JudikaturOLG Wien

34R65/14z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
08. September 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbildmarke „UNTERNEHMERGESPRÄCHE INTERESSIERT AM GEHOBENEN DIALOG“ über die als Rekurs zu behandelnde Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 2.10.2013, AM 2665/2012 2, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

1. Der Antragsteller beantragte die Eintragung der Wortbildmarke

für die Waren und Dienstleistungen der folgenden Klassen:

16 Plakate aus Papier und Pappe, Prospekte, die auf die Veranstaltung hinweisen;

35 Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten, Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Beratung in Organisations- und Geschäftsangelegenheiten sowie in Geschäftsführungsangelegenheiten, Ermittlung sowie Auskünfte, Nachforschungen und Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; dies alles jeweils unter Bezugnahme auf die rechtlichen Gegebenheiten und Entwicklungen aus der Judikatur, insbesondere aus dem Blickwinkel eines Unternehmers;

41 Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Veranstaltung und Durchführung von Workshops – zu der sich stetig weiter entwickelnden Rechtslage aus Sicht eines Unternehmers;

45 Erarbeiten von gemeinsamen Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten und Prozessangelegenheiten zu der sich stetig weiter entwickelnden Rechtslage aus Sicht eines Unternehmers.

Das Patentamt teilte dem Antragsteller am 21.9.2012 mit, dass das Zeichen ein Themen- und Qualitätshinweis auf Gespräche mit gehobenem Dialog sei, die für Unternehmer von Belang seien. Das Zeichen diene nicht als individualisierender Unternehmenshinweis und ihm fehle daher die Unterscheidungskraft (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG).

Dem erwiderte der Antragsteller am 27.11.2012, dass das Zeichen nicht auf seinen Beruf als Rechtsanwalt hinweise sowie originell und eigentümlich sei und dass auch die grafische Gestaltung als Abfolge von Groß- und Kleinschreibung als Unternehmenshinweis ausreichend auffällig sei. Der Antragsteller verwies auch auf vergleichbare Marken, die das Patentamt eingetragen habe („Mariazeller Gespräche“, „Unternehmer Wirtschafts Blatt“).

2. Ausgehend von dem schon am 21.9.2012 eingenommenen Rechtsstandpunkt wies das Patentamt den Antrag mit dem nun angefochtenen Beschluss (vom 2.10.2013) ab. Zusätzlich führte es aus, dass nur das Zeichen selbst zu prüfen sei, nicht aber zum Beispiel der Beruf des Antragstellers. Frühere Eintragungen anderer Zeichen seien nicht präjudizell.

3. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers an die Rechtsmittelabteilung des Patentamts, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG).

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

4. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

4.1 Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4 Rz 42).

Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungs gefahr von denen mit einer anderen betrieblichen Herkunft unterscheiden können (EuGH C 108/97 – Chiemsee ; C 104/00 P – Companyline ; EuG T 471/07 – Tame it, Rn 15 mwN; EuGH C 398/08 – Audi; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix) .

Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – Oxi-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungs hindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl OBm 1/13 – Malzmeister mwN). Dies bedeutet aber nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl EuGH C 104/01 – Orange [Rn 58 und 59]; C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

4.2 Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG sind zwar nach der Rechtsprechung des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06 P – Eurohypo ). Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber jedenfalls dann, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen (C 304/06 P – Eurohypo [Rz 69]); eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (C 363/99 – Postkantoor [Rz 86]). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OM 10/09 – Lümmeltütenparty ; vgl 4 Ob 11/14t – Express glass) .

4.3 Ob das Eintragungshindernis feh lender Unterscheidungskraft vorliegt, ist anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu prüfen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rz 57). Die Eignung zur Erfüllung der Her kunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren und Dienstleistungen (Asperger aaO Rz 67 mwN der Rsp; EuGH C 104/01 – Orange [Rn 46 und 63]; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]).

4.4 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über die Art, die Natur, die Beschaffenheit oder über Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (vgl EuGH C 326/01 – Universaltelefonbuch , Rn 33 mwN; C 494/08 P – Pranahaus ; Koppensteiner aaO mwN; Newerkla in Kucsko/Schumacher, mar ken.schutz2 Rz 175 ff; RIS-Justiz RS0109431).

Enthält das Zeichen nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; OBm 1/12 – Die grüne Linie ). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen.

Eine beschreibende Angabe liegt auch dann nicht vor, wenn ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff herstellt, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at ). Ist hingegen die angemeldete Marke geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, die Natur oder die Beschaffenheit der Ware oder der Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, fehlt ihr die Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – Atelier Prive ; OBm 2/13 – Primera ua).

Somit sind vom Registrierungsverbot Zeichen betroffen, deren Begriffsinhalt die beteiligten Verkehrskreise zwanglos, ohne komplizierte Schlussfolgerungen und ohne besondere Denkarbeit erschließen können (Koppensteiner aaO Rz 71 mwN; Newerkla aaO Rz 175 ff; RIS-Justiz RS0109431).

4.5 So wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann ein Zeichen auch nur für jene Waren und Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (4 Ob 139/02y – Summer Splash; 4 Ob 10/03d – More).

4.6 Das Verbot, ausschließlich beschreibende Zeichen oder Angaben als Marken einzutragen, soll verhindern, dass Zeichen oder Angaben als Marken eingetragen werden, die wegen ihrer Übereinstimmung mit der üblichen Art und Weise, die betroffenen Waren oder Dienstleistungen oder ihre Merkmale zu bezeichnen, die Funktion, das sie vertreibende Unternehmen zu identifizieren, nicht erfüllen könnten. Darunter fallen solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis des Verbrauchers die Waren oder Dienstleistungen (entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale) bezeichnen könnten.

5.1 Maßgeblich für die Frage, wie ein Kennzeichen aufgefasst wird, ist das Verständnis eines angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und kritischen Mitglieds der angesprochenen Verkehrskreise (vgl RIS-Justiz RS0114366 [T5]; RS0079038 [T1]; RS0109431; Asperger aaO Rz 67 mN zur Rsp des VwGH; so auch Newerkla aaO Rz 213 mwN der Rsp).

5.2 Nach ständiger Rechtsprechung (vgl EuGH C 104/00 – Companyline ; C 363/99 – Postkantoor ua) ist bei der Prüfung der Schutzfähigkeit das Zeichen in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Für die damit erforderliche Berücksichtigung aller Elemente eines Zeichens ergibt sich auch die Notwendigkeit, die einzelnen Elemente zu betrachten.

6. Auf dieser Grundlage bleibt das Rechtsmittel des Antragstellers mit den darin enthaltenen Argumenten erfolglos.

6.1 Er wiederholt den Vortrag, dass er Rechtsanwalt sei und die mit diesem Beruf verbundenen Dienstleistungen erbringe, während das Zeichen keinen Hinweis auf seinen Beruf enthalte. Dabei lässt er jedoch außer Acht, dass der beschreibende Charakter eines Zeichens nach den Waren und Dienstleistungen als solche zu beurteilen ist und nicht danach, wer sie erbringt. Isoliert betrachtet trifft zwar zu, dass das Zeichen nicht auf die Tätigkeit eines Rechtsanwalts hinweist, doch beschreibt das Zeichen unabhängig davon „Unternehmergespräche“ mit „gehobenem Dialog“.

6.2 Die Einschätzung, dass die Wortfolge originell und eigentümlich sei, teilt das Rekursgericht nicht. Auch der grafischen Darstellung, die sich darin erschöpft, dass der Wortteil „UNTERNEHMER“ in Versalien gehalten ist, fehlt eine den Text dominierende Originalität.

6.3 Dabei ändert auch eine gesamtheitliche Betrachtung – die das Patentamt ohnedies vorgenommen hat – nichts. Nicht bedeutsam ist – wie im Rechtsmittel vorgetragen – auch, dass der „Claim“ „Interessiert am gehobenen Dialog“ (bisher) ungebräuchlich gewesen sei. Allein die Neuheit (deren Vorliegen daher ungeprüft bleiben kann) verschafft noch keine Unterscheidungskraft.

6.4 Zuletzt wiederholt der Antragsteller seinen Hinweis auf andere Marken, die seiner Einschätzung nach seiner beantragten Marke ähnlich seien und deren Eintragbarkeit bejaht wurde. Hiezu genügt der Hinweis auf die fehlende Präjudizialität von Markenregistrierungen in anderen Fällen (Asperger aaO Rz 75 ff mwN; Koppensteiner , aaO 70)

Das Rechtsmittel, das dem Kernargument der angefochtenen Entscheidung, das Zeichen enthalte wesentlich nur eine Beschreibung der beabsichtigten (Waren und) Dienstleistungen, nicht substanziiert entgegentritt, führt somit zu keiner Korrektur der bekämpften Entscheidung.

7. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Ein zelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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