34R70/14k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Schober und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Asperger in der Markensache der Antragstellerin P***** GmbH , [...], vertreten durch Saxinger, Chalupsky Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels, gegen die Antragsgegnerin b***** GmbH , [...], vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen teilweiser Löschung der Marke AT 108725 über die Berufung der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 26.7.2011, Nm 52/2010 6, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
1. Die von den Parteien im Berufungsverfahren vorgelegten Urkunden werden zurückgewiesen.
2. Die Berufung wegen Nichtigkeit wird verworfen.
3. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird geändert und lautet bei unveränderter Geltung von Spruchpunkt 1:
«1. [...]
2. Die Marke AT 108725 KORNSPITZ wird in Bezug auf die Waren der Klasse 30: „Backwaren, feine Backwaren, auch zum Aufbacken vorbereitet“ gelöscht.
3. Das Mehrbegehren, die Marke in Bezug auf die Waren der Klasse 30: „Mehle und Getreidepräparate; Backmittel; Teiglinge, auch tiefgefroren, für die Herstellung von feinen Backwaren“ zu löschen, wird abgewiesen.
4. Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin EUR 3.153,60 an Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.»
4. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben. Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen an Barauslagen EUR 340,-- zu ersetzen.
5. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin (unter anderem) der österreichischen Wortmarke KORNSPITZ. Die Antragsgegnerin erzeugt unter dieser Marke eine Backmischung, die sie in erster Linie an Bäcker ausliefert. Ihre Abnehmer verarbeiten die Backmischung zu einem Gebäck, das einen typischen Geschmack und eine typische Form aufweist. Dafür verwenden die Bäcker und der von ihnen belieferte Lebensmittelhandel mit Zustimmung der Markeninhaberin die Bezeichnung KORNSPITZ.
Das als KORNSPITZ bezeichnete Gebäck ist in Österreich vielerorts erhältlich und bei Endverbrauchern bekannt. Die Mitbewerber der Antragsgegnerin und die überwiegende Zahl der Bäcker wissen, dass es sich bei der Bezeichnung KORNSPITZ um eine Marke handelt. Nach den – von der Antragsgegnerin in der Berufung bekämpften – Feststellungen nimmt der weit überwiegende Teil der Endverbraucher demgegenüber an, dass KORNSPITZ eine bestimmte Gattung von Backwaren bezeichne, er versteht diese Bezeichnung also nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Bäcker und der Handel regelmäßig nicht darauf hinweisen, dass sie dieses Gebäck aus einer von einem dritten Unternehmen bezogenen Backmischung herstellen.
Die Antragstellerin beantragte die Löschung der Marke ursprünglich für alle Waren der Klasse 30, für die die Marke eingetragen war:
In der Verhandlung vor der Nichtigkeitsabteilung am 21.6.2011 schränkte die Antragstellerin ihren Antrag um die oben in eckige Klammer gesetzten Waren ein, sodass folgende Waren als strittig verblieben:
(Die fettgedruckten Waren verfallen – wie im Spruch ersichtlich – nach dem Ergebnis dieser Entscheidung der Löschung.)
Die Antragstellerin stützte den Antrag auf § 33b Abs 1 MSchG und brachte vor, dass das Wort KORNSPITZ für die genannten Waren in der alltäglichen Sprache zur Bezeichnung eines speziellen Gebäcks verwendet werde, das aus Getreide, also „Korn“, bestehe und an beiden Enden die Form einer Spindel habe, also „spitz“ zulaufe. Die Bezeichnung sei in der deutschen Sprache für die relevanten Verkehrskreise (Hersteller, Verbraucher, Händler) gebräuchlich geworden und diene ausschließlich dazu, diese Art von Waren zu bezeichnen. Sie sei daher nicht mehr geeignet, Waren der Antragsgegnerin von jenen anderer Anbieter zu unterscheiden.
Die Antragsgegnerin wendet ein, jedenfalls Bäcker verstünden die Bezeichnung KORNSPITZ weiterhin als Marke. Damit sei eine Löschung bei jenen Waren des Warenverzeichnisses, die von Bäckern bezogen werden (insbesondere Mehle, Backmischungen, Teiglinge), jedenfalls unzulässig. Aber auch für Backwaren und feine Backwaren komme es nicht nur auf das Verständnis der Endverbraucher an, sondern auch auf jenes der Hersteller, Bäcker und Lebensmittelhändler. Solange diese KORNSPITZ noch als Herkunftshinweis verstünden, sei keine Umwandlung zur Gattungsbezeichnung anzunehmen. Es seien auch Maßnahmen zur Verteidigung des Markenrechts gesetzt worden. Die Löschung sei nicht erforderlich, weil es Alternativen zur Bezeichnung KORNSPITZ gebe; vergleichbares Gebäck werde im Verkehr auch als „Knusperspitz“, „Kerni“, „Bio-Urkornweckerl“, „Kornstange“, „Kornweckerl“, „Bio-Spitz“ oder „Alpenspitz“ bezeichnet.
Mit der angefochtenen Entscheidung verfügte die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts die Löschung der Marke im zuletzt beantragten Ausmaß und führte begründend an, dass wegen der Art und Weise des Anbietens und des Verkaufens des Gebäcks unter der Bezeichnung KORNSPITZ – ohne Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen – die Konsumenten als mengenmäßig größte Gruppe von einer Gattungsbezeichnung ausgingen. Die schwerpunktmäßig durchgeführten Werbemaßnahmen fielen im Vergleich zum täglichen Umsatzvolumen des Gebäcks kaum ins Gewicht. Die Sponsoringmaßnahmen der beiden Fußballvereine seien örtlich auf eine Gemeinde in Oberösterreich beschränkt, die Sponsoringmaßnahmen der österreichischen Biathlonnationalmannschaft sei erst nach der Antragstellung aufgenommen worden.
Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin aus den Berufungsgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen und unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie im Kostenpunkt mit dem Antrag, den Beschluss wegen Nichtigkeit aufzuheben, in eventu nach einer mündlichen Berufungsverhandlung den Beschluss abzuändern, dass die Marke KORNSPITZ nicht gelöscht werde, in eventu das Urteil aufzuheben und an die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts zurückzuverweisen.
Die Antragstellerin beantragte, der Berufung keine Folge zu geben.
Der Oberste Patent- und Markensenat unterbrach mit Erkenntnis vom 1.7.2012, Om 6/12 4, das Verfahren über die Berufung und legte dem EuGH Fragen zu Art 12 Abs 2 lit a der Richtlinie 2008/95/EG (MarkenRL) zur Vorabentscheidung vor.
Mit seinem Urteil vom 12.9.2013 [richtig: 6.3.2014], C 409/12 , beantwortete der EuGH die Fragen wie folgt:
1.) Artikel 12 Abs 2 lit a der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.10.2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass in einem Fall wie dem im Ausgangsverfahren streitigen eine Marke für eine Ware, für die sie eingetragen ist, für verfallen erklärt werden kann, wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers aus der Sicht allein der Endverbraucher dieser Ware zur gebräuchlichen Bezeichnung dieser Ware geworden ist.
2.) Artikel 12 Abs 2 lit a der Richtlinie 2008/95 ist dahin auszulegen, dass es als „Untätigkeit“ im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, dass es der Inhaber einer Marke unterlässt, die Verkäufer dazu zu bewegen, die Marke für den Vertrieb einer Ware, für die die Marke eingetragen ist, mehr zu benutzen.
3.) Artikel 12 Abs 2 lit a der Richtlinie 2008/95 ist dahin auszulegen, dass die Erklärung des Verfalls einer Marke nicht die Klärung der Frage voraussetzt, ob es für eine Ware, für die die Marke im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung geworden ist, andere Bezeichnungen gibt.
Nach Einlangen der Vorabentscheidung war das Berufungsverfahren von Amts wegen fortzusetzen. Nach der Abschaffung des Obersten Patent- und Markensenats durch die Patent- und Markenrechtsnovelle 2014, BGBl I 2013/126, hat über die Berufung das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist teilweise berechtigt.
1. Die Zurückweisung der im Berufungsverfahren und in der Berufungsverhandlung vorgelegten Unterlagen erfolgte aus zweierlei Gründen. Zum Einen besteht im Berufungsverfahren – auch im Fall der Beweiswiederholung – das Neuerungsverbot ( Kodek in Rechberger 4 § 482 Rz 1 ff). Zum Anderen ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage der Umwandlung zur gebräuchlichen Bezeichnung jedenfalls (spätestens) der Schluss der mündlichen Verhandlung ( Ströbele/Hacker, Markengesetz 10 § 49 Rz 32). Ungeachtet dessen wurde KORNSPITZ bezogen auf das Endprodukt für den Konsumenten bereits (zeitlich) vor dem Löschungsantrag zur Gattungsbezeichnung, was in der Folge noch näher begründet wird.
2. Zur Nichtigkeit :
2.1 Die Antragsgegnerin macht den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 2 ZPO mit dem wesentlichen Vorbringen geltend, dass eine Entscheidung über ein Sache vorliege, die nach Art 6 EMRK bereits in erster Instanz vor einem tribunal hätte entschieden werden müssen. Die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts sei kein Gericht und dieser Nichtigkeitsgrund könne durch Streiteinlassung nicht geheilt werden.
Zutreffend ist, dass die Löschung einer Marke eine Entscheidung zivilrechtlicher Ansprüche und Verpflichtungen betrifft (vgl VfGH B 889/97; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 39 Rz 60). Gemäß § 39 MSchG entscheidet die Nichtigkeitsabteilung in Markensachen in erster Instanz in einem Senat von drei Mitgliedern, deren Vorsitzende/r und ein weiteres Mitglied rechtskundige Mitarbeiter des Patentamts sein müssen. Die Senate werden von Fall zu Fall zusammengesetzt (§ 66 PatG). Im Hinblick darauf, dass die Zuständigkeit der Nichtigkeitsabteilung – wie auch die Zusammensetzung des Spruchkörpers – gesetzlich geregelt sind und zumindest in der ersten Instanz eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in einem Löschungsverfahren ausgeschlossen ist, kann in der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben kein Nichtigkeitsgrund gesehen werden.
Dass der Senat der Nichtigkeitsabteilung nicht richtig besetzt gewesen sei, wurde von der Antragsgegnerin erst im Berufungsverfahren als Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes behauptet. Trotz bestehenden Neuerungsverbots war dieser Vorwurf aufzugreifen. Das Ergebnis der Überprüfung, das den Verfahrensparteien bereits in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 12.6.2014 mitgeteilt wurde, ist, dass Mag. NN als rechtskundiges Mitglied sowohl bei der Verhandlung am 21.6.2011 als auch bei der Beschlussfassung am 26.7.2011 als Stimmführerin mitgewirkt hat. Der Name von Dr. PP wurde nur wegen eines Übertragungsfehlers zunächst im Protokoll (und dann auch bei der Beschlussausfertigung) angeführt, ohne dass sie aber in diesem Verfahren je mitgewirkt hätte (Schreiben der Nichtigkeitsabteilung vom 27.5.2014). Eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes liegt somit nicht vor.
2.2 Die Antragsgegnerin sieht eine Verletzung des fair trial darin, dass Beweismittel für die behauptete Umwandlung der angefochtenen Marke zur Gattungsbezeichnung erstmals in einer weiteren Äußerung der Antragstellerin vom 15.6.2011 – sechs Tage vor der Verhandlung – vorgelegt worden seien. Dadurch sei sie wesentlicher Verteidigungsrechte beraubt worden.
Diesen Ausführungen ist lediglich entgegenzuhalten, dass der auf § 477 Abs 1 Z 4 ZPO abzielende Nichtigkeitsgrund nicht vorliegt.
2.3 Dies gilt auch für die beanstandete Einstellung des Verfahrens in Bezug auf bestimmte Waren wegen der Antragsrücknahme (Spruchpunkt 1 des bekämpften Beschlusses). Neben § 39 MSchG als allgemeine Norm für das Nichtigkeitsverfahren verweist § 35 Abs 5 MSchG auf §§ 112 bis 126 PatG. § 112 PatG sieht – wie auch § 33b MSchG – vor, dass ein Löschungsverfahren nur auf Antrag zu erfolgen hat, jedoch legt zB § 117 PatG fest, dass das Patentamt berechtigt ist, die Einstellung des Verfahrens zu beschließen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass bei einer Antragsrückziehung ein (deklarativer) Beschluss des Patentamts auf Einstellung des Verfahrens erfolgt, um klarzustellen, dass kein wahrzunehmender Löschungsgrund vorliegt. Überdies fehlt der Antragsgegnerin zu diesem Berufungsvortrag jede Beschwer.
3. Zum Berufungsgrund des wesentlichen Verfahrensmangels :
3.1 Die Antragsgegnerin sieht einen wesentlichen Verfahrensmangel darin, dass die Nichtigkeitsabteilung über die Rüge nach § 114 Abs 1 PatG in der Gegenschrift nicht abgesprochen habe. Wäre die Antragstellerin zum sofortigen Anbieten der Beweismittel angehalten worden, hätte dies die Antragsgegnerin nicht in ihrer Prozess- und Verhandlungsvorbereitungszeit beschnitten. Dies habe eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache verhindert.
3.2 Ein primärer Verfahrensmangel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO könnte nur vorliegen, wenn der Mangel abstrakt geeignet war, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu verhindern. Zutreffend ist, dass nach § 114 PatG der Antrag nebst einer gedrängten Darstellung des Streitfalls und dem bestimmten Begehren die Bezeichnung der geltend gemachten Beweismittel zu enthalten hat. Diese Norm enthält aber keine Sanktion, sondern das Patentamt kann gesonderte Schriftsätze verlangen, wenn es sie für zweckmäßig erachtet (vgl § 56 PatG). Auch die Bestimmungen im Vorverfahren (§ 116 ff PatG) verbieten kein weiteres Anbieten von Beweismitteln, sondern es sind die maßgeblichen Bestimmungen der ZPO sinngemäß anzuwenden. Ein derartiger Vorwurf könnte daher nur im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht relevant werden, was aber von der Antragsgegnerin nicht behauptet wird. Die Verfahrensrüge geht somit ins Leere.
4. Zur Beweisrüge :
4.1 Vorauszuschicken ist, dass durch die Vorabentscheidung des EuGH der Großteil der gerügten Feststellungen für die vorzunehmende Beurteilung bezogen auf den Endverbraucher und das Endprodukt unerheblich sind. Zudem ist schon eingangs darauf hinzuweisen, dass die Beweisrügen überwiegend nicht gesetzmäßig ausgeführt sind.
Um eine Beweisrüge im Sinne der ständigen Rechtsprechung gesetzmäßig auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber angeben (zumindest deutlich zum Ausdruck bringen),
a) welche konkrete Feststellung bekämpft wird,
b) infolge welcher unrichtiger Beweiswürdigung sie getroffen wurde,
c) aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrten Feststellungen zu treffen gewesen wären ( Kodek in Rechberger 4 § 471 ZPO Rz 8; RIS-Justiz RW0000137, RS0041835).
So scheitert eine inhaltliche Behandlung schon deshalb, weil die bekämpften Feststellungen eher nur erahnt werden können, es aber vor allem am maßgeblichen Berufungsvorbringen fehlt, aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrten (oder zu unterlassenden) Feststellungen (nicht) zu treffen gewesen wären. Wünschenswert wäre zwar gewesen, wenn das Patentamt die zugrunde gelegten Beweisergebnisse etwas ausführlicher angeführt hätte, jedoch sind die Konstatierungen im Ergebnis nachvollziehbar; ihnen stehen auch keine gegenteiligen Beweisergebnisse entgegen.
4.2 Als relevant zu prüfen ist jedenfalls die bekämpfte Feststellung, wonach die Konsumenten aufgrund der Art und Weise des Anbietens und des Verkaufes des Gebäcks unter der Bezeichnung KORNSPITZ von einer Gattungsbezeichnung ausgehen.
Der Vorwurf, dass nicht begründet worden sei, auf welches Beweisergebnis diese Feststellung gestützt wurde und dass kein taugliches Beweismittel dafür vorliege, trifft nicht zu. Das Patentamt hat – wenn auch etwas verstreut – teils unter Anführung der Beweisquelle Folgendes noch festgestellt:
«Die Bäcker bzw. Lebensmittelhändler, die das Endprodukt KORNSPITZ verkaufen, werden von der Antragsgegnerin nicht dazu angehalten das ® bei der Präsentation der Waren in der Bäckerei oder bei der Auslieferung an ihre Kunden zu verwenden. Die Bäcker, die das Endprodukt verkaufen, verwenden keinen Hinweis auf die Herkunft der Backmischung aus dem Betrieb der Antragsgegnerin, eine Zuordnung ist von der Antragsgegnerin nicht gewollt.
[...]
Was die Letztverbraucher, also alle österreichischen Konsumenten, die täglich Brot und Gebäck kaufen, anlangt, so ist wesentlich, wie die Ware KORNSPITZ von den Bäckern in den Bäckereien bzw. von den Kunden der Bäcker in den Geschäften präsentiert werden. Im Verhältnis der Antragsgegnerin und ihren Kunden, den Bäckern, bestehen keinerlei vertragliche Bestimmungen wie die Marke KORNSPITZ verwendet werden soll. Die Antragsgegnerin überlässt es dem jeweiligen Bäcker, wie die Ware und die Marke verwendet werden. Die Waren unter der Bezeichnung KORNSPITZ gelangen durch die Bäcker ohne Hinweis auf die Herkunft aus der Firma der Antragsgegnerin und ohne Hinweis auf die registrierte Marke KORNSPITZ auf den Markt der Konsumenten.
[...]
Nachdem in den meisten Bäckereien (Kunden und Nichtkunden der Antragsgegnerin) bzw. auch in allen Lebensmittelketten KORNPITZ ohne ® und ohne Zuordnung zu einem bestimmten Unternehmen verkauft wird, lässt die Konsumenten davon ausgehen, dass die Ware mit der Bezeichnung KORNSPITZ nicht aus einem bestimmten Unternehmen stammt.»
Die Feststellungen des Patentamts sind im Gesamtkontext zu lesen und beruhen im Wesentlichen auf der Aussage des Zeugen A***** (auf die zur Vermeidung von Wiederholungen hingewiesen wird), der auch keine gegenteiligen Beweisergebnisse entgegenstehen. Es gelingt der Antragsgegnerin nicht aufzuzeigen, dass die bekämpfte (im übrigen plausible und lebensnahe) Feststellung zumindest überwiegend wahrscheinlich unrichtig ist.
4.3 Wenn die Antragsgegnerin ausführt, dass der Zeuge A***** von Lizenznehmern gesprochen haben soll, so ist dies nicht richtig. Der Zeuge sprach in seiner Einvernahme immer von Kunden, wobei er im Wesentlichen nur die Bäcker gemeint hat. In diesem Zusammenhang erklärte er, dass es keine vertragliche Bestimmungen gibt, wie die „Kunden“ (gemeint die Bäcker) die Marke zu verwenden haben. Er führte auch an, dass es in Österreich rund 1500 Bäcker gebe, davon seien ungefähr [...] Kunden der Antragsgegnerin und rund [...] kaufen den Rohstoff für den KORNSPITZ. Wenn sich ein Bäcker an die Rezeptur halte und den Rohstoff, der Teil der Rezeptur sei, verwende, könne er den Namen KORNSPITZ verwenden. Er merkte auch an, dass dies auch der Bäcker dürfe, der (nur) die Rezeptur einhalte. Ein Bestandteil der Rezeptur sei der qualitätsbestimmende Rohstoff. Wenn der Bäcker die Backmischung Kornmix oder Kornspitzmix kaufe, sei er legitimiert, die Marke zu verwenden. Es gebe vier oder fünf Varianten dieser Mischung. Gleichzeitig fügte er hinzu, die Kunden (gemeint aus seiner Sicht die Bäcker) nicht gezielt zu kontrollieren.
4.4 In diesem Zusammenhang ist somit die Feststellung des Patentamts, dass es Kunden und Nichtkunden der Antragsgegnerin gebe, die die Bezeichnung KORNSPITZ für das Gebäck verwenden, durchaus plausibel und nachvollziehbar, wobei nach den unzweifelhaften Beweisergebnissen Abmahnschreiben Einzelfälle geblieben sind.
Nach der Entscheidung des EuGH ist die Anzahl der „rechtswidrigen“, weil zustimmungslosen Verwendungen der Marke KORNSPITZ in Relation zur Zahl der „Lizenznehmer“ und somit der rechtmäßigen Verwendung nicht entscheidungswesentlich. Maßgeblich ist allein die Sicht des Endverbrauchers für die Beurteilung, ob das mit der Marke geschützte Wort zur gebräuchlichen Bezeichnung dieser Ware geworden ist. Der Umstand, dass sich die Verkäufer der Existenz der Marke und der Herkunft, auf die sie hinweist, bewusst sind, vermag für sich allein einen Verfall nicht auszuschließen (C 409/12, Rn 29). Somit ist ein allfälliges Vorgehen gegen eine rechtswidrige Verwendung der Marke KORNSPITZ (von Bäckern) aufgrund der vom Patentamt getroffenen Feststellungen ohne Relevanz. Dass gegen Verbraucher oder Endabnehmer vorgegangen worden wäre, wurde von der Antragsgegnerin nie behauptet.
4.5 Die Beweisrüge zur Feststellung, „der Konsument kann nicht unterscheiden, ob eine Backmischung der Antragsgegnerin oder einer anderen Firma verwendet wurde“, ist nicht gesetzmäßig ausgeführt. Auch jene nicht zur Feststellung „dass eine Zuordnung in der Verkaufssituation beim Bäcker nicht gewollt ist“. Ungeachtet dessen beruht die zweite Feststellung auf der Aussage des Zeugen A*****, der angab, dass eine Zuordnung zum Unternehmen in der Verkaufssituation beim Bäcker nicht gewollt sei, wobei der Beweggrund („es sei für den Konsumenten zu verwirrend“) für das Tatsachensubstrat, inwieweit der Konsument KORNSPITZ als Marke wahrnimmt, irrelevant ist. Warum nun eine Zuordnung nur in der Verkaufssituation beim Bäcker nicht gewollt sein soll, jedoch bei den späteren Werbeaktivitäten nach dem Löschungsantrag, führt die Antragsgegnerin nicht näher aus.
4.6 Die weiters bekämpften Feststellungen betreffend die Eintragung ins Wörterbuch und in Wikipedia erweisen sich im Hinblick auf die unbedenkliche Feststellung, „dass die Konsumenten aufgrund der Art und Weise des Anbietens und des Verkaufs des Gebäcks unter der Bezeichnung KORNSPITZ von einer Gattungsbezeichnung ausgehen“ im Zusammenhalt mit dem Urteil des EuGH als nicht relevant.
Aufgrund der Beweiswiederholung im Berufungsverfahren kann diese Feststellung insbesondere aufgrund Aussage des Zeugen A***** nachvollzogen werden. Der Zeuge gab an, dass in der Verkaufssituation beim Bäcker eine Zuordnung zum Unternehmen der Antragsgegnerin nicht gewollt sei. Erklärend fügte er hinzu, dass zwischen der Antragsgegnerin und den Endhändlern, wie zum Beispiel „Billa“, keine Kunden-Lieferanten-Beziehung bestehe. Billa habe eine Beziehung zur Bäckerei als Lieferanten; dieser Lieferant (Bäcker) stehe wiederum im Kontakt mit der Antragsgegnerin, die ihn auch als „Kunde“ ansieht. Damit brachte der Zeuge A***** zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Antragsgegnerin seit Beginn des Markenauftritts keinen Wert darauf gelegt hat, dass der Konsument KORNSPITZ als Marke wahrnehmen und/oder im Sinne eines Herkunftshinweises zuordnen kann. Dies deckt sich auch mit der zeitlichen Zuordnung der bis zum Schluss des Verfahrens vor dem Patentamt vorgelegten Urkunden, die die Werbemaßnahmen der Antragsgegnerin bis dahin widerspiegeln. In diesem Zusammenhang ist ein doch deutlicher Anstieg an Unternehmungen abzielend auch auf den Endverbraucher nach dem eingelangten Löschungsantrag zu erkennen.
Dass diese Feststellung willkürlich getroffen worden wäre, kann daher nicht nachvollzogen werden.
Berücksichtigend das Beweisergebnis, dass KORNSPITZ beim Endverbraucher als Marke – bewusst und gewollt – nicht in herkunftshinweisender Funktion in Erscheinung getreten ist, sind auch Eintragungen im Wörterbuch sowie auch in Wikipedia im Hinblick auf den Massenumsatz im Alltag von keiner entscheidender Relevanz für die Beweiswürdigung. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Konsument den Namen eines Gebäcks, den er im Alltag sieht und hört, anhand des Wörterbuchs oder auch anhand von Wikipedia nachforscht, vor allem dann nicht, wenn diese Bezeichnung nahezu täglich beim Einkauf gebraucht und dadurch im Alltag üblich wird.
Im Ergebnis übernimmt das Berufungsgericht den vom Patentamt ermittelten Sachverhalt und legt ihn seiner Entscheidung zugrunde.
5. Zum Berufungsgrund der sekundären Feststellungsmängel :
Solche liegen gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO vor, wenn infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht getroffen und notwendige Beweise nicht aufgenommen wurden.
5.1 Die Antragsgegnerin sieht einen sekundären Feststellungsmangel darin, dass eine notwendige Feststellung unterlassen worden sei, für welchen Zeitpunkt der Nachweis einer abgeschlossenen Entwicklung der angefochtenen Marke zur gebräuchlichen Bezeichnung erbracht worden sei. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte kein Zeitpunkt festgestellt werden können. Zudem gehe die Antragstellerin davon aus, dass KORNSPITZ bereits seit ca. 1990 eine Gattungsbezeichnung sei. Relevant sei dies für die Rechtsfrage der Verwirkung eines Löschungsanspruchs im Markenrecht.
5.2 Die begehrte Zusatzfeststellung steht im Widerspruch zum festgestellten Sachverhalt und ist auch durch die Beweisergebnisse nicht gedeckt. Aufgrund des Verhaltens der Antragsgegnerin seit Einführung der Marke gegenüber dem Endverbraucher, nämlich KORNSPITZ als Marke nicht zu positionieren, ist der Zeitpunkt, ab wann Endverbraucher KORNSPITZ als Gebrauchsbezeichnung gesehen haben, nicht relevant. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass vor dem Zeitpunkt des Löschungsantrags KORNSPITZ für den Endverbraucher zur gebräuchlichen Bezeichnung dieses Gebäcks geworden ist.
Eine Verwirkung des Löschungsanspruchs kann dem Gesetz nicht entnommen werden (siehe auch unten Punkt 6.4).
Es liegen somit keine rechtlichen Feststellungsmängel vor, weil zu allen relevanten Tatfragen ausreichende, abschließende Konstatierungen getroffen wurden und/oder die begehrten ergänzenden Feststellungen in einem unlösbaren Widerspruch zum vom Patentamt ermittelten Sachverhalt stünden. Ungeachtet dessen ist infolge (gesetzmäßiger) Rechtsrüge die rechtliche Beurteilung ohnedies allseits zu prüfen ( Kodek in Rechberger 4 § 471 ZPO Rz 9; RIS-Justiz RS0043352).
6. Zur Rechtsrüge :
6.1 Den Rechtsausführungen der Antragsgegnerin in Bezug auf das Vorhandensein von Alternativbezeichnungen sowie in Bezug auf die maßgeblichen Verkehrskreise ist das entsprechende Urteil des EuGH entgegenzuhalten. Demnach kommt es bei einem Verfahren nach § 33b MschG nicht darauf an, ob es für die betreffende Ware oder Dienstleistung möglicherweise alternative Bezeichnungen gibt. Es würde dies nichts daran ändern, dass die Marke durch ihren Wandel zu einer gebräuchlichen Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr ihre Unterscheidungskraft verloren hat. In Bezug auf die relevanten Verkehrskreise vermag der Umstand, dass sich die Verkäufer der Existenz der Marke und der Herkunft, auf die sie hinweist, bewusst sind, für sich alleine einen solchen Verfall nicht auszuschließen, womit klargestellt ist, dass es bei der Beurteilung nur auf das Verständnis der Verbraucher oder Endabnehmer ankommt.
6.2 Der Löschungsgrund des § 33b MSchG tritt ein, wenn ein zweigliedriger Tatbestand erfüllt ist. Zum einen muss die Marke im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung jedenfalls hinsichtlich eines Teils der Waren oder Dienstleistungen des Verzeichnisses geworden sein. Darüber hinaus ist aber erforderlich, dass die Umwandlung in eine gebräuchliche Bezeichnung dem Markeninhaber (infolge seines Verhaltens oder seiner Untätigkeit) zuzurechnen ist (vgl EuGH C 409/12, Rn 30 und 34; Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 § 49 Rz 33; Ströbele/Hacker, Markengesetz 10 § 49 Rz 28).
Da es häufig besonders wertvolle und bekannte Marken sind, die in der Gefahr eines solchen Umwandlungsprozesses stehen, sind an die Feststellung einer Umwandlung zur Gattungsbezeichnung grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (vgl 4 Ob 269/01i – Sony Walkman II, 4 Ob 128/04h – Memory,
17 Ob 26/09m – Oscar, RIS-Justiz RS0119140).
Der Verlust des Markenrechts infolge der Entwicklung einer Marke zur Gattungsbezeichnung beruht weder auf der Verwirkung noch auf Dereliktion, sondern auf dem objektiven Tatbestand der Umwandlung der Marke in eine allgemeine sprachgebräuchliche oder verkehrsübliche Bezeichnung wegen der Verkehrsauffassung der Konsumenten. Die Widerrechtlichkeit der Benutzung der Marke durch Dritte hindert eine Veränderung der Verkehrsauffassung nicht ( Schwarzenbacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 33b Rz 4).
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt erfolgte die Löschung betreffend die Waren der Klasse 30 „Backwaren; feine Backwaren, auch zum Aufbacken vorbereitet“ jedenfalls aufgrund des Verständnisses der Konsumenten zu Recht. Es handelt sich um Endprodukte, die sich in erster Linie an den Verbraucher richten, der KORNSPITZ als gebräuchliche Bezeichnung eines bestimmten fertigen Gebäcks versteht.
Dass es zu diesem Verständnis gekommen ist, ist darauf zurückzuführen, dass die Antragsgegnerin KORNSPITZ nicht als Marke beim Endverbraucher positioniert hat und auch nicht in Erscheinung treten hat lassen. Der Verbraucher hatte aufgrund des Verhaltens der Antragsgegnerin keine Möglichkeit, die Bezeichnung als Herkunftsfunktion überhaupt kennenzulernen. Die Antragsgegnerin konzentrierte sich auf den von ihr belieferten Bäcker (diese waren in ihren Augen auch ihre Kunden) und wollte bewusst keine Zuordnung in der Verkaufssituation zwischen Bäcker und Konsumenten (Aussage Zeuge A*****). Im Ergebnis hat daher die Antragsgegnerin bei den Endprodukten („Backwaren; feine Backwaren, auch zum Aufbacken vorbereitet“) KORNSPITZ nicht als Marke benutzt, sondern von Beginn an die Voraussetzung geschaffen, dass sich KORNSPITZ als gebräuchliche Bezeichnung eines bestimmten Gebäcks entwickelt.
6.3 Bei den Roh- und Zwischenprodukten („Mehle und Getreidepräparate; Backmittel; Teiglinge, auch tiefgefroren, für die Herstellung von feinen Backwaren“), deren Endabnehmer vorwiegend Bäcker und Lebensmittelhändler sind, verhält sich die Sachlage nach den Feststellungen anders. Bei diesen Produkten ist den Abnehmern immer schon bekannt, dass KORNSPITZ eine Marke ist. Der Nachweis ist daher nicht gelungen, dass auch in Bezug auf diese Roh- und Zwischenprodukte eine gebräuchliche Gattungsbezeichnung vorliegt. Die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung war daher in diesem Punkt abzuändern.
6.4 Zur geltend gemachten Verwirkung durch Duldung ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Zudem kann eine Aufgriffsobliegenheit mit einer damit einhergehenden Verwirkung der Rechte nach § 33b MSchG dem Gesetz nicht entnommen werden. Aus der zitierten Entscheidung des EuGH C 482/09 – Budweiser ist für das konkrete Löschungsverfahren nichts zu gewinnen (diese Entscheidung betraf Art 9 MarkenRL). Gegen eine analoge Anwendung des § 30 Abs 3 MSchG sprechen schon die unterschiedlichen Löschungstatbestände nach den §§ 30 ff MSchG.
6.5 Die Ausführungen der Antragsgegnerin zu den Maßnahmen zur Verteidigung der Marke sind in Bezug auf den festgestellten Sachverhalt in Zusammenschau mit dem Urteil des EuGH in dieser Sache ohne Relevanz. Unstrittig ist, dass die Antragsgegnerin gegen die Vertreiber von KORNSPITZ nicht vorgegangen ist, die gegenüber Verbrauchern und Endabnehmern nicht auf die Markeneigenschaft von KORNSPITZ hingewiesen haben, und dass sie die Vertreiber dazu auch nicht angehalten hat. Bezüglich dieses Verkehrskreises hat sie auf die herkunftshinweisende Funktion quasi verzichtet.
6.6 Zusammenfassend ist der Sachverhalt dahingehend zu würdigen, dass in Bezug auf die Gruppe der Endverbraucher die Antragsgegnerin so gut wie keine Maßnahmen gesetzt hat, um die Marke KORNSPITZ als Marke einzuführen, zu verbreiten oder zu etablieren. Dies führte auch letztlich zum Ergebnis, dass die Verkäufer (= Bäcker) sich der Existenz der Marke und der Herkunft bewusst waren, jedoch nicht der Verbraucher oder Endabnehmer. In diesem Zusammenhang ist die Beurteilung des Patentamts nicht zu beanstanden, dass die Maßnahmen zur Verteidigung der Marke ausgehend vom Verkaufsvolumen der Waren unter der Bezeichnung KORNSPITZ in Österreich als gering einzustufen sind, was sich aber nur auf die Verkäufer der Waren und nicht auf die Endverbraucher bezieht. Hinsichtlich der Konsumenten gibt es bis zum Zeitpunkt des Löschungsantrags keine Maßnahmen zur Verteidigung der Marke.
Der Verlust des Markenrechts bezogen auf die Endprodukte infolge der Entwicklung zur Gattungsbezeichnung beruhte daher weder auf der Verwirkung noch auf Dereliktion, sondern auf dem objektiven Tatbestand der Umwandlung der Marke in eine allgemeine sprachgebräuchliche oder verkehrsübliche Bezeichnung wegen der Verkehrsauffassung der Konsumenten. Gegen diese Umwandlung hat das Berufungsgericht schon aufgrund der Beweisergebnisse keine Bedenken.
6.7 Die vom EuGH geäußerte Ansicht, dass zu prüfen sein wird, ob die Antragsgegnerin Initiativen ergriffen hat, um die Bäcker und Lebensmittelhändler, die das aus der von ihr gelieferten Backmischung hergestellte Gebäck verkaufen, dazu zu bewegen, in ihren geschäftlichen Kontakten mit den Kunden die Marke KORNSPITZ mehr zu verwenden, erweist sich nicht mehr als wesentlich, weil die Antragsgegnerin bei den Endprodukten (Backwaren, feine Backwaren) bezogen auf die Konsumenten ab dem Beginn des Marktauftritts keinen Wert darauf gelegt hat, die Marke bei diesen zu etablieren
Aus dem selben Umstand erübrigt sich die Klärung durch eine Verbraucherbefragung, ob sich das Verständnis der Endverbraucher tatsächlich in diesem Sinn entwickelt hat. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts ist davon auszugehen, dass es wegen der Untätigkeit des Markeninhabers bei der Einführung der Marke gegenüber dem Endverbraucher nie zu einer Markenetablierung und -nutzung gekommen ist („erste Untätigkeit“) und daher der „zweiten Untätigkeit“ bezüglich des Verfalls zur Gebrauchsbezeichnung keine wesentliche Bedeutung zukommen kann.
Zudem erscheint es äußerst fragwürdig, mittels einer Verbraucherbefragung zum jetzigen Zeitpunkt valide Ergebnisse zum relevanten Zeitraum 2010/2011 erzielen zu wollen, zumal die Antragsgegnerin zwischenzeitig zahlreiche Werbemaßnahmen ergriffen hat, um KORNSPITZ doch auch gegenüber dem Endverbraucher als Marke ins Bewusstsein zu bringen. Zudem hatte auch das gegenständliche Verfahren eine hohe mediale Präsenz, als die Befassung des EuGH und seine Entscheidung bekannt wurden.
7. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 und 141 Abs 2 PatG sowie auf §§ 43 und 50 ZPO. Zum Berufungsverfahren zählt auch das Verfahren vor dem Oberste Patent- und Markensenat und vor dem EuGH.
Aufgrund des gleichwertigen Verhältnisses der Waren, bei denen der Berufung Folge zu geben war (Roh- und Zwischenprodukte), und jenen, die zu löschen waren (Endprodukte), sind die Kosten des Berufungsverfahrens gegenseitig aufzuheben. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin 50 % der Verfahrensgebühr zu ersetzen.
8. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision war gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Das Schwergewicht der Entscheidung lag in der Beweisrüge und in der Beantwortung der Tatfrage, ob das Wort KORNSPITZ zur gebräuchlichen Bezeichnung geworden ist.
9.1 Die Berufung im Kostenpunkt bedarf keiner gesonderten Behandlung, weil der nunmehrige Verfahrensausgang ohnedies eine neue Kostenentscheidung für das Verfahren erster Instanz erfordert.
9.2 Aufgrund der Einschränkung auf bestimmte Waren der Klasse 30 ist es formell zu einer Einschränkung des Begehrens gekommen. Zwei Verfahrensabschnitte waren aber deshalb nicht zu bilden, weil die Einschränkung erst nach mehr als ca. zwei Drittel der Verhandlungsdauer der Verhandlung vom 21.6.2011 erfolgt ist und daher die späte Einschränkung zu Lasten der Antragstellerin geht (hat sich in diesem Punkt ohnedies nicht für beschwert erachtet). Die Einschränkung kann auch keine Änderung der Bemessungsgrundlage bewirken, weil der Löschungsantrag als Angelegenheit des gewerblichen Rechtsschutzes und Immaterialgüterrechts ungeachtet der Anzahl von Warenklassen und/oder Waren mit EUR 36.000,-- zu bewerten ist (allgemein übliche Zugrundelegung des Streitwerts nach § 5 Z 14 AHK).
Dem Grunde nach ist die erfolgte Gewichtung des Prozesserfolgs durch das Patentamt nicht zu beanstanden. Die eingeschränkten Waren betrafen vor allem Konditor- und Süßwaren, strittig verblieben Backwaren im weiteren Sinn. Die jeweiligen Bereiche können durchaus als gleich gewichtet werden. Ein Aufteilen auf einzelne Warenbezeichnungen erscheint schon im Hinblick auf die Nähe und Verwandtschaft einzelner Warenbezeichnungen nicht sachgemäß.
Ausgehend vom nunmehrigen Verfahrensausgang ist die Antragstellerin im Verfahren vor dem Patentamt letztlich mit 25 % durchgedrungen. Sie hat daher der Antragsgegnerin 50 % der Verfahrenskosten zu ersetzen, wobei ihr entsprechend dieser Obsiegensquote die Verfahrensgebühr zusteht.
Es ergibt sich im Ergebnis folgende Berechnung: [...]
[Der Oberste Gerichtshof wies die außerordentliche Revision der Antragsgegnerin am 11.8.2015 zurück, 4 Ob 63/15s.]