JudikaturOLG Wien

34R6/14y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
07. April 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 264128 über die als Rekurs zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 10.4.2012, WM 27/2012 3, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Bezeichnung der Antragsgegnerin wird auf ***** richtig gestellt.

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

Die sich aus dem Firmenbuch (FN 213403d) ergebende Firmenänderung der Antragsgegnerin war von Amts wegen richtig zu stellen.

Die Antragstellerin widersprach der Wortbildmarke (angegriffene Marke) AT 264128:

deren Eintragung die Antragsgegnerin beantragt hatte und die für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16 (Druckerzeugnisse, Papier, Pappe [Karton] und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, insbesondere Visitenkarten, Briefpapier, Kuverts, Papierbögen, Flyer, Folder) eingetragen ist. Die Antragstellerin berief sich dabei auf die für sie eingetragene internationale Wortbildmarke IR 798212:

eingetragen unter anderem auch für die Waren- und Dienstleistungsklasse 16 (Paper, cardboard and goods made from these materials included in this class; printed matter; bookbinding material; photographs; stationery; adhesives for stationery or household purposes; artists' materials; paint brushes; typewriters and office requisites [except furniture]; instructional and teaching material [except apparatus]; plastic materials for packaging included in this class; printers' type; printing blocks – deutsch: Klasse 16: Papier, Pappe [Karton] und Waren aus diesen Materialien, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind; Druckerzeugnisse, Materialien für die Buchbinderei; Fotografien, Briefpapier, usw).

Die angegriffene Marke sei zur Verwechslung mit der Widerspruchsmarke laut Klassifikation der Waren und Dienstleistungen der Klasse 16 geeignet.

Das Patentamt wies den Widerspruch ab und führte begründend an, dass der Begriff Premium eine werbeübliche Qualitätsangabe im Sinne von besonderer, bester Qualität sei. Dieser Zeichenbestandteil alleine habe deshalb im Hinblick auf die konkreten Waren keine Unterscheidungskraft und sei damit in Alleinstellung als Wortmarke nicht schutzfähig. Vielmehr bezögen die jeweiligen Marken ihre Schutzfähigkeit aus den grafischen Bestandteilen und aus ihrer Gesamtkomposition. Da die vorhandenen Unterschiede in den grafischen Gestaltungselementen und in der Anordnung und Gesamtkomposition überwiegen würden, liege keine Verwechslungsgefahr vor.

Dagegen richtet sich die an die Rechtsmittelabteilung des Patentamts gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG). Beantragt wird, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Widerspruch Folge zu geben.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG ist auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke eine Marke zu löschen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

1.1 Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen; daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen die Parteien ihre Marken tatsächlich verwenden (Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f).

1.2 Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt gemeinschaftsweit ein einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat. Danach ist – ebenso wie nach ständiger österreichischer Rechtsprechung – die Verwechslungs gefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 – T One mwN; ÖBl 2003, 182 – Kleiner Feigling ua; RIS Justiz RS0121500, RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; jüngst 4 Ob 139/13i; weitere Nachweise bei Schumacher aaO § 10 Rz 51 ff).

Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, deren Kennzeichnungskraft und den Bekanntheitsgrad auf dem Markt und die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistung Bedacht zu nehmen ist. So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH ÖBl 1999, 105 – Cannon/Canon; ecolex 2002, 444).

1.3 Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck bei den durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (RIS Justiz RS0117324, Schumacher aaO § 10 Rz 94 mwN). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den der flüchtige Durchschnittskäufer in der Eile des Geschäftsverkehrs empfängt (RIS Justiz RS0078944; 17 Ob 4/07y; EuGH C-342/97 – Lloyd Schuhfabrik; EuGH C-210/96 – Gut Springenheide und Tusky).

2. Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft einer Marke (und gegebenenfalls der folgenden Beurteilung, ob sie eine erhöhte Kennzeichnungskraft besitzt), ist umfassend zu prüfen, ob die Marke geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH C-108/97 und C-109/97 – Windsurfing Chiemsee).

Als normal sind Kennzeichnungskraft und Schutzumfang anzusehen, wenn die Marke einerseits uneingeschränkt geeignet ist, zur Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers von solcher anderer Unternehmen zu dienen, andererseits aber auch im Verkehr für diese Waren oder Dienstleistungen noch nicht in größerem Umfang hervorgetreten ist.

Der Schutzumfang von Kennzeichen, die nur eine geringe Kennzeichnungskraft haben, ist jedenfalls einschränkend auszulegen, so dass häufig schon geringe Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen mit anderen Zeichen beseitigen können (vgl Om 2/99 – Rothmans Royals/Karelia Royal).

2.1 Ob die Waren oder Dienstleistungen ähnlich sind, ist anhand objektiver, auf die Waren selbst bezogener Kriterien zu beurteilen. Als relevante Faktoren kommen dabei insbesondere die Gemeinsamkeit der Waren nach ihrer stofflichen Beschaffenheit, nach ihrem Verwendungszweck, nach ihrer Vertriebsstätte und Nutzung sowie nach ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren in Betracht (4 Ob 18/02d = ecolex 2002, 444 – opus one).

2.2 Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a = ÖBl 1998, 246 – GO; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190 [T22]; 17 Ob 36/08f – Kobra/Cobra). Es ist zu prüfen, welcher Einfluss den einzelnen Markenbestandteilen auf den Gesamteindruck des Zeichens zukommt, den ein Durchschnittsverbraucher, der die Ware normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf Einzelheiten achtet, von diesem Zeichen erhält. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die beiden Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrgenommen werden und dass der Grad der Aufmerksamkeit von der Art der Ware oder Dienstleistung abhängt (RIS Justiz RS0117324; 4 Ob 154/06k – Amadeus).

2.3 Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware zu garantieren. Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, sodass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (EuG T 471/07 – Wella AG/HABM Rn 15 mwN; EuGH C 398/08 – Audi; Om 7/07 2 mwN).

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat die Prüfung der Unterscheidungskraft aber seine Grenzen. Diese darf nicht zur Feststellung einer fehlenden Unterscheidungskraft bei einem Zeichen führen, das mit einer eingetragenen und geschützten Marke identisch ist. Die Gültigkeit der älteren Marke darf somit im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht in Frage gestellt werden (vgl EuGH C-196/11 – F1 Formula 1).

2.4 Nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (EuGH C 326/01 – Universaltelefonbuch, Rn 33 mwN).

Maßgeblich für die Frage, wie ein Kennzeichen aufgefasst wird, ist das Verständnis eines angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und kritischen Mitglieds der angesprochenen Verkehrskreise (vgl. RIS Justiz RS0114366 [T5]).

3. Im konkreten Fall ist unstrittig, dass die Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke in der Klasse 16 mit jenen der angegriffenen Marke (nahezu) ident sind. Ebenso besteht eine Übereinstimmung in klanglicher und begrifflicher Hinsicht.

Wesentliche Unterschiede sind aber im grafischen Vergleich der beiden Marken gegeben, weil der Wortbestandteil Premium der angegriffenen Marke in grauen Kleinbuchstaben geschrieben ist, wobei der untere Teil der Schrift dunkler ist als der obere Teil. Anstatt des i Punkts ist eine rote dreizackige Krone platziert. Der Wortbestandteil wird durch graue unterbrochene Eckklammern links und rechts eingefasst.

Hingegen besteht die Widerspruchsmarke aus einem grau-schattierten Rechteck und weist das Wort „Premium“ in weißen, kursiven Großbuchstaben in einem dunkelgrauen Balken auf. Dieser durchgehende Balken ist im unteren Bereich des Rechtecks angesiedelt. Darüber und zentral angeordnet ist ein grafisches Element platziert. Dieses ist wiederum ein dunkelgraues Rechteck mit weißen Unterteilungen mit einem weißen Dreieck auf der rechten Hälfte, das mit der Spitze zur Mitte des Rechtecks zeigt, was nicht nur an ein Fenster erinnert, sondern auch den Großbuchstaben K – offenbar für „Kaufland“ – symbolisiert. Der Name der Marke der Antragsstellerin lautet laut Registrierung auch „K PREMIUM“. Weiters weist die Widerspruchsmarke im linken oberen Bereich eine hellere Stelle – ähnlich einem Kranz – auf.

3.1 Die Antragstellerin moniert im Wesentlichen, dass in der angefochtenen Entscheidung nicht erkennbar sei, ob der dominierende Wortbestandteil „Premium“ als kennzeichnungsschwach oder kennzeichnungsunfähig beurteilt worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Patentamt nur dem Wort „Premium“ in Bezug auf die konkreten Waren eine mangelnde Unterscheidungskraft attestiert, jedoch nicht die Gültigkeit der Widerspruchsmarke an sich in Frage gestellt hat (vgl EuGH C-196/11 – F1 Formula 1). Diese Beurteilung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des europäischen Gerichts (vgl EuG T 424/07 – Optimum [nicht schutzfähig als anpreisender Ausdruck]; EuG T 396/07, Unique [als Werbeanpreisung nicht unterscheidungskräftig] ua; vgl die Beispiele bei Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 107) und jener des Obersten Patent- und Markensenats (vgl OBm 1/10 – Markant; OBm 2/13 – Primera ua).

3.2 Ob ein Zeichen oder Wort zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren im Verkehr allgemein gebräuchlich ist, ist eine Rechtsfrage, wenn zu deren Beurteilung die allgemeine Lebenserfahrung des Richters oder dessen Fachwissen ausreicht (RIS Justiz RS0043658 – EXPO – Technik). Dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch in Österreich der Begriff „Premium“ bei Druckerzeugnissen, Papier, Pappe etc verwendet und vom angesprochenen Kundenkreis nur als Qualitätshinweis verstanden wird, hat das Patentamt zutreffend so angenommen. Daher kann das Wort „Premium“ alleine keine Kennzeichnungskraft entfalten.

3.3 Zur Beurteilung der Fragen, ob die Marken letztlich keine/eine Kennzeichnungskraft haben und keine/eine Verwechslungsgefahr zwischen ihnen besteht, ist im konkreten Fall vor allem in optischer Hinsicht auf die Bildelemente und die grafische Gesamtkomposition abzustellen. Selbst bei kritischer Betrachtung ist festzuhalten, dass basierend auf der grafischen Ausgestaltung der Marken die unterschiedlichen Zeichen im Einzelnen und in der Gesamtkomposition jedenfalls eine Unterscheidung ermöglichen. Im Hinblick auf die deutlichen optischen Unterschiede der beiden Wortbildmarken und das abgrenzbare grafische Erscheinungsbild reichen die übrigen Ähnlichkeiten und/oder Gemeinsamkeiten nicht aus, um die Gefahr einer Verwechslung anzunehmen.

Die Entscheidung des Patentamtes war daher zu bestätigen.

4. Da die Entscheidung keine bisher von der Rechtsprechung unbeantworteten Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufweist und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

5. Ein Kostenersatz findet nach § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt; die Parteien haben daher auch keine Kosten verzeichnet.

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