34R9/15s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 265090 über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 27.6.2014, WM 58/2012 6, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung
Die Antragstellerin widersprach der Wortmarke (angegriffene Marke) AT 265090 (Anmeldedatum 27.6.2011):
GAGA ,
deren Eintragung die Antragsgegner beantragt hatten und die (zunächst) für die Warenklassen 25 (Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckung), 32 (Biere, Mineralwässer und kohlensäurehältige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken) und 33 (alkoholische Getränke [ausgenommen Biere]) eingetragen war.
Mit Beschluss des Patentamts vom 10.10.2012 wurde die angegriffene Marke in Bezug auf die Warenklassen 25 und 33 gelöscht und blieb nur für die Warenklasse 32 (unverändert) aufrecht.
Die Antragstellerin berief sich im Widerspruchsverfahren auf ihre Wortmarken
LADY GAGA ,
eingetragen für die Waren- und Dienstleistungsklassen
9 Ton- und Videoaufzeichnungen; Reihen von Musikaufzeichnungen; audio-visuelle Aufzeichnungen mit Musik und Musikunterhaltung; herunterladbare Musiktonaufzeichnungen und audio-visuelle Aufzeichnungen mit Musik und Musikunterhaltung; aus einem weltweiten Computernetz und über drahtlose Geräte herunterladbare Klingeltöne; Computeranwendungssoftware für Mobiltelefone; Vinylhüllen, speziell für Funktelefone, MP3-Abspielgeräte, Laptops und Spielgeräte; Tonaufzeichnungsgeräte und Zubehör; herunterladbare Ton- und Videoaufzeichnungen; Musikaufzeichnungen; herunterladbare Musik; herunterladbare Grafiken; Computersoftware, -programme; herunterladbare Computersoftware mit Ton- und/oder Videoaufzeichnungen oder Telefonklingeltönen; herunterladbare Grafiken und Klingeltöne für Mobiltelefone; herunterladbare Hintergrundbilder, Widgets, Symbole und Fotografien; herunterladbare Banner; herunterladbare elektronische Veröffentlichungen und herunterladbare Poster und Fotografien; herunterladbare Podcasts im Bereich Musik; herunterladbare elektronische Veröffentlichungen in Form von Büchern, Magazinen, Mitteilungsblättern, Druckschriften, kleinen Büchern und Broschüren auf dem Gebiet von Musik und Unterhaltung; audiovisuelle Musik- und Unterhaltungsaufzeichnungen; Spielfilme mit Musik und Unterhaltung; digitale Videoplatten; Videospiele; Programme für elektronische Spiele; Aufbewahrungsbehältnisse für CDs und DVDs; Behältnisse und Hüllen für Mobiltelefone und persönliche elektronische Geräte; Zubehör für Mobiltelefone und persönliche elektronische Geräte; Computermauspads; Kopfhörer; Kopfhörer; Brillen und Sonnenbrillen; Zubehör für Brillenerzeugnisse, nämlich Bänder, Kordeln und Kopfgurte für Brillenerzeugnisse;
16 Druckereierzeugnisse, nämlich Poster und Liederbücher; gedruckte Veröffentlichungen; kleine Bücher; Bücher; Kataloge; Mappen; Poster und Plakate; Kalender; Magazine; Zeitschriften; Schreibwaren; Grußkarten; Postkarten; Schülerbedarf; Partyzubehör aus Papier; Notizbücher; Papierpuppenbücher; Schreibstifte und Schreibinstrumente; Abziehbilder; Aufkleber; gedruckte Notenblätter; Partituren; Musikbücher; Bedienungshandbücher und Anleitungen; Notenblätter; Souvenirprogramme in Bezug auf Musikveranstaltungen;Magazine und Broschüren im Bereich Musik;
18 Gepäckbehältnisse, Rucksäcke, Taschen und Brieftaschen; Reise- und Handkoffer; Tragebehältnisse für Audiogeräte; Lederwaren, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke;
25 Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Kleidungsstücke, nämlich Pullunder, T- Shirts, Jacken und Kapuzensweatshirts; Kopfbedeckungen;
41 Unterhaltungs- und Erziehungsdienste; Unterhaltung, nämlich Live-Musikdarbietungen;Bereitstellung einer Website mit Unterhaltungsinformationen über einen Musiker und dessen Tourneen, Darbietungen, nicht herunterladbare Ton- und audiovisuelle Aufzeichnungen mit Musik und Musikunterhaltung, Nachrichten, Auftritten, Fotografien, Biografien und anderen Unterhaltungsinformationen;Online-Journale, nämlich Blogs mit Informationen über Musiker; Betrieb von Fanclubs; Webcasts mit Musik und Musikunterhaltung;
LADY GAGA ,
eingetragen für die Warenklassen
3 Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; Farbkosmetik; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege für das Gesicht; Hautpflegeprodukte; Körper- und Fußpflegemittel; Duftstoffe; Badesalze; kosmetische Badezusätze; Erzeugnisse für Körper und Dusche;Körper-, Gesichts-, Haut- und Fußlotionen und -cremes; Toilettenartikel; Kölnischwasser; Eau de Toilette; Gele und Lotionen zur Straffung des Körpers; Nagellack; Lippenstifte; Make-up; Sonnenblocker; Deodorants; Duftpapier, Potpourri, Duftkugeln mit Füllungen aus parfümierten Präparaten und Mischungen; Eau de parfum; Eau de Toilette, Parfums, Desodorierungsmittel für den persönlichen Gebrauch; Talkumpuder; Haarpflegemittel;Präparate für die Körper-, Haut-, Kopfhautpflege und -konditionierung; Schaumbad, Badegel, Badeöl und Duschgel;
14 Juwelierwaren, Schmuckwaren; Edelsteine; Armband-/Taschenuhren; Uhren und Zeitmessinstrumente; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind;
LADY GAGA ,
eingetragen für die Waren- und Dienstleistungsklassen
26 Spitzen und Stickereien; Bänder und Besatzwaren; Knöpfe und Haken; Künstliche Blumen; Haarschmuck und Accessoires für das Haar;
28 Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaum-schmuck; Jahreszeitliche Dekorationen und Ziergegenstände; Blasröhrchen und Lösungen für Seifenblasen; Kostümmasken;
35 Dienstleistungen von Online-Einzelhandelsgeschäften für Musikton- und Musikvideoaufzeichnungen und Musik-Fanartikel; Online-Einzelhandelsgeschäfte für Bekleidungsstücke, Poster und Plakate, Ton- und Bildausrüstung sowie Zubehör, Mittel für die Körper- und Schönheitspflege, Toilettemittel und Dufterzeugnisse, Kerzen, Lampen zur Dekoration, Schmuckwaren, Juwelierwaren und Armband- und Taschenuhren, Gepäckbehältnisse und Taschen, Haarornamente und Accessoires sowie festliche Dekorationen und Festschmuck; Dienstleistungen von Online-Einzelhandelsgeschäften für virtuelle Waren, einschließlich alle vorstehend genannten Waren zur Verwendung in virtuellen Online-Welten;
38 Streaming von Ton- und Bildmaterial im Internet; Bereitstellung von Online-Gesprächsforen und elektronischen Mailboxen zur Übertragung von Nachrichten zwischen Nutzern in Bezug auf eine Musikinterpretin, ihre Aufnahmen und Moden; Persönlichen Auftritte und andere Aktivitäten; Chatroom-Dienstleistungen für soziale Netze; Foren (Gesprächsforen) für soziale Netze; Übermittlung von Nachrichten über elektronische Medien;
41 Unterhaltungsdienstleistungen, nämlich Live-, vom Fernsehen übertragene und Kinofilmauftritte eines professionellen Unterhalters; Unterhaltungsdienstleistungen, nämlich Bereitstellung virtueller Umgebungen, in denen Benutzern Interaktionen zu Erholungs-, Freizeit- oder Unterhaltungszwecken ermöglicht werden; Bereitstellung von Informationen über eine Plattenkünstlerin und ihre Tourneen, Darbietungen, Aufzeichnung und Biografie; Blogs mit einer Musikerin und Aufzeichnung von Musik, ihren Auftritten, ihrer Mode; Webbasierte Auftritte einer professionellen Entertainerin oder Plattenkünstlerin; Unterhaltungsdienstleistungen, nämlich Bereitstellung von Podcasts im Bereich Musik und Mode; Webbasierte Programme für mobile Kommunikationsgeräte; Bereitstellung von Informationen im Bereich der Musik, Unterhaltung und Mode, alles online; Bereitstellung von Musik über das Internet oder Kommunikation über Mobiltelefone; Bereitstellung von Informationen im Bereich Musik, Unterhaltung, Mode sowie über eine Plattenkünstlerin und ihre Tourneen, Darbietungen, Platten und ihre Biografie über das Internet, über Kommunikation per Mobiltelefon oder über Websites sozialer Netze;
42 Forschung, Entwicklung und Dienstleistungen eines Designers; Dienstleistungen eines Industriedesigners, Grafikdesign; Produkt und Verpackungsdesign; Forschung, Entwicklung und Kostüm-Design, Bühnenbilder, Requisiten und Akustik für Musik- und andere Unterhaltungsveranstaltungen, Design von Bekleidung und Design von Modeartikeln und Beratung in Bezug auf alle vorstehend genannten Dienstleistungen; Bereitstellung einer Internetplattform für Dienstleistungen in Bezug auf soziale Netze;
45 Von Dritten erbrachte persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse; Soziale Netzdienstleistungen;
sowie
LADY GAGA FAME ,
eingetragen für die Warenklassen
3 Kosmetika; Kosmetische Präparate; Make-up und Abschminkmittel; Lippenstifte; Lipgloss; Lippenpomaden; Nicht medizinische Präparate für die Lippenpflege; Lippencremes; Duftstoffe; Parfüms; Duftöle; Parfum, Kölnischwasser; Eau de Toilette; Eau de parfum; Eau de Parfum; Kölnischwasser; Präparate zum Aufbringen von Glitzereffekten auf Gesicht und Körper; Gesichtslotionen, Cremes, Feuchtigkeitmittel, Reiniger, Waschmittel, Peelings, Peelings, Toner; Schönheitsmilch; Nicht arzneimittelhaltige Behandlungsmittel für das Gesicht in Form von Gesichtsemulsionen und Gesichtsmasken; Hautlotionen, Hautkrems, Haut-Conditioner, Feuchtigkeitsmittel für die Haut, Feuchtigkeitsmasken für die Haut,Und Highlighter für die Haut; Feuchtigkeitscreme für die Hände, Cremes und Lotionen; Nicht arzneimittelhaltige Fußlotionen und Cremes; Hautpflegepräparate zur Faltenentfernung; Künstliche Wimpern; Nicht medizinische Toilettemittel; Körperwaschmittel; Körpergele; Körperbutter; Körperspray; Körperöle und Sprays; Peelingseife für den Körper; Körperpuder; Feuchtigkeitsmittel für den Körper; Körperlotionen; Körperkrems; Peelingseife für den Körper; Körperpeeling; Körperduftstoffe; Körperbutter; Gele und Lotionen zur Straffung des Körpers; Körpermasken; Badegele; Badeöle; Badepulver; Badekristalle; Badeschaum, Badeperlen; Badesalze; Duschgels; Kosmetische Badezusätze; Parfümierte Puder; Seifen; Parfümierte Seifen; Flüssigseifen; Seifenpulver; Toilettenseifen; Eau de Toilette, Parfums, Desodorierungsmittel für den persönlichen Gebrauch; Rasierpräparate, Rasierbalsame, Rasierkrems, Rasiergel, Aftershavelotionen, Schleifmittel für die Haut, Nicht medizinische Hautcremes,Und Hautlotionen zur Linderung von Rasurbrand; Mittel mit Sonnenfilter, Bräunungsmittel, Bräunungsöle, Lotionen zur Verwendung nach dem Sonnenbaden, Bräunungsmittel, Kosmetische Sonnenschutzmittel; Sonnenblocker; Nicht arzneimittelhaltige Salben zur Behandlung von Sonnenbrand; Cremes für die Aromatherapie, Cremes für die Aromatherapie, Öle und Lotionen für die Aromatherapie; Ziermotive für kosmetische Zwecke; Pflegemittel und Pflege des Körpers, Haut, Kopfhaut, Der Haare; Ätherische Öle für den persönlichen Gebrauch; Adstringenzien für kosmetische Zwecke; Massageöle; Talkumpuder, Schaumbad; Deodorants für den persönlichen Gebrauch zur Körperpflege; Zahnputzmittel; Zahnpasta; Duftpapier; Make-up-Applikatoren in der Art von Wattetupfern für kosmetische Zwecke; Mehrzweck-Wattetupfer für den persönlichen Gebrauch und für kosmetische Zwecke; Kosmetikpads; Feuchte Kosmetiktücher, Kosmetische Feuchttücher und Feuchttücher; Babytücher; Nagelpflegepräparate; Nagellacke, Nagellackgrundierung, Decknagellack, Nagelkräftiger, Nagelhärter, Nagellack, Nagellackentferner, Nagelcremes, Präparate zur Nagelhautentfernung, Nagelspitzen, Schwabbelpräparate für die Nägel; Mittel zur Haarpflege;Haarpflegemittel in Form von Shampoos, Pflegespülungen (Conditioner), Spülungen, Mousses, Gele, Cremes, Lotionen und Sprays; Haarfarbe, Haarwelllotionen, Dauerwellenpräparate, (optische) Haaraufheller, Haarfärbemittel, Haarweichmacher, Haarmascara, Haarpomaden, Entfärbungsmittel für Haare, Entspannungsmittel für das Haar, Haarstyling-Präparate; Potpourri; Potpourri-Aromatherapiekissen in Stoffbehältnissen; Duftkugeln mit Füllungen aus parfümierten Präparaten und Mischungen; Duftkissen; Beutelähnliche Augenkissen mit Duftstoffen; Duftende Keramiksteine; Duftende Wäschesprays und duftende Raumsprays; Duftöle zur Erzeugung von Aromen durch Erhitzen; Duftende Tannenzapfen; Weihrauch; Raumparfums; Duftstoffe abgebende Dochte für Raumduftstoffe;
21 Lippenstiftetuis.
Das Patentamt wies den Widerspruch mit der Begründung ab, dass trotz des umfangreichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der Widerspruchsmarke diese Waren und Dienstleistungen außerhalb des Ähnlichkeitsbereichs der Warenklasse 32 der angegriffenen Marke lägen. Der Tatbestand des § 30 MSchG sei nicht erfüllt.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den Beschluss des Patentamts aufzuheben und die angegriffene Marke auch hinsichtlich der Warenklasse 32 zu löschen; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegner beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.
1.1 Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind – zumindest während der Fünfjahresfrist des § 33a MSchG – ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden (Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 30 Rz 5 f mwN).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl EuGH C 39/97 – Cannon/Canon , Rn 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 , 117 mwN bei FN 108).
1.2 Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB EuGH C 191/11 P – Yorma’s, Rn 43; vgl auch EuG T 599/10 – Eurocool, Rn 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 – T One mwN; ÖBl 2003, 182 – Kleiner Feigling ua; RIS Justiz RS0121500 [insb T4], RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; jüngst 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 51 ff mwN).
1.3 Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (vgl RIS-Justiz RS0121482).
So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH C 39/97 – Cannon/Canon). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d – Firn ; 17 Ob 36/08f – Kobra/cobra couture.at ; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).
1.4 Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (RIS Justiz RS0117324; Schumacher aaO § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45 – Texhages/Texmoden ; ÖBl 1991, 93 – quattro/Quadra ; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; RIS Justiz RS0078944; EuGH C 342/97 – Lloyd, Rn 26).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich auch keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227 – Ritter/Knight; stRsp RIS-Justiz RS0043640).
1.5 Zu berücksichtigen ist der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156 – Loctite mwN; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara ; ÖBl 1999, 82 – AMC/ATC ; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; RIS-Justiz RS0117324; EuGH C 251/95 – Sabel/Puma; EuGH C 120/04 – Thomson life) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (EuGH C 342/97 – Lloyd, Rn 26; C 291/00 – LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01 – Orange, Rn 64).
1.6 Die Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a = ÖBl 1998, 246 – GO ; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190 [T22]; 17 Ob 36/08f – Kobra/Cobra).
Auch bei Wortzeichen muss für eine Verwechslungsgefahr eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22]; Om 4/02 – Kathreiner). Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil sich der Geschäftsverkehr meist an diesem – sofern er unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem den Wortbestandteil im Gedächtnis behält (RIS-Justiz RS0066779). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154 – Preishammer ; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara ; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d – More).
Maßgebend sind auch hier der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y – Hotel Harmonie/Harmony Hotels).
2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so hat das Patentamt wegen der Unähnlichkeit der zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen die Verwechslungsgefahr zu Recht verneint (die bestehende Ähnlichkeit/Identität in Bild und Klang, aber auch in der Begrifflichkeit wurde von den Parteien nicht substanziiert bekämpft; diese ist aber ohnedies nicht in Zweifel zu ziehen, weil schon GAGA vollständig in der angreifenden Marke aufgenommen wird).
Das Rekursgericht hält die diesbezügliche Begründung der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, sodass vorweg auf sie verwiesen werden kann (§ 139 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
2.1 Die Rekurswerberin wendet sich im Wesentlichen gegen die Beurteilung der Unähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen mit dem Argument, dass die Unterhaltungsdienstleistungen der Klasse 42 (gemeint wohl: 41) und die Waren der Klasse 32 in einem starken Ausmaß zueinander komplementär seien. Sie würden nicht nur Ort und Zeit des Konsums und Ort und Zeit des Verkaufs teilen, sondern auch die Ausgangsmotivation für die geschäftliche Transaktion. Diese besonders hohe Komplementarität sei bei der Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit zu berücksichtigen. Die Unterhaltungsdienstleistung der Klasse 42 (gemeint wohl: 41) und die Waren der Klasse 32 würden regelmäßig gemeinsam beworben. Getränkemarken treten regelmäßig als Sponsoren von Musikveranstaltungen auf und die Logos der Sponsoren seien überall sichtbar. Es sei allgemein bekannt, dass Getränkehersteller selbst als Veranstalter von Unterhaltungsevents auftreten und es dabei häufig dergestalt zu einem sogenannten Cross-Selling komme, dass bekannte Popstars ihre Marken und Namen für Produkte wie etwa Parfüms zur Verfügung stellen.
Übertragen auf den vorliegenden Fall müsse man sich nur vorstellen, dass während des Erbringens einer Unterhaltungsdienstleistung unter der Marke LADY GAGA ein Getränk der Klasse 32 mit der Marke GAGA beworben, angeboten und verkauft werde: Die Verkehrskreise würden sofort annehmen, dass zwischen den beiden Marken eine wirtschaftliche Verbindung besteht, und die Koexistenz der beiden Marken keinesfalls als Zufall verstehen. Von einer völligen Branchenfremdheit oder vom völligen Fehlen einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit zwischen Unterhaltungsdienstleistungen der Klasse 41 und Getränken der Klasse 32 könne unter diesen Umständen keine Rede sein.
2.2 Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren und der Dienstleistung kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH C 39/97 – Cannon/Canon, Rn 23; Schumacher in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 2 § 10 Rz 102 mwN). Die Nähe zwischen den fraglichen Dienstleistungen muss geeignet sein, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung hervorzurufen, dass die Dienstleistungen, wenn sie mit dem gleichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens erbracht werden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Es ist auf die Verkehrsauffassung nach den berechtigten Verbrauchererwartungen abzustellen. Wie in Punkt 1.1 ausgeführt ist für die Prüfung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit allein der Registerstand maßgeblich (vgl 4 Ob 225/03x – Lumina, 4 Ob 180/02d – Opus One). Des weiteren ist für die Auslegung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses grundsätzlich auf die Verhältnisse im Prioritätszeitpunkt abzustellen. Die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis verwendeten Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem objektiven Verkehrsverständnis auszulegen. Die im Nizzaer Abkommen festgelegte Klassifikation der Waren und Dienstleistungen dient ausschließlich Verwaltungszwecken. Es ist nicht entscheidend, ob die Waren und Dienstleistungen jeweils in derselben Klasse aufscheinen (Om 3/09 – Arccos/Archos).
2.3 Die Antragstellerin führt im Zusammenhang mit der Komplementarität die Entscheidungen des EuG T 60/10 (Shakespeare Company/Royal Shakespeare) an, wonach unter Verweis auf die Entscheidung T 161/07 (Ugly/Coyote Ugly) zwischen Unterhaltungsdienstleistungen und Bier eine Ähnlichkeit bestehe (geistige Verbindung), weil beim Konsum von Unterhaltungsdienstleistungen regelmäßig Bier und andere Getränke konsumiert werden.
Aus dieser Entscheidung kann für den konkreten Fall aber nichts gewonnen werden. In diesem Verfahren ging es um die Nichtigerklärung einer Marke wegen der Ausnutzung der („außergewöhnlichen“) Wertschätzung der älteren Marke auf unlautere Weise und nicht um die Frage der Ähnlichkeit von Waren- und Dienstleistungen. Der EuG führte in Bezug auf die Unlauterkeit an, dass die angefochtene Marke durch die Verwendung der älteren Marke bei ihren eigenen Waren von deren Attraktivität, Ruf und Ansehen profitiere. Auf dem Getränkemarkt würden die Waren nämlich durch die Assoziation mit dem Theaterensemble The Royal Shakespeare Company und seiner älteren Marke die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich ziehen und dadurch gegenüber den Waren der Wettbewerber einen Marktvorteil erlangen.
2.4 Beim Ähnlichkeitsvergleich sind einander ergänzende Waren solche, zwischen denen ein enger Zusammenhang besteht, weil die eine Ware für die Verwendung der anderen Ware unverzichtbar oder bedeutsam ist, sodass der Verbraucher annehmen könnte, die Herstellung beider Waren liege in der Verantwortung desselben Unternehmens (funktionelle Komplementarität). Vom Fehlen der Verwechslungsgefahr kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn trotz der Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren und Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (vgl Punkt 1.3).
Ausgehend davon überzeugt die Argumentation der Antragsstellerin nicht, zumal die Waren der angegriffenen Marke mit jenen der Widerspruchsmarke und auch ihrer Dienstleistungen weder in der Art, der stofflichen Beschaffenheit, dem Verwendungszweck und der Nutzung, noch im Vertriebsweg ähnlich sind. Zutreffend ist, dass auf Musikveranstaltungen (nicht nur im Bereich der Popmusik) Biere und alkoholfreie Getränke zum Konsum angeboten werden. Aber darauf kommt es nicht an, sondern, ob der Verbraucher mit den Unterhaltungsdienstleistungen einen engen (bedeutsamen/unverzichtbaren) Zusammenhang mit den Waren der angefochtenen Marke herstellt. Dies ist im Gegensatz zu den üblichen Produkten des Cross-selling oder des Merchandising in diesem Bereich (zB CDs, DVDs, Videos, Poster, Bekleidung, Schmuck etc) nicht der Fall.
Dass (sehr bekannte) Getränkemarken regelmäßig als Sponsoren oder Veranstalter von Musikveranstaltungen auftreten, kann daran nichts ändern. Der Verbraucher hat sich an diese Art der (parallelen) Werbung gewöhnt und wird in der Regel nicht von der Komplementarität zur Künstlerin/zum Künstler ausgehen.
2.5 Die Argumente der Antragsstellerin zielen im Wesentlichen auf die Bekanntheit der Widerspruchsmarke im Sinne eines erweiterten Schutzbereichs bekannter Marken ab. Hier ist aber nicht der erweiterte Schutz einer bekannten Marke iSv § 30 Abs 2 MSchG zu beurteilen, der auch ohne Verwechslungsgefahr besteht und im Widerspruchsverfahren nach § 29a Abs 1 MSchG nicht geltend gemacht werden kann. Vielmehr ist der durch Benutzung erhöhte Bekanntheitsgrad eines der Elemente bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr iSv § 29a Abs 1 iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG zu beachten (4 Ob 189/14v – Viva).
Die Textierung „gedanklich in Verbindung gebracht“ in § 30 Abs 1 Z 2 MSchG, welche aus der MarkenRL übernommen wurde, soll nach der Auslegung des EuGH (vgl C 251/95 – Sabel/Puma) verdeutlichen, dass die rein assoziative gedankliche Verbindung, die der Verkehr über die Übereinstimmung des Sinngehalts zweier Marken zwischen diesen herstellen könnte, für sich genommen noch keine Gefahr von Verwechslungen begründet, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Der Begriff der „gedanklichen Verbindung“ ist keine Alternative zum Begriff der Verwechslungsgefahr, sondern soll nach dem Wortlaut des Art 4 Abs 1 lit b der MarkenRL dessen Umfang genauer bestimmen (EB zu RV zu BGBl I 2009/126).
Zutreffend ist, dass die Person Lady Gaga als Pop-Künstlerin sehr bekannt ist und damit eine Wortmarke LADY GAGA jedenfalls mit ihr in Verbindung gebracht wird. Obwohl „GAGA“ der Widerspruchsmarke als Wortbestandteil vollständig in der angreifenden Marke aufgeht, ist eine Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Unähnlichkeit der zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen trotzdem zu verneinen, weil die Assoziation unter diesem Blickwinkel doch deutlich abgeschwächt wird. In Bezug auf den erhöhten Bekanntheitsgrad ist im Wesentlichen der gesamte Wortlaut „LADY GAGA“ unverwechselbar und klar zuordenbar im Erinnerungsbild. LADY GAGA und nicht bloß GAGA ist somit der kennzeichnungsrechtliche Identifikationshinweis der Marke(nfamilie) [4 Ob 190/14s – McBerg]). Das Wahrnehmungsbild von GAGA erzeugt in Bezug auf die Waren der Klasse 32 nach Ansicht des Rekursgerichts keine mittelbare Verwechslungsgefahr zu den Marken der Antragsstellerin. Das Publikum wird keine Verbindung der mit GAGA bezeichneten Biere, Mineralwässer, alkoholfreien Getränke etc zur Popsängern LADY GAGA und ihren gleichlautenden Wortmarken herstellen.
3. Da die Entscheidung keine bisher von der Rechtsprechung unbeantworteten Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufweist und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
[Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs am 16.6.2015 zurück, 4 Ob 88/15t.]