JudikaturOLG Wien

34R85/14s – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
02. September 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke HAUPTUNTERSUCHUNGS ADAPTER über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 10.2.2014, AM 978/2013 6, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

1.1 Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke

HAUPTUNTERSUCHUNGS ADAPTER

für die Warenklasse 9 (Messgeräte; Messinstrumente; elektrische, elektronische oder digitale Mess- und Prüfgeräte; Analysegeräte, nicht für medizinische Zwecke; Prüfstände; Prüfgeräte für diagnostische Zwecke, ausgenommen medizinische Diagnosezwecke; tragbare Mess- und Prüfgeräte; vorstehend genannte Geräte, Instrumente und Apparate auch mit Fernsteuerung und/oder Fernablesung; Fernsteuerungsgeräte; Fernbedienungen; Computersoftware zum Betrieb vorstehend genannter Geräte, Instrumente und Apparate; Computersoftware zur Verwendung für Fernablesungen an Messgeräten).

1.2 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patent amt den Antrag zur Gänze ab, nachdem es der Antragstellerin zuvor Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, von der diese auch Gebrauch gemacht hatte.

Der Marke fehle die Unterscheidungskraft, weil beide Markenteile in ihrer Bedeutung allgemein bekannt seien.

1.3 Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin. Beantragt wird, dem Antrag auf Eintragung des Zeichens stattzugeben; in eventu die Entscheidung aufzuheben und dem Patentamt die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

2. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

2.1 Ob einer Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung Unter scheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4, 82; RIS-Justiz RS0079038). Diese Eigenschaft kommt einer Marke zu, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann und so die Ursprungsidentität garantiert, sodass die maßgeblichen Ver kehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit einer anderen betrieblichen Her kunft unterscheiden können (EuGH C 108/97 – Chiemsee; C 104/00 P – Companyline; C 398/08 – Vorsprung durch Technik; C 104/01 – Orange, Rn 62; EuG T 471/07 – Wella AG/HABM, Rn 15 mwN; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix).

2.2 Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungs hindernis be gründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OBm 3/12 – Lounge.at, unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11 – Starsat; OBm 1/13 – Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist: Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl EuGH C 104/01 – Orange, Rn 58 und 59; C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

2.3 Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis feh lender Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schu macher, mar ken.schutz2 § 4 Rz 57). Die Eignung zur Erfüllung der Her kunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, mar ken.schutz2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; EuGH C 104/01 – Orange , Rn 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]).

2.4 Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (EuGH C 304/06 – Eurohypo ; Newerkla in Kucsko/Schu macher, mar ken.schutz2 § 4 Rz 171 ff). Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (EuGH C 304/06 P – Eurohypo, Rn 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL (EuGH C 363/99 – Postkantoor, Rn 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OBm 10/09 – Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t Express glass).

2.5 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen dann als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen ent halten, wenn das Publikum also sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen kann (EuGH C 326/01 – Universaltelefonbuch , Rn 33 mwN; C 494/08 P – Pranahaus ; vgl zuletzt auch 4 Ob 11/14t – Express glass = RIS-Justiz RS0122383 [T1]; RS0117763, RS0066456, RS0066644).

2.6 Enthält das Zeichen jedoch nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; RS0090799, RS0066456; 4 Ob 116/03t – immofinanz; 17 Ob 27/07f – ländleimmo; OBm 1/12 – Die grüne Linie) .

Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, solange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu be zeichnen. Stellt also ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at) .

Ist die angemeldete Marke – mit anderen Worten ausgedrückt – nicht ge eignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, die Natur oder die Beschaffenheit der Waren oder der Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – Atelier Prive ; OBm 2/13 – Primera ua; 4 Ob 66/02p – Cornetto).

2.7 So wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50 – Merkur-Versicherungspass; ÖBl-LS 01/175 – Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y – Summer Splash; 4 Ob 10/03d – More).

2.8 Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder solche Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).

Unterscheidungskraft fehlt hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 26/93 = ÖBl 1993, 99 – Smash; 4 Ob 158/05x – Steirerparkett). Dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge zumindest in einer der möglichen Bedeutungen einen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa EuGH C 191/01 – Doublemint, Rn 32; C 363/99 – Postkantoor, Rn 97; C 104/00 P – Companyline, Rn 21; 4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387 – car care).

2.9 Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken sind nach den selben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RIS-Justiz RS0122385 [T1]). Sie sind dann nicht schutz fähig, wenn der Satz oder Satzteil nur eine beschreibende Aussage über die Ware oder Dienstleistung enthält (17 Ob 21/11d – echte Berge: als Synonym für prächtige, hohe Berge nicht unterscheidungskräftig). Anderes gilt, wenn die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthält (OBm 1/12 – Die grüne Linie mwN; 17 Ob 15/07s – we will rock you: unterscheidungskräftig für Ton- und Videoaufzeichnungen; VwGH 2009/03/0020 – Doc around the clock: unterscheidungskräftig für ärztliche Dienstleistungen).

3. Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft ab zu sprechen.

Die Unterscheidungskraft von Wortverbindungen hängt wie ausgeführt davon ab, ob die zu beurteilende Wortverbindung als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Ware oder das Unter nehmen zu bezeichnen oder seine wesentlichen Merkmale wiederzugeben (ÖBl 2002/25 – Internetfactory). Die Verbindung von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist dann nicht rein beschreibend, wenn die dadurch der Struktur nach geschaffene ungewöhnliche Verbindung dieser Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen (ÖBl 2002/25 – Internetfactory ; 4 Ob 186/03m – djshop). Es sind nämlich sämtliche Bestandteile und diese als Ganzes zu betrachten (EuGH C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit , Rn 27 f; Koppensteiner, Markenrecht 4 , 77 f mwN). Ein Wortzeichen kann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH C 191/01 P – Doublemint, Rn 32; C 265/00 – Biomild, Rn 38).

3.1 Dem Patentamt ist zuzustimmen, dass das Wort „Adapter“ eine allgemein bekannte Bedeutung hat und ein Gerät bezeichnet, das nötig ist, um Gegenstände zum Funktionieren miteinander zu verbinden, die ohne Adapter nicht zusammenpassen würden. Als Beispiele sind Adapter zum Verbinden von Fotoapparaten und Objektiven zu nennen oder solche zum Verbinden von Steckdosen und Kabelsteckern. Auch für die Verbindung von allen möglichen externen Geräten (mit unterschiedlichen Steckverbindungen) und Computern werden Adapter verwendet. Das Wort kommt vom ebenfalls bekannten „adaptieren“ mit der Bedeutung „anpassen“.

Zu prüfen ist daher, ob dem Wort „Adapter“ durch das vorangestellte Wort „Hauptuntersuchungs“ eine Bededutung zukommen kann, die nicht mehr ohne weitere Überlegung verstanden wird, das heißt ob damit von der Bedeutung von „Adapter“ weggeführt wird. Dazu ist voranzustellen, dass die Endung –s in „Hauptuntersuchungs“ darauf hindeutet, dass die Wortkombination die selbe Bedeutung hat, wie wenn es sich um das zusammengesetzte Hauptwort „Hauptuntersuchungsadapter“ mit dem Grundwort „Adapter“ handelte. Auch die Auseinanderschreibung ändert nichts daran, dass „Adapter“ als das Grundwort verstanden wird, sodass immer „ein Adapter für die/eine Hauptuntersuchung“ gemeint wird.

Dabei tritt die vom Patentamt thematisierte Frage in den Hintergrund, ob in Österreich der Begriff „Hauptuntersuchung“ als technisch-juristischer Begriff für die regelmäßige KFZ-Untersuchung (umgangssprachlich „TÜV-Überprüfung“ oder in Österreich als „Pickerl“ bezeichnet) verstanden wird. Klar ist, dass das Wort „Hauptuntersuchung“ jedenfalls als eine „Untersuchung“ verstanden wird; auch dieses Wort hat eine klare Bedeutung, von der weder die Kombination mit „Adapter“ noch die Voranstellung von „Haupt–“ wegführt. Wenn schon nicht die einschlägige Bedeutung (nach § 29 dt. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) verstanden wird, so jedenfalls eine besonders wichtige Untersuchung. Der Wortteil „Haupt–“ wird im Sinne von „Hauptstadt“ oder von „Hauptvorkommen“ verstanden (und nicht als das Substantiv „das Haupt“).

Zwanglos werden die beteiligten Verkehrskreise unter der beantragten Marke einen Adapter für eine wichtige Untersuchung verstehen; dieses Zeichen hat daher auch dann einen rein beschreibenden Charakter, wenn die spezielle Bedeutung von „Hauptuntersuchung“ unbekannt ist.

3.2 Die Antragstellerin trägt im Rekurs auch vor, dass das beantragte Warensortiment keinen „Adapter“ im oben beschriebenen Sinn enthält, sondern im Wesentlichen Messgeräte. Nach der Einschätzung des Rekursgerichts ändert das am Gesamteindruck nichts, denn auch die beschriebenen Mess- und Analysegeräte werden nach der verbreiteten Verkehrsauffassung nur funktionieren, wenn sie (ferngesteuert oder nicht) mit dem Objekt der Messung passend verbunden werden können; anders können die zu messenden Daten nicht ausgelesen werden. Auf eine körperliche Verbindung wird es dabei nicht ankommen, denn auch eine reine Datenverbindung wäre eine Verbindung, die zum Funktionieren des Zusammenpassens bedarf. Dieses Pass-Erfordernis führt wieder zum „adaptieren“ = „anpassen“, wofür man einen „Adapter“ braucht.

Die Entscheidung des Patentamts bedarf daher keiner Korrektur.

4. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Ein zelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

Rückverweise