34R63/14f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbildmarke STRETCHFLEX über die als Rekurs zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 27.8.2013, AM 3856/2012 5, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung
Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortbildmarke
in den Waren- und Dienstleistungsklassen
9 Unfall-, Strahlen- und Feuerschutzbekleidungsstücke; Unfallschutzhandschuhe; Schutzbekleidung für Forstarbeiter und Forstaufsicht; Sägeschutzbekleidung; Schutzhelme; Ar beits schutzbekleidung; Tiefkühlbekleidung; Hitzeschutzanzüge; Knieschützer für Arbeiter; Schutzmasken für Arbeiter; kugelsichere und stichfeste Westen; Mundschutz; Bekleidung zum Schutz vor Verkehrsunfällen; Rettungswesten; Schwimmwesten; elektrisch heizbare Socken; Taucheranzüge;
25 Ober- und Unterbekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder; Konfektionskleidung, Trikotbekleidung, Pullover, Sweater, Mäntel, Überzieher, Leibwäsche; Schuhe, Stiefel, Freizeitschuhe; Arbeitsschuhe, Arbeitssicherheitsschuhe; Alpinschuhe, Wanderschuhe, Winterstiefel, Schuhe und Stiefel aus Gummi, PVC oder geschäumten Materialien; Schuheinlagen (nicht für orthopädische Zwecke); Kopfbedeckungen, Hüte, Mützen; Gürtel; Handschuhe; Hemden; Jacken; Krawatten; Ohrenschützer, Stirnbänder; Schals, Socken, Strümpfe, Strumpfhosen; Regenbekleidung, Regenmäntel, Regenjacken, Regenhosen; Winterbekleidungsstücke; Wanderbekleidungsstücke; Bekleidung für Autofahrer, Motorradfahrer, Radfahrer und Biker; Trekkingbekleidung; Overalls; Pelerinen; Regenmäntel; schweißaufsaugende Unterbekleidungsstücke; Sportober- und -unterbekleidung; und
28 Schienbeinschutz, Knieschutz, Kopfschutz, Rückenschutz, Ellbogenschützer (jeweils als Sportausrüstung); Fecht-, Golf-, Box-, Baseball- und andere Sporthandschuhe; Klettergurte; Schutzpolster für Sportausrüstungen.
Sie vertrat die Auffassung, die angemeldete Marke sei eine reine Phantasiebezeichnung und enthalte keine ohne Wei teres erkennbare und verständliche beschreibende Sachangabe. Zudem sei zu Gunsten der Antragstellerin unter AT 238802 die reine Wortmarke STRETCHFLEX eingetragen; das Verkehrsverständnis habe sich seit dieser Registrierung wohl kaum geändert. Außerdem weise das angemeldete Zeichen einen zu sätz lichen Bildbestandteil auf.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patent amt die Eintragung der Marke zur Gänze ab, nachdem es der Antragstellerin zuvor Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, von der diese auch Gebrauch machte. „Stretch“ bedeute dehnbar und „flex“ sei nur eine Abkürzung für flexibel. Auch die grafische Gestaltung entspreche den bildlichen Darstellungen von Produkthinweisen und illustriere nur die Bedeutung des Wortbestandteils. Allfällige Vorregistrierungen seien irrelevant. Dem angemeldeten Zeichen fehle daher die Unterscheidungskraft.
Dagegen richtet sich die an die Rechtsmittelabteilung des Patentamts gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG). Beantragt wird, dem Antrag auf Eintragung des Zeichens in den beantragten Klassen stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
1.1. Ob einer Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung Unter scheidungskraft zukommt, ist wie bei beschreibungsver dächtigen Zeichen anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4 82; RIS-Justiz RS0079038). Diese Eigenschaft kommt einer Marke zu, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann und so die Ursprungsidentität garantiert, sodass die maßgeblichen Ver kehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit einer anderen betrieblichen Her kunft unterscheiden können (EuGH C 108/97 – Chiemsee ; C 104/00 P – Companyline ; C 398/08 – Vorsprung durch Technik; C 104/01 – Orange, Rn 62; EuG T 471/07 – Wella AG/HABM , Rn 15 mwN; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix) .
1.2. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungs hindernis be gründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OBm 3/12 – Lounge.at, unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11 – Starsat; OBm 1/13 – Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist: Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl EuGH C 104/01 – Orange , Rn 58 und 59; C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit) .
1.3. Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis feh lender Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schu macher, mar ken.schutz2 § 4 Rz 57). Die Eignung zur Erfüllung der Her kunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, mar ken.schutz2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; EuGH C 104/01 – Orange , Rn 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]).
1.4. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (EuGH C 304/06 – Eurohypo ; Newerkla in Kucsko/Schu macher, mar ken.schutz2 § 4 Rz 171 ff). Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (EuGH C 304/06 P – Eurohypo, Rn 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL (EuGH C 363/99 – Postkantoor, Rn 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OBm 10/09 – Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t – Express glass).
1.5. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen dann als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen ent halten, das heißt das Publikum muss sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (EuGH C 326/01 – Universaltelefonbuch , Rn 33 mwN; C 494/08 P – Pranahaus ; vgl zuletzt auch 4 Ob 11/14t – Express glass = RIS-Justiz RS0122383 [T1]; RS0117763, RS0066456, RS0066644).
1.6. Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; RS0090799, RS0066456; 4 Ob 116/03t – immofinanz; 17 Ob 27/07f – ländleimmo; OBm 1/12 – Die grüne Linie) .
Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, solange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt also ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder über die Beschaffenheit der Ware oder der Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at) .
Ist die angemeldete Marke mit anderen Worten nicht ge eignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, die Natur oder die Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – Atelier Prive ; OBm 2/13 – Primera ua; 4 Ob 66/02p – Cornetto).
1.7. Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50 – Merkur-Versicherungspass; ÖBl LS 01/175 – Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y – Summer Splash; 4 Ob 10/03d – More).
1.8. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).
Unterscheidungskraft fehlt hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 26/93 = ÖBl 1993, 99 – Smash; 4 Ob 158/05x – Steirerparkett). Dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge zumindest in einer der möglichen Bedeutungen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa EuGH C 191/01 – Doublemint, Rn 32; C 363/99 – Postkantoor, Rn 97; 4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387 – car care).
1.9. Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387 – car care; 4 Ob 28/06f – Firekiller; 17 Ob 21/07y – Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t – Express glass). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w – Powerfood; 4 Ob 28/06f – Firekiller; 4 Ob 38/06a – Shopping City). Englisch ist als wichtigste Handelssprache in Österreich die geläufigste Fremdsprache (Koppensteiner, Markenrecht4 84 mwN; RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 36/14v – selective/line).
1.10. Auch bei Bildmarken kommt es auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise an; einfachen geometrischen Figuren, Emoticons oder Satzzeichen kommt in der Regel keine Unterscheidungskraft zu (mit zahlreichen Beispielen Asperger in Kucsko/Schumacher, mar ken.schutz2 § 4 Rz 123 ff).
2. Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen. Das Rekursgericht hält die be kämpfte Begründung der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, sodass vorweg auf diese verwiesen werden kann (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
2.1. Die Unterscheidungskraft von Wortverbindungen hängt wie gesagt davon ab, ob die zu beurteilende Wortverbindung als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen oder seine wesentliche Merkmale wiederzugeben (ÖBl 2002/25 – Internetfactory). Die Verbindung von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist dann nicht rein beschreibend, wenn die der Struktur nach dadurch geschaffene ungewöhnliche Verbindung dieser Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Ware bzw das Unternehmen zu bezeichnen (ÖBl 2002/25 – Internetfactory ; 4 Ob 186/03m – djshop). Es sind nämlich sämtliche Bestandteile und diese als Ganzes zu betrachten (EuGH C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit , Rn 27 f; Koppensteiner, Markenrecht4 77 f mwN). Ein Wortzeichen kann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH C 191/01 P – Doublemint, Rn 32; C 265/00 – Biomild, Rn 38).
2.2. Die Schutzfähigkeit der zusammengesetzten Wortbildmarke STRETCHFLEX hängt somit zunächst davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als beschreibenden Hinweis auf die Waren des betreffenden Unternehmens verstehen (RIS-Justiz RS0109431). Enthält das Zeichen hingegen nur Andeutungen einer be stimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (RIS-Justiz RS0109431 [T3, T4: Internetfactory]; MR 1999, 354 – Wirtschaftswoche; ÖBl LS 01/20 – E MED ; 4 Ob 237/01h = wbl 2002, 182 – drivecompany; Om 4/01 – Holztherm; Om 7/01 – DERMACURE).
2.3. STRETCH ist als Nomen ein mittlerweile im Deutschen gängig verwendeter Anglizismus und bedeutet „sehr elas tisches Gewebe“ (http://www.du den.de/recht schrei bung/Stretch; abgefragt am 28.7.2014).
Flexibel ist als Adjektiv gleichbedeutend mit zB „bieg sam, elastisch“ und „anpassungsfähig“ (http://www.du den.de/recht schrei bung/fle xi bel; abgefragt am 28.7.2014).
Dass das Publikum bei den in der Anmeldung bezeichneten Waren, im Wesentlichen Textilien, an ein Heimwerkergerät denken wird, das als „Flex“ bekannt ist, liegt entgegen dem Beschwerdevorbringen über haupt nicht nahe und führt daher nicht vom Ver ständnis eines (sehr) elastischen oder dehnbaren Gewebes weg. Denn schon vor mehr als 40 Jahren war die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts der Auffassung, dass „flex“ mit dem Wort „flexibel“ in Zusammenhang gebracht werden kann (RIS-Justiz RS0105834 = ÖBl 1972, 146). Dass sich die Sprache im Laufe der Zeit wandelt und daher Begriffe, die zunächst noch nicht allgemein verstanden werden, in den allgemeinen Sprachgebrauch Eingang gefunden haben, ist ein Phä nomen, das immer wieder sowohl Anglizismen als auch Abkürzungen betrifft. In diesem Zusammenhang hat die Behörde erster In stanz bereits aus der jüngeren (europäischen) Rechtsprechung Beispiele genannt, aus denen sich ergibt, dass FLEX als Abkürzung für flexibel verstanden wird (ergänzend zur im Amtsschreiben vom 22.5.2013 zitierten Judikatur etwa auch EuG T 10/03 – Conforflex, Rn 45, 48 und 56 [Widerspruchsver fahren]).
Der Textteil des angemeldeten Zeichens ist daher bei grammatikalischer Betrachtung tatsächlich eine Tautologie, bedeutet er doch sinngemäß flexibler, sehr elastischer Stoff. Die von der Rechtsmittelwerberin monierte Phantasiehaftigkeit, die daraus resultieren soll, dass dem Nomen STRETCH das abgekürzte Adjektiv FLEX nachgestellt wird, vermag das Rekursgericht eben sowenig zu erkennen wie das Patentamt. Abgesehen davon könnte FLEX genauso gut als Abkürzung für „Flexibilität“ verstanden werden, sodass in der beantragten Marke ein in durchaus üblicher Form gebildetes zusammengesetztes Nomen gesehen werden kann (vgl EuG T 171/11 – Clampflex, Rn 29 f). Überspitzt formuliert: „weißer Schimmel“ ist genauso wenig vage wie „Schimmel in Weiß“.
Von einer lexikalischen Erfindung eines Gesamtzeichens im Sinne einer ungewöhnlichen Wortverbindung (siehe EuGH C 383/99, ÖBl 2002, 43 – Baby Dry) kann entgegen dem Rechtsmittelvorbringen daher keine Rede sein. Damit scheint der Wortteil, der von den in der Anmeldung beanspruchten Waren nicht isoliert betrachtet werden darf, aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise nicht geeignet, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Ware zu garantieren. Die angesprochenen Fachkreise und Verbraucher werden den Textteil daher ausschließlich als Sachhinweis darauf verstehen, dass die beantragten Textilien aus Stretch(stoff) bestehen und daher flexibel, also elastisch sind.
2.4. Bei der Gesamtbetrachtung ist auch der Bildteil des angemeldeten Zeichens angemessen zu be achten. Auch wenn seine verbale Beschreibung in der Be schwer de (als halbierter, auf der Schnittfläche liegender Zylinder, über dem eine Stoffbahn liegt, von deren Enden zwei Pfeile in entgegen gesetzte Richtungen wegweisen) zutrifft, so ist (auch hier) die Frage der Unterscheidungskraft nicht abstrakt, sondern konkret nach dem angemeldeten Warenverzeichnis zu be urteilen. Wenn daher das Patentamt bei seiner Bewertung auf durchaus ähnlich gestaltete, allgemein geläufige Piktogramme gerade im Bereich der Kennzeichnung von Textileigenschaften hinweist und seiner Entscheidung zugrunde legt, ist dies angesichts des zur Anmeldung gebrachten Sortiments, das im We sent lichen aus allerlei Oberbekleidungsstücken besteht, im Hinblick auf die im Ein tragungsverfahren anzustellende Prog nose über das Ver ständnis der angesprochenen Ver kehrskreise richtig: Das Rekursgericht teilt daher die Ein schätzung, dass es sich dabei um kein originelles, das heißt in den zu beurteilenden Warenkategorien besonders ungewöhnliches Ge staltungsbild mit besonderem Erinnerungs wert handelt, sondern um eine geradezu typisch ausgestaltete Darstellung einer Gewebeeigenschaft. Auch die grafischen Elemente können folglich nicht die Herkunftsfunktion einer Marke erfüllen.
2.5. Maßgeblich ist daher, welche Bedeutung das Publikum dem vom Antragsteller unter dem Zeichen angebotenen Waren- und Dienstleistungssortiment beimisst, für das es sich interessiert. Das Rekursgericht ist im Einklang mit der Argumentation des Patentamts der Auffassung, dass die angesprochenen Verkehrskreise nach der im Eintragungsverfahren anzustellenden Prog nose ohne weiteres, das heißt ohne längeren Denkprozess und ohne Unklarheiten, die dominierende Wortbildung und das Bildelement als Hinweis auf auf dehnbaren und elastischen Stoff verstehen werden (EuGH C 92/10 P – Best Buy, Rn 51 ff).
Die aus jeweils nicht kennzeichnungskräftigen Wort- und Bildbestandteilen zusam men gesetzte Marke STRETCHFLEX enthält damit auch in ihrer Gesamtheit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer Bestandteile hinausgeht (zu dieser Prüfung vgl etwa EuGH C 37/06 P – BioID, Rn 29 und 34); es fehlt ihr an Unterscheidungskraft.
2.6. Zum weiteren Argument der Rechtsmittelwerberin, dass es eine Vorregistrierung der (reinen) Wortmarke STRETCHFLEX zu ihren Gunsten gebe, ist anzumerken, dass eine prä judizielle Bindung zu verneinen ist (4 Ob 11/14t – Jimi Hendrix; RIS-Justiz RS0125405; EuGH C 37/03 P – BioID, Rn 47; EuGH C 39/08 – Schwabenpost, Rn 39; vgl auch Asperger in Kucsko/Schumacher, mar ken.schutz2 § 4 Rz 75 ff mwN; Koppensteiner, Markenrecht4 70).
3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Ein zelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.