34R15/15y – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Im Namen der Republik
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht ***** wegen (teilweiser) Löschung der Marke AT 250102 über die Berufung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 24.6.2014, NM 14/2010 5, in nicht öffentlicher Sitzung
I. den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts wird geändert und lautet:
«Dem Löschungsantrag wird stattgegeben. Die Marke AT 250102 wird in Bezug auf die Waren der Klassen 1 (Feuerlöschmittel) und 9 (Feuerlöschgeräte) gelöscht.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 4.686,62 (darin enthalten EUR 665,82 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.»
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 3.453,20 (darin EUR 462,20 USt. und EUR 680,-- Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
Die Antragstellerin ist Inhaberin der Marke CTM 3947876 (Anmeldedatum: 28.7.2004):
NOVEC,
eingetragen für die Warenklassen
1 Chemische Zusatzstoffe zur Verwendung in Kraftstoffen für Verbrennungsmotoren; Feuerlöschmittel; chemische Erzeugnisse zur Verwendung für allgemeine Fertigungszwecke bei der Reinigung von elektronischen Bauteilen und medizinischen Geräten; Tenside, oberflächenaktive Stoffe, chemische Verbindungen zur Modifizierung der Oberflächenbeschaffenheit von Flüssigkeiten, Beschichtungsmitteln und Tinten; Fluide zur Verwendung für Wärmeübertragungs-, Kühl-, Metallbearbeitungs- und Bohrzwecke, zur Folienreinigung, zur Entwicklung von latenten Fingerabdrücken, zur Herstellung von medizinischen Geräten, zur Nassreinigung von Trockenätzteilen, zur Reinigung von Leitungen für flüssigen Sauerstoff und gasförmigen Sauerstoff, zur Verarbeitung von pharmazeutischen und chemischen Erzeugnissen;
2 Beschichtungsmittel zum Schutz von elektronischen Teilen;
3 Lösungsmittel für die chemische Reinigung; Reinigungs- und Trockenmittel für elektronische Teile, Bauteile, Unterbaugruppen, Baugruppen, Präzisionsteile, optische Systeme, optoelektronische Systeme, Bauteile für die Luft- und Raumfahrt, Flugzeugtriebwerke und Flugzeuge; Beschichtungsmittel in Form von Farben, Reinigungsmitteln und Polituren;
4 Mehrzweckschmiermittel, technische Schmiermittel, Schmiermittel für Flugzeuge; Schmiermittel für Industriemaschinen; Schmiermittel für Kraftfahrzeuge.
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Marke AT 250102 (Priorität vom 26.2.2009):
NOEX ,
eingetragen für die Warenklassen
1 Feuerlöschmittel;
6 Waren aus Metall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind;
9 Feuerlöschgeräte.
Die Antragstellerin begehrt die (teilweise) Löschung der angegriffenen Marke, nämlich in Bezug auf die Warenklassen 1 und 9 mit der wesentlichen Begründung, dass auf Grund der gegebenen Warenidentität und des Umstands, dass die beiden Wortmarken mit den selben Buchstaben beginnen und ebenso die Vokalfolge „O“ und „E“ ident seien, eine erhöhte Verwechslungsgefahr gegeben sei. Die geringe Differenz der Buchstabenlängen sowie die verschiedenen Endbuchstaben „X“ und „C“ würden im klanglichen, phonetischen und bildlichen Erinnerungsbild keinen markanten Unterschied machen.
Die Antragsgegnerin wandte ein, dass keine Verwechslungsgefahr vorliege. Feuerlöschmittel würden von Fachleuten mit ausreichender Fachkenntnis und hohem Aufmerksamkeitsgrad erworben. Die jeweiligen Schlusssilben der Marken seien die markanten Wortteile („VEC“/„EX“), die sich sowohl phonetisch als auch visuell stark voneinander unterscheiden würden. Zudem seien beide Marken unterschiedlich lang und der betroffene Verkehrskreis verstehe NOEX als Abkürzung für „NO EXplosion“. Eine Ähnlichkeit der Waren in der Klasse 9 (Feuerlöschgeräte) zu jenen der Klasse 1 (Feuerlöschmitteln) sei nicht gegeben.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts den Löschungsantrag ab. Grundsätzlich sei von einer Identität und hohen Ähnlichkeit der Waren auszugehen. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den beteiligten Verkehrskreisen einerseits um Fachleute (z.B. bei Feuerwehren) handle, die besondere Kenntnisse über die chemischen Eigenschaften und auch über den Verwendungszweck von Feuerlöschmitteln hätten. Andererseits fänden Feuerlöschgeräte auch bei durchschnittlich informierten Endverbrauchern Verwendung; so würden sich viele Feuerlöscher in Haushalten, Fahrzeugen und öffentlichen Gebäuden befinden. Zu beachten sei, dass Feuerlöschgeräte immer in der für ihren Verwendungszweck notwendigen Brandklasse erworben werden müssten. Auch ein Verbraucher ohne besonderes Fachwissen würde vor dem Kauf gesonderte Informationen einholen oder sich fachmännisch über Brandklassen, Löschvermögen, Handhabung, Überprüfung, etc. beraten lassen und somit auch eine erhöhte Aufmerksamkeit an den Tag legen. Da die Zeichen in der Gesamtbetrachtung auf Grund der Unterschiede in optischer Hinsicht nicht ähnlich seien und auch klanglich nur wenig Ähnlichkeit vorliege, sei im Hinblick auf die durch die Waren bedingte erhöhte Aufmerksamkeit und die überwiegend visuelle Wahrnehmung, welche eine Wiederholung und damit eine genauere Wahrnehmung zulasse, nicht von einer Verwechslungsgefahr auszugehen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Berufung der Antragstellerin mit dem Antrag, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und der Berufung Folge zu geben; in eventu das Verfahren an das Patentamt zurück zu verweisen.
Die Antragsgegnerin beantragte der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist berechtigt.
1. Verfahrensgesetze sind, sofern nicht ausdrücklich eine andere Regelung getroffen wurde, immer nach dem letzten Stand anzuwenden (RIS-Justiz RS0008733). Gemäß § 40 iVm § 77c Abs 1 MSchG können Entscheidungen der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts nur durch Berufung angefochten werden. Für das Berufungsverfahren gelten die Bestimmungen der ZPO sinngemäß mit der Ausnahme des § 461 Abs 2 ZPO und mit weiteren – im konkreten Fall nicht relevanten – Ausnahmen.
Grundsätzlich besteht seit der Aufhebung von § 492 ZPO durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I 2009/52, kein Antragsrecht der Parteien auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung im Rahmen der ZPO.
Eine Berufungsverhandlung ist seit Inkrafttreten der Novelle nur noch anzuberaumen, wenn der Berufungssenat dies im Einzelfall für erforderlich hält (§ 480 Abs 1 ZPO). Im konkreten Fall hält das Berufungsgericht die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich und entscheidet über die Berufung daher in nicht öffentlicher Sitzung.
2. Gemäß § 30 Abs 1 MSchG kann auf Antrag des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich sind oder die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.
2.1 Auch im Löschungsverfahren nach § 30 MSchG ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz ² § 30 Rz 5 f mwN; vgl RIS-Justiz RS0066553 [T13]).
2.2 Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C 191/11 P – Yorma’s [Rn 43]; EuG T 599/10 – Eurocool [Rn 97]); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 – T One mwN; ÖBl 2003, 182 – Kleiner Feigling ua; RIS Justiz RS0121500 [insb T4], RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; jüngst 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 51 ff mwN).
2.3 Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, deren Kennzeichnungskraft und die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistung Bedacht zu nehmen ist (vgl RIS-Justiz RS0121482).
So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH C 39/97 – Cannon/Canon). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d – Firn ; 17 Ob 36/08f – Kobra/cobra-couture.at ; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).
2.4 Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (RIS Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45 – Texhages/Texmoden ; ÖBl 1991, 93 – quattro/Quadra ; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; RIS Justiz RS0078944; EuGH C 342/97 – Lloyd [Rn 26]).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich auch keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227 – Ritter/Knight; stRsp RIS-Justiz RS0043640).
2.5 Zu berücksichtigen ist der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156 – Loctite mwN; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara ; ÖBl 1999, 82 – AMC/ATC ; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; RIS-Justiz RS0117324; EuGH C 251/95 – Sabel/Puma; EuGH C 120/04 – Thomson life) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (EuGH C 342/97 – Lloyd [Rn 26]; C 291/00,- LTJ Diffusion [Rn 52]; C 104/01 – Orange [Rn 64]).
2.6 Bei ausschließlich aus Wörtern bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753, insb [T9]; C 251/95 – Sabel/Puma; C 206/04 – Muelhens). Für das Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22] ua; Om 4/02 – Kathreiner; 4 Ob 330/97a – GO). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y – Hotel Harmonie/Harmony Hotels). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74 – Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; zuletzt etwa 17 Ob 18/11p – Junkerschinken).
2.7 Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b – gotv; 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01 = PBl 2002, 135 – Jack Jones; RIS-Justiz RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t – Jukebox; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]).
Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04 – Thomson life) kann – übereinstimmend mit der vorgenannten, jüngeren Rechtsprechung – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t – Jukebox ; Om 12/10 PBl 2011, 67 – PeakZero).
3. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist – entgegen der Auffassung des Patentamts – die Verwechslungsgefahr zu bejahen.
3.1 Die Waren der einander gegenüberstehenden Marken sind ident bzw in Bezug auf die Warenklasse 9 stark ähnlich (eine ins Gewicht fallende Differenzierung zwischen Feuerlöschmitteln und Feuerlöschgeräten, insbesondere in Bezug auf den Verwendungszweck wird im Geschäftsverkehr nicht vorgenommen), was auch im Berufungsverfahren nicht mehr releviert wurde; weitere Überlegungen dazu erübrigen sich daher. Auf Grund der Warenidentität und der erhöhten Warenähnlichkeit ist daher ein deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (vgl RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d – Firn ; 17 Ob 36/08f – Kobra/cobra-couture.at ; Koppensteiner aaO 111 mwN).
3.2 Erklärend ist zum beteiligten Verkehrskreis und zum Grad der Aufmerksamkeit Folgendes vorauszuschicken: Zutreffend ist, dass sich die beteiligten Verkehrskreise einerseits aus Fachleuten (zum Beispiel bei Feuerwehren) und auch aus Endverbrauchern zusammensetzen, die zum Einen über besondere Fachkenntnisse und zum Anderen über die Bereitschaft verfügen, sich gesonderte Informationen und/oder eine fachmännische Beratung zu verschaffen. Die Aufmerksamkeit richtet sich dabei vordergründig auf die Klassifikation der Brandklassen, welche die richtige Auswahl des entsprechenden Löschmittels ermöglicht, und damit auf die Wirkungsweise des Produkts.
Das Berufungsgericht ist jedoch nicht der Ansicht, dass die Aufmerksamkeit damit auf das optische Erscheinungsbild der Marke gelenkt wird. Das Interesse der Verkehrskreise liegt vielmehr in der Zweckbestimmung (Löschmittel) und in der Anwendungsform/-art und/oder im Anwendungsobjekt. Das Interesse fokussiert sich auf die Wirkung oder die Wirkungsweise, die – unabhängig vom Produktnamen – vom jeweiligen Verkehrskreis gewusst, nachgelesen und/oder in Erfahrung gebracht werden.
Aus diesem Grund ist von durchschnittlich bis gut informierten Verkehrskreisen auszugehen, wobei auf Grund der oben dargestellten Interessenlage der Grad der Aufmerksamkeit in Bezug auf den Markennamen eher unterdurchschnittlich zu beurteilen ist. Der Kunde, der ähnliche Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann, wird im konkreten Fall daher nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile – die bei NOEX (was noch dargelegt wird) nicht gegeben sind – im Gedächtnis behalten (C 342/97 – Lloyd [Rn 26]; C 291/00 – LTJ Diffusion [Rn 52]; C 104/01 – Orange [Rn 64]).
3.3 Zutreffend verweist die Antragstellerin darauf, dass sich die beiden Marken sowohl in den zwei Anfangsbuchstaben „NO“ sowie in der Vokalfolge gleichen und nur bei dem in der Mitte befindlichen und in der angefochtenen Marke nicht enthaltenen „V“ ein Unterschied besteht. Beiden Marken ist gemeinsam, dass sie begrifflich Phantasiebegriffe sind, denen kein Sinngehalt zukommt und bei denen kein Sachzusammenhang mit den Waren hergestellt wird.
In klanglicher Hinsicht kann die Ansicht geteilt werden, dass der Mittelbuchstabe „V“, wenngleich er wie „W“ ausgesprochen wird, wie bei der angegriffenen Marke eine getrennte Sprechweise bewirkt („NO EX“ sowie „NO VEC“) und daher phonetisch nicht auffällig ist. Unterschiedlich, aber eher mehr optisch als akustisch ist der zweite Silbenteil („VEC“ zu „EX“), denn das als „ks“ ausgesprochene „x“ ist ein Zischlaut, dessen „s“ im Alltag oft „verschluckt“ wird und der daher ähnlich wie das als „k“ ausgesprochene „c“ klingt.
In Bezug auf den Klang wird man beim gleichen Wortbeginn („NO“) und annähernd gleicher Vokallänge bei den gegenständlichen Waren möglicherweise zunächst oder vorschnell auch die gleiche Betonung wählen, weil beide Wortmarken bezogen auf die jeweiligen Waren Phantasiebezeichnungen sind, die keine Assoziation in die Nähe des Produkts erzeugt.
Auch wenn zuzubilligen ist, dass die beteiligten Verkehrskreise die Marken, unter denen Feuerlöschmittel und/oder Feuerlöschgeräte verkauft werden, nicht flüchtig in der Eile des Geschäftsverkehrs wahrnehmen, besteht das Interesse aber vorwiegend an der durch die Brandklasse determinierte Anwendungsart und/oder das Anwendungsobjekt und somit an der Zweckbestimmung des Feuerlöschmittels und/oder des Feuerlöschgeräts, wodurch die Aufmerksamkeit auf die Wortbestandteile der Marke und somit auf einen allfälligen Sinngehalt vernachlässigbar in den Hintergrund tritt.
Hinzu kommt, dass in diesem Bereich derartige Phantasiebezeichnungen nicht unüblich sind, was grundsätzlich zur Herabsetzung der Kennzeichnungskraft der Phantasiebezeichnung führt, insbesondere aber bei klanglichen und bildlichen Ähnlichkeiten die Verwechslungsgefahr erhöht. Aus diesem Grund können nach Ansicht des Berufungsgerichts die Unterschiede in der Schreibweise die klanglichen, aber auch bildlichen Ähnlichkeiten nicht neutralisieren (vgl C 361/04p – Picasso/Picaro).
3.4 Ausgehend davon, dass Warenidentität und eine hohe Warenähnlichkeit gegeben sind und die beiden Marken sowohl klanglich als auch bildlich sehr ähnlich sind, rücken die Phantasiebezeichnungen in Bezug auf die betroffenen Waren nicht so in den Vordergrund, dass beim geringen Interesse der beteiligten Verkehrskreise an den Wortbestandteilen trotz erhöhter Aufmerksamkeit für das Produkt die Gefahr der Verwechslung beseitigt werden könnte, sodass die beteiligten Verkehrskreise die Wortmarke NOEX als abgeleitetes weiteres Kennzeichen der Antragstellerin und als eine naheliegende Ergänzung und Erweiterung ihrer Produktpalette auffassen (vgl RIS-Justiz RS0079033; 17 Ob 32/08t).
5. Die Kostenentscheidungen für das Verfahren vor dem Patentamts war im Hinblick auf den Prozesserfolg abzuändern und beruht auf § 41 ZPO.
6. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie auf §§ 41 und 50 ZPO.
7. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision war gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.