JudikaturOLG Wien

34R131/14f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2014

Kopf

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht ***** wegen Feststellung gemäß § 39 Abs 2 MuSchG über die Berufung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 19.12.2013, NMu 1/2011 13, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.5.2014, NMu 1/2011 14, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben. Die Entscheidung des Patentamts wird unbeschadet der darin enthaltenen Kostenentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass sie lautet:

«Der Antrag, es werde festgestellt, dass das aus Beilagen ./C, ./D, ./E und ./F, die einen integrierten Bestandteil der Entscheidung bilden, ersichtliche Profil der Antragsgegnerin ganz oder teilweise unter das Musterrecht der Antragstellerin AT 59.251 fällt, wird abgewiesen.»

[Anm.: Im RIS wird auf die Wiedergabe der genannten Beilagen verzichtet.]

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit EUR 2.880,67 (darin EUR 612,42 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Antragstellerin ist Inhaberin des österreichischen Musters AT 59.251 mit dem Anmeldedatum 7.3.2006:

Die Beschreibung lautet: „Das Muster betrifft ein Profil mit einer charakteristischen Rundung an einer Ecke des Profils, die dem Muster von außen betrachtet eine harmonisch verlaufende, abgerundete Erscheinung gibt.“

Sie erhob den auf § 39 Abs 2 MuSchG gestützten Feststellungsantrag. Die Antragsgegnerin habe am 27.3.2011 auf der Messe „pool + garden“ in Tulln eine Schwimmbadüberdachung gezeigt, in der das geschützte Profil ausgestellt gewesen sei. Die beiden Profile würden beim informierten Benutzer denselben Gesamteindruck hinterlassen, seien doch beide durch das charakteristische Merkmal des Hervortretens der Rundung aus der rechteckigen Grundform geprägt.

Die Antragsgegnerin stellte außer Streit, dass sie als Ausstellerin eine Schwimmbadabdeckung ausgestellt habe, für die das von ihr selbst entwickelte Profil verwendet worden sei. Dieses habe die Antragstellerin bereits als Beilage ./F vorgelegt. Es gebe eine Vielzahl von Formen der Kantenabrundung, wobei nur diese sichtbar sei und es daher nur auf sie ankomme. Es sei ungerechtfertigt, einen Anspruch zu erheben, als erster ein Design mit einer Auswölbung geschaffen zu haben. Die rechte obere Kammer des Profils der Antragsgegnerin sei breit und die Abrundung reiche nur bis zur Hälfte, sodass sich gegenüber dem Profil der Antragstellerin ein fester, gedrungener Gesamteindruck ergebe. Der informierte Benutzer, der die beiden Ausführungsformen gleichzeitig betrachte, könne daher zwischen den beiden Ausführungsarten klar unterscheiden und auswählen.

Die Nichtigkeitsabteilung unterbrach das Verfahren über Antrag der Antragsgegnerin am 20.1.2012 (ON 5) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Löschung des Musters und setzte es mit Beschluss vom 31.1.2013 (ON 6) fort. Der Antrag auf Nichtigerklärung war mit Beschluss vom 22.8.2012, NMu 4/2011 3, abgewiesen worden (nicht einjournalisiert).

Im Fortsetzungsantrag präzisierte die Antragsgegnerin ihren Standpunkt weiter, indem sie darauf hinwies, dass in ihrem Profil die Abrundung nur ca ein Fünftel der Längsseite einnehme, während die Auswölbung im Profil der Antragstellerin etwa ein Drittel der Längsseite ausmache. Überhaupt verlaufe der Schwung der Auswölbung verschieden, nämlich flacher beim Antragsmuster und steiler und bauchiger beim eigenen Profil. Der informierte Benutzer ziehe bei der Beurteilung des Gesamteindrucks neben den Abbildungen auch die tatsächlich vertriebenen Erzeugnisse heran. Zu beachten seien nach dem BGH nicht nur die Übereinstimmungen, sondern auch die Unterschiede.

Der EuGH habe die Maßstabsfigur zwischen dem markenrechtlichen Durchschnittsverbraucher und dem sachkundigen Fachmann angesiedelt; er kenne auch verschiedene Produkte im maßgeblichen Wirtschaftsbereich. Zudem habe das Patentamt im Nichtigkeitsverfahren ausgesprochen, dass die Gestaltungsfreiheit bei Profilen sehr gering sei, da der Großteil der Form bereits technisch vorgegeben sei; dies betreffe gerade auch die Kantenabrundung und den Formenschatz zum Zeitpunkt der Anmeldung des Musters der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin habe selbst seit 2005 aktiv Schwimmbadüberdachungen mit dem Profil B1043 (Beilagen ./9 und ./10) beworben und verkauft; dieses sei für die Beurteilung des bereits bekannten Formenschatzes heranzuziehen.

Die Antragstellerin replizierte, dass ihr Muster nicht auf die Verwendung bei Schwimmbadabdeckungen beschränkt sei, kämen doch auch andere Verwendungsarten, etwa für Fenster- oder Türrahmen, in Betracht. Beim Vergleich steche dem Benutzer das vorrangig wesentlich charakteristische Merkmal der starken, hervortretenden Abrundung an einer Kante der rechteckigen Grundform ins Auge. Die unterschiedlichen konkreten Maße und Proportionen einzelner Teilmerkmale seien unwesentlich. Die insgesamt geringe Gestaltungsfreiheit bei einem Profil zwinge den Entwickler gerade nicht dazu, die Variante der Antragstellerin mit einer „überschwingenden weiten Abrundung“ zu kopieren. Das Profil B1043 sei ein anderes Profil mit anderer Ausgestaltung und einer bloß unbedeutenden Ausbuchtung.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Nichtigkeitsabteilung den Feststellungsantrag ab. Sie ging dabei von folgendem, auf das Wesentliche zusammengefassten Sachverhalt aus:

Die Antragsgegnerin stellte am 27.3.2011 eine Schwimmbadüberdachung aus, die aus zwei ineinander liegenden Profilen bestand, nämlich dem Profil B1043 und dem antragsgegenständlichen Profil, aus dem die Antragsgegnerin seit etwa 2011 den Bogen der Schwimmbadüberdachung herstellt. Während der Messe wurden bei Verkaufsgesprächen Kunden auch Zeichnungen und Prototypen dieses Profils präsentiert. Disloziert – in der rechtlichen Beurteilung (S 7) – stellte die Nichtigkeitsabteilung weiters fest, dass die Ausgestaltung von Profilen mit Rundungen üblich sei, um Verletzungen insbesondere der Zehen vorzubeugen. Die Idee, ein Profil mit Rundungen zu versehen, sei „sicher nicht neu“.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte die Nichtigkeitsabteilung nach bildlicher Gegenüberstellung der beiden Profilquerschnitte (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses) diesen Sachverhalt dahin, dass das Muster, das bei einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses sei, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt werde, nach § 2 Abs 4 MuSchG nur dann als neu gelte und nur dann Eigenart habe, wenn das Bauelement, das in das komplexe Erzeugnis eingefügt sei, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibe und soweit diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllen würden. Bei Profilen bestünden Varianten in der Ausgestaltung der Rundungen, der Kanten und im Verhältnis der Längs- zur Breitseite. Das registrierte Muster und das Profil der Antragsgegnerin unterschieden sich sowohl in der Form und Ausgestaltung der Rundung als auch in den Dimensionen. Auch der Schwung der Rundung sei unterschiedlich.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Berufung der Antragstellerin erkennbar aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung abzuändern und dem Feststellungsantrag stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Die Berufung meint, dem Beschluss der Nichtigkeitsabteilung liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung zugrunde, weil der in Seite 7, vierter Absatz, vorgenommene Vergleich der Rundungen der beiden Profile erkennbar von der bildlichen Gegenüberstellung in der ursprünglichen Fassung vom 19.12.2013 (ON 13, Seite 6) und nicht von jener in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.5.2014 (ON 14) ausgehe, durch die erst das angegriffene Muster in die Entscheidung eingefügt worden sei.

2. Diese Argumentation ist nicht von der Hand zu weisen, zumal auf Seite 6 des (berichtigten) Beschlusses gut erkennbar ist, dass (auch) beim Profil der Antragstellerin auf der Schmalseite eine Ausbuchtung ausgebildet ist und diese nicht „auf der Schmalseite eben endet“, wie die Nichtigkeitsabteilung dies rechtlich würdigt. Dass die Behörde erster Instanz also vom grafischen Vergleich in der ursprünglichen Fassung ausging, ist daher tatsächlich im Sinn der Argumentation der Berufungswerberin auch für das Berufungsgericht plausibel. Anders als die Antragsgegnerin in der Berufungsbeantwortung vermag das Berufungsgericht aus diesem Berufungsvortrag daher keine Kritik am Berichtigungsbeschluss an sich, sondern vielmehr an dessen Resultat zu erkennen. Die in der Berufung kritisierte Passage ist daher – anders als die Berufungsgegnerin argumentiert – auch keine Tatsachenfeststellung, sondern - was sich bereits an der Stellung innerhalb des Beschlusses zeigt - eine Rechtsausführung im Rahmen des Ähnlichkeitsvergleichs, sodass die Berufung gesetzmäßig ausgeführt ist.

3. Das Berufungsgericht ist somit nicht an einer eigenständigen rechtlichen Würdigung gehindert, ist doch die Frage der Verwechslungsgefahr nach dem MuSchG eine abstrakt zu beurteilende Rechtsfrage (zur vergleichbaren Bestimmung des Art 10 GMV etwa Ruhl , Gemeinschaftsgeschmacksmuster 2 Art 10 Rz 12; s gleich unten Pkt 4.). Es ist wegen der rechtskräftigen Abweisung des Nichtigkeitsantrags (NMu 4/2011 3) auch von der Rechtsgültigkeit des eingetragenen Musters und damit vom Vorliegen der Schutzvoraussetzungen sowie vom Fehlen von Schutzausschließungsgründen auszugehen.

Eine Gegenüberstellung der beiden Formgebungen bietet zur Veranschaulichung folgendes Bild (rechts das Muster der Antragstellerin):

4. Verwechselbare Ähnlichkeit iSv § 4 MuSchG liegt vor, wenn der Eingriffsgegenstand die den Gesamteindruck des Musters prägenden Merkmale aufweist (RIS-Justiz RS0115200). Es kommt nicht auf einen mosaikartig aufgespalteten Vergleich von Einzelheiten an. Maßgeblich ist vielmehr die Würdigung des Gesamtbilds unter dem Blickwinkel, ob sich bei einer Gegenüberstellung zweier Formgebungen insgesamt der Eindruck einer Übereinstimmung ergibt (RIS-Justiz RS0120720; RIS-Justiz RS0070625 [keine zergliedernde Betrachtung]). Der Gesamteindruck eines Musters wird wiederum von seinen prägenden Merkmalen (Form, grafische Gestaltung, Farbe, Material etc) bestimmt (RIS-Justiz RS0121787; Günther/Beyerlein, GeschmMG 2 § 38 Rz 29).

5.1. Sowohl die Schutzfähigkeit als auch der Eingriff in ein Muster sind also nach dem Gesamteindruck unter dem Blickwinkel der Maßstabsfigur des informierten Benutzers zu beurteilen. Dabei muss es sich nicht notwendigerweise um den Endverbraucher handeln; zum Kreis der informierten Benutzer gehören beispielsweise auch Hersteller und Fachhändler des betreffenden Wirtschaftszweigs oder die im Auftrag des Endbenutzers tätigen Handwerker (4 Ob 43/07p – Febreze mwN; 4 Ob 83/13d – Blume des Lebens; Redl , Schutzvoraussetzungen 80 [abstrakt]). Dieser Benutzer unterscheidet sich durch ein gewisses Maß an Kenntnissen und Aufgeschlossenheit für Designfragen vom „durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher“, wenn ihm auch nicht Wissen und Fähigkeiten eines Fachmanns zu unterstellen sind (4 Ob 43/07p– Febreze; RIS-Justiz RS0122068 [zur GMV]; EuGH C-281/10 P – Rappers, Rz 53 [besondere Wachsamkeit]). Er kennt sämtliche vorbekannten Gestaltungen und auch den Formenschatz (Günther/Beyerlein, GeschmMG 2 § 38 Rz 26; zur GMV Redl, Schutzvoraussetzungen 74 f; Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster 2 Art 6 Rz 24 und 27).

5.2. Der Schutzumfang eines Musters richtet sich nach dessen Abstand zum vorbekannten Formenschatz. Ein kleiner Gestaltungsspielraum des Entwerfers führt zu einem engen Schutzumfang des Musters mit der Folge, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer im Rahmen des unmittelbaren Vergleichs einen anderen Gesamteindruck hervorrufen können (BGH I ZR 71/08 – Untersetzer, Rz 17; Ruhl , Gemeinschaftsgeschmacksmuster 2 Art 6 Rz 32 und Art 10 Rz 39). Bei Produkten mit nur eingeschränkter Gestaltungsfreiheit genügen daher bereits geringe Unterschiede für einen anderen Gesamteindruck. Ein hohes Maß an Eigenart gibt dabei Raum für einen großen Schutzumfang, umgekehrt führt geringe Eigenart, wie bereits betont, auch nur zu einem kleinen Schutzumfang (4 Ob 43/07p – Febreze; RIS-Justiz RS0122071). Ist der informierte Benutzer des Musters bereit, trotz geringer Unterschiede zwischen Formenschatz und Muster die Eigenart zu bejahen, muss er im Umkehrschluss im Verletzungsstreit bei derartigen Unterschieden zwischen dem Muster und der angegriffenen Ausführungsform die Verletzung verneinen (4 Ob 177/05s mwN; 4 Ob 246/06i – Würstelverpackung; 4 Ob 83/13d – Blume des Lebens).

6.1. Das Berufungsgericht nimmt für Profilleisten wegen ihrer technisch vorgegebenen Funktion als Bauelement einen nur geringen Gestaltungsspielraum an, was den äußeren Querschnitt anlangt. Man könnte zwar annehmen, dass das Profil der Antragstellerin gegenüber dem vorbestehenden Formenschatz aufgrund der nicht bloß technisch bedingten Form der Rundung, insbesondere der an der Schmalseite niveauerhabenen Ausbuchtung, eine für den musterrechtlichen Schutz ausreichende Eigenart aufweist. Allerdings ist diese Eigenart beim zentralen Motiv, Profile an der Außenkante zur Minimierung der Verletzungsgefahr abzurunden, äußerst gering und nur in den genauen Abmessungen zu erblicken. Nach den Feststellungen ist eine solche Ausgestaltung an sich bei Profilleisten nämlich üblich, „sicher nicht neu“ und damit ein gängiges Merkmal (vgl dazu bereits oben; von Gamm, GeschmMG 2 § 5 Rz 28; Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster 2 Art 6 Rz 27 und 43 ff mwN; zum Gebrauchsmuster s etwa Loth, GebrMG § 12a Rz 19 [Stand der Technik]). Das führt insoweit zu einem eng begrenzten Schutzumfang, sodass bereits kleinere Unterschiede einen gleichen Gesamteindruck ausschließen können (4 Ob 83/13d – Blume des Lebens; Günther/Beyerlein , GeschmMG² § 38 Rz 31 f), und zwar auch, weil marktgängige Merkmale geringer zu gewichten sind (Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster² Art 6 Rz 54 ff und Art 10 Rz 31).

6.2. Dies trifft hier zu: Einem informierten Benutzer, der sich für das Design von Profilleisten im Allgemeinen und in concreto für die beiden gegenständlichen Formgebungen interessiert, wird auffallen, dass zwar der Profilquerschnitt und die Abrundung einer Kante ähnlich sind, aber doch nicht übereinstimmen, und dass auch sonst Unterschiede vorliegen. Das Profil der Antragstellerin weist einen anderen, nämlich einen längeren Verlauf der Wölbung und des Schwungs, jenes der Antragsgegnerin demgegenüber sowohl an der Längs- als auch an der Schmalseite einen wesentlich kürzeren Verlauf auf. Hinzu kommt, dass das sonstige Profil der Antragsgegnerin eine völlig andere Anordnung der Innenverstrebungen, Kammern und Öffnungen zeigt und an zwei weiteren Ecken ebenfalls – wenngleich minimal – abgerundet ist. Allerdings sind solche an abgewandten oder schlecht sichtbaren Stellen befindliche Merkmale schwächer zu gewichten (Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster 2 Art 10 Rz 46).

6.3. Dennoch ergibt sich keine andere (Gesamt )Beurteilung, wenn man (wie schon die Nichtigkeitsabteilung; § 43 Abs 2 MuSchG iVm § 500a ZPO) diejenigen Merkmale heranzieht (§ 2 Abs 4 MuSchG), die von beiden Profilen nach bestimmungsgemäßem Einbau auch im Endprodukt sichtbar bleiben (s auch Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster 2 Art 6 Rz 28 und 56). Denn auch hier fallen die bereits beschriebenen unterschiedlichen Proportionen der Kantenabrundungen ins Auge (zu deren Maßgeblichkeit s 4 Ob 43/07p – Febreze).

6.4. Wesentlich ist also zunächst, dass die beiden Profile im Wesentlichen nur in jenem - vorwiegend dem Schutz vor Verletzungen dienenden, marktüblichen - Gestaltungselement der Abrundung einander ähnlich, in der Detailausführung aber verschieden sind, was aber geringer zu gewichten ist. Zudem unterscheiden sie sich gerade in jenen Merkmalen deutlich, bei denen ein erhöhter Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers zum Ausdruck kommt (nämlich im Inneren, in der Anordnung von Verstrebungen und Kammern, sowie beim Seitenverhältnis). Eine Würdigung des Gesamteindrucks beider Profilleisten ergibt bei einer Gegenüberstellung also insgesamt gerade noch den Eindruck fehlender Übereinstimmung. Damit liegt kein Eingriff in das Musterrecht der Antragstellerin vor.

7. Die angefochtene Entscheidung war daher mit der Maßgabe zu bestätigen, dass zur Präzisierung der Feststellungs- und Rechtskraftwirkung die von der Antragstellerin bereits im Antrag bezeichneten Urkunden und Augenscheinsgegenstände in den Spruch der Entscheidung aufzunehmen waren (§ 43 Abs 2 MuSchG iVm§ 405 ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 43 Abs 2 MuSchG iVm §§ 41 Abs 1 und 50 ZPO; die Antragsgegnerin hat den ungarischen USt-Satz ausreichend bescheinigt (Beilage ./16; 4 Ob 199/01w [Polen]; 6 Ob 275/01m [Tschechien]).

Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 43 Abs 2 MuSchG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Musterschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000,--.

Die ordentliche Revision war gemäß § 43 Abs 2 MuSchG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.

Rückverweise