12R207/13v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Mag. Dr. Wanke-Czerwenka als Vorsitzende sowie den Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Seeliger und die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr. Reden in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, ***** , vertreten durch die Holter-Wildfellner Rechtsanwälte OG in Grieskirchen, wider die beklagte Partei Dr. E***** , *****, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke und Dr. Wolfgang Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei A***** KEG , *****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 69.336,93 samt Anhang, über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 55.983,03) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18.10.2013, 27 Cg 76/11m-56, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen sowohl der beklagten Partei als auch der auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenientin deren jeweils mit EUR 2.797,86 (darin jeweils enthalten EUR 466,31 an USt) bestimmten Kosten der jeweiligen Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte plante im Jahr 2008 auf der in ihrem Alleineigentum stehenden Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, Bezirksgericht *****, an dem darauf errichteten Gebäude *****, eine Sockelsanierung nach dem Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 durchzuführen. Mit der Ausschreibung der dafür notwendigen Arbeiten beauftragte sie die Nebenintervenientin. Für das ausgeschriebene Schlossergewerk legte unter anderem die klagende Partei ein Angebot. Den Zuschlag erhielt eine Mitbewerberin, die N********** GmbH *****.
Die klagende Partei begehrte die Zahlung von EUR 69.336.93 samt Anhang und brachte vor, dass das Angebot der N***** GmbH zwar niedriger als ihr Angebot sei, dass es aber nur die Schlosserarbeiten umfasse. Die Bauspenglerarbeiten, die das Schlossergewerk ebenso inkludiere, seien hingegen im Angebot der N***** GmbH nicht enthalten und somit stelle es kein vollständiges, sondern lediglich ein Teilangebot dar. Ausdrücklich sei in den Ausschreibungsunterlagen festgehalten worden, dass Teilangebote nicht zulässig seien. Das Angebot der N***** GmbH sei daher mit einem unbehebbaren Mangel belastet, ihr hätte der Zuschlag folglich nicht erteilt werden dürfen, sondern das Angebot aus dem Verfahren ausgeschieden werden müssen. Da die klagende Partei das zweitgünstigste Angebot gelegt habe, wäre folglich sie zum Zug gekommen. Der der klagenden Partei entstandene Schaden errechne sich aus der Angebotssumme von EUR 113.849,95 abzüglich eines Betrages von EUR 44.513,02, der dem Materialaufwand entspreche, den sich die klagende Partei infolge Unterbleibens der Arbeiten erspart habe. Die Differenz von EUR 13.353,90 auf den im Angebot ausgewiesenen Materialanteil in der Höhe von EUR 57.866,92 entspreche dem Gesamtzuschlag, der zur Abdeckung von nicht ursächlich auf der Baustelle angefallenen Kosten diene. Dieser sei jedenfalls als entstandener Schaden zu ersetzen. In voller Höhe sei weiters der im Angebot enthaltene Lohnanteil in Höhe von EUR 55.983,03 in Anschlag zu bringen, da die von der klagenden Partei für die Auftragsausführung vorgesehenen Arbeitskräfte nicht hätten gekündigt werden können. Summa summarum ergebe sich der eingeklagte Schadensbetrag von EUR 69.336,93. Diesen Betrag sei die klagende Partei von der Beklagten zu fordern berechtigt, da diese für den aufgrund der Nichteinhaltung der Ausschreibungsbedingungen entstandenen Schaden hafte. Mit Schriftsatz vom 27.5.2011 (ON 11) dehnte die klagende Partei das Zinsbegehren aus, sodass Verzugszinsen ab 6.3.2009 begehrt wurden, da mit Schreiben dieses Datums die Ansprüche geltend gemacht worden seien. Es liege ein beiderseitiges Unternehmensgeschäft vor.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und entgegnete, dass sie mit der Planung, Ausschreibung, Bauaufsicht und Vergabe die Nebenintervenientin beauftragt habe. Die Ausschreibung wie auch die Vergabe seien ordnungsgemäß und im Einvernehmen mit dem Fonds für Wohnbau und Stadterneuerung Wien durchgeführt worden. Der Beklagten sei mitgeteilt worden, dass die preisgünstigsten Offerte angenommen worden seien. Das Offert der klagenden Partei sei eben nicht das preisgünstigste gewesen. Die Vergabe sei mit keinerlei Rechtswidrigkeit behaftet gewesen. Es treffe die Beklagte keinerlei Verschulden. Die gesamte Ausschreibung habe aus vielen Gewerken bestanden. Entgegen der Behauptung der klagenden Partei sei die Ausschreibung ausdrücklich unter Vorbehalt von Teilvergaben erfolgt. Das gesamte Schlossergewerk sei an die Schlosserfirma N***** vergeben worden. Für die Spenglerarbeiten (anderes Gewerk) sei offensichtlich eine andere Firma als günstiger ausgewählt worden. Die klagende Partei sei teurer gewesen. Darüber hinaus sei das Klagebegehren jedenfalls zu hoch, weil die Klägerin eine Gewinnspanne von fast zwei Drittel behaupte. Hätte sie an eigenem Aufwand und Kosten nur ein Drittel der Auftragssumme einzusetzen beabsichtigt, schließe dies eine mangelfreie Ausführung der Arbeiten aus. Da kein beiderseitiges unternehmensbezogenes Geschäft vorliege, sei auch das Zinsenbegehren überhöht. Die angegebene Fälligkeit werde bestritten.
Die Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten wandte unter anderem ein, die klagende Partei sei nicht die Billigstbieterin gewesen. Beim Gewerk Schlosser sei das Angebot der klagenden Partei mit EUR 103.975,40 deutlich teurer als das der N***** GmbH mit EUR 98.339,25 gewesen, welches den Zuschlag erhalten habe. Selbst wenn man die von der klagenden Partei für die Bauspenglerarbeiten angesetzten Kosten von EUR 3.679,77 zum Angebot der N***** GmbH hinzuschlagen würde, wäre deren Angebot (unter Berücksichtigung von EUR 7.400,-- für die Position LG 66, eine Loggia-Seitenverglasung) mit netto EUR 109.419,02 um EUR 4.430,95 billiger als das Angebot der klagenden Partei mit einer Nettogesamtsumme von EUR 113.849,97. Die N***** GmbH wäre in diesem Fall ebenfalls Billigstbieterin gewesen und hätte den Zuschlag erhalten. Beim Angebot der N***** GmbH handle es sich entgegen der Ansicht der klagenden Partei nicht um ein Teilangebot. Die Nebenintervenientin habe sich in der Ausschreibung vorbehalten, Teilleistungen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu vergeben. Die Nebenintervenientin habe die in der Leistungsgruppe 23 enthaltenen Leistungen (die Bauspenglerarbeiten) auch parallel bei den Bauspenglerarbeiten und nicht nur bei den Schlosserarbeiten ausgeschrieben. Da sich im Zuge des Vergabeverfahrens herausgestellt habe, dass es wirtschaftlich günstiger wäre, das Gewerk Bauspenglerarbeiten nicht an Schlosser, sondern gesondert an einen Bauspengler zu vergeben, habe die Nebenintervenientin die Teilleistung Bauspenglerarbeiten im konkreten Vergabeverfahren nicht beauftragt. Die Beklagte sei auch keine öffentliche Auftraggeberin, welche daher auch nicht dem strengen Regime des BVergG unterliege und es seien andere Regeln anzuwenden als im Bereich der öffentlichen Vergaben nach dem BVergG. Dort führe – aus politischen Gründen, um den Druck auf den Auftraggeber zu erhöhen – ein Fehler bei der Zuschlagserteilung dazu, dass der Auftraggeber schadenersatzpflichtig werde und das Erfüllungsinteresse ersetzen müsse. Da es sich aber im gegenständlichen Fall um eine „private Vergabe“ handle, bestehe – solange nicht ein Vertragsverhältnis zustande gekommen sei – auch kein Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses. Ein Vertrag sei weder zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei noch zwischen der klagenden Partei und der Nebenintervenientin zustande gekommen. Wenn überhaupt stehe ausschließlich eine Haftung aus culpa in contrahendo im Raum. Dabei werde grundsätzlich nur der Vertrauensschaden ersetzt. Es stünden der klagenden Partei nur die vorvertraglichen Rechte, nämlich auf ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens, zu. Gestehe man einem Bieter das Erfüllungsinteresse zu, so würde dies dazu führen, dass einen privaten Auftraggeber ein Vertragszwang treffe. Dies sei gesetzlich nicht gewollt. Der klagenden Partei stehe also nicht der Ersatz des Erfüllungsinteresses, sondern lediglich allenfalls der Ersatz des Vertrauensschadens zu (vgl Krejci, Zur Auftragsvergabe durch private Unternehmen, bau aktuell 2011, 82). Einen Vertrauensschaden habe die klagende Partei jedoch bisher weder behauptet noch dessen Ersatz gefordert. Da der klagenden Partei ab 8.5.2008, spätestens jedoch ab 18.9.2008 bewusst gewesen sei, dass der Zuschlag nicht an sie erteilt werden würde, wäre spätestens zu diesem Zeitpunkt allenfalls das Vertrauen der klagenden Partei in eine ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens verletzt worden. Die Verjährungsfrist sei jedenfalls ab dem 18.9.2008 gelaufen, sodass die klagende Partei den Vertrauensschaden bis spätestens 18.9.2011 hätte geltend machen müssen. Die Verjährungsfrist für die Geltendmachung des Vertrauensschadens sei somit abgelaufen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von EUR 13.353,90 samt 4 % Zinsen seit 6.3.2009 schuldig erkannt und das Mehrbegehren in Höhe von EUR 55.983,03 samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 20.11.2009 und 4 % Zinseszinsen seit 21.4.2011, sowie über 4 % hinausgehende Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz der EZB aus EUR 13.353,90 seit 6.3.2009 abgewiesen. Dabei ging es - abgesehen von den im Berufungsverfahren nicht mehr relevanten Feststellungen hinsichtlich der Bieterlücken - von folgendem Sachverhalt aus:
„Im Jahr 2008 schrieb die Beklagte, vertreten durch die Nebenintervenientin, eine geplante Sockelsanierung am Gebäude ***** nach dem Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 aus. Die gesamte Ausschreibung bestand aus mehreren Gewerken.
Auszugsweise lauten die Allgemeinen Vertragsbestimmungen (./A):
" [...]
00.1102
Die Vergabe der ausgeschriebenen Leistung erfolgt nach folgenden Bestimmungen:
00.1102A Vergabe nach ÖNORM A2050
ÖNORM A 2050 Vergabe von Aufträgen über Leistungen.
[...]
00.1116
Die ausgeschriebene Gesamtleistung kann auch in Teilleistungen getrennt zur Vergabe gelangen.
00.1116B Z Teilangebot nicht zulässig
Ein Teilangebot ist nicht zulässig.
[...]
00.1124 Z Die Wahl des Angebotes für den Zuschlag erfolgt nach folgenden Zuschlagskriterien:
00.1124F Z Zuschlagskriterium Angebotspreis, Zuschlag Ausschließlich nach dem Angebotspreis.
Der Auftraggeber behält sich gegebenenfalls die Nichtbeauftragung von Teilleistungen aus wirtschaftlichen Gründen vor.
[...]
00.1124H Z Zuschlagserteilung binnen 6 Monate
Die Zuschlagserteilung erfolgt binnen 6 Monaten nach Angebotsabgabe. Die Bieter sind während der Zuschlagsfrist an ihr Angebot gebunden.
[...]
00.14390 Z Kalkulationsaufgliederung
Der Bieter weist auf Anforderung des Auftraggebers die Preisbildung der Positionen durch eine detaillierte Aufgliederung der Preiskomponenten gemäß ÖNORM B 2061 nach (K-7 Blatt beziehungsweise K-6 Blatt)
Die nachzuweisenden Kalkulationsaufgliederungen (Positionen bzw. Leistungen) aus gegenständlichem Leistungsverzeichnis werden im Zuge der Angebotsprüfung bekanntgegeben.
Die Kalkulationsaufgliederungen sind innerhalb einer Frist von 14 Tagen vorzulegen.
[...]"
Die Bestimmungen der ÖNORM A 2050 , Ausgabe 01.11.2006, "Vergabe von Aufträgen über Leistungen; Ausschreibung, Angebot, Zuschlag; Verfahrensnorm" (./G) lauten auszugsweise:
"[...]
1 Anwendungsbereich
Diese ÖNORM regelt die Vergabe von Aufträgen von Leistungen, die nicht dem Bundesvergabegesetz unterliegen. [...]
[...]
4.10 Teilvergabe
4.10.1 Ein Zuschlag in Teilen ist unzulässig, wenn nur eine Gesamtleistung ausgeschrieben ist.
4.10.2 Wenn die Möglichkeit für eine Vergabe in Teilen gewahrt bleiben soll, sind sowohl die Gesamtleistung als auch die allenfalls getrennt zur Vergabe gelangenden Teile der Leistung anzugeben. In diesem Fall ist dem Bieter auch die Möglichkeit einzuräumen, nur einzelne dieser Teile der Leistung anzubieten.
4.10.3 Ein bloßer Vorbehalt allfälliger Teilleistungsvergaben ist unzulässig.
[...]
6.1.4 Angebote müssen sich auf die ausgeschriebene Gesamtleistung beziehen, es sei denn, dass in der Ausschreibung die Möglichkeit von Teilvergaben gemäß 4.10 vorgesehen wurde. Ein gemäß der Ausschreibung unzulässiges Teilangebot ist mit einem unbehebbaren Mangel (gemäß 7.4.1 (3)) behaftet.
[...]
7.4.1 Vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag hat der AG aufgrund des Ergebnisses der Prüfung und gegebenenfalls nach Verhandlung, Aufklärungsgesprächen oder Erörterungen mit den Bietern folgende Angebote auszuscheiden:
[...]
(3) den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote sowie nicht gleichwertige Alternativangebote, fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder Teil- und Alternativangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden.
7.4.2 Bieter, deren Angebote aufgrund des Ergebnisses der Prüfung ausgeschieden werden, sind hiervon unverzüglich und unter Bekanntgabe des Grundes schriftlich zu verständigen.
[...]"
Die Schlosser- und Bauspenglerarbeiten wurden gemeinsam im Leistungsverzeichnis Schlosser ausgeschrieben. Ab Seite 6, Positionsnummer 23, fanden sich die Bauspenglerarbeiten, ab Seite 9, Positionsnummer 31, die Schlosserarbeiten (./B, ./III).
Mit Schreiben vom 17.04.2008 legte die klagende Partei ein Angebot über das ausgeschriebene Schlossergewerk in Höhe von netto EUR 113.849,95. Dabei betrug der veranschlagte Preis für die Bauspenglerarbeiten EUR 3.679,77, für die Schlosserarbeiten EUR 103.975,38 und für die Position "LG 66", dabei handelte es sich um die Loggia-Seitenverglasung im 1. Dachgeschoß, EUR 6.194,80 (./C, ./I).
Die Angebotssumme gliederte sich in einen Lohnanteil von netto EUR 55.983,03 und einen Materialanteil von netto EUR 57.866,92 (./D).
In einem dem ausgepreisten Leistungsverzeichnis angeschlossenen Formblatt K 3 (./C) wurde der Gesamtzuschlag mit 30,01% ausgewiesen. Dieser setzte sich aus 18,58% Geschäftsgemeinkosten, 1,00% Bauzinsen, 1,50% Wagnis und 2,0% Gewinn zusammen. Die Summe dieser Zuschläge betrug 23,08%. Multipliziert mit 100 und dividiert durch 76,92 (= 100 abzüglich der Summe der Zuschläge von 23,08) ergibt sich der Gesamtzuschlag von 30,01% (SV-Gutachten vom 11.07.2012, S 5, AS 143 in ON 25).
...
Im Zeitpunkt der Angebotseröffnung lagen fünf Angebote vor, darunter das Angebot der klagenden Partei mit der Angebotssumme von EUR 113.849,95. Weiters die Angebote der N***** GmbH mit EUR 105.739,25, ein Angebot von T***** über EUR 169.766,46, der R***** GmbH über EUR 186.8444,50 und der O***** über EUR 168.860,55. Die Angebote der N***** GmbH und der R***** GmbH enthielten keine Bauspenglerarbeiten (./E).
Den Zuschlag erhielt die N***** GmbH, deren Angebot sich auf einen Betrag von netto EUR 105.739,25 belief. Dieses Angebot bezog sich nur auf die Schlosserarbeiten, Bauspenglerarbeiten wurden nicht angeboten. Die Schlosserarbeiten beliefen sich auf EUR 98.339,25 und die Position "LG 66" auf EUR 7.400,00. …(./II).
Die Klägerin erstattete das preislich zweitgünstigste Angebot .(./E).
Nach Angebotsöffnung kam es zu einem Gespräch zwischen dem Geschäftsführer der klagenden Partei, Ing. A*****, dem Komplementär der Nebeninterventientin, DI *****, und dem Architekten, der die Leistungsverzeichnisse und die Allgemeinen Vertragsbestimmungen für die Nebenintervenientin erstellt hat. Dabei wurde der Geschäftsführer der klagenden Partei darauf hingewiesen, dass, sollte die klagende Partei keinen Preisnachlass gewähren, die N***** GmbH das günstigste Angebot gelegt hat. Der Geschäftsführer der klagenden Partei wies DI ***** darauf hin, dass die N***** GmbH kein vollständiges Angebot gelegt hat und dass es deshalb auszuscheiden ist und somit die klagende Partei Billigstbieterin ist. Er zeigte ihm auch die entsprechende Stelle in der Ausschreibung. …
Das gesamte Schlossergewerk wurde an die N***** GmbH vergeben, das Bauspenglergewerk an ein anderes Unternehmen.
Mit E-Mail vom 18.09.2008 an die Teilnehmer des Verfahrens gab die Nebenintervenientin bekannt, dass die Billigstbieterin den Zuschlag erhalten hat. Da die E-Mail-Adresse der klagende Partei in der Empfängerzeile nicht eingesetzt wurde, erhielt sie dieses E-Mail nicht (.IV).
Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt Ende Februar oder Anfang März 2009 fragte die klagende Partei bei der Nebenintervenientin nach, wann sie mit der Erteilung des Auftrages rechnen könne. Da wurde ihr mitgeteilt, dass der Auftrag an ein anderes Unternehmen vergeben wurde.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die klagende Partei die Arbeitskräfte, die sie für die ausgeschriebenen Arbeiten kalkuliert hatte, weiterbeschäftigt hat, respektive, dass diese Arbeitskräfte während der geplanten Auftragszeit untätig blieben.
Mit Schreiben vom 06.03.2009 forderte die klagende Partei die Beklagte und die Nebenintervenientin auf, den aushaftenden Betrag von EUR 95.462,51 zu überweisen. Als Betreff war "Mahnung; BVH: *****" angegeben (./K). Mit Schreiben vom 02.06.2010 forderte die klagende Partei neuerlich zur Begleichung des Betrages auf (./L).
Die jeweils nicht auf die Personalkosten aufgeschlagenen Geschäftsgemeinkosten der klagenden Partei für den gegenständlichen Auftrag betragen EUR 10.751,67, die Bauzinsen EUR 578,67, das Wagnis EUR 868,00 und der Gewinn EUR 1.157,34, was in Summe EUR 13.355,69 ergibt (Gutachten ON 25, S 9, AS 151).
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der gegenständlichen Liegenschaft derartige Geschäftstätigkeiten entfaltet, die eine unternehmerische Infrastruktur erfordern.“
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass das Bundesvergabegesetz 2002 auf die Ausschreibung der einzelnen Gewerke keine Anwendung finde, weil die Beklagte nicht in dessen persönlichen Geltungsbereich falle.
Nach der gegenständlichen Ausschreibung habe es sich um einen Realisierungswettbewerb in der Form eines offenen Wettbewerbes gehandelt, bei dem dem Billigstbieter kein Preisgeld, sondern die Erteilung des Auftrages zugesichert worden sei.
Bei der Vergabe von Leistungen im Wege der Ausschreibung werde ein unbestimmter oder ein beschränkter Personenkreis zur Erstellung von Offerten eingeladen. Zweck des Vergabeverfahrens nach einer Ausschreibung sei es, Angebote zu erhalten, in denen der jeweilige Bieter offeriere, die vom Ausschreibenden gewünschten Leistungen zum angebotenen Preis zu erbringen. Daher werde die Ausschreibung rechtlich überwiegend nicht als Auslobung, sondern als Aufforderung zur Erstellung von Angeboten qualifiziert (Rummel in Rummel 3 § 860 Rz 1, 1 Ob 539/88).
Eine Qualifizierung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Ausschreibenden und den Teilnehmern am Wettbewerb als Auslobung in der Sonderform des Preisausschreibens komme daher nur dann in Betracht, wenn der einseitige Verpflichtungswille des Auslobenden schon in seiner Erklärung zum Ausdruck komme (2 Ob 245/06b).
Mangels erklärten Bindungswillens sei die Ausschreibung als invitatio ad offerendum zu verstehen. Die Beklagte habe daher zur Erstellung eines Angebotes eingeladen und sich selbst verpflichtet, das Angebot (gemeint wohl: den Auftrag) an den Billigstbieter zu vergeben.
Die klagende Partei habe Schadenersatz mit der Begründung begehrt, dass nicht ihr als Billigstbieterin, sondern fälschlicherweise der N***** GmbH der Zuschlag erteilt worden sei.
Grundsätzlich träten mögliche Geschäftspartner schon mit der Aufnahme eines Kontaktes zu rechtsgeschäftlichen Zwecken in ein beiderseitiges Schuldverhältnis, welches sie zu gegenseitiger Rücksichtnahme bei der Vorbereitung und beim Abschluss des Rechtsgeschäftes verpflichte. Diese Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten bestünden unabhängig davon, ob es später zum Vertragsabschluss komme. Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung seien die Grundsätze der Lehre von den vorvertraglichen Sorgfaltspflichten auch im Vergabeverfahren auf das Verhältnis zwischen Ausschreibendem und Bietern anzuwenden (RIS-Justiz RS0013934). Für die Bestimmung des Inhalts und des Umfangs der dem Ausschreibenden im vorliegenden Fall vorvertraglich oblegenen Pflichten sei neben den Allgemeinen Vertragsbestimmungen auch die ÖNORM A2050 wesentlich.
Diesbezüglich sei zu prüfen, wie die Ausschreibung der Beklagten respektive der Nebenintervenientin hinsichtlich des Umfangs der ausgeschriebenen Gewerke auszulegen sei.
§ 914 ABGB gelte nicht nur für Verträge, sondern auch für einseitige Erklärungen, wie etwa die Auslobung oder Ausschreibungen nach dem Bundesvergabegesetz (BVA/14/2008-39) und auch die Bestimmungen eines Wettbewerbsausschreibens (RIS-Justiz RS0013905). Da die allgemeinen, für die Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen maßgeblichen zivilrechtlichen Regelungen auch im Vergaberecht anzuwenden seien, müsse dies ebenso für die Ausschreibung privater Aufträge gelten, zumal damit dieselben Ziele wie bei einer Vergabe nach dem Bundesvergabegesetz verfolgt würden.
Die Ausschreibungsunterlagen seien demnach nach ihrem objektiven Erklärungswert zu interpretieren. Es sei daher zunächst vom Wortlaut in seiner üblichen Bedeutung auszugehen. Dabei sei die Absicht der Parteien zu erforschen und seien rechtsgeschäftliche Erklärungen so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspreche. Die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen seien nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende habe sagen wollen oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden habe, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen gewesen sei und somit, wie diese ein redlicher Erklärungsempfänger zu verstehen gehabt habe.
Die Bauspenglerarbeiten und die Schlosserarbeiten seien gemeinsam im Leistungsverzeichnis „Schlosser“ ausgeschrieben worden. Ab Seite 6 dieses Leistungsverzeichnisses fänden sich die Bauspenglerarbeiten und ab Seite 9 die Schlosserarbeiten. Laut Punkt 00.1116 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen könne die ausgeschriebene Gesamtleistung auch in Teilleistungen getrennt zur Vergabe gelangen. Der nachfolgende Punkt 00.1116bZ normiere, dass ein Teilangebot nicht zulässig sei. Die Zusammenschau zeige, dass die Ausschreibung des Schlossergewerkes bei objektiver Beurteilung der Sachlage so zu verstehen gewesen sei, dass, um ein gültiges Angebot zu legen und an der Ausschreibung teilnehmen zu können, das Angebot die Bauspengler- und die Schlosserarbeiten zu umfassen habe. In dem Leistungsverzeichnis Schlosser finde sich kein Hinweis, der den Schluss zulasse, dass auch ein Angebot nur über die Bauspenglerarbeiten oder nur über die Schlosserarbeiten gewünscht, respektive zulässig sei. Im Zusammenhang mit der ausdrücklichen Unzulässigerklärung von Teilangeboten in den Allgemeinen Vertragsbestimmungen habe sich für einen redlichen und vernünftigen Erklärungsempfänger nur der Schluss ergeben können, dass das ausgeschriebene Schlossergewerk die Bauspenglerarbeiten und die Schlosserarbeiten laut dem Leistungsverzeichnis umfasse.
Gemäß Punkt 4.10 der ÖNORM A2050 – welche laut Punkt 00.1102A der Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Ausschreibung zugrunde zu legen sei – sei ein Zuschlag in Teilen unzulässig, wenn nur eine Gesamtleistung ausgeschrieben sei. Solle die Vergabe in Teilen gewahrt bleiben, so seien sowohl die Gesamtleistung als auch die allenfalls getrennt zur Vergabe gelangenden Teile der Leistung anzugeben. In diesem Fall sei dem Bieter die Möglichkeit einzuräumen, nur einzelne dieser Teile der Leistung anzubieten. Da sich eine Bestimmung, die spezifische Teile einer Leistung anführe, die allenfalls getrennt zur Vergabe gelangen könnten oder die einzeln angeboten werden könnten, weder in den Allgemeinen Vertragsbestimmungen noch im Leistungsverzeichnis Schlosser finde, sei ein Zuschlag in Teilen des Schlossergewerkes unzulässig.
Ausdrücklich lege Punkt 4.10 der ÖNORM A2050 fest, dass ein bloßer Vorbehalt allfälliger Teilleistungsvergaben unzulässig sei. Eben dieser Bestimmung widerspreche Punkt 00.1116 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen, wonach die ausgeschriebene Gesamtleistung in Teilleistungen getrennt zur Vergabe gelangen könne.
Zu prüfen sei folglich, welche Auswirkungen dies auf das Angebot der N***** GmbH habe. Da sich ihr Angebot lediglich auf die Schlosserarbeiten bezogen habe, handle es sich um ein Teilangebot. Teilangebote seien in den Allgemeinen Vertragsbestimmungen ausdrücklich für unzulässig erklärt worden. Gemäß Punkt 6.1.4 der ÖNORM A2050 müssten sich Angebote – mit Ausnahme der Möglichkeit von Teilvergaben nach Punkt 4.10 – auf die ausgeschriebene Gesamtleistung beziehen. Ein gemäß der Ausschreibung unzulässiges Teilangebot sei mit einem unbehebbaren Mangel behaftet. Punkt 7.4.1 (3) – auf den in Punkt 6.1.4 verwiesen werde – normiere die Pflicht zur Ausscheidung von fehlerhaften Angeboten, wenn die Mängel nicht behoben worden seien oder nicht behebbar seien und von Teil- und Alternativangeboten, wenn sie nicht zugelassen worden seien.
Folglich hätte das Angebot der N***** GmbH aus dem Verfahren ausgeschieden werden müssen.
Die Beklagte müsse sich die von der Nebenintervenientin erstellten Ausschreibungsunterlagen sowie deren ausschreibungswidriges Vorgehen bei der Zuschlagserteilung gemäß § 1313a ABGB zurechnen lassen.
Dem Grunde nach habe die klagende Partei daher Anspruch auf Schadenersatz, weil bei ordnungsgemäßem Vorgehen ihr der Zuschlag hätte erteilt werden müssen.
Zu prüfen sei der Umfang der Schadenersatzpflicht der Beklagten und der Nebenintervenientin. Dass bei culpa in contrahendo das negative Vertragsinteresse zu ersetzen sei, bedürfe keiner weiteren Erörterung. Ausnahmsweise werde auf das Erfüllungsinteresse gehaftet, wenn ohne die Pflichtverletzung der Vertrag zwischen den Partnern zustande gekommen wäre ( Wiebe in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.01 § 861 Rz 47). Angewendet auf die Vergabe von Aufträgen bedeute dies, dass die nicht befolgte Verpflichtung zum Zuschlag zum Ersatz des Erfüllungsinteresses führe ( Reischauer in Rummel 3 , Vor §§ 918 bis 933 Rz 17a mwN). Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung könne bei der Ausschreibung die Annahme einer Vorhandverträgen ähnlichen vertraglichen Bindung gerechtfertigt sein, da man in der Ausschreibung Elemente eines Auslobungsverhältnisses erblicken könne. Diese Erwägungen berechtigten zur Annahme einer verstärkten Pflichtenbindung des Ausschreibenden. Diese Bindung bilde wiederum die tragfähige Grundlage für den Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses durch jenen Bieter, der bei Eröffnung der Angebote Bestbieter gewesen sei (RIS-Justiz RS0013936).
Die klagende Partei beanspruche aber EUR 69.336,93 aus dem Titel des Schadenersatzes. Grundsätzlich hätte sie – wäre ihr der Zuschlag erteilt worden – von der Beklagten EUR 113.849,95 erhalten. Jedenfalls abzuziehen seien von diesem Betrag jene Aufwendungen, die sich die klagende Partei infolge Unterbleibens der Arbeiten erspart habe. Die klagende Partei beziffere diese Ersparnis mit EUR 44.513,02.
Unzweifelhaft sei jener Teil der Materialkosten in Abzug zu bringen, der nicht gekauftem Material entspreche. Der Materialanteil betrage EUR 57.866,92. Nicht abzugsfähig sei aber laut klagender Partei ein Teil des Materialanteils von EUR 13.353,90, der dem Gesamtzuschlag entspreche. Der Gesamtzuschlag setze sich aus den Geschäftsgemeinkosten, den Bauzinsen, dem Wagnis und dem Gewinn zusammen. Es handle sich um die allgemeinen Kosten eines Unternehmens, die nicht ursächlich einer Baustelle, respektive einem Auftrag zugerechnet werden könnten, sondern die als Gesamtzuschlag auf die verschiedenen Aufträge verteilt und somit gedeckt würden. Diese Aufwendungen habe sich die klagende Partei tatsächlich nicht erspart, weshalb die Beklagte zu deren Ersatz verpflichtet sei.
Hinsichtlich der Lohnkosten habe die klagende Partei vorgebracht, dass sie sich diesbezüglich nichts erspart habe, weil sie alle für diesen Auftrag kalkulierten Arbeitskräfte weiterbeschäftigen habe müssen. Nach allgemeinen Grundsätzen treffe den Kläger die Beweislast für den Eintritt und die Höhe des Schadens. Der klagenden Partei sei es nicht gelungen zu beweisen, dass die veranschlagten Arbeitskräfte tatsächlich hätten weiterbeschäftigt werden müssen und überdies nicht produktiv hätten eingesetzt werden können und sie sich somit hinsichtlich der Lohnkosten nichts erspart habe. Aus diesem Grund sei das Klagebegehren im Umfang des Lohnanteils inklusive Gesamtzuschlag, sohin EUR 55.983,03, abzuweisen gewesen.
Mangels Unternehmereigenschaft der Beklagten seien lediglich 4 % Verzugszinsen gemäß § 1000 Abs 1 ABGB zuzusprechen.
Darüber hinaus habe die klagende Partei Zinseszinsen in Höhe von 4 % seit Klagszustellung, sohin seit 21.4.2011 begehrt. Gemäß § 1000 Abs 2 ABGB könnten Zinseszinsen grundsätzlich nur verlangt werden, wenn dies die Parteien ausdrücklich vereinbart hätten. Ansonsten könnten – sofern fällige Zinsen eingeklagt würden – Zinseszinsen vom Tag der Streitanhängigkeit an gefordert werden. Die klagende Partei habe daher Anspruch auf 4 % Zinseszinsen seit 21.4.2011.
Gegen den klagsabweisenden Teil dieses Urteils richtet sich die aus den Anfechtungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Berufung der klagenden Partei mit einem auf gänzliche Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Sowohl die Beklagte als auch die Nebenintervenientin beantragen, der Berufung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Die Berufungswerberin bekämpft nachstehende Negativfeststellungen:
„ Es konnte nicht festgestellt werden, dass die klagende Partei die Arbeitskräfte, die sie für die ausgeschriebenen Arbeiten kalkuliert hatte, weiterbeschäftigt hat, respektive, dass diese Arbeitskräfte während der geplanten Auftragszeit untätig blieben.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der gegenständlichen Liegenschaft derartige Geschäftstätigkeiten entfaltet, die eine unternehmerische Infrastruktur erfordern.“
Stattdessen werden von der Berufungswerberin folgende Ersatzfeststellungen begehrt:
„ Die klagende Partei hat die Arbeitskräfte, die sie für die ausgeschriebenen Arbeiten kalkuliert hatte, weiterbeschäftigt und blieben diese während der geplanten Auftragszeit untätig.“
Hilfsweise wird beantragt, folgende Negativfeststellung zu treffen: „ Es kann nicht festgestellt werden, ob die klagende Partei die Arbeitskräfte, die sie für die ausgeschriebenen Arbeiten kalkuliert hatte, weiterbeschäftigt hat, respektive, dass diese Arbeitskräfte während der geplanten Auftragszeit untätig blieben.“
Im Übrigen wird nachstehende Feststellung begehrt: „ Die Beklagte hat im Zusammenhang mit der gegenständlichen Liegenschaft derartige Geschäftstätigkeiten entfaltet, die eine unternehmerische Infrastruktur erfordern. Die beklagte Partei ist als Unternehmerin anzusehen und wäre zwischen den Streitparteien ein unternehmerisches Rechtsgeschäft abgeschlossen worden.“
Im Rahmen seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung hat das Erstgericht auf Seite 10 der Urteilsausfertigung im Detail ausgeführt, warum es zu den in der Berufung bekämpften Negativfeststellungen gekommen ist. Dem vermag die Berufung nichts Überzeugendes entgegenzuhalten, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 500a ZPO).
Wer sich auf die Unternehmensgemeinschaft beruft und daraus Rechtsfolgen ableiten will, hat die Voraussetzungen für ihr Vorliegen zu behaupten und beweisen (Straube in Straube, UGB I 4 § 1 Rz 46). Das Erstgericht hat darauf hingewiesen, dass Beweise für eine Unternehmereigenschaft der Beklagten nicht erbracht wurden. Im Übrigen kann selbst aus einer allfälligen Umsatzsteuerbefreiung der Beklagten nicht automatisch auf ihre Unternehmereigenschaft iSd UGB geschlossen werden. Die in verschiedenen Einzelgesetzen enthaltenen Begriffe des „Unternehmens“ bzw. des „Unternehmers“ decken sich nicht zwangsläufig mit jenem des UGB, sondern sind aus dem jeweiligen Gesetzeszweck abzuleiten (Straube aaO Rz 35). Letztlich kann die für die Höhe der Zinsen relevante Frage einer allfälligen Unternehmereigenschaft der Beklagten dahingestellt bleiben, weil bereits die Berechtigung der Hauptforderung verneint wird.
Auch der Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu.
Zur Frage der nicht ersparten Lohnkosten führt die Berufungswerberin aus, im Rahmen des einzusetzenden Materials differenziere das Erstgericht zutreffend zwischen den nicht aufgelaufenen Materialkosten und den Aufschlägen auf das Material und spreche diese Aufschläge auf das Material als nicht erspart im Umfang von EUR 13.353,90 zu. Im Bereich des Lohnanteils von gesamt netto EUR 55.983,03 nehme das Erstgericht allerdings diese Differenzierung nicht vor. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass sich die Klägerin tatsächlich die Lohnkosten erspart hätte, so hätte zumindest der Aufschlag für Geschäftsgemeinkosten, Bauzinsen, Wagnis und Gewinn im Umfang von netto EUR 10.257,46 (siehe dazu Seite 9 des schriftlichen Gutachtens ON 25, auf das sich auch das Erstgericht stütze) zugesprochen werden müssen. Diesen Aufschlag habe sich nämlich die klagende Partei auch nach den getroffenen Feststellungen jedenfalls nicht erspart.
Dazu wurde erwogen:
Die Beklagte unterliegt weder dem Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes noch anderer genereller vergaberechtlicher Normen.
Bereits in ihrem Schriftsatz vom 12.10.2011 (ON 13) hat die Nebenintervenientin darauf hingewiesen, dass die Beklagte keine öffentliche Auftraggeberin ist, daher auch nicht dem strengen Regime des Bundesvergabegesetzes unterliegt, weshalb auch kein Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses bestehe, solange ein Vertragsverhältnis nicht zustande gekommen sei. Hier sei weder ein Vertrag der klagenden Partei mit der Beklagten noch mit der Nebenintervenientin zustande gekommen. Wenn überhaupt, stehe ausschließlich eine Haftung aus culpa in contrahendo im Raum. Dabei werde grundsätzlich nur der Vertrauensschaden ersetzt. Gestehe man einem Bieter das Erfüllungsinteresse zu, so würde dies dazu führen, dass einen privaten Auftraggeber ein Vertragszwang treffe. Dies sei gesetzlich nicht gewollt. Der klagenden Partei stehe also nicht der Ersatz des Erfüllungsinteresses, sondern lediglich allenfalls der Ersatz des Vertrauensschadens zu.
Die ÖNORM A2050 ist nach allgemeiner Auffassung als „Selbstbindungsnorm“ anzusehen, deren Verletzung durch Vergeber daher nur im vorvertraglichen Schuldverhältnis nach den Grundsätzen der Haftung für culpa in contrahendo zur Schadenersatzverpflichtung des Vergebers führen könne (RIS-Justiz RS0070845).
Gegenstand des Vergaberechts sind Beschaffungsvorgänge des Staates im weitesten Sinn. Es muss eine „Einkaufssituation“ vorliegen, in der die öffentliche Hand (im weitesten Sinn) als Nachfrager auftritt (RIS-Justiz RS0123946).
Bei Verletzung vorvertraglicher Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit Ausschreibungen der öffentlichen Hand (Hervorhebung durch das Berufungsgericht) ist ausnahmsweise auch der Ersatz des Erfüllungsinteresses möglich, wenn ohne die Pflichtverletzung der Vertrag zustande gekommen wäre, dem Schadenersatz begehrenden Kläger also der Zuschlag hätte erteilt werden müssen (6 Ob 8/06d unter Verweis auf 1 Ob 539/88, 4 Ob 535/89 und 7 Ob 568/94).
Ausschreibungen privater Unternehmen dagegen, die dem Bundesvergabegesetz nicht unterstehen, sind ausschließlich privatrechtlicher Natur. Im privaten Vergaberecht hat man sich mit allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen zu begnügen. Das Bundesvergabegesetz hat nicht die normative Kraft, von sich aus den allgemeinen Privatrechtsbereich der Auftragsvergabe durch private Unternehmen zu prägen ( Krejci , Zur Auftragsvergabe durch private Unternehmen, bau aktuell 2011, 82 ff, insb. 85 und 88).
Bei Schadenersatzverpflichtungen aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis (culpa in contrahendo) ist der Vertrauensschaden (negatives Vertragsinteresse) zu ersetzen. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre. Nach dem Grad des Verschuldens ist entweder eigentliche Schadloshaltung oder auch der entgangene Gewinn zu ersetzen (RIS-Justiz RS0016374).
Die Grundsätze der Lehre von den vorvertraglichen Sorgfaltspflichten sind auch im Vergabeverfahren auf das Verhältnis zwischen Ausschreibendem und Bietern anzuwenden (RIS-Justiz RS0013934).
Der Bestbieter kann nicht auch den Zuschlag verlangen oder gar den zugeschlagenen Vertrag mit einem Dritten auflösen. Die Neigung des Obersten Gerichtshofs, dem Best- bzw Billigstbieter anstatt des Vertrauens- das Erfüllungsinteresse zuzugestehen, weist – um es mit Krejci , aaO 87 zu sagen – in zarten Ansätzen in die Richtung, dem Übergangenen den ihm vorenthaltenen Vertrag zukommen zu lassen. Dieses Ergebnis ist mit der Annahme, es liege eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten vor, unvereinbar. Darauf wurde von der Nebenintervenientin bereits in ihrem Schriftsatz ON 13 unter Bezugnahme auf Krejci hingewiesen. Eine Haftung aus culpa in contrahendo ziele allein auf den Ersatz des Vertrauensinteresses; das Erfüllungsinteresse setze entweder die Verletzung eines bestehenden Vertrages oder zumindest das Recht auf einen Vertragsabschluss voraus. Doch selbst wenn man einen Vergabevertrag (dazu Krejci aaO 86) annähme, sei dieser grundsätzlich nur darauf gerichtet, das Vergabeverfahren korrekt durchzuführen, nicht aber darauf, dem Best- oder Billigstbieter ein Recht auf Vertragsabschluss einzuräumen.
Von Heid , Vergabeverstoß: Ersatz des Erfüllungsinteresses!, ecolex 1995, 93 wird in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt: „ Wir sind gewohnt, dass bei der Verletzung einer Pflicht in contrahendo in der Regel bloß der Ersatz des Vertrauensschadens gebührt. Nur ausnahmsweise, wenn der Vertrag ohne Pflichtverletzung zustande gekommen wäre, soll der Geschädigte auch aus dem Titel der culpa in contrahendo sein Erfüllungsinteresse erhalten. Das für die Ausnahme von der Regel notwendige Kausalitätserfordernis ist aber von der Anwendbarkeit der culpa in contrahendo unabhängig und daher für alle Anspruchsgrundlagen verallgemeinerungsfähig. Es setzt aber, um erfüllt werden zu können, eine Pflicht zur Zuschlagserteilung an den Bestbieter voraus. Spricht man daher dem Bestbieter das positive Interesse zu, bejaht man notwendigerweise eine Stufe vorher einen den Vergeber treffenden Kontrahierungszwang. Diese logische Konsequenz muss man sich vor Augen halten, wenn man den Zuspruch des Nichterfüllungsschaden feiert.“
Nach Ansicht des Berufungsgerichtes sprechen diese Überlegungen dagegen, im Bereich der privaten Auftragsvergabe das Erfüllungsinteresse zuzugestehen.
Daraus folgt für den gegenständlichen Fall:
Der Einwendung der Nebenintervenientin, die diese bereits im Schriftsatz ON 13 gemacht hat, dass der klagenden Partei – wenn überhaupt – nur das Vertrauensinteresses zustehe, kommt Berechtigung zu. Trotz der entsprechenden Einwendung von Beklagtenseite bzw der auf deren Seite beigetretenen Nebenintervenientin hat die Klägerin keinen Vertrauensschaden geltend gemacht.
Hinsichtlich des Materialaufwandes hat ihr das Erstgericht unangefochten das Erfüllungsinteresse zugesprochen. Dem Begehren der Berufungswerberin, ihr auch hinsichtlich der Lohnkosten zumindest den Aufschlag für Geschäftsgemeinkosten, Bauzinsen, Wagnis und Gewinn im Umfang von netto EUR 10.257,46 zuzuerkennen, kommt daher keine Berechtigung zu.
Für einen Zuspruch des gesamten Lohnanteils in Höhe von EUR 55.983,03 bieten die erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen gerade keine Grundlage.
In Anbetracht des Umstandes, dass der klagenden Partei lediglich der Ersatz des Vertrauensschadens zustehen würde, sie einen solchen aber nicht geltend macht, erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob es sich bei dem Angebot der N***** GmbH überhaupt um ein Teilangebot handelt, oder ob es nach den Umständen dieses Einzelfalles doch zulässig war, auf der mit „Leistungsverzeichnis Schlosser“ überschriebenen Angebotsunterlage auch in erster Linie (neben der eine Loggia-Seitenverglasung im 1. Dachgeschoß betreffenden Position „LG 66“) die Schlosserarbeiten anzubieten (die diesbezüglichen Angebote bewegten sich etwa um 100.000,-- bis 180.000,-- Euro), während die gemeinsam mit diesen Schlosserarbeiten ausgeschriebenen Bauspenglerarbeiten betraglich nicht ins Gewicht fielen (die entsprechende Angebotsposition der klagenden Partei betrug lediglich EUR 3.679,77). Dies ist umso mehr fraglich, als der Zeuge DI ***** (ON 22 Seite 9) das Vorbringen der Nebenintervenientin bestätigt hat, dass dieser Teil der Bauspenglerarbeiten zweimal ausgeschrieben wurde, einmal bei den Bauspenglerarbeiten und andererseits auch bei den Schlosserarbeiten, weil der Schlosserbereich im Bereich Loggien ist und auch diese Teile der Spenglerarbeiten dort stattfinden sollten, und es nicht unüblich sei, dass hier Parallelausschreibungen erfolgten.
Es erübrigt sich aber auch darauf einzugehen, dass sowohl für den Ersatz des Vertrauens- als auch des Nichterfüllungsschadens die Unterscheidung zwischen erlittener Beschädigung und voller Genugtuung gilt, daher in beiden Fällen ein entgangener Gewinn nur bei grobem Verschulden zu ersetzen ist ( Koziol/Welser , Bürgerliches Recht 12 II 290).
Letztlich kann es auch dahingestellt bleiben, dass das Erstgericht den Umstand übersieht, dass die Allgemeinen Vertragsbestimmungen das speziellere Regelwerk sind, in dem nur nachrangig auf die ÖNORM A2050 verwiesen wird, wenn es argumentiert, der Punkt 00.1116 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen, wonach die ausgeschriebene Gesamtleistung in Teilleistungen getrennt zur Vergabe gelangen könne, widerspreche dem Punkt 4.10 der ÖNORM A2050, der festlege, dass ein bloßer Vorbehalt allfälliger Teilleistungsvergaben unzulässig sei.
Die Berufung weist zwar zutreffend darauf hin, dass das erstgerichtliche Urteil insofern widersprüchlich ist, als in den erstgerichtlichen Entscheidungsgründen (Seite 16 der Urteilsausfertigung) erwähnt wird, dass die klagende Partei Anspruch auf 4 % Zinseszinsen seit 21.4.2011 habe, wohingegen im Spruch des Ersturteils der entsprechende Zuspruch an Zinseszinsen nicht getätigt werde. Dem kommt aber im Hinblick auf die im Ergebnis unberechtigte Berufung keine Bedeutung zu. Unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist nur das im Punkt 1 des Spruchs des erstgerichtlichen Urteils Genannte. Das Berufungsgericht, das eine andere Rechtsansicht als das Erstgericht vertritt, ist aber nicht gehalten, Ansprüche oder Anspruchsteile zuzusprechen, die nach der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes gar nicht zustehen.
Soweit die Klägerin schließlich meint, das Erstgericht hätte basierend darauf, dass das gegenständliche Geschäft eine Vorbereitungshandlung gewesen sei, von einer Unternehmereigenschaft der Beklagten i.S.d. UGB ausgehen müssen, kann mit der Berufungsbeantwortung der Nebenintervenientin auf § 343 Abs 3 UGB hingewiesen werden, wonach Geschäfte, die eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebes ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür tätigt, noch nicht als unternehmensbezogene Geschäfte gelten ( Straube in Straube , WK UGB 4 § 1 Rz 27).
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO. Ein Streitgenossenzuschlag steht der Beklagten aber nicht zu, weil ihr Rechtsanwalt weder mehrere Personen vertritt noch mehreren Personen gegenübersteht.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.