JudikaturOLG Wien

34R152/14v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. Februar 2015

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Schober und Dr. Terlitza in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Mag. Irene Haase, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Rechtsanwälte Gruber Partnerschafts KG in Wien, wegen Gewährleistung (Streitwert EUR 24.000,--), über den Kostenrekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 397,08) gegen das Anerkenntnisurteil des Landesgerichts Korneuburg vom 15.10.2014, 2 Cg 82/14f 16, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird geändert und lautet:

«Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.024,60 (darin EUR 219,60 USt. und EUR 707,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.»

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die Rekurskosten von EUR 151,34 (darin EUR 25,22 USt) zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Behebung diverser Mängel aus einem Werkvertrag. Die Beklagte bestritt zunächst in der Klagebeantwortung das Klagebegehren, anerkannte es aber mit Schriftsatz vom 12.8.2014 (ON 11) zur Gänze.

Zu Beginn der Tagsatzung vom 9.10.2014 beantragte der Kläger die Fällung eines Anerkenntnisurteils, welches das Erstgericht mündlich verkündete; die ziffernmäßige Bestimmung der Kosten behielt es der schriftlichen Ausfertigung vor. In der schriftlichen Ausfertigung sprach es dem Kläger letztlich Kosten von EUR 2.419,76 (darin EUR 258,46 USt und EUR 707,-- Barauslagen) zu.

Gegen diesen Kostenzuspruch richtet sich der Kostenrekurs der Beklagten mit der wesentlichen Begründung, dass die Tagsatzung vom 9.10.2014 nicht auf Basis des Streitwerts von EUR 24.000,-- sondern nur auf jener von EUR 730,-- mit TP 2 zu honorieren sei. Es wären für diese Tagsatzung nur Kosten von EUR 74,88 statt EUR 932,04 zuzusprechen gewesen.

Der Kläger hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass das Erstgericht die Tagsatzung vom 9.10.2014 ohnedies nach TP 2 mit 50 % Einheitssatz auf der Bemessungsgrundlage von EUR 24.000,-- nur mit EUR 471,96 (darin EUR 78,66 USt.) honoriert hat, wodurch sich das Rekursinteresse von vornherein auf EUR 397,08 reduziert.

Grundsätzlich sinkt bei einem vollen Anerkenntnis der Streitwert auf den Mindestbetrag des § 12 Abs 4 RATG, denn durch das Anerkenntnis des gesamten Klagebegehrens war nur mehr die Kostenfrage strittig. Grundlage dafür ist § 12 Abs 3 RATG, der in nicht weiter zu problematisierenden Weise darauf abstellt, ob der Streit „teilweise erledigt“ wird, was bei einem Anerkenntnis zwanglos genauso anzunehmen ist wie zum Beispiel bei der Einschränkung des Klagebegehrens (vgl RIS Justiz RW0000069 = OLG Wien 14 R 149/02p). Das gilt im vorliegenden Fall schon deshalb, weil wegen des im Schriftsatz ausgesprochenen Anerkenntnisses das Leistungsbegehren schon bei Aufruf der Sache nicht mehr strittig war. Das Rekursgericht sähe es als zu formalistisch an, dass das Anerkenntnis erst durch den Vortrag des Schriftsatzes in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung wirksam würde. Wo das Gesetz Prozesserklärungen mit Schriftsatz zulässt, werden sie mit ihrer Zustellung wirksam.

Das Rekursgericht sieht dabei auch keine Konkurrenz zu TP 2 II.1.c RATG. Es kann dem Gesetz keine Über- oder Unterordnung zwischen § 12 Abs 3 und 4 RATG und TP 2 II.1.c RATG entnommen werden, wonach die durch das volle Anerkenntnis bewirkte Vereinfachung der Tagsatzung bereits durch die Honorarreduktion auf TP 2 RATG berücksichtigt würde. Vor allem dann nicht, wenn das Anerkenntnis bereits vor der Tagsatzung erfolgt ist und daher das Klagebegehren vor Aufruf der Sache nicht mehr strittig war (vgl OLG Wien 30 R 28/12a = RIS Justiz RW0000732). Es spricht nichts dagegen, die Frage der Bemessungsgrundlage und die Frage des auf dieser Basis anzuwendenden Ansatzes denklogisch voneinander zu trennen.

Die Überlegung, § 12 Abs 3 RATG und TP 2 II.1.c RATG in Widerspruch zu setzen und deshalb nur die eine oder andere Norm anzuwenden (so Obermaier, Kostenhandbuch 2 Rz 690), wäre nur begründbar, wenn dem Gesetz eine „Zweifelsregel“ zu entnehmen wäre, wonach stets ein möglichst hoher Kostenbetrag festzusetzen wäre (weshalb die Annahme zweier Tatbestände, die den Endbetrag verringern, zu vermeiden wäre). Eine solche Zweifelsregel enthält das RATG nicht.

Es ergibt sich folgende Berechnung:

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO, wobei nur Kosten auf Basis des (richtigen) Rekursinteresses von EUR 397,08 zuzusprechen waren. Der ERV-Zuschlag beträgt nur EUR 1,80 und eine Pauschalgebühr fällt bei Kostenrekursen nicht an.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

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