JudikaturOLG Wien

34R149/14b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
02. Februar 2015

Kopf

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht ***** wegen Löschung der Marke AT 211.090 über die Berufung der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 10.12.2013, Nm 89/2008 8,9, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Bezeichnung der Antragsgegnerin wird auf ***** richtig gestellt.

II. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 2.721,90 (darin EUR 453,65 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Dem Firmenbuch (FN 94331y) ist zu entnehmen, dass die (im Jahr 1999 aus der ***** hervorgegangene) Antragsgegnerin seit 30.11.2010 wie im Kopf der Entscheidung genannt firmiert.

II. Die Antragsgegnerin war Inhaberin der österreichischen Wortmarke AT 211.090 (= angegriffene Marke)

THE EARTH WIND FIRE EXPERIENCE FEATURING THE AL MCKAY ALL STARS ,

geschützt mit Priorität vom 10.2.2003 für Waren der Klassen 9 (Tonträger insbesondere CDs und Musikcassetten), 16 (Druckereierzeugnisse) und 25 (Bekleidungsstücke) sowie Dienstleistungen der Klasse 41 (Unterhaltung). Wegen Nichtzahlung der Erneuerungsgebühr ist die Marke mit Ablauf des 31.7.2013 erloschen (ON 9).

Der Antragsteller begehrte im Jahr 2008 die Löschung der angegriffenen Marke. Den Löschungsantrag stützt er einerseits auf § 31 Abs 1 MSchG, denn er habe 1969 als Jazz-Schlagzeuger die Musikgruppe „ Earth Wind Fire “ gegründet und sei auch der Namensgeber und nach wie vor die treibende Kraft. Seit 1975 habe diese Band auch in Österreich große Erfolge gefeiert und insbesondere zwischen 1970 und 1999 zahlreiche Tonträger und Remixes herausgebracht. Die Band habe zahlreiche Grammys, Gold- und Platinalben gewonnen und einen Stern am „Hollywood Walk of Fame“ bekommen. Der Bandname werde von den beteiligten Verkehrskreise in Österreich als (nicht registrierte) Marke aufgefasst. Songs würden weiterhin regelmäßig in Österreich gespielt. Bereits mit der Aufnahme des kennzeichnungsmäßigen Gebrauchs sei EARTH WIND FIRE als Kennzeichen in den Klassen 9 (Audio- und Videoaufnahmen mit Musikdarbietung; DVDs von Konzertauftritten; CDs und Audiokassetten mit Musikdarbietung) und 41 (Unterhaltungsdienstleistungen einer Vokal- und Instrumentalgruppe) geschützt. Das Zeichen sei daher aufgrund des qualifizierten Vorgebrauchs eine notorisch bekannte Marke. Abgesehen davon, habe der Antragsteller in seinem Namen die Marke EARTH WIND FIRE in den USA und in anderen Staaten sowie in der Europäischen Union schützen lassen. Es liege nahe, dass die Antragsgegnerin vom guten Ruf des Antragstellers und der Marke zu profitieren versuche.

Es bestehe auch Waren- und Dienstleistungsidentität und eindeutig Verwechslungsgefahr. In der angegriffenen Marke werde der erste Bestandteil, nämlich EARTH WIND FIRE wahrgenommen, sodass man nicht davon ausgehen könne, dass die Verkehrskreise zwischen dem angefochtenen Zeichen und der Formation des Antragstellers unterscheiden können. In Presseberichten über Auftritte der Formation „The Earth Wind Fire Experience featuring The Al McKay Allstars“ sei ausschließlich von „Earth Wind Fire“ die Rede.

Ein ausgeschiedenes Bandmitglied sei ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht berechtigt, den Bandnamen für sich zu verwenden. Das gelte erst recht für eine Agentur, die ein ehemaliges Bandmitglied betreue. Da der Antragsteller wegen der Bekanntheit der Formation „Earth Wind Fire“ auch über die geltend gemachten Namensrechte verfüge, komme ihm nach Art 8 PVÜ auch der Schutz des Namens zu. Auch hier bestehe Verwechslungsgefahr und der Löschungsgrund des § 32 Abs 1 MSchG sei daher verwirklicht.

In den Klassen 16 und 25 hätten weder der Markeninhaber noch mit dessen Zustimmung Dritte die (seit mehr als fünf Jahren registrierte) angefochtene Marke benutzt, sodass der Löschungsgrund nach § 33a MSchG erfüllt sei. Zudem sei die Markenanmeldung auch bösgläubig nur deshalb erfolgt, um sich an den guten Ruf der Band „Earth Wind Fire“ in sittenwidriger Weise anzuhängen und die Auftritte der Formation des Antragstellers zu behindern und den Vertrieb zu stören.

Die Antragsgegnerin wandte ein, sie sei die seit Jahren beauftragte Agentur der Gruppe „The Earth Wind Fire Experience featuring The Al McKay Allstars“. Diese Formation sei seit vielen Jahren auf der ganzen Welt unter diesem Namen tätig und habe hunderte Auftritte in Asien, Südafrika und Europa absolviert. Die Antragsgegnerin habe im Jahr 2005 diesen Namen in Österreich und international schützen lassen, um sich vor der Verwechslung mit sogenannten Tribute Bands zu schützen. Al McKay sei von 1973 bis 1981 Mitglied der Formation „Earth Wind Fire“ und dabei Gitarrist und Komponist gewesen. Er habe mit dem Antragsteller unter anderem die Großerfolge „September“, „Best of my love“ und „Sing a song“ geschrieben. Verwechslungsgefahr bestehe nicht, weil aus dem angefochtenen Zeichen eindeutig hervorgehe, dass es nicht um „Earth Wind Fire“, sondern um die diesbezügliche Erfahrung und um den Künstler Al McKay gehe. Entsprechende Hinweise enthielten auch die Verträge mit den Veranstaltern, auf unrichtige Medienberichte habe die Antragstellerin keinen Einfluss. Sie verwende das angefochtene Zeichen zur Vermarktung Al McKays. Der Antragsteller habe zudem die Fünfjahresfrist des § 31 Abs 2 MSchG nicht eingehalten, denn die Registrierung sei am 10.2.2003 erfolgt, der Antrag stamme vom 7.8.2008. Der Antragsteller sei auch seit 1998 nicht mehr aufgetreten, sodass die Anmeldung der angegriffenen Marke weder böswillig noch sittenwidrig erfolgt sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab die Nichtigkeitsabteilung dem Löschungsantrag statt. Es traf die auf den Seiten 10 bis 15 des Beschlusses (teilweise disloziert in der rechtlichen Beurteilung) angeführten, wie folgt auf das Wesentliche zusammengefassten Feststellungen:

Der Antragsteller ist Jazz-Schlagzeuger und Begründer der 1969 gegründeten Band „Earth Wind Fire“. Ab dem Jahr 1975 feierte die Formation große, auch weltweite Erfolge und gewann Grammys und erhielt Gold- sowie Platinalben. Die Band wurde international und auch in Österreich in den relevanten Verkehrskreisen berühmt; sie war dies auch zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke der Antragsgegnerin. Sie war mit ihren Liedern von 1977 bis 1999 und auch unmittelbar vor dem Anmeldetag des angefochtenen Zeichens in den österreichischen Charts vertreten.

Der Antragsteller erreichte für EARTH WIND FIRE gegenüber dem angefochtenen Zeichen prioritätsältere Markenregistrierungen zunächst in den USA und später auch als internationale Registrierung (IR 847.228) sowie in der Europäischen Union, in der Schweiz und in Japan.

Al McKay war von 1973 bis 1981 als Rhythmusgitarrist und Komponist Mitglied der Gruppe „Earth Wind Fire“. Die Antragsgegnerin vertritt Musiker als Agentur und erstellt für diese bei Konzertveranstaltungen Engagementverträge; sie arbeitet auch mit Al McKay zusammen. Sie kannte zum Zeitpunkt der Anmeldung des angegriffenen Zeichens den Namen der Originalband „Earth Wind Fire“. Auftritte der Formation „The Earth Wind Fire Experience featuring The Al McKay Allstars“ wurden exklusiv über die Antragsgegnerin gebucht. So fanden in den Jahren 2004 bis 2007 an verschiedenen Orten Österreichs von der Antragsgegnerin organisierte Konzerte der Gruppe „The Earth Wind Fire Experience featuring The Al McKay Allstars“ statt. In Berichten zweier Medien wurde diese Formation in Österreich ohne jeglichen Zusatz als „Earth Wind Fire“ bezeichnet. Ein Konzert dieser Formation im Jahr 2013 wurde ebenfalls nur mit „Earth Wind Fire“ beworben.

Die Antragsgegnerin verfügt über keine Zustimmungserklärung des Antragstellers zur Verwendung des angefochtenen Zeichens. Sie hat Verwechslungen mit dem originalen Bandnamen implizit in Kauf genommen, wollte sie doch Dritte von der Verwendung von EARTH WIND FIRE ausschließen.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte die Nichtigkeitsabteilung diesen Sachverhalt dahin, dass auch eine Agentur, die ein ehemaliges Bandmitglied vertritt, nicht berechtigt sei, den Namen der Originalband für sich und ihre Zwecke zu verwenden. Die Antragsgegnerin habe sich somit wissentlich in das Kielwasser des Antragstellers und des Bandnamens begeben. Ihr sei es nicht gelungen, sich von der Bösgläubigkeit freizubeweisen. Dies ziehe die Löschung der angegriffenen Marke nach sich, ohne dass noch auf die weiters geltend gemachten Löschungsgründe einzugehen wäre.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin; als Berufungsgrund wird unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und beantragt, die Entscheidung abzuändern und den Antrag abzuweisen.

Der Antragsteller beantragt, die Berufung abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung, über die gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 480 Abs 1 ZPO in nicht öffentlicher Sitzung zu entscheiden war, ist nicht berechtigt.

1. Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen hat die Nichtigkeitsabteilung die Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin nach § 34 Abs 1 MSchG zu Recht bejaht.

2. Nach § 34 Abs 1 MSchG kann jedermann die Löschung einer Marke begehren, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war. Diese Bestimmung beruht auf Art 3 Abs 2 lit d MarkenRL, wonach die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Fall der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn der Antragsteller die Eintragung bösgläubig beantragt hatte. Sie wird als Generalklausel angesehen und erfasst Umstände beim Markenerwerb, die den Schutz des Kennzeichens als ungerechtfertigt (iSv sittenwidrig) erscheinen lassen (4 Ob 28/06f – Firekiller; Müller/Höller-Prantner, Markenrecht kompakt 123).

3. Der Tatbestand ist autonom und richtlinienkonform auszulegen (Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 296 mwN der Rechtsprechung des BGH; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 10 § 8 Rz 669), wobei der EuGH betont, dass alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (EuGH C 529/07 – Goldhase III, Rz 37 ff [zur GMV ergangen]).

4. Ob eine Anmeldung bösgläubig war, ist nach der Rechtsprechung des EuGH „umfassend“ zu beurteilen, wobei alle im konkreten Fall „erheblichen Faktoren“ zu berücksichtigen sind (C 529/07 – Goldhase III, Rz 37; C 320/12 – Malaysia Dairy Industries, Rz 36; RIS-Justiz RS0123318 [T5]). Bösgläubigkeit wurde zunächst in erster Linie bei Verletzung von Loyalitätspflichten oder bei Behinderung eines bereits das Zeichen nutzenden Dritten bejaht (C 529/07 – Goldhase III; C 320/12 – Malaysia Dairy Industries). Der Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass Bösgläubigkeit auf diese Fallgruppen beschränkt wäre, sodass etwa auch die Anmeldung einer Spekulationsmarke mit dem darauf gerichteten Interesse, sich aus dem mit einer Marke verbundenen Ausschließlichkeitsrecht finanzielle Vorteile zu verschaffen, bösgläubig ist (jüngst 4 Ob 98/14m – Feeling/Feel II).

5. Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs war der Rechtsgedanke des § 30a MSchG (Agentenmarke). Er wurde zunächst auf Fälle ausgedehnt, in denen der Erwerber außerhalb des engen Wortlauts von § 30a MSchG zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines Vorbenutzers verpflichtet war (zB 4 Ob 398/77 – Thermo-Schutz-Roll; 4 Ob 21/95 – Die Mooskirchner; RIS-Justiz RS0066842). Eine weitere Fallgruppe erfasst den sittenwidrigen Behinderungswettbewerb außerhalb einer Rechtsbeziehung (4 Ob 11/98s – Nintendo). Dabei wurde zunächst noch auf einen „wertvollen Besitzstand“ des Beeinträchtigten abgestellt, das heißt auf die frühere Benutzung eines Zeichens mit einer „gewissen Verkehrsbekanntheit“ (4 Ob 52/98w – Thai classic). Dieses Erfordernis wurde später allerdings fallen gelassen; es genügt bereits die Vorbenutzung als solche (4 Ob 310/98m – Pinkplus; 4 Ob 128/01d – Silberpfeil; 4 Ob 56/05x – Nordic Walking). Grundlage für das Unwerturteil ist hier die Absicht des Anmelders, eine Waffe in die Hand zu bekommen, um ein von einem Mitbewerber aufgebautes System zu stören. Beide Fallgruppen können dem Tatbestand des bösgläubigen Erwerbs iSv § 34 MSchG unterstellt werden (4 Ob 28/06f – Firekiller; 4 Ob 89/06a – grüngeflammt).

6. Diese Absicht muss nicht der einzige Beweggrund des Anmelders sein, es genügt, dass es sich um ein wesentliches Motiv handelt (zB 4 Ob 244/01p – Alpentrio Tirol; 4 Ob 128/01d – Silberpfeil; RIS-Justiz RS0123318; RS0109597; Ströbele in Ströbele/Hacker , MarkenG 10 § 8 Rz 678 mwN). Der Begriff „Bösgläubigkeit“ deutet zwar auf das Erfordernis subjektiver Vorwerfbarkeit hin; diese kann aber bei der Verletzung von Loyalitätspflichten zumindest bis zum Beweis (zur Bescheinigung) des Gegenteils unterstellt werden (RIS-Justiz RS0120716). Sie kann aber nur dann angenommen werden, wenn dem Markeninhaber im Zeitpunkt der Anmeldung bekannt war, dass Mitbewerber für ähnliche oder idente Waren Zeichen verwenden, die dem als Marke angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnlich sind (17 Ob 17/09p – Goldhase IV).

Behauptungs- und beweispflichtig für die Bösgläubigkeit ist der Antragsteller (17 Ob 17/09p – Goldhase IV; Om 16/10; Om 13/11 – Winzerkönig).

7. Aufgrund der von der Nichtigkeitsabteilung dazu ermittelten Tatsachen liegen bei der Gesamtbetrachtung und der Gewichtung der einzelnen Indikatoren die Voraussetzungen für die Annahme von Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin iSd § 34 MSchG vor:

7.1. Dass nämlich sowohl die Antragsgegnerin als Künstleragentur an sich, ganz besonders aber als Agentin Al McKays davon Kenntnis hatte, dass EARTH WIND FIRE für den Antragsteller als Marke geschützt war, wird in der Berufung nicht mehr in Zweifel gezogen: Außerdem werden sowohl die Anknüpfung an den Bandnamen (Berufung, S 2) als auch die internationale Bekanntheit der Gruppe (Berufung, S 3) ausdrücklich anerkannt. Die Antragsgegnerin beharrt jedoch darauf, dass sie selbst („der Antragsgegner“; erkennbar gemeint: Al McKay) maßgeblich zu dieser Berühmtheit beigetragen habe und dass sie die angeblich schwache Marke des Antragstellers nicht unverändert verwendet, sondern durch Zusätze für eine Unterscheidbarkeit gesorgt habe. Mit dieser Argumentation setzt sich die Berufungswerberin zu den Feststellungen in Widerspruch, dass sie selbst zur Berühmtheit der Formation „Earth Wind Fire“ nichts beigetragen und sogar selbst Verwechslungen mit der Marke des Antragstellers in Kauf genommen hat. Dass Al McKay selbst berühmt ist, steht weder fest noch wäre dies für die Falllösung relevant. Allein der Umstand, dass er selbst Bandmitglied war, berechtigt ihn nicht – und erst recht nicht die Antragsgegnerin als Dritte - in das bestehende Markenrecht des Antragstellers mit dem Ziel einzugreifen, von dessen Berühmtheit zu profitieren (zum Schutz von Bandnamen vgl weiterführend Thiele/Laimer, MR 2008, 191). Dass eine berühmte Marke wie das Zeichen des Antragstellers nicht schwach ist, muss nicht näher begründet werden.

7.2. Auch wenn es zutrifft, dass die angegriffene Marke nicht gleich lautet wie das Zeichen des Antragstellers, sondern erweitert wurde, verfängt die darauf abzielende Argumentation nicht:

Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b – gotv; 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t – Max/Spannmax; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01 = PBl 2002, 135 – Jack Jones; RIS-Justiz RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t – Jukebox; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]).

Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04 – Thomson life) kann – übereinstimmend mit der vorgenannten, jüngeren Rechtsprechung – bei identen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t – Jukebox; Om 12/10 PBl 2011, 67 – PeakZero; jüngst 4 Ob 181/14t [OLG Wien 34 R 5/14a] – Max/Spannmax).

7.3. Das Berufungsgericht trifft folgende ergänzende Feststellung aus Anhang A zu Beilage ./9, da die Berücksichtigung des Inhalts einer in den Feststellungen der Vorinstanzen – wenn auch ohne wörtliche Wiedergabe – enthaltenen Urkunde, deren Echtheit überdies zugestanden wurde, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nicht die amtswegige Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung erfordert (RIS-Justiz RS0121557):

„Der Schutzumfang der internationalen Marke des Antragstellers IR 847.228 erstreckt sich auf Waren der Klassen 9 (Musik- und Videoaufnahmen zeigend Musik; DVDs zeigend Musikaufführungen; CDs und Musikkassetten zeigend Musik) und 25 (Bekleidung; Schuhe; Kopfbedeckungen [aktuell: ‚Clothing, namely t-shirts, sweatshirts, jackets; headwear’; Quelle: WIPO – ROMARIN – International Registration Details, Ausdruck vom 30.1.2015]) sowie Dienstleistungen der Klasse 41 (Unterhaltungsdienstleistungen ausgeführt von einer Gesangs- und Musikgruppe).“

In den Waren- und Dienstleistungsklassen 9, 25 und 41 besteht somit nahezu vollständige Identität; Druckereierzeugnisse liegen als Merchandisingprodukte im engen Ähnlichkeitsbereich zum Schutzumfang des Zeichens des Antragstellers.

7.4. Die Schlussfolgerung der Nichtigkeitsabteilung ist daher cht zu beanstanden, dass wegen der Übernahme der bekannten – nach den Feststellungen sogar berühmten – Marke des Antragstellers angesichts der nahezu vollständigen Waren- und Dienstleistungsidentität trotz oder gerade wegen der wenig aussagekräftigen Zusätze Verwechslungsgefahr besteht. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss (Seite 15) verwiesen werden (§ 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500a ZPO).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich auch keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227 – Ritter/Knight; RIS-Justiz RS0043640; RW0000786), sodass auf die Auseinandersetzung mit den dazu im angefochtenen Beschluss getroffenen Feststellungen in der Berufung nicht weiter einzugehen ist. Auch die nicht näher begründete, aber ohnedies nur hilfsweise behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen einer fehlenden demoskopischen Umfrage liegt damit nicht vor, wie der Antragsteller in seiner Berufungsbeantwortung richtig aufzeigt. Gerade wegen der Berühmtheit der Marke des Antragstellers werden die angesprochenen Verkehrskreise, das sind nicht nur Konzertbesucher und Käufer von Musikträgern oder -dateien, sondern gerade auch weniger aufmerksame Radiohörer, im angegriffenen Zeichen nur EARTH WIND FIRE wahrnehmen, bietet sich doch dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (EuGH C 342/97 – Lloyd, Rz 26; C 291/00 – LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01 – Orange , Rz 64). Das angegriffene Zeichen ist daher zwar nicht gleich wie die Marke des Antragstellers, ihr aber doch verwechselbar ähnlich. Die Antragsgegnerin gesteht dies auch selbst zu, wenn sie in der Berufung vorbringt, dass eine gedankliche Verknüpfung hergestellt wird, die der besseren Vermarktung dienen soll (Berufung, S 3 f).

7.5. Die in der Berufung genannte Entscheidung des (richtig) EuG T 291/09 (Pollo Tropical Chicken on the grill) ist schon deshalb nicht einschlägig, weil dort die Bejahung der Bösgläubigkeit bereits am Umstand der Nichtbenutzung der Klagsmarken scheiterte (Rz 80 und 84).

7.6. Ob Al McKay – allenfalls auch – eine Loyalitätspflicht (aus seiner Stellung als ehemaliges Bandmitglied) verletzt hat, kann offenbleiben, weil die Bösgläubigkeit bereits aufgrund der objektiven Tatbestandsmäßigkeit der Fallgruppe der unlauteren Behinderung eines Dritten zu bejahen ist.

8. Bei dieser Sachlage spricht die Vermutung dafür, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Markenanmeldung die Absicht verfolgt hat, den Antragsteller an der Verwendung des prioritätsälteren Zeichens zu behindern oder diese gar unmöglich zu machen. Spricht aber die Vermutung für eine bestimmte Absicht der Antragsgegnerin, wäre es ihre Sache, sie zu entkräften (ÖBl 2000, 25 – Pinkplus mwN aus der Rsp zur Wettbewerbsabsicht, die bei Mitbewerbern vermutet wird; 4 Ob 199/99i – Adolf-Loos-Architekturpreis). Alle aufgezeigten objektiven Umstände in ihrer Gesamtheit indizieren daher das subjektive Tatbestandsmerkmal der Bösgläubigkeit (zu dieser Herleitung siehe EuGH C 529/07 – Goldhase III, Rz 37; C 569/08 – Internetportal, Rz 42 und 77 [mit Aufzählung beispielhafter Einzelkriterien]; Fezer in Fezer, Markenpraxis 2 51, Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 307; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 10 § 8 Rz 637; allg von Schultz in von Schultz, Markenrecht 3 § 8 Rz 213 ff mwN [insb Rz 220]) bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angefochtenen Marke (zB Hofinger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 34 Rz 7; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 10 § 8 Rz 675; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 312; Om 13/11 – Winzerkönig mwN).

9. Die Nichtigkeitsabteilung hat daher bei der weitestgehenden Waren- und Dienstleistungsidentität bzw -ähnlichkeit die gänzliche Löschung der angegriffenen und bösgläubig angemeldeten Marke mit Recht mit Rückwirkung auf den Beginn der Schutzdauer ausgesprochen (§ 34 Abs 2 iVm § 19 Abs 1 MSchG) und sich mit den weiters ins Treffen geführten Löschungsgründen nicht näher befasst.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO.

Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000,--.

Die ordentliche Revision war gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt: Ob eine Marke bösgläubig angemeldet wurde, ist stets eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0129667 [T1]).

Rückverweise