JudikaturOLG Wien

34R48/15a – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
19. Mai 2015

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbildmarke BUSINESS MONAT DAS MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, NACHHALTIGKEIT GENUSS (AM 2172/2014) und der Wortmarke BUSINESS MONAT (AM 2173/2014) über den Rekurs der Antragstellerin gegen die Beschlüsse der Rechtsabteilung des Patentamts vom 13.1.2015, AM 2172/2014 4 (34 R 48/15a), und vom 8.1.2015, AM 2173/2014 4 (34 R 49/15y), in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Rechtsmittelverfahren 34 R 48/15a und 34 R 49/15y werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führendes Verfahren ist 34 R 48/15a.

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt jeweils EUR 30.000,--.

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

1. Die Antragstellerin beantragte die Eintragung einer Wortbildmarke und einer Wortmarke, nämlich

a) zu AM 2172/2014 (Wortbildmarke):

b) zu AM 2173/2014 (Wortmarke)

BUSINESS MONAT ,

und zwar in beiden Fällen für folgende Waren- und Dienstleistungen:

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften;

Klasse 35: Werbung;

Klasse 41: Unterhaltung; Verlags- und Berichtswesen.

2. Das Patentamt wies beide Anträge mit der Begründung ab, den Zeichen fehle die Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG.

3. Dagegen richten sich die Rekurse der Antragstellerin aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Beantragt wird, den Beschluss des Patentamts abzuändern und die Zeichen ins Markenregister einzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind nicht berechtigt.

4. Gemäß § 187 ZPO, gegen den heranzuziehen das Rekursgericht ungeachtet des Fehlens einer allgemeinen Verweisungsnorm im nach § 139 PatG iVm § 77c Abs 1 MSchG anzuwenden Außerstreitgesetz keine Bedenken hat (vgl § 12 Abs 2 und § 13 Abs 1 AußStrG), kann der Senat Verfahren verbinden, die zwischen den nämlichen Personen geführt werden, wenn dadurch zum Beispiel die Kosten und der Aufwand vermindert werden. Die verbundenen Verfahren können auch durch ein gemeinschaftliches Urteil entschieden werden (§ 404 Abs 2 ZPO). Die Anwendung dieser Bestimmungen ist nicht auf das Verfahren erster Instanz beschränkt (vgl Schragel in Fasching/Konecny² § 187 ZPO Rz 2; RIS-Justiz RS0037216) und ist auch für Verfahren über einseitige Anträge anzuwenden.

Die Voraussetzung der Verbindung zur gemeinschaftlichen Entscheidung erachtet das Rekursgericht – neben der evidenten Parteiidentität – schon allein deswegen als gegeben, weil die Entscheidung im gegebenen Fall durch ein Rechtsmittel bekämpft werden könnte.

5.1 Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4 Rz 42).

Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit einer anderen betrieblichen Herkunft unterscheiden können (EuGH C 108/97 – Chiemsee ; C 104/00 P – Companyline ; EuG T 471/07 – Tame it, Rn 15 mwN; EuGH C 398/08 – Audi; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix).

5.2 Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG sind zwar nach der Rechtsprechung des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06 P – Eurohypo ). Unterscheidungskraft fehlt bei einer Marke aber jedenfalls dann, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf ihre Herkunft (C 304/06 P – Eurohypo [Rz 69]); eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (C 363/99 – Postkantoor [Rz 86]). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OM 10/09 – Lümmeltütenparty ; vgl 4 Ob 11/14t – EXPRESSGLASS) .

5.3 Ob die Unterscheidungskraft fehlt, ist anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu prüfen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 57), und zwar nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit (4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 Rz 67 mwN der Rsp; EuGH C 104/01 – Orange [Rn 46 und 63]; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RS0114366 [T5]; RS0109431).

5.4 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (vgl EuGH C 326/01 – Universaltelefonbuch , Rn 33 mwN; C 494/08 P – Pranahaus ; Koppensteiner, Markenrecht 4 Rz 21 f mwN; Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 Rz 175 ff; RIS-Justiz RS0109431).

Eine beschreibende Angabe liegt auch dann nicht vor, wenn ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff herstellt, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at).

5.5 Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Wörter im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).

Kennzeichnungskraft fehlt hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann; dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge zumindest in einer der möglichen Bedeutungen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa EuGH C 191/01 – Wrigley [Rn 32], C 363/99 – Postkantoor [Rn 97]; 4 Ob 7/05s – car care).

Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken sind daher nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RIS-Justiz RS0122385 [T1]). Sie sind schutzfähig, wenn die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthält (OBm 1/12 – Die grüne Linie mwN; 17 Ob 15/07s – we will rock you: unterscheidungskräftig für Ton- und Videoaufzeichnungen; VwGH 2009/03/0020 – Doc around the clock: unterscheidungskräftig für ärztliche Dienstleistungen).

Im Falle eines zusammengesetzten Zeichens ist zu prüfen, ob die Wortverbindung ein zusätzliches Merkmal – eine grafische oder inhaltliche Änderung – aufweist, welches das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen lässt, die betroffenen Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH C 104/00 P - Companyline [Rn 23]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen in der Regel der Wortbestandteil maßgebend ist, weil sich der Geschäftsverkehr meist an diesem – sofern er unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem den Wortbestandteil im Gedächtnis behält (RIS-Justiz RS0066779).

6. Auf dieser Grundlage bedürfen die Entscheidungen der Rechtsabteilung des Patentamts keiner Korrektur.

6.1 Zur Wortbildmarke kommt auch das Rekursgericht zum Schluss, dass es in seiner Gesamtheit keine Unterscheidungskraft hat, weil der Zusatz „Das Magazin für Wirtschaft, Nachhaltigkeit Genuss“ für sich genommen sogar beschreibend wirkt und ohne Originalität den Konsumenten schlicht darüber informiert, welche Waren und Dienstleistungen ihm angeboten werden. Das Rekursgericht hält weder die Farbgestaltung, noch die Wahl von Groß- und Kleinbuchstaben noch die Wahl der Schrifttype für ausreichend originell, als dass diese Kriterien dem Zeichen insgesamt eine Unterscheidungskraft verleihen würden.

Zu den Anforderungen an die Individualität der grafischen Elemente ist zu berücksichtigen, dass es bei der Schreibweise nicht darauf ankommt, wie weit sie sich von der Normalschrift entfernt, sondern ob angenommen werden kann, dass der durch die Wahl der Schreibweise und durch die Anordnung der Textbestandteile hervorgerufene optische Eindruck, abstrahiert vom Wort, als besonderer Eindruck im Gedächtnis bleibt.

Die Bereitschaft der beteiligten Verkehrskreise, Besonderheiten der Schreibweise als Unternehmenshinweis zu verstehen, ist grundsätzlich als gering anzusehen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sie daran gewöhnt sind, dass immer wieder besondere Schreibweisen als Blickfang gewählt werden, um Aufmerksamkeit in einer reizüberfluteten Umwelt zu erwerben.

Auf Titelblättern sind unterschiedliche Schriftgrößen und gegeneinander versetzte Textbestandteile üblich.

Jeder Bestandteil („Business“, „Monat“, „Das Magazin für Wirtschaft etc“) ist für sich und in der Kombination mit dem Rest praktisch selbsterklärend und daher frei von Unterscheidungskraft. Das Wort „Business“ lässt im Zusammenhang mit „Magazin“ keinen gedanklichen Spielraum in Bezug auf einen im Magazin gebotenen Inhalt; „Monat“ informiert bei einem Magazin über das Erscheinungsintervall.

6.2 Im Ergebnis das Selbe gilt für die Wortmarke BUSINESS MONAT . Hier liegt die Assoziation, dass damit – wie sich aus dem Waren- und Dienstleistungskatalog ergibt – ein Medienprodukt gemeint ist, das sich mit Wirtschaft beschäftigt und monatlich erscheint, so nahe, dass jede (Nach )Denkarbeit der beteiligten Verkehrskreise entbehrlich ist, um zu diesem Schluss zu kommen. Das englische Wort „Business“ ist ausreichend bekannt. „Monat“ in diesem Zusammenhang kann auch hier nur als Hinweis auf das Erscheinungsintervall verstanden werden.

Die in 4 Ob 11/14t – EXPRESSGLASS maßgeblichen Überlegungen des OGH treffen auf die vorliegenden Zeichen nach Einschätzung des Rekursgerichts in besonderer Weise zu.

6.3 Dabei geht das Berufungsgericht davon aus, das die im Antrag genannten Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 mit den Waren der Klasse 16 (Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften) so eng verwandt sind, dass eine unterschiedliche Beurteilung nicht geboten ist. Werbung wird jedenfalls in Druckerzeugnissen verbreitet, die dazu auch der Unterhaltung dienen. „Verlags- und Berichtswesen“ steht mit Druckereierzeugnissen im unmittelbaren Zusammenhang.

7. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

Rückverweise