daher ausnahmsweise keine weiteren Nachweise für die Verwendung der Wortzeichen in Alleinstellung erforderlich.
Die Entscheidungen des Patentamts waren daher abzuändern und jeweils die Eintragung anzuordnen.
7. Grundsätzlich können Rekursentscheidungen im Verfahren außer Streitsachen nach Maßgabe des § 62 AußStrG mit Revisionsrekurs angefochten werden. Dessen ungeachtet wäre ein Rechtsmittel der allein hiezu legitimierten Antragstellerin zurückzuweisen, weil ihr Rekurs vollständig erfolgreich war und sie durch die Entscheidung des Rekursgerichts nicht beschwert ist (RIS-Justiz RS0006880 uva). Der Revisionsrekurs ist daher jedenfalls unzulässig; ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands entfällt.