34R53/15m – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 271.396 über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 7.10.2014, WM 120/2013 4, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung
Die Antragstellerin widersprach der Wortmarke (angegriffene Marke) AT 271.396 mit dem Anmeldedatum 3.12.2012:
deren Eintragung die Antragsgegnerin beantragt hatte und die in den folgenden Warenklassen eingetragen ist:
29 Konserviertes Obst und Gemüse;
31 Frisches Obst und Gemüse.
Die Antragstellerin berief sich dabei (zunächst nur) auf die ältere internationale Wortbildmarke IR 862.187 mit dem Registerdatum 4.8.2005 und der Priorität 12.3.2005 (DE 305 15 189.4/16):
die (in deutscher Übersetzung) in folgenden Waren- und Dienstleistungsklassen mit diesem Schutzumfang eingetragen ist:
16 Druckereierzeugnisse; Buchbindearbeiten: Fotografien; Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsapparate (ausgenommen Apparate);
25 Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;
28 Spiele, Spielzeug; Spielkarten;
30 Kaffee, Tee, Kakao und Kaffeeersatzmittel; Reis, Tapioca und Sago; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis; Zucker, Honig, Melassesirup: Hefe; Backpulver; Salz; Senf; Essig; Saucen; (Würzmittel); Gewürze; Kühleis;
41 Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.
Die angegriffene Marke sei in Bezug auf alle Waren zur Verwechslung mit der Widerspruchsmarke geeignet.
Mit sog Nachtrag zum Widerspruchsformular vom 24.7.2013 stützte die Antragstellerin den Widerspruch auch noch auf die Wortmarke AT 165.941 und die internationale Wortbildmarke IR 863.134. Dazu teilte das Patentamt der Antragstellerin mit Schreiben vom 31.7.2013 (ON 2) mit, dass die Frist zur Einbringung des Widerspruchs am 20.7.2013 abgelaufen sei und die weiters geltend gemachten Widerspruchsmarken daher nicht berücksichtigt werden könnten.
Die Antragsgegnerin bestritt das Vorliegen von Verwechslungsgefahr und argumentierte, es bestehe keine Ähnlichkeit in bildlicher und in phonetischer Hinsicht. Die angegriffene Marke stehe in direktem Zusammenhang mit Gemüse, nicht jedoch mit dem Schutz und Erhalt des Regenwalds.
Das Patentamt wies mit dem angefochtenen Beschluss den Widerspruch ab. Es verneinte die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen und davon ausgehend das Bestehen von Verwechslungsgefahr.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Widerspruch stattzugeben.
Die Antragsgegnerin erstattete keine Rekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]; RW0000786; RW0000810). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden (Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl EuGH C 39/97 – Cannon/Canon , Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 117 mwN bei FN 108).
1.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB EuGH C 191/11 P – Yorma’s , Rz 43; EuG T 599/10 – Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 – T One mwN; ÖBl 2003, 182 – Kleiner Feigling ua; R
IS Justiz RS0121500 [insb T4], RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).
1.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).
So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH C 39/97 – Cannon/Canon; ecolex 2002, 444). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d – FIRN; 17 Ob 36/08f – KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).
1.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (EuGH C 591/12 P – Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21; RIS Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45 – Texhages/Texmoden ; ÖBl 1991, 93 – quattro/Quadra ; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; ecolex 2003, 608 – More; RIS Justiz RS0078944; EuGH C 342/97 – Lloyd , Rz 26).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227 – Ritter/Knight; RIS Justiz RW0000786).
1.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a – GO ; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g – Ionit/Isonit). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y – Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS Justiz RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156 – Loctite mwN; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara ; ÖBl 1999, 82 – AMC/ATC ; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106 – Sabel/Puma , Rz 23; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; ecolex 2003, 608 – More ; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; EuGH C 120/04 – Thomson life, Rz 28; C 591/12 P – Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (EuGH C 342/97 – Lloyd, Rz 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799 – LTJ Diffusion, Rz 52; C 104/01 – Orange , Rz 64).
1.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753, insb [T9]; EuGH C 251/95 – Sabel/Puma; C 206/04 – Muelhens). Für das Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22]; Om 4/02 – Kathreiner). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y – Hotel Harmonie/Harmony Hotels). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74 = SZ 47/103 – Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p – Junkerschinken).
1.7. In klanglicher Hinsicht haben Endungen im Allgemeinen einen erheblichen Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164 – Palmers/Falmers mwN; 4 Ob 29/98b – GARANTA ; 4 Ob 225/03x – luminos/LUMINA ; RIS-Justiz RS0079438).
1.8. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner, Markenrecht 4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154 – Preishammer; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d – More).
1.9. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b – gotv; 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t – Peter Max/Spannmax; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01 = PBl 2002, 135 – Jack Jones; 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t – Jukebox; RIS-Justiz RS0079033 [T20]; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]).
Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04 – Thomson life) kann – übereinstimmend mit der vorgenannten, jüngeren Rechtsprechung – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t – Jukebox ; Om 12/10 PBl 2011, 67 – PeakZero; jüngst 4 Ob 181/14t – Peter Max/Spannmax) .
1.10. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (EuGH C 193/06 P – Quick/Quicky).
2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr zu verneinen.
2.1. Die Rekurswerberin zieht die mit formlosem Schreiben vom 31.7.2013 mitgeteilte Ansicht der Rechtsabteilung, wonach die mit Schriftsatz vom 24.7.2013 weiteren beiden Widerspruchsmarken nicht zu berücksichtigen seien, weil sie verspätet – nämlich nach Ablauf der Frist des § 29a Abs 3 MSchG – geltend gemacht worden seien, nicht in Zweifel. Auf sie ist daher im Rekursverfahren nicht weiter einzugehen (RIS-Justiz RS0043903 [insb T6]; RS0043338; RS0043352).
2.2. Die Antragstellerin kritisiert die verneinende Beurteilung der Rechtsabteilung zur Warenähnlichkeit und sieht darin eine Mangelhaftigkeit.
2.3. Ein Verfahrensmangel ist vorweg zu verneinen, weil die Rechtsabteilung sehr wohl einen Ähnlichkeitsvergleich vorgenommen und ihr Ergebnis auch abschließend begründet hat (Beschluss, S 3). Eine allenfalls unrichtige Beurteilung bewirkt jedoch keine Mangelhaftigkeit, weil kein notwendiger Entscheidungsbestandteil fehlt.
2.4. Faktoren bei der Prüfung der Warenähnlichkeit sind insbesondere Art, Verwendungszweck, Nutzung und Eigenart der miteinander konkurrierenden oder einander ergänzenden Waren oder Dienstleistungen (EuGH C 9/97 – Cannon/Canon, Rz 23). Waren sind daher dann gleichartig oder ähnlich, wenn sie nach Auffassung der beteiligten Verkehrskreise, also der Abnehmer der betreffenden Waren, gegebenenfalls auch der den Absatz vermittelnden Händlerkreise, in einem solchen Zusammenhang stehen, dass durch den Gebrauch des Zeichens die Annahme hervorgerufen werden könnte, dass sie aus demselben oder aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn nach den in dem betreffenden Geschäftszweig herrschenden Verhältnissen die Vereinigung der Erzeugung oder des Vertriebs in einem Unternehmen naheliegt, die Waren eine verwandte Zweckbestimmung haben und der Abnehmerkreis weitgehend derselbe ist (Om 2/84 = PBl 1984, 204 mwN; Om 3/13 – ARCCOS/ARCHOS). Als relevante Faktoren kommen auch die Gemeinsamkeit der Waren nach ihrer stofflichen Beschaffenheit, ihrem Verwendungszweck, ihrer Vertriebsstätte und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren in Betracht (4 Ob 18/02d opus one; 17 Ob 36/08f – KOBRA/cobra-couture.at). Bei der Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit ist kein strenger Maßstab anzulegen; im Zweifel ist die Ähnlichkeit zu bejahen (OPM Om 9/87 = ÖBl 1989, 99 = PBl 1989, 145 – Sefra/Setta; Om 10/11 – ISS/iss; krit Schumacher in Kucsko/Schumacher , marken.schutz² § 10 Rz 104). Die im Nizzaer Abkommen festgelegte Klassifikation dient ausschließlich Verwaltungszwecken ( Schumacher in Kucsko/Schumacher , marken.schutz² § 10 Rz 107) und hat damit anders als die Antragstellerin vertritt keine fiskalische Bedeutung.
2.5. Das Rekursgericht ist im Wesentlichen im Einklang mit der Argumentation der Rekurswerberin der Auffassung, dass ausgehend vom Registerstand in Ansehung der beanspruchten Waren der Klassen 29 und 31 gegenüber jenen der Klasse 30 von durchschnittlicher Ähnlichkeit der Waren auszugehen ist, weil alle Waren Konsumgüter des täglichen Lebens und als Lebensmittel zum Verzehr bestimmt sind. Sowohl konserviertes als auch frisches Obst und Gemüse werden typischerweise im Lebensmitteleinzelhandel in einem Geschäftslokal mit beispielsweise Brot, Reis, Gewürzen, Salz und Senf ver- und gekauft und ergänzen sich gegenseitig. Obst und Gemüse sind aber auch Bestandteile und Zutaten von Senf, Essig und Saucen. Die Waren des Eingriffs- und des Widerspruchszeichens sind daher in diesen Klassen als zusammengehörig zu betrachten. Insgesamt besteht daher abweichend von der Einschätzung des Patentamts teilweise, jedoch bloß durchschnittliche – und damit nicht hochgradige – Warenähnlichkeit.
2.6. Hingegen erschließt sich dem Rekursgericht nicht, inwieweit angesichts des ausschließlich Obst und Gemüse als Waren umfassenden Schutzumfangs der angegriffenen Marke Ähnlichkeit zu den Dienstleistungen der Klasse 41 der Widerspruchsmarke bestehen soll, die im Wesentlichen auf Aus- und Fortbildung abzielen. In ihrer Zusammenfassung (Rekurs, S 6) vertritt die Antragstellerin dies auch selbst nicht mehr.
2.7. Diese Waren sind solche des täglichen Bedarfs, daher ist der Grad der Aufmerksamkeit des Konsumenten bei ihrer Inanspruchnahme eher gering. Der Durchschnittskunde, der die ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann, wird dennoch fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten (ähnlich RIS-Justiz RS0117324 [insb T1 und T5]).
2.8. Im (Wort ) Bild stimmen die Zeichen in den ersten drei Buchstaben GEO vollständig überein, dieser Teil wird daher vollständig in das angefochtene Zeichen übernommen. Die Widerspruchsmarke besteht aus 24, das angefochtene Zeichen besteht aus acht Buchstaben; das Zeichen der Antragstellerin ist damit dreimal so lang.
Die nur in Schwarz/Weiß gehaltene, rechteckig umrahmte Widerspruchsmarke besteht als Wortbildzeichen aus einer normalen Schrift und einem Laubbaum, der nicht besonders originell gestaltet und damit nur wenig kennzeichnungskräftig ist, aber erkennbar das Thema des Schutzes des Regenwalds grafisch aufgreift. Das Eingriffszeichen wiederum ist abgesehen von einer ebenfalls nicht einprägsamen Schrift bildlich als Logo ausgebildet, das neben seiner grünen Hintergrundfarbe einen im Flug befindlichen Vogel vor der Sonnenscheibe symbolisiert. Gemeinsam ist beiden Zeichen, dass das Wort GEO in Weiß auf dunklem Hintergrund abgebildet ist.
Auch wenn daher die zu vergleichenden Marken am Anfang ident sind, so resultieren signifikante visuelle Unterschiede daraus, dass sich die angegriffene Marke als Wortverbindung aus zwei Nomen, die Widerspruchsmarke hingegen aus vier Worten, die gemeinsam einen grammatikalisch richtig gebildeten Satz ergeben, und einer in Deutschland gängigen Abkürzung einer Rechtsform besteht und die visuelle Gestaltung neben einer gewissen Übereinstimmung prägende Unterschiede aufweist. Eine verwechselbare Ähnlichkeit in optischer Hinsicht ist daher trotz der bestehenden Übereinstimmung im Zeichenbeginn zu verneinen.
2.9. Bei der klang lichen Beurteilung muss auf die Wahrnehmung des durchschnittlichen Konsumenten und auf das bei ihm eingeprägte Erinnerungsbild der Silben abgestellt werden. Phonetisch besteht bereits eine Übereinstimmung in der Sprechweise von GEO. Dennoch führt das beschreibende Wort GEMÜSE (dazu gleich unten Punkt 2.10.) vom ersten Wort (und damit von der Widerspruchsmarke) weg, prägt das angefochtene Zeichen stark mit und erzeugt so einen signifikant anderen Wortklang (s dazu etwa Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 14 Rz 885). Denn das Zeichen der Antragstellerin ist nicht nur klanglich länger, sondern durch die eben beschriebene Satzbildung sowie auch durch den Begriff des Regenwalds gekennzeichnet. Dies ergibt sich auch aus dem allgemeinen Grundsatz, dass im Allgemeinen Endungen einen höheren Aufmerksamkeitswert besitzen (oben Punkt 1.7.). Die bestehende klangliche Ähnlichkeit wird dadurch und durch die gegenüber der bloß viersilbigen Eingriffsmarke deutlich größere Länge des Widerspruchszeichens neutralisiert.
2.10. Bei der Wort bedeutung zeigt sich ein Unterschied darin, dass das Zeichen der Antragsgegnerin neben GEO nur aus GEMÜSE, also einem Grundnahrungsmittel, besteht, während die Widerspruchsmarke das Nomen REGENWALD enthält, mit dem der Verbraucher im Kontext mit dem Wort SCHÜTZT automatisch einen Gedanken an den Umweltschutz verbinden wird. GEO hat in beiden Fällen eine Assoziation mit Geographie als häufig verwendete Vorsilbe mit Bezug auf die Erde zum Begriffsinhalt (siehe auch 4 Ob 239/98w – GEO/GEOS; Om 1/09 PBl 2009, 149 – GEO/geomix). Ihr kommt gerade auch im angegriffenen Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung zu, obwohl GEMÜSE in Anbetracht der geschützten Waren Obst und Gemüse entweder nur schwach (Obst) oder als rein beschreibend (Gemüse) in Alleinstellung nicht kennzeichnungskräftig wäre (Om 1/09 PBl 2009, 149 – GEO/geomix [dort überhaupt beschreibend]). Das Eingriffszeichen erzeugt jedoch keinerlei Assoziation zum Umweltschutz im Allgemeinen oder zum Regenwald im Besonderen. In der Bedeutung besteht daher eine gewisse, jedoch nicht besonders ins Gewicht fallende Übereinstimmung.
2.11. Entscheidend ist somit im Rahmen der Gesamtbetrachtung (RIS-Justiz RS0117324; RS0121482; RS0121500), ob Zeichenähnlichkeit besteht, was vor allem wegen der Dominanz von GEMÜSE im Erinnerungsbild der angegriffenen Marke zwar für Bild und Klang, nicht aber für den Sinn verneint wurde, zumal dem Ähnlichkeitsvergleich keine isolierte Betrachtung der Bestandteile zugrunde zu legen ist (RIS-Justiz RS0066753; zuletzt 4 Ob 211/14d ua – McTirol; EuGH C 591/12 P – Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21 ff ). Der teilweise übereinstimmende Begriffsinhalt wird im relevanten Gesamteindruck durch die bildlichen und klanglichen Unterschiede neutralisiert (RIS-Justiz RS0079137 [insb T3]; RS0079571 [T17, T20]), denn in der Marke der Antragsgegnerin spielt der Teil GEO bildlich und klanglich eine nur untergeordnete Rolle, der Gesamteindruck des jüngeren Zeichens wird vom insofern unterscheidenden Wort GEMÜSE und seiner Grafik geprägt (RIS-Justiz RS0079571 [T29]). Auf dieser Grundlage besteht trotz der teilweisen Ähnlichkeit im Sinngehalt gerade auch wegen der nur teilweisen, bloß durchschnittlichen Ähnlichkeit der Waren bei der im Widerspruchsverfahren gebotenen abstrakten Betrachtung ausreichender Abstand zwischen den beiden Marken und damit keine Verwechslungsgefahr (vgl oben Punkt 1.3.).
3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
4. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.