JudikaturOLG Wien

34R22/14a – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Einspruchs gegen die Erteilung des Patents AT 501 199 B1 mit dem Titel „Zweiteiliges Laibungsanschlussprofil für an Putz angrenzende Bauteile“ über die als Rekurs zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Technischen Abteilung des Patentamts vom 13.6.2012, A 2156/2004-5,6, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

[...]

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird abgewiesen.

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

Die sich aus dem Patentregister ergebende Übertragung des streitgegenständlichen Patents an die Antragsgegnerin war von Amts wegen richtig zu stellen (vgl auch Beschluss des Patentamts vom 25.3.2013).

Die Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin meldeten am 23.12.2004 zu A 2156/2004 das Patent „Zweiteiliges Laibungsanschlussprofil für an Putz angrenzende Bauteile“ an. Am 15.3.2007 erfolgte die Bekanntmachung der Erteilung des österreichischen Patents AT 501 199 B1 (angegriffenes Patent = Streitpatent). Die Ansprüche des Streitpatents lauten wie folgt:

1. Zweiteiliges Laibungsanschlussprofil (1) für an Putz (10) angrenzende Bauteile (11), insbesondere für Fenster- oder Türstöcke, mit einem Basisprofil (2), welches am Bauteil (11) befestigbar ist, und einem durch das Basisprofil (2) beweglich fixierbaren Außenprofil (3), welches einen Einputzschenkel (4) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das Außenprofil (3) einen Befestigungsschenkel (5) aufweist, welcher zwischen einen am Basisprofil (2) ausgebildeten Haltesteg (6) und dem Bauteil (11) einschiebbar ist und dort mit Hilfe zumindest eines am Basisprofil (2) oder am Außenprofil (3) angeformten Federelementes (7, 7’) fixierbar ist.

2. Laibungsanschlussprofil (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Basisprofil (2), dessen Haltesteg (6) und der angrenzende Bereich des Bauteils (11) einen beispielsweise U-förmigen Aufnahmeraum für den Befestigungsschenkel (5) und das zumindest eine Federelement (7, 7’) bilden.

3. Laibungsanschlussprofil (1) nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Befestigungsschenkel (5) des Außenprofils (3) an seinem vom Einputzschenkel (4) abgewandten Ende ein in Richtung Einputzschenkel (4) weisendes und am Haltesteg (6) des Basisschenkels (2) elastisch anliegendes Federelement (7) aufweist.

4. Laibungsanschlussprofil (1) nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Basisschenkel (5) und/oder das Federelement (7) durch Materialwahl oder Formgebung elastisch ausgeführt sind.

5. Laibungsanschlussprofil (1) nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Befestigungsschenkel (5) des Außenprofils (3) im Wesentlichen normal auf den Einputzschenkel (4) steht und in Richtung Bauteil (11) ragende Dichtungsstege (8, 9) aufweist.

6. Laibungsanschlussprofil (1) nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Befestigungsschenkel (5) in Richtung Haltesteg (6) des Basisprofils (2) ragende Federelemente (7’) in Form von Dichtlippen aufweist, welche vorzugsweise aus einem weicheren Material bestehen und durch Post- oder Co-Extrusion hergestellt sind.

7. Laibungsanschlussprofil (1) nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Haltesteg (6) des Basisprofils (2) in Richtung Befestigungsschenkel (5) des Außenprofils (3) ragende Federelemente (7’) in Form von Dichtlippen aufweist, welche vorzugsweise aus einem weicheren Material bestehen und durch Post- oder Co-Extrusion hergestellt sind.

8. Laibungsanschlussprofil (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Haltesteg (6) des Basisprofils (2) eine in Richtung Bauteil (11) ragende Haltekante (21) zur Sicherung des Außenprofils (3) aufweist.

9. Laibungsanschlussprofil (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass der Befestigungsschenkei (5) und/oder der Einputzschenkel (4) des Außenprofils (3) eine Haltelasche (14) zur Befestigung eines Armierungsgewebes (15) und/oder einer Schutzfolie (16) aufweist.

10. Laibungsanschlussprofil (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Einputzschenkel (4) des Außenprofils (3) an der dem Basisprofil (2) zugewandten Seite ein Klebeband (12) zur Fixierung des Außenprofils (3) an einer Dämmschicht (13) aufweist.

11. Laibungsanschlussprofil (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Außenprofil (3) einen Putzsteg (17) aufweist, welcher zusammen mit dem Einputzschenkel (4) einen Putzaufnahmeraum bildet.

12. Laibungsanschlussprofil (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass das Außenprofil (3) einen abtrennbaren Schutzschenkel (18) zur Aufnahme einer Abdeckfolie aufweist, welcher vorzugsweise über eine Sollbruchstelle (19) am Putzsteg (17) befestigt ist.

13. Laibungsanschlussprofil nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet dass das Basisprofil (2) an der dem Bauteil (11) zugewandten Seite zumindest eine Dichtlippe (24) aufweist.

14. Laibungsanschlussprofil nach einem der Ansprüche 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet dass das Basisprofil (2) an der vom Außenprofil (3) abgewandten Seite eine Schutzfolie (23) aufweist.

15. Laibungsanschlussprofil nach einem der Ansprüche 1 bis 14, dadurch gekennzeichnet dass das Basisprofil (2) Bohrungen (20) zur Anbringung von Befestigungsschrauben aufweist.

Die Antragstellerin erhob dagegen gemäß § 102 PatG Einspruch mit der Behauptung, dem Streitpatent mangle es im Umfang der Ansprüche 1 bis 15 an der für die Erteilung eines Patents erforderlichen Neuheit und auch an der Erfindungshöhe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Einspruch ab und hielt das Patent im vollen Umfang aufrecht. Das Patentamt traf zusammengefasst nachstehende Feststellungen:

Der Anspruch 1 des Streitpatents weise folgende Merkmale auf:

Oberbegriff (entspricht dem Stand der Technik)

a) zweiteiliges Laibungsanschlussprofil (1) für an Putz (10) angrenzende Bauteile (11), insbesondere für Fenster- oder Türstöcke,

b) mit einem Basisprofil (2), welches am Bauteil (11) befestigbar sei und

c) einem durch das Basisprofil (2) beweglich fixierbaren Außenprofil (3), welches einen Einputzschenkel (4) aufweise, wobei

Kennzeichnender Teil

d) das Außenprofil (3) einen Befestigungsschenkel (5) aufweise, welcher zwischen einen am Basisprofil (2) ausgebildeten Haltesteg (6) und dem Bauteil (11) einschiebbar sei und

e) dort mit Hilfe zumindest eines am Basisprofil (2) oder am Außenprofil (3) angeformten Federelements (7, 7’) fixierbar sei.

Als nächstliegender Stand der Technik sei die am 24.11.2004 veröffentliche EP 1 479 848 A1 (D1) mit der Priorität 22.5.2003 anzusehen. Vorhalt D1 offenbare in Anspruch 1 ein Laibungsanschlussprofil (1) für an Putz angrenzende Bauteile (10), insbesondere für Fenster- oder Türstöcke, mit einem Dichtungsschenkel (2), welcher bauteilseitig Befestigungsmittel, beispielsweise ein Dichtungsband (3), aufweise und mit einem Außenschenkel (4) in Verbindung stehe, wobei der Außenschenkel (4) einen im Wesentlichen senkrecht dazu abgewinkelten Einputzsteg (13) aufweise, dadurch gekennzeichnet, dass der Außenschenkel (4) über eine flexible Lasche (5, 5’) oder ein faltbares Element (5’’) mit dem Dichtungsschenkel (2) verbunden sei.

Zur Gegenüberstellung des Wortlauts von Anspruch 1 im Streitpatent oder in der D1 werden Figur 1 des Streitpatents oder die Figuren 9, 10 der D1 herangezogen: Die Verbindung des Außenprofils (Streitpatent: Ziffer 3 / D1: Ziffer 4) mit dem Basisprofil (Streitpatent: Ziffer 2 / D1: Ziffer 2) erfolge im Streitpatent durch die Aufnahme des am Außenprofil (3) angeformten Befestigungsschenkels (5) und dessen Federelement (7) zwischen dem Bauteil (11) und dem Haltesteg (6) des Basisprofils (2). Im Vorhalt D1 entspreche die am Außenprofil (4) angeformte, flexible Lasche (5’) dem Befestigungsschenkel, diese flexible Lasche (5’) werde mit dem Basisprofil (2) verbunden.

Die konstruktiv unterschiedlich gestalteten Verbindungen von Außen- und Basisprofil über den Befestigungsschenkel (5) oder die flexible Lasche (5’) ermöglichen im Falle des Streitpatents eine wesentliche Beweglichkeit des Fenster- oder Türstocks gegenüber dem Putz sowohl in senkrechter Richtung als auch normal dazu und entlang der Außen- und Basisprofilrichtung, also in allen Raumrichtungen.

Die im Vorhalt D1 (siehe Figuren 9, 10) gezeigte Verbindung der flexiblen Lasche (5’) in einer Nut (22) des Basisprofils (2), gestatte eine Beweglichkeit in Außen- und Basisprofillängsrichtung sowie in Vertikalrichtung – siehe dazu die Absätze [0007, 0024] der D1, während sich quer dazu, also in horizontaler Richtung, durch den Rastsitz des Kopfbereichs (23) samt dessen Hinterschneidungen (24) in der Nut (22) des Basisprofils (2) ein gegenüber der Anordnung aus dem Streitpatent wesentlich geringerer Bewegungsspielraum zwischen Basisprofil (2) und Außenprofil (4) ergebe.

Zusammenfassend werde festgestellt – und wurde so begründend ausgeführt –, dass die Merkmale des erteilten Anspruchs 1 aufgrund der konstruktiv neuartigen Verbindung des Außenprofils mit dem Basisprofil über den Haltesteg und dem Bauteil und der sich daraus ergebenden höheren Beweglichkeit in allen Raumrichtungen des Bauteils (zB Fenster- oder Türstock) gegenüber der Putzschicht neu seien und auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhten, weil eine äquivalente Verbindung mit einer derartigen Beweglichkeit aus dem Stand der Technik weder bekannt sei noch nahegelegt werde. Gemeinsam mit Anspruch 1 seien auch die auf diesen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 15 mit Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Anordnung des Anspruchs 1 aufrecht zu erhalten.

Dagegen richtet sich nunmehr die an die Rechtsmittelabteilung des Patentamtes gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 176b Abs 1 Z 1 PatG). Beantragt wird, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den angefochtenen Beschluss abzuändern, dass das angegriffene Patent AT 501199 B1 (Streitpatent) im vollen Umfang widerrufen werde.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des Patentamts zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1 Verfahrensgesetze sind, sofern nicht ausdrücklich eine andere Regelung getroffen wurde, immer nach dem letzten Stand anzuwenden (RIS-Justiz RS0008733). § 139 PatG ordnet die sinngemäße Anwendung des AußStrG an.

1.2 Eine mündliche Verhandlung findet im Rekursverfahren nach § 52 Abs 1 erster Satz AußStrG nur statt, wenn das Rekursgericht eine solche für erforderlich erachtet. Selbst bei Vorliegen eines Antrags ist eine solche nicht zwingend vorzunehmen (RIS-Justiz RS0120357; zustimmend Klicka in Rechberger, AußStrG² § 52 Rz 1). Im Einklang dazu normiert § 103 Abs 2 PatG auch nur die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung, jedoch keine Verpflichtung.

1.3 Besondere Sachverhaltsfragen stellen sich hier nicht, und auch die Rechtslage ist nicht von besonderer Komplexität. Die Beurteilung der Neuheit ist ohnedies in erster Linie eine Rechtsfrage (17 Ob 24/09t; 17 Ob 13/09z), jener der Erfindungshöhe hingegen eine Tatfrage (vgl RIS-Justiz RS0071399; aA BGH, der nach jüngerer Rsp von einer Rechtfrage spricht, weil eine Beurteilung mittels wertender Würdigung der tatsächlichen Umstände erfolgt [vgl BGH GRUR 2006, 663; GRUR 2004, 411, 413]). Da die Antragstellerin die Fragen der Neuheit und der Erfindungshöhe im Wesentlichen bloß als Rechtsfolgebehauptungen erhoben hat, steht Art 6 EMRK dem Unterbleiben einer Verhandlung nicht entgegensteht.

2.1 Nach § 3 Abs 1 PatG gilt eine Erfindung als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Den Stand der Technik bildet dabei alles, was der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag der Anmeldung durch schriftliche oder mündliche Beschreibung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist.

Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn der Fachmann aufgrund des Standes der Technik zu ihr hätte gelangen können, sondern erst, wenn er sie aufgrund eines hinreichenden Anlasses in Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch tatsächlich vorgeschlagen hätte (Kinkeldey/Karamanli in Benkard, EPÜ2 Art 56 Rz 72; Kroher in Stauder/Luginbühl, EPÜ6 Art 56 Rz 54 ff; 17 Ob 24/09t, zuletzt Op 3/12).

2.2 Der Beurteilungsmaßstab dafür, was der Stand der Technik lehrt und wie Vorveröffentlichungen zu verstehen sind, ist der Durchschnittsfachmann. Es handelt sich hierbei um eine Kunstfigur und damit letztlich nur um ein Werkzeug des Gerichts, das dazu dient, einen unbestimmten Rechtsbegriff aufzufüllen (Haedicke , Patentrecht² 68). Der Fachmann besitzt durchschnittliche Fachkenntnisse, kennt aber den gesamten Stand der Technik seines Fachgebiets.

2.3 Die Prüfung kann insbesondere nach dem vom Europäischen Patentamt herangezogenen Aufgabe-Lösungs-Ansatz erfolgen (vgl Op 1/02, PBl 2003, 29 mwN; Op 6/08; Op 4/11). Dafür ist zuerst der nächstliegende Stand der Technik zu ermitteln, dann die zu lösende objektive technische Aufgabe zu bestimmen und schließlich zu prüfen, ob die beanspruchte Erfindung angesichts des nächstliegenden Standes der Technik und der objektiven Aufgabenstellung für den Durchschnittsfachmann nahe gelegen wäre.

3.1 Auf dieser Grundlage ist dem Streitpatent weder die Neuheit noch die Erfindungshöhe abzusprechen. Das Rekursgericht hält die bekämpfte Begründung der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, sodass vorweg auf sie verwiesen werden kann (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 60 Abs 2 AußStrG).

3.2 Die Antragstellerin bekämpft die Auffassung des Patentamts, dass der Wortlaut des Anspruchs 1 mit der Figur 1 des Streitpatents in Zusammenschau ausgelegt werde, wobei übersehen worden sei, dass eine derartige Zusammenschau im vorliegenden Fall nicht angezeigt sei. Der Anspruch 1 des Streitpatents sei klar verständlich und besitze einen Schutzumfang, der weiter sei, als die in Figur 1 wiedergegebene Ausführungsvariante. Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 des Streitpatents sei nicht darauf beschränkt, dass der Befestigungsschenkel des Außenprofils unmittelbar zwischen einem am Basisprofil ausgebildeten Haltesteg und dem Bauteil einschiebbar sei, wobei im Wesentlichen behauptet wird, dass alle Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents durch die Offenbarungen der D1 der EP 1 479 848 A1 erfüllt seien.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Für die Beurteilung, ob Neuheit und eine ausreichende Erfindungshöhe beim Streitpatent vorliegen, sind die Merkmale des festgestellten Kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 von zentraler Bedeutung. Zu klären ist, ob die Merkmale d) und e) auch schon bei den Dokumenten des Standes der Technik – in erster Linie bei der vorgehaltenen EP 1 479 848 A1 – aufscheinen. Diese beiden Merkmale lauten:

d) dass das Außenprofil (3) einen Befestigungsschenkel (5) aufweist, welcher zwischen einen am Basisprofil (2) ausgebildeten Haltesteg (6) und dem Bauteil (11) einschiebbar ist und

e) dort mit Hilfe zumindest eines am Basisprofil (2) oder am Außenprofil (3) angeformten Federelementes (7, 7’) fixierbar ist.

Vergleicht man das Merkmal d) mit den in den Figuren 9 bis 11 der EP 1 479 848 A1 dargestellten Ausführungsvarianten, welche dem Streitpatent am nähesten kommen, so zeigt sich, dass bei der EP 1 479 848 A1 das Außenprofil (4) zwar einen Befestigungsschenkel aufweist, der die Verbindung der beiden Profile herstellt, dass aber der Kopf (23) dieses Bauteils (flexible Lasche [5, 5’]) in einen nutartigen Zwischenraum (Aufnahme [22]) eingeschoben und dieser nutartige Zwischenraum lediglich von Teilen des Basisprofils (2) gebildet wird. Es wird also nicht das geforderte Merkmal d) erfüllt, dass ein Befestigungsschenkel zwischen einen Teil des Basisprofils und den Bauteil (11) eingeschoben wird.

Auch die Auslegung, wonach der flexible und S förmige Teil der Lasche (5, 5’) selbst der Befestigungsschenkel wäre, nimmt das Streitpatent nicht neuheitsschädlich vorweg. Denn dieser flexible Teil wird in keinen Zwischenraum „eingeschoben“, wie es das betreffende Merkmal der EP 1 479 848 A1 fordert.

(Hinsichtlich des Merkmals e) siehe nachstehende Ausführungen zu 3.3.)

3.3 Zu den Argumenten der Antragstellerin, dass die Beweglichkeit in allen Raumrichtungen auch in D1 der EP 1 479 848 A1 zu finden sei (Absatz 27 der Figur 4), die Wirkung nicht Teil eines Schutzbegehrens sein könne und diese Wirkung zudem auch noch im Zusammenhang mit der Figur 11 gemäß D1 klar erwähnt sei, ist festzuhalten, dass nachstehende drei Bauteile der EP 1 479 848 A1 für ein „Federelement“ in Betracht gezogen werden können, nämlich

1. die Dichtlippe (9),

2. der Kopf (23) der flexiblen Lasche (5, 5’), oder

3. die flexible Lasche (5, 5’) selbst.

Zu 1. : In Figur 11 der EP 1 479 848 A1 ist ersichtlich, dass am Außenprofil (4) eine Dichtlippe (9) angeformt ist, welche elastisch (siehe Anspruch 3 der EP 1 479 848 A1) und somit federnd ist. Es fehlt aber jeder Hinweis in der EP 1 479 848 A1, dass diese Dichtlippe (9) in der Lage ist, das Außenprofil (4) in dessen Position zu fixieren, wie es Merkmal e) des Streitpatents einfordert. Die Figuren lassen vielmehr darauf schließen, dass die Funktion der Dichtlippe (9) darin besteht, den auftretenden Spalt zwischen dem Außenprofil (4) und dem Bauteil (10) abzudecken. Außerdem kann der Ausdruck „dort“ aus Merkmal e), welcher sich auf den Raum zwischen dem Außenprofil (3) und dem Bauteil (11) bezieht, von der Dichtlippe (9) der EP 1 479 848 A1 nicht erfüllt werden.

Zu 2. : Der Kopf (23) der flexiblen Lasche (5, 5’) sorgt für eine Fixierung. Dieser Kopf (23) ist auch über die elastische Lasche (5, 5’) am Außenprofil (4) angeformt. Der Ausdruck „dort“ aus Merkmal e) des Streitpatents, welcher sich auf den Raum zwischen dem Außenprofil (3) und dem Bauteil (11) bezieht, wird jedoch auch hier nicht erfüllt, weil die Fixierung des Kopfes (23) der flexiblen Lasche (5, 5’) in der nutartigen Aufnahme (22) des Dichtungsschenkels (2) erfolgt, welcher dem Basisprofil (2) des Streitpatentes entspricht. Der Raum, in welchem also die Fixierung erfolgt, ist lediglich von Teilen des Dichtungsschenkels (2) umgeben, kann also nicht das Kriterium erfüllen, teils auch vom Bauteil (10) umgeben zu sein.

Zu 3. : Die flexible Lasche (5, 5’) ist ein Federelement, welches am Außenprofil (4) angeformt ist. Die Vorspannung der flexiblen Lasche (5, 5’) drückt beide Profilteile aneinander (siehe Absatz [0025]), leistet also auch einen Beitrag zur Fixierung der beteiligten Bauteile. Das Merkmal e) des Streitpatents enthält jedoch auch die örtliche Angabe, dass diese Fixierung durch das Federelement „dort“ zu erfolgen hat, und dieses „dort“ bezieht sich auf den Zwischenraum zwischen dem Haltesteg (6) am Basisteil (2) und dem Außenprofil (3), in welchem eingeschoben wird. Die flexible Lasche (5, 5’) wird jedoch – wie oben ausgeführt – in keinen solchen Raum eingeschoben, weshalb auch die flexible Lasche (5, 5’) nicht das geforderte Merkmal e) des Streitpatents erfüllt.

4. Zusammenfassend erfüllt die entgegengehaltene EP 1 479 848 A1 nicht die Merkmale des Kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Streitpatents und kann somit dessen Neuheit nicht in Frage stellen. Der Zwischenraum, der vom Basisprofil (2) und vom Bauteil (11) gebildet wird und in welchen ein Befestigungsschenkel eingeschoben wird und dort durch Federelemente für eine Fixierung sorgt, bewirkt ein Zusammenwirken der beiden Profile, welches sich in dieser Art deutlich vom Zusammenwirken der Profile in der vorgehaltenen EP 1 479 848 A1 unterscheidet. Dieser Unterschied bewirkt einen erfinderischen Schritt im Sinne des PatG.

Im Ergebnis ist der Rekurs daher nicht berechtigt.

5. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig. In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Patentschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

6. Ein Kostenersatz findet nach § 139 Z 7 PatG nicht statt.

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