JudikaturOLG Wien

Ds6/13 – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. August 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte durch die Senatspräsidentin Dr. Habl als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Dr. Strauss und die Senatspräsidentin Dr. Stöger-Hildbrand als weitere Senatsmitglieder in nichtöffentlicher Sitzung in der Disziplinarsache gegen den Richter des *****gerichtes ***** ***** wegen Verletzung der allgemeinen Pflichten nach § 57 Abs 1 RStDG den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

***** hat als Richter des *****gerichtes ***** dadurch gegen die im § 57 Abs 1 RStDG normierten Pflichten, die in der Republik Österreich geltende Rechtsordnung unverbrüchlich zu beachten, sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen, die Pflichten seines Amtes gewissenhaft, unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen und die ihm übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen, verstoßen, dass er

1.) in den Verfahren ***** Ha ***** und ***** Ha ***** je des *****gerichtes ***** die ihm obliegende Entscheidung über die Zulässigkeit einer Freiheitsbeschränkung dadurch enorm verzögert hat, dass er nicht nur die mündliche Verhandlung nicht innerhalb der im § 13 Abs 1 des Bundesgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit während des Aufenthalts in Heimen und anderen Pflege- und Betreuungseinrichtungen (Heimaufenthaltsgesetz – HeimAufG) festgelegten 14-Tagesfrist anberaumt, sondern schon den Beschluss über die Bestellung der diesem Verfahren (nach § 14 Abs 3 HeimAufG) beizuziehenden Sachverständigen verspätet und ohne Fristsetzung, ja ohne jeglichen Hinweis auf die besondere Dringlichkeit der Rechtssache erlassen hat und

2.) in den Aufteilungsverfahren ***** Fam ***** und ***** ***** C ***** sowie im Ehescheidungsverfahren ***** ***** C 2***** jeweils des *****gerichtes ***** erhebliche Ausfertigungsverzögerungen zu verantworten hat.

***** hat hiedurch mit Rücksicht auf die Art und Schwere der Verfehlungen und deren Wiederholung ein Dienstvergehen im Sinne des § 101 Abs 1 RStDG begangen.

Es wird über ihn hiefür gemäß § 110 Abs 2 RStDG iVm § 104 Abs 1 lit a RStDG die Disziplinarstrafe des

Verweises

verhängt.

Text

B e g r ü n d u n g :

Der am ***** geborene Disziplinarbeschuldigte wurde nach Ablegung der Richteramtsprüfung mit sehr gutem Erfolg mit Wirksamkeit vom *****1992 auf eine Planstelle eines Richters des *****gerichtes ***** in der Gehaltsgruppe I ernannt. Nach einer Dienstbeschreibung vom *****1992 auf „gut“ lautet seine letzte Dienstbeschreibung vom ***** 1994 auf „sehr gut“. Nach einem Auszug aus dem Bericht über die letzte Regelrevision des *****gerichtes ***** (Jv 13.231-17a/06 des OLG *****) zeichnen ihn sein besonderer Fleiß, sein – auf seine körperlichen Einschränkungen infolge eines Unfalls nicht bedachtnehmender - „kontinuierlich“ hoher Arbeitseinsatz und seine ruhige besonnene Art des Umgangs mit den Parteien aus. Seine Geduld bei immer neuen Vorbringen und Beweisanboten und sein Bestreben in sachlicher Hinsicht alles auszuloten, führt dann immer wieder zu langwierigen Verfahren. Die Durchführung eines vormals strukturierten Verfahrens ist eher zweitrangig. Auch die Finalisierung durch die Ausfertigung der Urteile lässt zuweilen den nötigen Nachdruck vermissen. Dabei geht es ihm aber stets ausschließlich um die Sache, die er im Interesse der Parteien einer Lösung zuführen möchte, was auch aus den umfangreichen Protokollierungen deutlich wird.

Aufgrund der Disziplinaranzeige des Präsidenten des Oberlandesgerichtes ***** vom 14.10.2013, 1 Jv 477/13x-17d, beantragte der Disziplinaranwalt der Oberstaatsanwaltschaft ***** am 10.12.2013 gegen ***** die Disziplinaruntersuchung gemäß § 123 Abs 1 RStDG wegen § 57 Abs 1 RStDG einzuleiten,

woraufhin das Disziplinargericht mit Beschluss vom 10. Jänner 2014 gegen ***** die Disziplinaruntersuchung wie beantragt einleitete (ON 3).

Der Disziplinarbeschuldigte wurde vom Untersuchungskommissär am 20. Februar 2014 und am 23.6.2014 – zu den Fakten einer Nachtragsanzeige vom 1.4.2014, Jv 2088/14i-17d des OLG ***** – vernommen.

Rechtliche Beurteilung

Zu den Pflichtverletzungen im Einzelnen:

ad 1.) Im Verfahren ***** Ha *************** des *****gerichtes ***** betreffend die Bewohnerin J***** G***** führte ***** zwar aufgrund eines Antrags auf gerichtliche Überprüfung der medikamentös bewirkten Freiheitsbeschränkung der Betroffenen nach § 11 HeimAufG eine Anhörung durch und erklärte die Freiheitsbeschränkung für vorläufig zulässig, bestellte jedoch entgegen der im § 13 Abs 1 HeimAufG normierten Verpflichtungen die mündliche Verhandlung anzuberaumen, die spätestens innerhalb von 14 Tagen nach der Anhörung stattzufinden hat, daher spätestens am 24. Juni 2013 stattfinden hätte müssen, erst am 9. Juli 2013 einen Sachverständigen mit dem Ersuchen, nach Befundaufnahme ein Gutachten darüber zu erstatten, inwieweit bei J***** G***** die Vornahme einer medikamentösen Freiheitsbeschränkung geboten erscheine. In diesem Beschluss unterließ er nicht nur die Setzung einer Frist, sondern jeglichen Hinweis auf die besondere Dringlichkeit der Rechtssache.

Im Verfahren ***** Ha ***** des *****gerichtes ***** betreffend die Bewohnerin M***** L***** (geboren am 11.7.1924, verstorben am 29.5.2013 noch während des laufenden Verfahrens) führte ***** als zuständiger Richter zwar am 22. März 2012 eine Erstanhörung durch. Dabei beschloss er die Unterbrechung des Verfahrens zur Abklärung der Frage, ob die Einrichtung „betreutes Wohnen D*****“ (überhaupt) dem HeimAufG unterliegt. Am 9. Juli 2012 stellte Dr. ***** als Erstrichter eine auf diese Frage bezogene aufhebende Rechtsmittelentscheidung des Landesgerichtes ***** zu und nahm am 23. Juli 2012 mit I***** D*****, der Betreiberin der Einrichtung und deren rechtsfreundlichem Vertreter Dr. ***** ein Protokoll auf, das er der Bewohnervertreterin übersandte. Erst am 16. August 2012 bestellte ***** ebenfalls ohne Setzung einer Frist und ohne Hinweis auf die Dringlichkeit der Rechtssache eine Sachverständige mit dem Ersuchen, Befund und Gutachten darüber zu erstatten, inwieweit die Freiheitsbeschränkung geboten erscheine. Am selben Tag stellte die Betreiberin der Einrichtung ihrerseits einen Antrag auf Zurückweisung des gestellten Überprüfungsantrags unter Hinweis darauf, dass auf ihre Einrichtung nicht das HeimAufG anzuwenden sei. Am 19. November 2012 bestellte Dr. ***** letztlich F***** K***** mit dem inhaltsgleichen Auftrag zum Sachverständigen, ohne wiederum eine Frist zu setzen oder einen Hinweis auf die Dringlichkeit der Rechtssache anzubringen. Am 25. Februar 2013 langte das Gutachten des Sachverständigen beim *****gericht ***** ein. Erst am 21. März 2013 verfügte ***** die Ladung der Betroffenen zur mündlichen Verhandlung am 10. April 2013. In dieser fasste er den Beschluss, dass die Freiheitsbeschränkung der M***** L***** in Form des Hinderns am Aufstehen aus dem Rollstuhl mittels Beckengurts, des Verlassenes des Bettes mittels Seitenteils und Schlafsacks unzulässig sei. M***** L***** verstarb am 29. Mai 2013. Das Verfahren befindet sich nach einer neuerlichen Aufhebung im dritten Rechtsgang.

*****, der beim *****gericht ***** seit Jahren nicht nur insbesonders für familienrechtliche Streitsachen, außerstreitige Eheangelegenheiten, Pflegschafts- und Sachwalterschaftssachen, sondern auch für die Bearbeitung von Anträgen nach dem Heimaufenthaltsgesetz zuständig ist, hat es bei seiner Vorgehensweise in den beiden obgenannten Verfahren ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dadurch gegen seine Verpflichtung zur Erledigung seiner Amtsgeschäfte so rasch wie möglich verstoßen zu haben.

ad 2.) Im Aufteilungsverfahren ***** Fam ***** des *****gerichtes ***** hat ***** in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10. Oktober 2012 die Verhandlung geschlossen und bekanntgegeben, dass die Entscheidung schriftlich ergehen werde. Anfang 2013 teilte ihm die Vertreterin einer der Parteien (mündlich) mit, dass Vergleichsgespräche geführt würden, was sie mit Schriftsatz vom 5. Juli 2013 bestätigt. Am 9. Dezember 2013 wurde weiters mitgeteilt, dass die Vergleichsgespräche gescheitert seien. Erst am 26. Februar 2014 fertigte Dr. ***** den verfahrensbeendenden Beschluss aus.

Daher war die Beschlussausfertigung schon bei der ersten, bloß mündlichen Mitteilung über die Vergleichsgespräche bereits drei Monate lang offen. Auch in der Folge wurde keine der prozessualen Möglichkeiten, ein Zuwarten im Einvernehmen mit den Parteien zu sanktionieren (Ruhen des Verfahrens, etwa nach der Neuausschreibung einer Verhandlung gemäß § 28 AußStrG oder Innehalten gemäß § 29 AußStrG) ergriffen. Der Beschluss wurde letztlich erst 16 ½ Monate nach der letzten Verhandlung ausgefertigt.

Auch im Aufteilungsverfahren ***** C ***** des *****gerichtes ***** wurde die Verhandlung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 9. April 2013 geschlossen und die Entscheidung nach Einlangen von Unterlagen mit einer Präklusionsfrist von drei Wochen angekündigt. Die letzte erstinstanzliche Entscheidung des Disziplinarbeschuldigten erging dort laut Jv-Register am 26.3.2014.

Im Ehescheidungsverfahren ***** C ***** wurde die Verhandlung am 15. Mai 2013 geschlossen, das Protokoll bis zum 28. Mai 2013 übertragen und das Urteil erst am 28. Februar 2014, also nach neun Monaten der Geschäftsabteilung zur Abfertigung übergeben.

Auch hinsichtlich der beiden Aufteilungsverfahren ***** Fam ***** und ***** C ***** und des Ehescheidungsverfahrens ***** C *****, jeweils des *****gerichtes *****, nahm ***** billigend in Kauf, durch seine Untätigkeit gegen seine Verpflichtung, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen, zu verstoßen.

Zu den Verfahren nach dem Heimaufenthaltsgesetz verantwortete sich der Disziplinarbeschuldigte dahin, dass es schwer sei, entsprechende Sachverständige zu finden, richtig sei aber, dass er weder seine Telefonate mit anderen Sachverständigen, noch seine Urgenztelefonate in Aktenvermerken festgehalten habe. Im Fall L***** sei nach wie vor die Anwendbarkeit des Heimaufenthaltsgesetzes strittig.

Wenn er vermeint, die zeitlichen Verzögerungen seien unter anderem auf Probleme, einen geeigneten Sachverständigen zu finden, zurückzuführen, ist darauf zu verweisen, dass in der Gerichtssachverständigenliste alleine im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen ***** 13 Sachverständige für das Fachgebiet Neurologie aufscheinen, wovon darüber hinaus 10 als Fachgebiet Psychiatrie aufweisen. Für das Fachgebiet Gesundheits- und Krankenpflege sind 24 Sachverständige erfasst. Der Leiter, der mit der Überprüfung der Vorkommnisse zunächst betrauten Justiz-Ombudsstelle hielt nach der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten mit einem Richter des *****gerichtes ***** Rücksprache, der einerseits die Schwierigkeiten, die die gesetzlichen Fristen mit sich brächten bestätigte, andererseits jedoch ausführte, dass die Fristen bei effizienter Arbeitsweise einhaltbar seien. Trotz Urlaubszeit und unter Berücksichtigung der schlechten Ausgangslage bei anderen *****gerichten sei ihm eine mehrmonatige Verzögerung nicht nachvollziehbar (ON 11 und 19 im Akt AZ 1 Jv 6903/13a-08a des Oberlandesgerichtes *****).

Die zugestandenen Erledigungsverzögerungen in den Aufteilungsverfahren ***** Fam ***** und ***** C ***** sowie im Ehescheidungsverfahren ***** C ***** begründete ***** mit seiner hohen Arbeitsbelastung und dem Umfang und der Komplexität der gegenständlichen Verfahren. Im inkriminierten Ehescheidungsverfahren habe er mit der Ausfertigung des Urteils zugewartet, um der misshandelten Ehegattin Zeit für das nach Rechtskraft der Scheidung zu erwartende Aufteilungsverfahren zu geben, damit sie inzwischen ihre Gesundheit stabilisieren und Geld für die Auszahlung ihres geschiedenen Ehegatten auftreiben könne. Er habe nach Schluss der Verhandlung im Scheidungsverfahren gehofft, dass die Ehefrau möglicherweise doch einen Job findet, damit sie ihre Ausgleichszahlung leisten könne. Die Alternative wäre nämlich gewesen, dass das Haus versteigert wird und sie und ihre Kinder die Wohnmöglichkeit verlören. Diese Erwartung oder Annahme habe sich dann nicht erfüllt, sodass der Erstrichter das Urteil ausgefertigt habe.

Die Vorsteherin des *****gerichtes ***** hielt in einem Bericht an den Präsidenten des OLG ***** (vom 20. März 2014, Beilage zu ON 7) fest, dass ***** an sich zuverlässig und engagiert arbeitet. Verzögerungen seien nicht auf Arbeitsunwilligkeit, Gleichgültigkeit oder Schlamperei zurückzuführen, sondern vielmehr darauf, dass er – manchmal überbordend und geleitet von einem Ausmaß an Empathie, das geradezu geeignet sei, der Urteilsfindung im Weg zu stehen – regelmäßig die zukünftigen sozialen Auswirkungen seiner Entscheidungen auf die Parteien reflektiert, wovon er sich in manchmal geradezu dickköpfiger Weise nicht abbringen ließe.

Aufgrund dieser Ausführungen im Zusammenhalt mit den Einlassungen des Disziplinarbeschuldigten zu den jeweiligen Verfahrensverzögerungen ergaben sich die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite.

Die gesetzlichen Bestimmungen des Heimaufenthaltsgesetzes waren ***** bekannt. Danach hat sich das Gericht binnen 7 Tagen nach Einlangen des Antrags auf gerichtliche Überprüfung der Freiheitsbeschränkung einen persönlichen Eindruck vom Bewohner in der Einrichtung zu verschaffen (§ 12 Abs 1 HeimAufG). Gemäß Abs 2 leg.cit. kann es die Anhörung mit einer mündlichen Verhandlung verbinden. Ist eine derartige Verbindung nicht erfolgt, hat das Gericht am Schluss der Anhörung über die vorläufige Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung zu entscheiden. Liegen seines Erachtens die Voraussetzungen der Freiheitsbeschränkung vor, ist diese vorläufig für zulässig zu erklären und eine Verhandlung anzuberaumen, welche spätestens innerhalb von 14 Tagen nach der Anhörung stattzufinden hat (§ 13 Abs 1 HeimAufG). Zur genannten mündlichen Verhandlung ist gemäß § 14 Abs 3 HeimAufG ein nicht der Einrichtung angehörender und von dieser unabhängiger Sachverständiger beizuziehen. Am Schluss der mündlichen Verhandlung hat das Gericht sodann über die Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung zu entscheiden (§ 15 Abs 1 HeimAufG).

Die zeitliche Abwicklung der fallgegenständlichen Heimaufhaltesachen der M***** L***** und der J***** G***** durch ***** ist weder mit den gesetzlichen Vorgaben, noch mit dem Interesse der Betroffenen in Einklang zu bringen, stehen doch gerade die Freiheitsrechte von Menschen in Alten- und Pflegeheimen sowie vergleichbaren Einrichtungen unter dem besonderen Schutz der Gesetze. Freiheitsbeschränkende Maßnahmen sind nur ausnahmsweise und lediglich dann zulässig, wenn sie aufgrund des Zustandes des Betroffenen unerlässlich sind. Im Zweifel kommt seinen Freiheitsrechten der Vorrang zu. Durch das Heimaufhaltegesetz wird eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende, effiziente und tatsächlich zugängliche gerichtliche Überprüfung vorgesehen. Den betroffenen Menschen sollen kraft Gesetzes fachkundige Vertreter zur Seite gestellt werden, die ihr Interesse im gerichtlichen Verfahren und dem Träger der Einrichtung gegenüber wahrnehmen. § 2 Abs 1 HeimAufG führt Einrichtungen an, auf welche das genannte Gesetz anzuwenden ist. Darunter fallen auch Einrichtungen, in welchen wenigstens drei psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen ständig betreut oder gepflegt werden können. Dem Wortlaut der genannten Bestimmung zufolge kommt es nicht darauf an, ob sich auch tatsächlich drei oder mehr Personen in Pflege befinden. ***** hätte sich durch Erkundigungen vor Ort, wie auch Inaugenscheinnahme der Einrichtung ein Bild von den tatsächlichen Gegebenheiten machen können und sollen, ist doch besonderes Augenmerk auf den Vorrang der Freiheitsrechte und das darauf resultierende Bedürfnis des Betroffenen rasch eine endgültige Klärung der Frage der Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung herbeizuführen, zu legen.

§ 14 Abs 3 HeimAufG sieht die Beiziehung eines nicht der Einrichtung angehörenden unabhängigen geeigneten Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung vor. Das Gutachten ist entweder vom Sachverständigen mündlich zu erstellen und vom Richter zu protokollieren oder das schriftlich vorgelegte Gutachten wird mit dem Sachverständigen mündlich erörtert. Ein schriftliches Gutachten ist – anders als nach § 22 Abs 1 UbG – nicht zwingend vorgesehen. Der Sachverständige ist auch nicht (unmittelbar gesetzlich) verpflichtet, das Gutachten rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung zu übermitteln (Barth/Engel, Heimrecht 3 § 14 Anm 10 HeimAufG).

***** verabsäumte nicht nur die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung innerhalb der gesetzlichen Frist, sondern betraute darüber hinaus zunächst Sachverständige mit der Erstattung schriftlicher Gutachten dies, obwohl ihm, eigenen Angaben zufolge, die einzuhaltenden Fristen durchaus bekannt gewesen sind.

***** hat somit durch die festgestellten Verzögerungen gegen die ihm nach § 57 Abs 1 RStDG auferlegten Dienstpflichten vorsätzlich verstoßen.

Gerade die Freiheitsrechte von Menschen in Alten- und Pflegeheimen sowie vergleichbaren Einrichtungen stehen – wie gesagt - unter dem besonderen Schutz der Gesetze. Freiheitsbeschränkende Maßnahmen sind nur ausnahmsweise und lediglich dann zulässig, wenn sie aufgrund des Zustandes des Betroffenen unerlässlich sind. Verfahren, in denen es um freiheitsbeschränkende Maßnahmen geht, sind daher besonders sensibel und nach dem gesetzlichen Auftrag besonders zügig durchzuführen. Auch die Sorge um zukünftige soziale Auswirkungen von Entscheidungen, darf nicht zu Verzögerungen führen, die einer Rechtsverweigerung nahekommen.

Im Hinblick auf die Mehrzahl der - insbesondere von der Verletzung des Beschleunigungsgebotes betroffenen - Verfahren sowie die Art und Schwere der Verzögerungen insbesondere in sensiblen Verfahren, in denen es um freiheitsentziehende Maßnahmen geht, stellen diese Pflichtverletzungen ein Dienstvergehen im Sinne des § 101 Abs 1 RStDG dar, das einer dienstrechtlichen Ahndung bedarf, wobei hiefür ein Schuldspruch alleine spezial- und generalpräventiven Gründen nicht gerecht wird.

Bei der Strafbemessung wertete das Disziplinargericht als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel sowie die doch gezeigte Schuldeinsicht, als erschwerend demgegenüber das Vorliegen mehrerer über die Wiederholung hinausgehender Pflichtverletzungen.

Bei gebührender Abwägung dieser Strafzumessungsgründe sowie unter Bedachtnahme darauf, dass ***** sonst tadellose Leistungen erbringt, erscheint die mildeste Form der Disziplinarstrafe, nämlich ein Verweis gemäß § 104 Abs 1 lit a RStDG als dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Pflichtverletzungen angemessen und geeignet, allen Strafzwecken gerecht zu werden.

Es war daher gemäß § 110 Abs 2 RStDG in Übereinstimmung mit den Anträgen des Disziplinaranwalts mit Beschluss die Disziplinarstrafe des Verweises zu verhängen.

Ein Kostenausspruch hatte in Ermangelung einer mündlichen Disziplinarverhandlung im Sinn des § 137 Abs 2 RStDG zu entfallen (vgl OLG ***** Ds 29/12; OLG Wien Ds 2/13).

Rückverweise