JudikaturOLG Wien

34R17/15t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
08. April 2015

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbildmarke GESUND FIT über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 15.9.2014, AM 608/2014 4, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

1. Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke

für die Waren- und Dienstleistungsklassen

16 Druckereierzeugnisse; Zeitschriften;

30 Telekommunikation; elektronische Anzeigenvermittlung; Nachrichten, Bild- und Tonübermittlung im Rahmen von Telekommunikationsdiensten wie Internet, Mobilfunk und Rundfunk; Sammeln und Liefern von Nachrichten;

41 Unterhaltung; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Veröffentlichung und Herausgabe von periodischen Druckschriften (ausgenommen Werbetexte), Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen, in elektronischer Forn, online, auch im Internet; Erstellen von Bildreportagen; Desktop-Publishing (Erstellung von Publikationen mit dem Computer); digitaler Bilderdienst; Erstellen von Untertiteln.

2. Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Eintragungsantrag ab und stellte fest, dass das Zeichen nur unter den Voraussetzungen von § 4 Abs 2 MSchG registrierbar wäre.

Die beteiligten Verkehrskreise würden im angemeldeten – von grafischen Besonderheiten freien – Zeichen einen üblichen werblichen Slogan dahingehend sehen, dass die Waren und Dienstleistungen mit Gesundheit und Fitness zusammenhängen würden.

3. Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin, die beantragt, den Beschluss aufzuheben und die Marke im Umfang aller angesuchten Waren und Dienstleistungen einzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

4. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

4.1 Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4 Rz 42).

Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit einer anderen betrieblichen Herkunft unterscheiden können (C 108/97 – Chiemsee ; C 104/00 P – Companyline ; T 471/07 – Tame it, Rn 15 mwN; C 398/08 – Audi; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix).

Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – Oxi-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft die Eintragung hindert, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl OBm 1/13 – Malzmeister mwN). Dies bedeutet aber nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl C 104/01 – Orange [Rn 58 und 59]; C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

4.2 Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG sind zwar nach der Rechtsprechung des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06 P – Eurohypo). Unterscheidungskraft fehlt bei einer Marke aber jedenfalls dann, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf ihre Herkunft (C 304/06 P – Eurohypo [Rz 69]); eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (C 363/99 – Postkantoor [Rz 86]). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OM 10/09 – Lümmeltütenparty ; vgl 4 Ob 11/14t – Expressglass) .

4.3 Ob das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft vorliegt, ist anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde, zu prüfen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rz 57). Die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 Rz 67 mwN der Rsp; C 104/01 – Orange [Rn 46 und 63]; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RS0114366 [T5]; RS0109431).

4.4 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (vgl C 326/01 – Universaltelefonbuch , Rn 33 mwN; C 494/08 P – Pranahaus ; Koppensteiner, Markenrecht4 Rz 21 f mwN; Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 Rz 175 ff; RIS-Justiz RS0109431).

4.5 Genau so, wie die Eigenschaft eines Worts als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren und Dienstleistungen zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (4 Ob 139/02y – Summer Splash; 4 Ob 10/03d – More).

Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Wörter im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).

4.6 Auch aus mehreren Wörtern zusammengesetzte Marken sind daher nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RIS-Justiz RS0122385 [T1]). Sie sind dann nicht schutzfähig, wenn der Satz oder Satzteil nur eine beschreibende Aussage über die Ware oder Dienstleistung enthält (17 Ob 21/11d – echte Berge: als Synonym für prächtige, hohe Berge nicht unterscheidungskräftig). Anderes gilt, wenn die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthält (OBm 1/12 – Die grüne Linie mwN; 17 Ob 15/07s – we will rock you: unterscheidungskräftig für Ton- und Videoaufzeichnungen; VwGH 2009/03/0020 – Doc around the clock: unterscheidungskräftig für ärztliche Dienstleistungen).

4.7 Im Fall eines zusammengesetzten Zeichens ist zu prüfen, ob die Wortverbindung ein zusätzliches Merkmal – eine grafische oder inhaltliche Änderung – aufweist, welches das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen lässt, die betroffenen Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 104/00 P - Companyline [Rn 23]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen in der Regel der Wortbestandteil maßgebend ist, weil sich der Geschäftsverkehr meist an diesem – sofern er unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem den Wortbestandteil im Gedächtnis behält (RIS-Justiz RS0066779).

5. Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen. Das Rekursgericht hält die bekämpfte (auf zwei Amtsschreiben verweisende) Begründung der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, sodass auf sie verwiesen werden kann (§ 139 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG; vgl auch OLG Wien 34 R 14/14z = RIS Justiz RW0000784).

5.1 Die grafische Gestaltung des Zeichens ist banal, denn sie besteht aus einer leicht abgewandelten weißen Standardschriftart und dem Satzzeichen „ “ („et“) vor einem aus zwei Blautönen bestehenden Hintergrund. Die Bildkomponente ist daher – für sich allein, aber auch in Kombination mit dem Textteil – ungeeignet, der angemeldeten Marke zur Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis zu verhelfen.

5.2 Die Unterscheidungskraft von Wortverbindungen hängt wie gesagt davon ab, ob die zu beurteilende Wortverbindung als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen oder dessen wesentliche Merkmale wiederzugeben (ÖBl 2002/25 – Internetfactory). Die Verbindung von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist nur dann nicht rein beschreibend, wenn die der Struktur nach dadurch geschaffene ungewöhnliche Verbindung dieser Wörter kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen (ÖBl 2002/25 – Internetfactory ; 4 Ob 186/03m – djshop). Es sind nämlich sämtliche Bestandteile und diese als Ganzes zu betrachten (C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit , Rz 27 f; Koppensteiner , Markenrecht 4 , 77 f mwN).

5.3 Das angemeldete Zeichen besteht aus einer gewöhnlichen Aneinanderreihung von zwei in der Alltagssprache gebräuchlichen Wörtern in der Art einer an den Konsumenten gerichteten Information ohne Zuordnung zu einem bestimmten Anbieter, die weder vage ist noch einen nennenswerten Denkprozess auslöst. Maßgeblich ist nämlich, welche Bedeutung das Publikum dem unter dem Zeichen angebotenen Warensortiment – im Wesentlichen Medienprodukte für jede Art der Kommunikation – beimisst. Das Rekursgericht ist im Einklang mit der Argumentation des Patentamts der Auffassung, dass die angesprochenen Konsumenten nach der im Eintragungsverfahren anzustellenden Prognose ohne Weiteres, das heißt ohne längeren Denkprozess und ohne Unklarheiten, die Wortfolge nur als Beschreibung des damit medial verbreiteten Inhalts ansehen werden, und zwar dass sie über Gesundheit (und über Fitness als Ausformung von Gesundheit, umgangssprachlich fast schon als Synonym für Gesundheit) informiert werden. Da derartige Informationen von zahlreichen Medien verbreitet werden, ist nicht zu erwarten, dass die Konsumenten darin einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sehen, aus dem die Information stammt (vgl 4 Ob 36/14v – selective/line mwN = RIS-Justiz RS0122385 [T3]).

5.4 Aus einer Verbindung von zwei bekannten Wörtern durch „und“ (auch durch „ “) entsteht – anders als im Rekurs vorgetragen – keine „lexikalische Erfindung“.

5.5 Die Antragstellerin führt selbst im Rekurs aus, dass der Verweis auf andere eingetragene Zeichen nichts daran ändert, dass jede Präjudizialität fehlt.

Die angefochtene Entscheidung bedarf keiner Korrektur.

6. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der wie hier rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

Rückverweise