34R74/15z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Schutzgewährung gegenüber der internationalen Wortmarke 9monate (IR 1168127) über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 7.4.2015, IR 259/2014 7, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung der Rechtsabteilung des Patentamts wird geändert und lautet:
«Die internationale Marke IR 1168127 „9monate“ wird für folgende Waren- und Dienstleistungen in nachstehenden Klassen zum Schutz in Österreich zugelassen:
09 Elektronische Publikationen (herunterladbar)
16 Druckereierzeugnisse aller Art, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften
35 Werbung, Geschäftsführung, Anzeigenvermittlung, Anzeigenverwaltung; Sammeln, Systematisieren und Aktualisieren von Daten in einer Computerdatenbank, insbesondere sozialer Nachrichteninhalte
38 Telekommunikation; Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen im Internet, insbesondere in Bezug auf soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse, Bereitstellung von Portalen im Internet, insbesondere in Bezug auf soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Bereitstellen des Zugriffs auf Informationsangebote im Internet, insbesondere in Bezug auf soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse; Dienstleistungen eines Online-Anbieters, nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf und Übermitteln von Informationen, insbesondere in Bezug auf soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse; Bereitstellung eines Internet-Chatrooms, insbesondere in Bezug auf soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse; Bereitstellung eines multimedialen Diskussionsforums im Internet zu Themen rund um soziale Dienstleistungen
41 Bereitstellung von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar), ausgenommen für Werbezwecke; Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen auch in elektronischer Form und im Internet, ausgenommen für Werbezwecke.»
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Inhaberin der internationalen Wortmarke IR 1168127 mit Priorität vom 21.9.2012 (DE 30 2012 050 171.0/38)
9monate ,
eingetragen in den Waren- und Dienstleistungsklassen
09 Electronic publications (downloadable).
16 Printed matter of all kind, in particular newspapers and magazines.
35 Advertising, business management, advertising agency services, advertising management, collecting, systematizing and updating data in a computer database, especially with social news content.
38 Telecommunication; providing access to information on the Internet, particularly in relation to social services referring to individual needs, providing access to portals on the internet, particularly in relation to social services referring to individual needs, news and image transmission by computer; providing access to information on the Internet, particularly in relation to social services referring to individual needs; services of an online provider, namely providing access to and transmission of information, particularly in relation to social services referring to individual needs, providing an Internet chat rooms, particularly in relation to social services referring to individual needs, providing a multimedia discussion forum on the Internet on topics related to social services.
41 Providing electronic publications (not downloadable), except for advertising purposes; publishing of publishing house and printed matter products also in electronic form and on the Internet, except for advertising purposes.
Sie vertrat die Auffassung, das Zeichen sei unterscheidungskräftig, weil die beiden Elemente „9“ und „Monate“ zusammen in einem Wörterbuch nicht zu finden seien und nur einen Zeitraum beträfen. Das Verständnis des Zeichens erfordere gewisse Gedankenoperationen, weil es den Rückgriff auf das Wissen erfordere, dass neun Monate der Dauer einer „normalen“ Schwangerschaft entsprächen. Es handle sich um ein sprechendes Zeichen, das nur mit einem bestimmten Gedankenaufwand Rückschlüsse auf die so gekennzeichneten Waren zulasse, aber nicht direkt und rein beschreibend sei. Zahlreiche, manchmal sogar beschreibende Zeitschriftentitel seien als Wortmarken in Österreich eingetragen.
Nach einer Belehrung durch das Patentamt mit Schreiben vom 10.2.2015 zog die Antragstellerin den zunächst erklärten Verzicht auf Gewährung des Schutzumfangs für die Klasse 16, 35 und 38 mit Schriftsatz vom 16.2.2015 wieder zurück. Für die beiden Klassen 9 und 41 behauptete sie die Erlangung von Verkehrsgeltung und legte zum Nachweis Urkunden vor (ON 5 und 7). Weitere Nachweise brachte sie innerhalb einer vom Patentamt ebenfalls mit Schreiben vom 10.2.2015 eingeräumten Frist nicht mehr ein.
Mit dem angefochtenen Beschluss verweigerte das Patentamt die Schutzgewährung zur Gänze. Der Schutzzulassung stehe zwar nicht das Hindernis einer ausschließlich beschreibenden Angabe nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG, aber jenes der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG entgegen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden im vorliegenden Zeichen in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen in allen Klassen nur einen Hinweis erkennen, der typischerweise für die Angabe der Dauer einer Schwangerschaft verwendet werde. Angesprochen seien neben den Durchschnittsverbrauchern auch Fachkreise, die beispielsweise in Zeitschriften Anzeigen schalten würden. Die Verbindung eines Worts mit einer Zahl sei überdies äußerst geläufig. Eine präjudizielle Bindung – etwa auch an die Registrierung des angemeldeten Zeichens in Deutschland – bestehe nicht. Die vorgelegten Urkunden reichten weder qualitativ noch quantitativ aus, um den Nachweis der Verkehrsgeltung zu erbringen, denn aus ihnen ergebe sich nicht, dass das Zeichen in ganz Österreich verbreitet sei.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Abänderungsantrag, dem Zeichen in Österreich Schutz im beantragten Umfang, hilfsweise nur in den Klassen 9 und 41 zu gewähren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
1. Rechtsfolge der beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf vorgenommenen Registrierung einer internationalen Marke ist grundsätzlich, dass diese in jedem Vertragsstaat (auf den sich der Schutz erstreckt, vgl Art 3 bis Abs 1 und 3 ter MMA/PMMA) ebenso geschützt ist, wie wenn sie in jedem der betroffenen Vertragsländer unmittelbar hinterlegt (eingetragen) worden wäre (Art 4 Abs 1 S 1 MMA/PMMA; Koppensteiner, Markenrecht 4 243; 4 Ob 128/03g; OPM Om 4/10).
Die Behörde eines Verbandslandes, der eine internationale Registrierung notifiziert wurde, kann diese wie eine nationale Anmeldung prüfen, sie ist bei der Prüfung allerdings gemäß Art 5 MMA/PMMA auf die in Art 6 quinquies Teil B Z 2 der PVÜ genannten Gründe beschränkt (Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 2 Rz 84 f). Im Fall der Versagung des Schutzes durch das österreichische Patentamt hat der Antragsteller dieselben Rechtsmittel, die er hätte, wäre ein Eintragungsantrag im Schutzverweigerungsland gestellt worden, er kann dagegen also auch mit Rekurs nach § 37 MSchG vorgehen (Koppensteiner, Markenrecht 4 , 243 mwH; Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 2 Rz 101).
2. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
2.1. Ob einer Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist wie bei beschreibungsverdächtigen Zeichen anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht 4 82; RIS-Justiz RS0079038). Diese Eigenschaft kommt einer Marke zu, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann und so die Ursprungsidentität garantiert, sodass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C 108/97 – Chiemsee; C 104/00 P – Companyline ; C 398/08 – Vorsprung durch Technik; C 104/01 – Orange, Rz 62; EuG T 471/07 – Tame it , Rz 15 mwN; RIS-Justiz RS0118396; in letzter Zeit etwa 4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix; 4 Ob 49/14f – My TAXI) .
2.2. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OBm 3/12 – Lounge.at, unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11 – Starsat; OBm 1/13 – Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist: Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl C 104/01 – Orange , Rz 58 und 59; C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).
2.3. Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 57). Die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73; C 104/01 – Orange, Rz 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]).
2.4. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06 – Eurohypo ; Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 171 ff). Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (C 304/06 P – Eurohypo, Rz 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL (C 363/99 – Postkantoor, Rz 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OPM OM 10/09 – Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t – EXPRESSGLASS; 4 Ob 49/14f – My TAXI).
2.5. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen dann als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt, das Publikum muss sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (C 326/01 – Universaltelefonbuch, Rz 33 mwN; C 494/08 P – Pranahaus ; vgl zuletzt auch 4 Ob 11/14t – EXPRESSGLASS = RIS-Justiz RS0122383 [T1]; RS0117763, RS0066456, RS0066644).
2.6. Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; RS0090799, RS0066456; 4 Ob 116/03t – immofinanz; 17 Ob 27/07f – ländleimmo; OBm 1/12 – Die grüne Linie) .
Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, solange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt also ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über Herstellung oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at).
Ist die angemeldete Marke mit anderen Worten nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – Atelier Prive ; OBm 2/13 – Primera ua; 4 Ob 66/02p – Cornetto).
2.7. Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50 – Merkur-Versicherungspass; ÖBl-LS 01/175 – Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y – Summer Splash; 4 Ob 10/03d – More).
2.8. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).
3. Auf dieser Grundlage besitzt das Zeichen wenngleich nur geringe, jedoch für die nationale Schutzgewährung ausreichende Unterscheidungskraft.
3.1. Zunächst verweist die Antragstellerin darauf, dass der angefochtene Beschluss die Schutzverweigerung für eine Marke „9months“ ausgesprochen habe. Ungeachtet des Umstands, dass das Rekursgericht im Einklang mit der Argumentation der Antragstellerin davon ausgeht, dass es sich dabei um einen verbesserbaren Schreibfehler handelt, ist darauf schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil das Rekursgericht ohnedies die Schutzgewährung ausspricht.
3.2. Beteiligte Verkehrskreise sind hier alle Personen, die als Interessenten oder Abnehmer für die beantragten Waren und Dienstleistungen in Betracht kommen, also die von der Rechtsabteilung bereits bezeichneten Fachkreise (potenzielle Inserenten) und die normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (RIS-Justiz RS0079038).
3.3. Hinsichtlich der Schutzklassen 16 und 41 verweist die Antragstellerin unter Wiedergabe der in Deutschland vertretenen und auch auf Österreich übertragbaren Lehre und Judikatur für den markenrechtlichen Schutz von Zeitschriftentitel auf die Entscheidung 34 R 73/14a (STYLEBOOK, LOOKBOOK) des Rekursgerichts (siehe auch OLG Wien 34 R 49/14x – DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK). Allerdings gibt der Rekurs die Entscheidung verkürzt wieder, denn dort heißt es:
«Bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln soll bei der Prüfung der Unterscheidungskraft kein allzu strenger, sondern ein eher großzügiger Maßstab angelegt werden, weil seit jeher auf dem Markt Zeitungen und Zeitschriften unter mehr oder weniger farblosen Titeln angeboten werden; glatt beschreibende Angaben sind dabei dennoch von der Registrierung ausgeschlossen (Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 231 f mwH; BGH I ZR 152/96 – Szene; Berlit, Markenrecht9 Rz 46a mwN der Rsp des BGH).
Diese Grundsätze bedeuten jedoch nicht – wie in den Rekursen vertreten –, dass die Schutzfähigkeit nach § 80 Abs 1 UrhG gleichbedeutend mit der Bejahung der Kennzeichnungskraft nach § 1 MSchG ist; vielmehr ist die Prüfung der Schutzverweigerungsgründe nach § 4 MSchG dennoch vorzunehmen. Mit anderen Worten zieht die Bejahung des (urheberrechtlichen) Titelschutzes nicht zwingend jene der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft nach sich, da an den Titelschutz geringere Anforderungen zu stellen sind (Ströbele/Hacker, MarkenG 3 § 8 Rz 186 mwH; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 141; zu „Steuerprofi“ Engin-Deniz, MSchG 2 93).»
Daraus resultiert, dass das Zeichen im Umfang seiner nationalen Schutzgewährung auch in den Klassen 9 und 41 im Wesentlichen denselben Kriterien zu entsprechen hat, wie in den übrigen beanspruchten Waren- und Dienstleistungsklassen.
3.4. Die Unterscheidungskraft einer Wortverbindung hängt wie gesagt davon ab, ob sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Waren und/oder Dienstleistungen bzw das Unternehmen zu bezeichnen oder dessen wesentliche Merkmale wiederzugeben (ÖBl 2002/25 – Internetfactory). Die Verbindung von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist dann nicht rein beschreibend, wenn die der Struktur nach dadurch geschaffene ungewöhnliche Zusammensetzung dieser Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen (ÖBl 2002/25 – Internetfactory ; 4 Ob 186/03m – djshop). Es sind nämlich sämtliche Bestandteile und diese als Ganzes zu betrachten (C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit , Rz 27 f; Koppensteiner , Markenrecht 4 77 f mwN).
3.5. Die Beantwortung der Frage der Schutzfähigkeit der zusammengesetzten Wortmarke 9monate stellt daher darauf ab, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als beschreibenden Hinweis auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen verstehen (RIS-Justiz RS0109431). Enthält das Zeichen hingegen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (RIS-Justiz RS0109431 [T3, T4: Internetfactory]; MR 1999, 354 – Wirtschaftswoche; ÖBl-LS 01/20 – E-MED ; 4 Ob 237/01h = wbl 2002, 182 – drivecompany; OPM 4/01 – Holztherm; OPM 7/01 – DERMACURE).
3.6. Anders als die Rechtsabteilung ist das Rekursgericht im Rahmen der im Eintragungsverfahren stets anzustellenden Prognose der Auffassung, dass die im Zeichen enthaltene und ungeachtet des fehlenden Leerzeichens zwischen der Ziffer 9 und dem Wortteil sofort erfassbare Zeitangabe nicht sofort und ohne weiteres Nachdenken auf die üblicherweise so angegebene Dauer einer Schwangerschaft hinweist, weil dies weder ein zwingender noch ein ad hoc naheliegender Schluss ist, der ohne weitere Denkarbeit gezogen werden könnte. Denn diese bloße Zeitangabe kann sich auf die Dauer aller möglichen Erlebnisse beziehen, etwa auf die Dauer einer Beziehung (zu denken ist hier zB an den auch von der Zahl 9 dominierten Filmtitel „neuneinhalb Wochen“) oder einer längeren Reise oder auch auf das Lebensalter eines gerade heranwachsenden Kleinkinds. Ausgehend von den umfassten Waren und Dienstleistungen ist es daher keineswegs so, dass das angesprochene Publikum ohne Weiteres eine Assoziation mit einer Schwangerschaft herstellen wird. Abgesehen davon umfasst eine solche nicht automatisch auch die Geburt und die ersten Lebensmonate, sodass auch diese vom Publikum allenfalls angestellte weitere Überlegung dazu führt, dem Zeichen eine gewisse, wenngleich geringe Unterscheidungskraft zuzubilligen. Ein von vornherein eindeutiges und ohne Gedankenoperationen zu erlangendes Begriffsverständnis ist angesichts der beanspruchten Waren und Dienstleistungen somit nicht gegeben. Ruft die angemeldete Marke demnach bei den beteiligten Verkehrskreisen nicht mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art oder die Eigenschaft der damit bezeichneten Waren oder Dienstleistungen hervor, so besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl 4 Ob 66/02p – Cornetto uva; zB auch OLG Wien 34 R 21/14d – SHIFTING THE LIMITS; 34 R 96/14h – FLATPROVIDER).
3.7. Ob der Antragstellerin der Nachweis der Verkehrsgeltung gelungen ist (§ 4 Abs 2 MSchG), wie im Rekurs auf Tatsachenebene ergänzend argumentiert wird, ist damit nicht zu prüfen, weil der Marke ohnedies eine ausreichende originäre Unterscheidungskraft zukommt.
3.8. Dem Rekurs war daher Folge zu geben und die Eintragung anzuordnen, ohne dass auf das weitere Argument der angeblich präjudiziellen Wirkung von Entscheidungen deutscher oder Schweizerischer Behörden einzugehen wäre (siehe dazu aber 4 Ob 11/14t – EXPRESSGLASS; RIS-Justiz RS0125405; C 37/03 P – BioID, Rz 47; C 39/08 und C 43/08 – Schwabenpost und Volks.Handy, Rz 39; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 75 ff mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 70).
4. Grundsätzlich können Rekursentscheidungen im Verfahren außer Streitsachen nach Maßgabe des § 62 AußStrG mit Revisionsrekurs angefochten werden. Dessen ungeachtet wäre ein Rechtsmittel der allein hiezu legitimierten Antragstellerin zurückzuweisen, weil ihr Rekurs vollständig erfolgreich war und sie durch die Entscheidung des Rekursgerichts nicht beschwert ist (RIS-Justiz RS0006880 uva). Der Revisionsrekurs ist daher jedenfalls unzulässig; ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands entfällt.