34R127/14t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Im Namen der Republik
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht ***** wegen Löschung der Marke AT 258.756 über die Berufung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 22.11.2013, Nm 10/2011 14, in nichtöffentlicher Sitzung
I. den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Leistung einer Prozesskostensicherheit wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens 10 Cg 96/07h des Handelsgerichtes Wien wird abgewiesen;
II. zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts wird geändert und lautet:
«Dem Widerspruch gegen die Marke AT 258.756 wird zur Gänze Folge gegeben und die Registrierung in Bezug auf die Warenklassen 9 und 12 mit Wirksamkeit des Zeitpunkts ihrer Registrierung gelöscht.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 7.974,61 (darin EUR 1.215,74 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.»
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 3.401,90 (darin EUR 453,65 USt und EUR 680,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe und Begründung
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der österreichischen Wortmarke AT 258.756, RUSH , geschützt mit Priorität vom 10.07.2007 für Waren der Klassen 9 und 12 (= angegriffene Marke). Die Anmeldung dieser Marke war noch von E***** A*****, der nun Geschäftsführer der Antragsgegnerin ist, am 10.07.2007 vorgenommen worden. Mit Eingabe vom 3.3.2009 hatte E***** A***** unter Vorlage einer notariell beglaubigten „Umschreibungsbewilligung“ vom 1.2.2009 die Kenntnisnahme der Übertragung der Markenanmeldung auf die nunmehrige Antragsgegnerin beantragt. Die Eintragung E***** A*****s als Zustellbevollmächtigter im Markenregister unterblieb versehentlich.
Im ersten Rechtsgang gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag auf Löschung der Marke mit Beschluss vom 6.7.2011 statt.
Der dagegen erhobenen Berufung der Antragsgegnerin gab der Oberste Patent- und Markensenat mit Entscheidung vom 25.4.2012 statt, hob die angefochtene Entscheidung auf und trug der Nichtigkeitsabteilung die Fortführung des Verfahrens auf. Zunächst sei zu klären, wann dem Zustellbevollmächtigten der Löschungsantrag tatsächlich zugekommen sei, zumal ihm nach seinen - bis dahin nicht überprüften - Angaben der Löschungsantrag im Juli 2011 zugekommen und die Gegenschrift am 4.8.2011 an das Patentamt übermittelt worden sei. Erst danach lasse sich abschließend beurteilen, ob die Zweimonatsfrist zur Erstattung einer Gegenschrift gewahrt worden sei.
Die Antragstellerin begehrt die Löschung der angegriffenen Marke einerseits aus dem Grund des § 34 MSchG aufgrund bösgläubiger Anmeldung. Die Antragstellerin habe am 5.10.2007 die Markenanmeldung CTM 6.327.076 für die Marke ROUSH in den Klassen 7, 12, 35, 37, 40, 41 und 42 eingereicht, wogegen der vormalige Markeninhaber der angegriffenen Marke, E***** A*****, Widerspruch erhoben habe. Daraufhin habe die Antragstellerin versucht, eine Einigung mit der Antragsgegnerin bzw dem vormaligen Markeninhaber E***** A***** im Sinn einer Koexistenzvereinbarung zu treffen und die Antragsgegnerin zur Rücknahme des Widerspruchs zu bewegen. Dies sei letztlich gescheitert, weil E***** A***** nicht bereit gewesen sei, die Koexistenzvereinbarung auch im eigenen Namen abzuschließen, sondern während der Verhandlungen die Marke RUSH auf ein bulgarisches Unternehmen übertragen habe.
Die Antragsgegnerin sei ein bulgarisches Unternehmen, das vom vormaligen Markeninhaber E***** A***** kontrolliert werde und in seinem Eigentum stehe. E***** A***** melde „berufsmäßig“ Marken an und führe unzählige Widerspruchsverfahren, ohne selbst entsprechende Aktivitäten auszuüben, die in den Schutzbereich dieser Marken fallen würden. Bösgläubigkeit liege unter anderem dann vor, wenn sich später herausstelle, dass der Anmelder ein Zeichen als Marke habe eintragen lassen nur um den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern und ohne Benutzung der Marke zu beabsichtigen. Der Antragsgegnerin bzw ihrem Rechtsvorgänger sei das Widerspruchszeichen der Antragstellerin im Anmeldezeitpunkt bekannt gewesen. Die Antragsgegnerin benutze ihre Marke RUSH lediglich, um die Antragstellerin zu blockieren. Die angegriffene Marke sei bis heute weder von der Antragsgegnerin noch von einem Dritten benutzt worden. E***** A***** schütze Marken nicht immer in den gleichen Klassen, sondern kopiere und imitiere genau das jeweils relevante Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der von ihm dann später attackierten Marken mit System.
Die Antragstellerin wäre bereit gewesen, der Antragsgegnerin EUR 7.000,-- zu zahlen, wenn dafür der Widerspruch gegen die Gemeinschaftsmarke zurückgenommen worden wäre. Im Übrigen sei die angegriffene Marke nur eine werbliche Anpreisung und habe keine Bestandteile, die es den maßgebenden Verkehrskreisen ermöglichen könnten, sich das Zeichen über diese werbliche Bedeutung hinaus als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren einzuprägen. Dem Zeichen fehle daher die Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG.
Bei den maßgeblichen Verkehrskreisen in Österreich seien englische Sprachkenntnisse soweit vorhanden, dass die englische Bezeichnung „RUSH“ im Sinne von „schnell“ verstanden werde.
Die Antragsgegnerin wandte ein, der Antrag sei unberechtigt, unschlüssig, unzulässig und mutwillig. So sei unwahr, dass die Antragstellerin ein weltberühmtes US-Unternehmen sei. Die angegriffene Marke sei mehrere Monate lang entwickelt, dann zur Anmeldung gebracht und zur Registrierung geführt worden. Sie sei „eine Vorratsmarke“. E***** A***** sei seit Anfang 2001 Inhaber einer europaweit bekannten Markenagentur und seit dem Jahr 2006 „European Trademark Attorney“ (europäischer Markenanwalt).
Eine Markenagentur habe als Unternehmenszweck Marken zu entwickeln und danach zu verwerten. Die Benutzungsabsicht einer von einer Markenagentur entwickelten Vorratsmarke sei immanent, da diese nach Registrierung der Wirtschaft zur Benützung zur Verfügung stehe. Ein Verkehrsgeltungsnachweis für das Widerspruchszeichen sei nicht erbracht worden, die Antragsgegnerin habe von der Antragstellerin und ihren Aktivitäten nichts gewusst. Das Widerspruchszeichen sei der Antragsgegnerin vor und im Anmeldezeitpunkt des angegriffenen Zeichens nicht bekannt gewesen. Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung ROUSH habe die Antragsgegnerin in deren Veröffentlichungszeitraum entdeckt. Die Antragstellerin habe keine älteren früheren Rechte.
Nachdem die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt habe, sei es im Verlauf von Gesprächen nach langer Zeit zu einer grundsätzlichen Verständigung auf eine Koexistenzvereinbarung gekommen. Kurz vor der Vertragsunterzeichnung habe „Mr. Fisher“ plötzlich darauf bestanden, dass das Wort „Officers“ im Koexistenzvertrag enthalten sein müsse. Dies sei unnötig und auch mit kartellrechtlichen Problemen behaftet gewesen. E***** A*****, der alleinige Geschäftsführer der Antragsgegnerin, hätte natürlich als deren Organ den Vertrag unterschrieben. James Fisher habe die Verhandlungen nach langer Zeit ohne Grund platzen lassen.
Der Geschäftsgegenstand und das Gewerbe der Antragsgegnerin sei die Entwicklung und Verwertung von Wortmarken für die unterschiedlichsten Waren und Dienstleistungen. Das angegriffene Zeichen sei auch nur in Österreich angemeldet worden, die Antragstellerin nur in Großbritannien tätig gewesen. Der Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin habe somit nicht damit rechnen können, dass ein Unternehmen, das lediglich in Großbritannien tätig gewesen sei, eine Gemeinschaftsmarke anmelde. E***** A***** habe nicht vorhersehen können, dass die Antragstellerin eine verwechselbar ähnliche Gemeinschaftsmarke anmelden werde. Der Nachweis der Bösgläubigkeit obliege der Antragstellerin.
Mit Fax vom 30.10.2013 erklärte E***** A***** gegenüber der Nichtigkeitsabteilung, dass ihm als Geschäftsführer der Antragsgegnerin der Löschungsantrag „im Juli 2011 tatsächlich zugekommen“ sei (ON 11). Mit weiterem Fax vom selben Tag teilte er als Vertreter der Antragsgegnerin noch mit, dass man davon ausgehe, dass der Senat die Erklärung zum Empfang des Löschungsantrags als ausreichend betrachte, „andernfalls die umgehende Neuzustellung des Löschungsantrags/Nichtigkeitsantrags der Gegenseite erwartet wird.“ (ON 12).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Nichtigkeitsabteilung den Löschungsantrag ab. Sie ging davon aus, dass er E***** A***** „im Juli 2011 tatsächlich“ zugekommen sei, zumal mangels eines Beweises des Gegenteils von der Richtigkeit dieser Erklärung auszugehen sei. Weiters stellte die Nichtigkeitsabteilung fest, dass E***** A***** in den Jahren 2006 bis 2010 insgesamt 1.762 Marken auf seinen Namen angemeldet habe, während die Antragsgegnerin bis 2010 685 Marken angemeldet habe. E***** A***** besitze derzeit keine Marke, die Antragsgegnerin sei Inhaberin von acht registrierten Marken. Es sei nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin das Widerspruchszeichen ROUSH in den USA oder in Großbritannien benutze und eine Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit unter dieser Bezeichnung auf den österreichischen Markt beabsichtigt habe. Der Antragsgegnerin sei das Zeichen ROUSH erst durch dessen Veröffentlichung im Rahmen der Gemeinschaftsmarkenanmeldung bekannt geworden.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte die Nichtigkeitsabteilung diesen Sachverhalt dahin, dass dem angegriffenen Zeichen RUSH zumindest geringe Unterscheidungskraft zukomme, da weder im Hinblick auf die Waren der Klasse 9 noch im Hinblick auf jene der Klasse 12 ein werblicher Aussagegehalt erblickt werden könne. Der Löschungsgrund nach § 34 Abs 1 MSchG komme nicht zur Anwendung, weil es der Antragstellerin nicht gelungen sei, bösgläubige Motive der Antragsgegnerin und ihres Rechtsvorgängers im Zeitpunkt der Markenanmeldung nachzuweisen. Es könne auch nicht angenommen werden, dass eine mögliche Kenntnis der Antragsgegnerin von den amerikanischen Marken der Antragstellerin eine Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin begründe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Berufung der Antragstellerin aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung abzuändern und dem Antrag stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben, sie beantragt ihrerseits jedoch, der Antragstellerin eine nachträgliche Sicherheitsleistung für die Prozesskosten aufzuerlegen sowie das Berufungsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens 10 Cg 96/07h des Handelsgerichts Wien zu unterbrechen.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung, über die gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden war, ist nicht berechtigt.
I. Zum Antrag auf Leistung einer Prozesskostensicherheit :
1. Aus § 35 Abs 5 MSchG iVm § 112 Abs 2 und 3 PatG folgt die prinzipielle Möglichkeit des Antragsgegners, im Nichtigkeitsverfahren einen Antrag auf Sicherheitsleistung für Prozesskosten zu stellen. Diese spezielle und daher sondergesetzliche Verfahrensbestimmung derogiert den allgemeinen Normen der §§ 57 ff ZPO, sodass eine Antragstellung außerhalb der Vierzehntagesfrist des § 112 Abs 2 letzter Satz PatG verspätet ist.
2. Dass im Nichtigkeitsverfahren ausschließlich diese Bestimmung zur Anwendung gelangt, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass § 141 Abs 2 PatG für das Berufungsverfahren nicht auf die sinngemäße Anwendung (auch) der §§ 57 ff ZPO verweist. Dass zudem kein Fall einer von der Berufungsgegnerin argumentierten nachträglichen Änderung iSv § 58 ZPO (dazu etwa Fucik in Rechberger, ZPO 4 § 58 Rz 1) vorliegt, ist daher in casu ebenso ohne Bedeutung wie die Möglichkeit nach der abweichenden deutschen Rechtslage, einen Antrag auf aktorische Kaution auch noch in zweiter Instanz zu stellen (zB Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren 5 Rz 118 mwN; Mes, PatG/GMG³ § 81 PatG Rz 138; Voit in Schulte, PatG 9 § 81 Rz 186; Ahrens in Fitzner/Lutz/Bodewig, Patentrechtskomm 4 § 81 PatG Rz 122; BGH RGZ 127, 194; RGZ 154, 225).
3. Der erst in der Berufungsbeantwortung gestellte Antrag auf Sicherheitsleistung ist daher wegen Versäumung der Vierzehntagesfrist des § 112 Abs 2 letzter Satz PatG verspätet, präkludiert und daher zurückzuweisen. Dieser Umstand war vom Berufungsgericht ungeachtet dessen aufzugreifen, dass an sich für die Entscheidung über einen derartigen Antrag das Patentamt und nicht das Berufungsgericht zuständig wäre (vgl eindeutig [nun] § 35 Abs 5 MSchG iVm § 112 Abs 1 PatG).
II . Zum Unterbrechungsantrag :
1. Die Unterbrechung des Verfahrens wäre prinzipiell noch im Berufungsstadium denkbar gewesen, da das Verfahren vor dem Handelsgericht Wien bereits im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz anhängig war (vgl Schragel in Fasching/Konecny 2 § 190 ZPO Rz 28 mwN).
2. Die Löschung einer Marke kann nur von der Nichtigkeitsabteilung angeordnet werden. In die Entscheidungsbefugnis des Gerichts im Zivilprozess fällt nur die Entscheidung über den wettbewerbsrechtlichen Anspruch auf Einwilligung des Markeninhabers in die Löschung seiner Marke (RIS-Justiz RS0115935). Dies allein spricht bereits klar gegen die beantragte Unterbrechung.
3. Ungeachtet der Ansicht des Berufungsgerichts, dass das Verfahren vor dem Handelsgericht Wien bereits mangels Parteienidentität nicht präjudiziell im Sinne des § 190 Abs 1 ZPO gewesen wäre, war der Antrag schon deswegen abzuweisen, weil das Verfahren vor dem Handelsgericht Wien mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 17.9.2014 (4 Ob 98/14m – Feeling/Feel II) bereits rechtskräftig beendet wurde und damit der behauptete Unterbrechungsgrund jedenfalls weggefallen ist.
III. Zur Berufung :
1. Zum Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens:
1.1. Dass auch das Patentamt nach (jetzt) § 35 Abs 5 MSchG iVm § 85 PatG verpflichtet ist, Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen, hat im ersten Rechtsgang bereits der Oberste Patent- und Markensenat betont (Om 1/12 = ON 9).
1.2. Die Berufungswerberin kritisiert, dass sich die Nichtigkeitsabteilung für die Überprüfung der Zustellung des Löschungsantrags an die Antragsgegnerin allein mit schriftlichen Äußerungen des Geschäftsführers der Antragsgegnerin begnügt habe. Dies verstoße gegen den Mündlichkeits- und Unmittelbarkeitsgrundsatz. Weil E***** A***** zu den mündlichen Verhandlungen nicht gekommen sei, habe die Nichtigkeitsabteilung entgegen dem Auftrag des Obersten Patent- und Markensenates nicht überprüfen können, ob E***** A*****s Angaben richtig waren. Der Antragstellerin sei auch die Möglichkeit versagt geblieben, E***** A***** (allenfalls unter Eid) zu befragen.
1.3. Die Antragstellerin verkennt mit diesem Berufungsvorbringen, dass die Frage, ob und wann eine Zustellung an eine Verfahrenspartei erfolgt ist, grundsätzlich nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung zu sein hat, sondern dass sich die Behörde von Amts wegen davon zu vergewissern hat, dass ein Zustellvorgang rechtmäßig war und wann dieser erfolgt ist (RIS-Justiz RS0036440; Gitschthaler in Rechberger, ZPO 4 § 87 Rz 6). Typischerweise erfolgt diese Überprüfung außerhalb von Sonderfällen (wie im gegenständlichen Verfahren) allein anhand des an die Behörde rückgemittelten Zustellnachweises. Beim Fehlen eines Zustellnachweises ist die Zustellung auf andere Weise nachzuweisen, wofür als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach der Lage des einzelnen Falls zweckdienlich ist (RIS-Justiz RS0006957 [T4]). Eine Bindung an bestimmte Erkenntnisquellen besteht dabei nicht (RIS-Justiz RS0036405).
1.4. Wenn daher die Nichtigkeitsabteilung die zweifach im Akt erliegenden schriftlichen Erklärungen des Geschäftsführers der Antragsgegnerin über den Zugang des Löschungsantrags letztlich für die Erfüllung der sie treffenden Mitwirkungsobliegenheit (3 Ob 559/87 = RIS-Justiz RS0083901 [T2]; RS0006965 [T1]) als ausreichend erachtet und wohl deshalb von einer amtswegigen Einvernahme E***** A*****s Abstand genommen hat, ist das aus Sicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Bleiben nämlich Zweifel an der Rechtswirksamkeit einer Zustellung, dann gehen diese ohnehin zu Lasten der Behörde (Gitschthaler in Rechberger, ZPO 4 § 87 [§ 22 ZustG] Rz 4 mwN). Eine frühere Zustellung müsste nämlich „praktisch als sicher erscheinen“ (für die vergleichbare Frage der Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels: RIS-Justiz RS0006965 [T3; siehe auch T7 und T17]).
1.5. Von einer Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes kann ohnehin keine Rede sein, weil die Frage der Zustellung kein an die strengen Formen des Beweisverfahrens gebundenes Beweisthema ist und es ausreicht, wenn der Untersuchungspflicht ausreichend entsprochen (5 Ob 541/89 = RIS-Justiz RS0036405) und der Gegenpartei die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den Erhebungsergebnissen gegeben wird (Gitschthaler in Rechberger, ZPO 4 § 87 [§ 22 ZustG] Rz 4 mwN; allg zu den sog Zwischenerhebungen Kodek in Rechberger, ZPO 4 § 469 Rz 4).
1.6. In der Tagsatzung vom 17.10.2013 teilte die Nichtigkeitsabteilung auch nicht mit, dass sie E***** A***** in der nächsten Tagsatzung vernehmen werde, sondern vielmehr gab der Vertreter der Antragsgegnerin einen Ladungsverzicht ab und erklärte, E***** A***** allenfalls für die folgende Tagsatzung stellig zu machen. Im Anschluss daran richtete E***** A***** die bereits dargestellten Schreiben vom jeweils 30.10.2013 an die Nichtigkeitsabteilung, auf deren Basis in der Tagsatzung vom 22.11.2013 auch der „Beschluss des Senates“ gefasst wurde, dass die Gegenschrift rechtzeitig gewesen sei.
1.7. Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist nur dann gegeben, wenn der Verstoß gegen ein Verfahrensgesetz abstrakt geeignet war, eine erschöpfende und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (RIS-Justiz RS0043049). Dies kann in concreto schon deswegen nicht der Fall sein, weil es – wie gesagt – ausschließlich um die Frage eines Zustellvorgangs und daran anknüpfend um die Frage der Rechtzeitigkeit der Gegenschrift der Antragsgegnerin ging und die Nichtigkeitsabteilung E***** A***** zwar hätte einvernehmen können, dazu jedoch trotz des Grundsatzes der Amtswegigkeit nicht verpflichtet war.
2. Zur Rechtsrüge :
2.1. Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen zu den zahlreichen Markenanmeldungen der Antragsgegnerin und ihres Geschäftsführers und ausgehend vom eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin zu ihrem Unternehmensgegenstand und zur Funktion des angegriffenen Zeichens als „Vorratsmarke“ hat die Nichtigkeitsabteilung die Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin nach § 34 Abs 1 MSchG zu Unrecht verneint.
2.2. Ein Sachverhalt ist schon dann außer Streit gestellt (§ 266 ZPO), wenn das Vorbringen einer Partei zu diesem Sachverhalt mit den darauf abzielenden Behauptungen der anderen Partei inhaltlich übereinstimmt (RIS-Justiz RS0040092).
Die Parteien bringen insoweit übereinstimmend vor, dass sie über eine sogenannte Koexistenzvereinbarung und eine Zahlung der Antragstellerin von EUR 7.000,-- an die Antragsgegnerin für den Fall der Zurückziehung des Widerspruchs der Antragsgegnerin gegen die Gemeinschaftsmarke CTM 6.327.076 verhandelt hätten, dass diese Verhandlungen aber letztlich gescheitert seien, weil E***** A***** sich geweigert habe, die vorbereitete Vereinbarung auch im eigenen Namen zu unterfertigen.
Diesen Umstand hat das Berufungsgericht nach § 498 Abs 1 ZPO ebenfalls zu berücksichtigen und seiner Entscheidung zugrunde zu legen (Kodek in Rechberger, ZPO 4 § 498 Rz 1 mwH; allg Rechberger in Rechberger, ZPO 4 §§ 266-267 Rz 5).
2.3. Gemäß § 267 Abs 1 ZPO (auf den § 35 Abs 5 MSchG iVm § 120 Abs 1 PatG verweist) hat das Gericht unter sorgfältiger Berücksichtigung des gesamten Inhalts des gegnerischen Vorbringens zu beurteilen, ob tatsächliche Behauptungen einer Partei mangels eines ausdrücklichen Geständnisses des Gegners als zugestanden anzusehen seien.
Wesentlich sind in diesem Kontext folgende eigene Prozessbehauptungen der Antragsgegnerin, die die Antragstellerin entweder gar nicht bestritten oder sogar im Wesentlichen gleich oder ähnlich behauptet hat:
2.4. Nach § 34 Abs 1 MSchG kann jedermann die Löschung einer Marke begehren, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war. Diese Bestimmung beruht auf Art 3 Abs 2 lit d MarkenRL, wonach die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Fall der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn der Antragsteller die Eintragung bösgläubig beantragt hatte. Sie wird als Generalklausel angesehen und erfasst Umstände beim Markenerwerb, die den Schutz des Kennzeichens als ungerechtfertigt (iSv sittenwidrig) erscheinen lassen (4 Ob 28/06f – Firekiller; Müller/Höller-Prantner, Markenrecht kompakt 123).
2.5. Der Tatbestand ist autonom und richtlinienkonform auszulegen (Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 296 mwN der Rechtsprechung des BGH; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 10 § 8 Rz 669), wobei der EuGH betont, dass alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (EuGH C 529/07 – Goldhase III, Rz 37 ff [zur GMV ergangen]).
2.6. Bösgläubiger Markenrechtserwerb iSd § 34 MSchG setzt die Absicht des Anmelders voraus, mit der Registrierung eines von einem Dritten bereits benutzten Zeichens als Marke eine Waffe in die Hand zu bekommen, um ein von einem Mitbewerber aufgebautes System zu stören. Diese Absicht muss nicht der einzige Beweggrund des Anmelders sein, es genügt, dass es sich um ein wesentliches Motiv handelt (RIS-Justiz RS0123318). Der Begriff „Bösgläubigkeit" deutet zwar auf das Erfordernis subjektiver Vorwerfbarkeit hin; diese kann aber bei der Verletzung von Loyalitätspflichten zumindest bis zum Beweis (zur Bescheinigung) des Gegenteils unterstellt werden (RIS-Justiz RS0120716).
Steht zudem von Anfang an fest, dass eine Marke nicht als Herkunftshinweis, sondern hauptsächlich dazu dienen soll, aufgrund des damit verbundenen Ausschließlichkeitsrechts Ansprüche gegen dritte Unternehmen geltend zu machen, ist schon die Anmeldung rechtsmissbräuchlich und damit bösgläubig iSd § 34 MSchG (RIS-Justiz RS0123318 [T7] = RS0120716 [T3]).
2.7. Erst jüngst hat der Oberste Gerichtshof in der bereits angesprochenen Entscheidung 4 Ob 98/14m (Feeling/Feel II) zu „Spekulationsmarken“ Stellung genommen. Die wesentlichen Gründe dieser Entscheidung lauten auszugsweise:
«2.2. Ob eine Anmeldung bösgläubig war, ist nach der Rechtsprechung des EuGH „umfassend“ zu beurteilen ist, wobei alle im konkreten Fall „erheblichen Faktoren“ zu berücksichtigen sind ([...]). Dabei ist zwar richtig, dass Bösgläubigkeit bisher in erster Linie bei Verletzung von Loyalitätspflichten oder bei Behinderung eines bereits das Zeichen nutzenden Dritten bejaht wurde ([...]). Der Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass Bösgläubigkeit auf diese Fallgruppen beschränkt wäre.
(a) Zwar hat der EuGH in den zitierten Entscheidungen zur konkreten Behinderung von Mitbewerbern Stellung genommen, die noch vor Anmeldung der strittigen Marke ähnliche Zeichen verwendet hatten. Dies war jedoch durch die Fragestellung der vorlegenden Gerichte bedingt; dass die von ihm genannten Kriterien ausschließlichen Charakter hätten, folgt aus den Entscheidungen nicht ([...]). Das EuG hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass es sich bei den vom EuGH genannten Faktoren nur um Beispiele einer ganzen Reihe möglicher Gesichtspunkte handle, die bei der erforderlichen Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnten ([...]).
[...]
(b) Der deutsche Bundesgerichtshof wertet es in Verletzungsverfahren als rechtsmissbräuchlich iSv § 242 BGB, Marken als „Vorratsmarken“ in „Bereitschaft“ zu halten und darauf zu warten, dass dritte Unternehmen, wie vom Markeninhaber „erhofft und erspürt“, idente oder ähnliche Zeichen verwenden, um diese dann „mit Unterlassungs- oder Geldforderungen zu überziehen“ ([...]). Auf ihrer Grundlage beurteilten deutsche Oberlandesgerichte das auch hier strittige Geschäftsmodell von E***** A***** als Rechtsmissbrauch ([...]). Dabei ist unstrittig, dass die Markenanmeldung keinen Benutzungswillen für eigene Waren oder Dienstleistungen erfordert; es genügt die Absicht, die Marke – etwa im Fall von Werbeagenturen oder Markendesignern – durch Lizenzerteilung oder Übertragung Dritten zuzuführen ([...]). Anders verhält es sich aber, wenn die Anmeldung nur erfolgt, um dritte Unternehmen, die gleiche oder ähnliche Zeichen nutzen, in Anspruch zu nehmen. Das muss regelmäßig aus Indizien erschlossen werden. Ausgehend von I ZR 93/98 (- Classe E) nennt die deutsche Rsp als solche Indizien ua die Anmeldung einer Vielzahl von Marken für völlig unterschiedliche Waren und Dienstleistungen, das Fehlen einer ernsthaften Planung für die eigene oder fremde Benutzung dieser Marken und das Horten von Marken für den Zweck, Dritte bei Verwendung gleicher oder ähnlicher Zeichen mit Unterlassungs- oder Schadenersatzansprüchen zu überziehen ([...]).
[...]
2.5. [...] Eine bösgläubige Markenanmeldung ist danach anzunehmen, wenn Umstände darauf hindeuten, dass es dem Anmelder ohne eigenen Benutzungswillen hauptsächlich darum gehe, Dritte mit Unterlassungs- oder Geldforderungen zu überziehen ([...]), was nach quantitativen (Anmeldung einer Vielzahl von Marken), qualitativen (breites Waren- und Dienstleistungsverzeichnis) und gegebenenfalls auch zeitlichen Kriterien zu beurteilen sei ([...]).
2.6. Der Senat teilt diese Auffassung. Schon aus den Regelungen über den (wenngleich aufgeschobenen) Benutzungszwang folgt, dass Zweck des Markenrechts die tatsächliche Nutzung der Marke als Herkunftshinweis ist. Folgerichtig sieht auch der EuGH die beabsichtigte Nutzung als Herkunftshinweis bei der Beurteilung der Bösgläubigkeit als ein maßgebendes Kriterium ([...]). Steht daher von Anfang an fest, dass eine Marke nicht als Herkunftshinweis, sondern hauptsächlich dazu dienen soll, aufgrund des damit verbundenen Ausschließlichkeitsrechts Ansprüche gegen dritte Unternehmen geltend zu machen, ist schon die Anmeldung rechtsmissbräuchlich und damit bösgläubig iSv § 34 MSchG. [...] Ob das zutrifft, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Indizien dafür sind unter anderem die Anmeldung einer Vielzahl unterschiedlicher Marken und das Fehlen eines realistischen Geschäftsmodells für deren über das Geltendmachen von Abwehransprüchen hinausgehende Nutzung.
2.7. Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel, dass (auch) die Klagsmarke zu Spekulationszwecken angemeldet wurde.
(a) [...] Weiters fehlt jeder Anhaltspunkt, dass E***** A***** und seine Gesellschaften mit ausdifferenzierten Marketingkonzepten an Unternehmen herantreten, um ihnen bisher nicht genutzte Marken – im Sinn neuer Ideen für die künftige Geschäftstätigkeit – anzubieten; der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt vielmehr in der Berufung auf in Vorrat gehaltene Marken, um gegen die bereits laufende oder unmittelbar bevorstehende Verwendung gleicher oder ähnlicher Zeichen vorzugehen. [...]. Denn das Anmelden von Marken in der Erwartung, dritte Unternehmen würde diese gleichsam „von der Stange“ kaufen, ist angesichts des Umstands, das Marketingagenturen neue Marken regelmäßig zusammen mit ihren Kunden und in Bezug auf konkrete Waren oder Dienstleistungen entwickeln, kein auch nur ansatzweise nachvollziehbares Geschäftsmodell ([...]).
(b) E***** A***** ging es daher bei der Anmeldung seiner Marken nicht um deren Hauptfunktion als Herkunftshinweis, sondern sein Interesse war offenkundig darauf gerichtet, aus dem mit einer Marke verbundenen Ausschließlichkeitsrecht finanzielle Vorteile zu ziehen: dies ohne die Absicht, die Marken selbst als Herkunftshinweis zu nutzen oder deren Nutzung durch dritte Unternehmen im Rahmen eines nachvollziehbaren Geschäftsmodells in die Wege zu leiten und zu unterstützen. Dieses Vorhaben war umso erfolgversprechender, je wahrscheinlicher dritte Unternehmen die markenrechtlich geschützten Begriffe unabhängig von der Tätigkeit von E***** A***** nutzen würden. Daher lag nahe, vor allem schwache oder beschreibende Zeichen anzumelden, bei denen der Natur der Sache nach zu erwarten war, dass sie von Unternehmen in ihrer Werbung verwendet würden; dies wiederum in der durchaus realistischen Erwartung, dass (a) das Patentamt in vielen Fällen dennoch eine Registrierung vornehmen würde und (b) nicht wenige Unternehmen den Aufwand der Rechtsverteidigung (Nichtigkeit der Marke; beschreibende Verwendung in der eigenen Werbung) scheuen und statt dessen eine Ablöse zahlen würden. Auch im überwiegend beschreibenden Charakter der angemeldeten Marken liegt daher ein starkes Indiz für die Absicht des Anmelders, sie nicht als Herkunftshinweis einzusetzen, sondern das damit verbundene Ausschließungsrecht für von der Rechtsordnung nicht gebilligte Zwecke zu nutzen.»
2.8. Aufgrund der von der Nichtigkeitsabteilung dazu ermittelten und für die abschließende Beurteilung gerade noch ausreichenden Tatsachenannahmen und des unstrittigen Sachverhalts (oben Punkte III.2.2. und III.2.3.) liegen bei der Gesamtbetrachtung und der Gewichtung der einzelnen Indikatoren die vom OGH determinierten Voraussetzungen für die Annahme von Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin und ihres Rechtsvorgängers und Geschäftsführers iSd § 34 MSchG vor:
Dass nämlich sowohl die Antragsgegnerin als auch E***** A***** unzählige Marken zwar angemeldet, aber – aus welchen Gründen auch immer (es gibt dazu keine Behauptung der Antragsgegnerin) – nicht bis zur Registrierung gebracht haben, steht ebenso unbekämpft fest wie der Umstand unstrittig ist, dass es sich bei der bekämpften Marke um eine „Vorratsmarke“ handelt und daher ihre Nutzung – entgegen § 33a Abs 1 MSchG – selbst nach dem eigenen Prozessstandpunkt der Antragsgegnerin ungeachtet ihrer bereits länger zurückliegenden Registrierung erst von einem (bislang hypothetischen) Kauf durch einen Dritten abhängig sein soll. Dass das angegriffene Zeichen aber überhaupt im Rahmen einer ernsthaften Planung auf dem Markt angeboten wurde, hat die Antragsgegnerin weder behauptet noch hat sie dafür Beweise angeboten (zur Beweislastverteilung siehe RIS-Justiz RS0123518; von Schultz in von Schultz, Markenrecht³ § 8 Rz 219 [strenge Anforderungen]). Viel eher ist daher bei der gebotenen vernetzten Gesamtwürdigung vom Vorliegen einer reinen Spekulationsmarke auszugehen (dazu vgl etwa Nauta, ecolex 2003, 250 ff; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 303; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 10 § 8 Rz 688; EuGH C 529/07 – Goldhase III, Rz 44 [Verhinderung des Marktzutritts]; BGH I ZB 5/08 – Flixotide, Rz 14 mwN).
2.9. All diese objektiven Umstände in ihrer Gesamtheit indizieren das subjektive Tatbestandsmerkmal der Bösgläubigkeit (zu dieser Herleitung siehe EuGH C 529/07 – Goldhase III, Rz 37; C 569/08 – Internetportal, Rz 42 und 77 [mit Aufzählung beispielhafter Einzelkriterien]; Fezer in Fezer, Markenpraxis² 51, Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 307; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 10 § 8 Rz 637; allg von Schultz in von Schultz, Markenrecht³ § 8 Rz 213 ff mwN [insb Rz 220]) E***** A*****s bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung (zB Hofinger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 34 Rz 7). Auf eine allfällige Bösgläubigkeit (auch) der Antragsgegnerin selbst kommt es an sich nicht an; sie hat sich jedenfalls jene ihres Rechtsvorgängers zurechnen zu lassen (Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 50 Rz 13; Brötje, bösgläubige Markenanmeldung 63 f; von Schultz in von Schultz, Markenrecht 3 § 8 Rz 219; in diese Richtung auch Müller/Höller-Prantner, Markenrecht kompakt 123). Allerdings sind auch nach der Eintragung liegende Umstände im Löschungsverfahren zu beachten, wenn sie den Schluss zulassen, dass bereits die Anmeldung bösgläubig war (zB BGH I ZB 5/08 – Flixotide; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 10 § 8 Rz 678).
2.10. Die Löschung der angegriffenen und bösgläubig angemeldeten Marke war daher mit Rückwirkung auf den Beginn der Schutzdauer auszusprechen (§ 34 Abs 2 iVm § 19 Abs 1 MSchG).
2.11. Auf die in der angefochtenen Entscheidung und in der Berufung diskutierte Frage, ob der angegriffenen Marke überhaupt Unterscheidungskraft zukommt oder nicht (§ 33 Abs 1 iVm § 4 Abs 1 Z 3 MSchG), kommt es damit nicht an.
IV. Die Abänderung in der Hauptsache bedingt auch eine Änderung der Kostenentscheidung erster Instanz. Sie stützt sich auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm § 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie § 41 Abs 1 ZPO. Die Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die ersten beiden Positionen des Kostenverzeichnisses der Antragstellervertreterin sind unberechtigt, weil es sich dabei leicht erkennbar um die Kosten des Löschungsantrags in jener Höhe handelt, in der sie die Nichtigkeitsabteilung im Beschluss vom 6.7.2011 (ON 2) als zweckentsprechend bestimmt hat. Das Berufungsgericht hält die Begründung des Kostenzuspruches in diesem Beschluss für zutreffend und diese Kosten daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO.
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision war gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt: Ob eine Marke bösgläubig angemeldet wurde, ist stets eine Frage des Einzelfalls.