10Ra144/12p – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Ciresa als Vorsitzende, die Richterin Mag a . Schredl und den Richter Mag. Atria sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Andrea Nowak und Felicitas Seebach in der Arbeitsrechtssache der Klägerin G***** P***** , *****, vertreten durch Dr. Ruth Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Stadt ***** , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl Kommandit-Partnerschaft in Wien, wegen EUR 1.519,37 brutto sA sowie Feststellung (Streitwert nach RATG: EUR 1.243,92), über die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15.05.2012, 31 Cga 65/11x - 16, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 489,70 (darin EUR 81,62 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am *****.1964 geborene Klägerin ist bei der beklagten Partei seit dem 10.01.2000 als Kindergartenhelferin beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis finden die Bestimmungen des Gesetzes über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten der Gemeinde Wien (Vertragsbedienstetenordnung 1995 – VBO 1995) Anwendung. Im schriftlichen Dienstvertrag vom 13.01.2000 wurde die besoldungsrechtliche Stellung der Dienstnehmerin gemäß § 18 VBO 1995 wie folgt festgehalten: Schema III, Verwendungsgruppe 4, Gehaltsstufe 5 mit dem Vorrückungsstichtag 26.05.1999. Die Tätigkeit der Klägerin umfasst vor allem Reinigungstätigkeiten, Tätigkeiten in der Küche und die Unterstützung der Kindergartenpädagoginnen in der Gruppe. Mit Wirksamkeit vom 01.02.2006 wurde die Klägerin in die Verwendungsgruppe 3 überstellt.
Infolge Erkrankung an einem Darmkarzinom befand sich die Klägerin vom 24.08.2009 bis 18.06.2010 durchgehend im Krankenstand (299 Tage). Ab 19.06.2010 war die Klägerin wiederum teilzeitbeschäftigt im Dienst; ab November 2010 ist die Klägerin wieder vollbeschäftigt.
Eine Überstellung in die Verwendungsgruppe 3P wäre für die Klägerin nach ihrer Dienstzeit frühestens ab 01.02.2011 möglich gewesen. Tatsächlich ist die Klägerin weiterhin in die Verwendungsgruppe 3 eingereiht.
Mit Klage vom 03.11.2011 begehrte die Klägerin die Zahlung der Differenzen an Monatsgehalt ausgehend von einer Einreihung in die Verwendungsgruppe 3P ab Februar 2011, zuletzt ausgedehnt bis einschließlich Mai 2012 in der Höhe von gesamt EUR 1.519,37 brutto samt 8,88 % an gestaffelten Zinsen (ON 13, Seite 1) sowie die Feststellung, dass ihr gegenüber der beklagten Partei die Einreihung in das Schema III Verwendungsgruppe 3P zusteht (bewertet nach RATG mit EUR 1.243,92).
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen. Dabei legte das Erstgericht seiner Entscheidung neben dem eingangs dargestellten Sachverhalt folgende weiteren Feststellungen zugrunde:
Die Gesamtbeurteilungen der Klägerin lauteten wie folgt:
Beurteilung vom 09.02.2001: Sehr gut.
Beurteilung vom 20.09.2002: Ausgezeichnet.
Beurteilung vom 09.01.2006: Sehr gut.
(Überstellung der Klägerin in die Verwendungsgruppe 3 mit 01.02.2006)
Beurteilung vom 14.09.2009 (Beurteilungszeitraum 09.01.2006 bis 14.09.2009): Sehr gut.
Beurteilung vom 20.02.2012 (Beurteilungszeitraum vom 14.09.2009 bis 20.02.2012): Sehr gut.
Krankenstände der Klägerin:
2003: 9 Tage
2004: 0 Tage
2005: 3 Tage
(für 2006 keine Feststellung)
2007: 2 Tage
2008: 23 Tage
2009: 189 Tage
2010: 169 Tage
2011: 2 Tage
Die erhöhten Krankenstände der Klägerin ab dem Jahr 2008 resultieren aus einem im Dezember 2008 aufgetretenen Darmverschluss (Operation mit längerem Krankenstand) und einer im August 2009 diagnostizierten Erkrankung an einem Darmkarzinom (mehrfache operative Eingriffe, Chemo-Therapie).
Mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 27.04.2010 wurde festgestellt, dass die Klägerin ab 05.02.2010 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört und der Grad der Behinderung 60 % beträgt.
Bei der Überstellung von Kindergartenassistentinnen von der Verwendungsgruppe 4 in die Verwendungsgruppe 3 bzw 3P des Schemas der Besoldungsordnung berücksichtigt die beklagte Partei Krankenstände über einen Beobachtungszeitraum von drei Jahren, wobei die durchschnittliche Krankenstandsdauer der Mitarbeiter von der Magistratsdirektion an den Fachbereichtsleiter Wirtschaftspersonal übermittelt wird. Liegt der einzelne Mitarbeiter mit der Krankenstandsdauer über diesem Durchschnitt, so wird eine Überstellung durch die beklagte Partei regelmäßig nicht vorgenommen, sondern ein neuer Beobachtungszeitraum festgesetzt, und zwar unabhängig davon, weshalb Krankenstände auftreten. Nicht differenziert wird hierbei danach, ob es sich bei den Mitarbeitern um begünstigte Behinderte handelt, jedoch wird danach differenziert, ob in den Krankenstandszeiten ein längerer stationärer Krankenhausaufenthalt vorliegt, wobei in diesem Fall ein höherer Durchschnitt an Krankenstandszeiten herangezogen wird. Es kann nicht festgestellt werden, dass Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen im Fachbereich Wirtschaftspersonal (Arbeiter und Arbeiterinnen in Wiener Kindergärten) mit – in den letzten drei Jahren vor der Überstellung – vergleichbar langen Krankenständen wie die Klägerin in eine höhere Verwendungsgruppe überstellt wurden. Nach der Dienstzeit der Klägerin wäre eine Überstellung in die Verwendungsgruppe 3P frühestens ab 01.02.2011 möglich gewesen. Hier wurde sie von der beklagten Partei wegen der vorliegenden Krankenstände in den letzten drei Jahren vor dem 01.02.2011 nicht überstellt, wobei dieses Hindernis zumindestens bis zum 01.07.2013 bestünde.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, dass § 17 Abs 1 VBO 1995 – mit hier nicht relevanten Ausnahmen – auf die Bestimmungen des Gesetzes über das Besoldungsrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Besoldungsordnung 1994 – BO 1994) verweise. Gemäß § 18 BO 1994 sei eine Überstellung die Ernennung des Beamten zum Beamten einer anderen Verwendungsgruppe; dabei gebühre dem Beamten in der neuen Verwendungsgruppe die besoldungsrechtliche Stellung, die sich ergibt, wenn er die für die Vorrückung wirksame Zeit als Beamter der neuen Verwendungsgruppe zurückgelegt hätte. Nach § 39a BO 1994 habe die Bewertung der Dienstleistung des Beamten, wenn eine besoldungsrechtliche Maßnahme nach diesem Gesetz, einer Anlage zu diesem Gesetz oder nach einer auf dieses Gesetz gründenden Verordnung auf die Dienstleistung des Beamten abstellt, im Rahmen einer Gesamtbeurteilung zu erfolgen, welche insbesondere die Art der erbrachten Leistungen, deren Qualität sowie der Quantität der erbrachten und zu erbringenden Leistungen zu umfassen hat. Dabei seien Zeiträume, in denen der Beamte durch Krankheit oder Unfall an der Dienstleistung verhindert war, ohne dass er die Verhinderung vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe, im Ausmaß von 13 Tagen bezogen auf einen 1-jährigen Beurteilungszeitraum außer Betracht zu lassen. Nach den allgemeinen Bestimmungen zur Anlage 1 zur BO 1994 sei eine zumindest sehr gute Dienstleistung Voraussetzung für die Einreihung in eine Beamtengruppe aufgrund einer bestimmten Verwendungsdauer. Nach dem Schema I der Anlage 1 zur BO 1994 habe die Einreihung in die Verwendungsgruppe 3 bei Kindergartenassistentinnen die 6-jährige Verwendung als Kindergartenassistentin zur Voraussetzung, die Einreihung in die Verwendungsgruppe 3P die 5-jährige Verwendung als Kindergartenassistentin der Verwendungsgruppe 3.
Bei der Klägerin sei mit 01.02.2011 eine 5-jährige Einreihung in die Verwendungsgruppe 3 als Kindergartenassistentin vorgelegen und hätten auch sämtliche Gesamtbeurteilungen auf Sehr gut oder Ausgezeichnet gelautet. Es sei zwar ständige Rechtsprechung, dass Vereinbarungen unzulässig seien, wonach der an der Arbeitsleistung durch Krankheit verhinderte Arbeitnehmer eine Entgelteinbuße dadurch erleidet, dass Voraussetzung für den Erhalt des Entgelts in voller Höhe die tatsächliche und ununterbrochene Arbeit während eines bestimmten Zeitraums ist und somit Fehlzeiten zum Entfall oder zur Minderung von Entgelt ohne Rücksicht darauf führen, ob es sich um berechtigte oder unberechtigte Fehlzeiten gehandelt hat. Im konkreten Fall komme es jedoch gerade nicht zum Entfall einer Prämie oder eines Entgeltbestandteiles, vielmehr sei die Klägerin von der beklagten Partei nicht in eine andere Verwendungsgruppe überstellt worden. Die beklagte Partei ziehe als Kriterium die vorliegenden Krankenstände in den letzten drei Jahren vor der Überstellung heran und habe eine Überstellung der Klägerin aus diesem Grund nicht vorgenommen. Der Schluss, dass ohne Berücksichtigung der Krankenstände eine Überstellung der Klägerin in die Verwendungsgruppe 3P zu erfolgen hätte, könne daraus nicht gezogen werden. Ein Rechtsanspruch auf Überstellung liege nach ständiger Rechtsprechung nicht vor, ebenso wenig wie für den privaten Dienstgeber eine Pflicht zur Beförderung im Sinne eines Kontrahierungszwanges bestehe. Auf freiwillige Leistungen, auf die die Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch haben, sei jedoch der Gleichbehandlungsgrundsatz anzuwenden. Bei Gewährung derartiger Leistungen dürfe der Arbeitgeber die von ihm zugrundegelegten Kriterien – bei deren Bestimmung er allerdings frei sei – nicht im Einzelfall willkürlich und ohne sachlichen Grund verlassen und einem einzelnen Arbeitnehmer das vorenthalten, was er den anderen zubilligt. Eine wenngleich willkürliche Bevorzugung einzelner Arbeitnehmer oder kleinerer Gruppen von Arbeitnehmern sei aber dem Arbeitgeber nicht verwehrt. Im Hinblick darauf, dass nach der Judikatur ein personenbezogener Kündigungsgrund bei Krankenständen im Ausmaß von rund 27 % der möglichen Arbeitszeit vorliege und eine lange Krankenstandsdauer auch bei besonders kündigungsgeschützten Arbeitsverhältnissen einen Kündigungsgrund darstelle, erscheine die Heranziehung von Krankenstandszeiten bei der Frage der Überstellung nicht unsachlich. Selbst ohne Berücksichtigung der Krankenstandszeiten lasse sich jedoch ein Anspruch der Klägerin auf Überstellung in die Verwendungsgruppe 3P nicht ableiten. Dass alle oder die Mehrzahl der Bediensteten bei Vorliegen derselben Voraussetzungen, die bei der Klägerin vorliegen, - unabhängig von der Krankenstandsdauer – überstellt werden würden, sei nicht vorgebracht worden; ob und welche Bediensteten konkret überstellt worden seien, ebenso nicht. Die Beweislast für das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz treffe jedoch die Klägerin. Die beklagte Partei stelle bei der Frage der Überstellung auf die Krankenstandszeiten der Bediensteten ab, wobei sie dieses – von ihr herangezogene nicht unsachliche – Kriterium auch bei der Klägerin anwende. Dadurch behandle sie die Klägerin gerade wie die übrigen Bediensteten; ein Abweichen von den von der beklagten Partei herangezogenen Kriterien zum Nachteil der Klägerin lasse sich daraus nicht ableiten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führt die Berufung aus, dass nach § 39a BO 1994 wohl auch die Quantität der Arbeit, also die Anwesenheit des Bediensteten, als ein Kriterium für eine Überstellung herangezogen werde. Zweck dieser Bestimmung sei jedoch offensichtlich, bloße „Krankenstandssammler“ von einer Überstellung auszuschließen. Bekanntlich bekomme man leicht eine ärztliche Krankmeldung und sei nicht jeder, der sich im Krankenstand befindet und krank geschrieben ist, auch tatsächlich krank. Diesem Normzweck würde es jedoch nicht entsprechen, Bedienstete mit nur einer schweren Krankheit nicht zu überstellen. Die Bestimmung des § 39a BO 1994 sei daher derart auszulegen, dass bei Personen, deren im Schnitt zu anderen Bediensteten höher ausfallenden Krankenstandstage aus nur einer schweren Krankheit resultieren, diese Krankenstandstage bei der Überprüfung der Überstellungsmöglichkeit nicht zu berücksichtigen seien. Das Erstgericht verkenne auch die oberstgerichtliche Judikatur zur Rechtfertigung einer Kündigung bei länger dauernden Krankenständen. Nach dieser Judikatur sei vor allem die Zukunftsprognose verbunden mit den Krankenständen vor einer Erkrankung zu berücksichtigen. Dabei würden die geringen Krankenstände vor wie auch nach der schweren, aber überstandenen Krankheit der Klägerin für diese sprechen.
Diese Ausführungen überzeugen im Ergebnis nicht.
Auf das Dienstverhältnis der Klägerin zur beklagten Partei finden die Bestimmungen der VBO 1995 Anwendung. § 17 Abs 1 VBO 1995 verweist – mit hier nicht maßgeblichen Vorbehalten – auf die BO 1994, wobei anstelle der Bezeichnung Schema I die Bezeichnung Schema III tritt (§ 17 Abs 1 Z 1 VBO 1995).
Gemäß § 13 Abs 1 BO 1994 wird das Gehalt eines Beamten – aufgrund der zitierten Verweisung auch eines Vertragsbediensteten – im Schema I (für die Klägerin unstrittig Schema III) durch die Verwendungsgruppe und in ihr durch die Gehaltsstufe bestimmt. Die Aufteilung der Beamtengruppen (Bedienstetengruppen) auf die einzelnen Verwendungsgruppen ist in der Anlage 1 festgesetzt (§ 2 BO 1994).
Anlage 1 zur BO 1994 enthält folgende hier maßgebliche Bestimmungen (Hervorhebungen durch das Berufungsgericht):
„Allgemeine Bestimmungen
…
2. Soweit eine bestimmte Verwendungsdauer oder Dienstzeit Voraussetzung für die Einreihung in eine Beamtengruppe ist, handelt es sich um eine Mindestdauer der Verwendung bzw Dienstzeit.
3. Voraussetzung für die Einreihung in eine Beamtengruppe aufgrund einer bestimmten Verwendungsdauer (Dienstzeit) ist eine zumindest sehr gute Dienstleistung.“
Die Bedienstetengruppe der Kindergartenassistenten/ Kindergartenassistentinnen findet sich in der folgenden Gruppenaufteilung (im Schema I, für Vertragsbedienstete Schema III) in den Verwendungsgruppen 4, 3, 3P und 2. Voraussetzung für eine Einreihung in die Verwendungsgruppe 3 ist eine 6-jährige Verwendung als Kindergartenassistent/Kindergartenassistentin, für eine Einreihung in die Verwendungsgruppe 3P eine 5-jährige Verwendung als Kindergartenassistent/Kindergartenassistentin der Verwendungsgruppe 3 , und in die Verwendungsgruppe 2 eine 10-jährige Verwendung als Kindergartenassistent/Kindergartenassistentin der Verwendungsgruppe 3P.
Gemäß § 15 Abs 1 BO 1994 erreicht der Beamte ein höheres Gehalt durch Vorrückung (§ 11), durch Überstellung in eine höhere Verwendungsgruppe (§ 18) , der Beamte des Schemas II außerdem durch Beförderung (§ 17).
Gemäß § 18 Abs 1 BO 1994 ist die Überstellung die Ernennung des Beamten zum Beamten einer anderen Verwendungsgruppe. Die folgenden Absätze regeln die Folgen einer Überstellung.
§ 39a BO 1994 lautet unter der Überschrift „Dienstbeschreibung“ wie folgt:
„Stellt eine besoldungsrechtliche Maßnahme nach diesem Gesetz, eine Anlage zu diesem Gesetz oder nach einer auf dieses Gesetz gegründeten Verordnung auf die Dienstleistung des Beamten hat, hat deren Bewertung im Rahmen einer Gesamtbeurteilung zu erfolgen, welche insbesondere die Art der erbrachten Leistung, deren Qualität sowie die Quantität der erbrachten und zu erbringenden Leistungen zu umfassen hat. Dabei sind Zeiträume, in denen der Beamte durch Krankheit oder Unfall an der Dienstleistung verhindert war, ohne dass er die Verhinderung vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, im Ausmaß von 13 Tagen bezogen auf einen einjährigen Beurteilungszeitraum außer Betracht zu lassen.“
Innerhalb des Systems der BO 1994 stellt die Überstellung eines Beamten in eine andere Verwendungsgruppe nach Erfüllung einer bestimmten Verwendungsdauer bei zumindest sehr guter Dienstleistung eine besoldungsrechtliche Maßnahme im Sinne des § 39a BO 1994 dar (Blaha/Hutterer, Dienst- und Besoldungsrecht der Wiener Gemeindebediensteten² [2007] 469).
Festzuhalten ist zunächst, dass es sich bei der jeweils vorgeschriebenen Verwendungsdauer gemäß Punkt 2. der Allgemeinen Bestimmungen der Anlage 1 zur BO 1994 ausdrücklich um eine Mindestdauer handelt, was der Annahme widerspricht, dass bei Erfüllung dieser Verwendungsdauer sofort vom Dienstgeber eine Überstellung vorzunehmen ist. Zum anderen sieht Punkt 3. der Allgemeinen Bestimmungen der Anlage 1 zur BO 1994 ausdrücklich als weitere Voraussetzung für eine Überstellung aufgrund einer bestimmten Verwendungsdauer eine „zumindest sehr gute Dienstleistung“ des Beamten vor. Dem darauf bezugnehmenden § 39a BO 1994 ist zu entnehmen, dass für die Beurteilung einer „zumindest sehr guten Dienstleistung“ als Überstellungsvoraussetzung auch die Quantität der erbrachten Leistungen zu berücksichtigen ist, wobei lediglich Krankenstände im Ausmaß von bis zu 13 Tagen jährlich – bei nicht vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung der Verhinderung durch den Beamten – außer Betracht zu bleiben haben.
Bezogen auf die Klägerin bedeutet diese Rechtslage, dass – auch wenn die Klägerin Beamtin der beklagten Partei wäre – vom Dienstgeber jedenfalls nicht alleine aufgrund der Erfüllung der 5-jährigen Verwendungsdauer in der Verwendungsgruppe 3 eine Überstellung in die Verwendungsgruppe 3P vorzunehmen gewesen wäre, und dass die – ein jährliches Ausmaß von 13 Tagen durchgehend übersteigenden – Krankenstände der Klägerin bei der Beurteilung des Vorliegens einer „zumindest sehr guten Dienstleistung“ als weitere Überstellungsvoraussetzung zu berücksichtigen gewesen wären.
Ein Rechtsanspruch eines Beamten auf Überstellung in eine höhere Verwendungsgruppe aufgrund einer bestimmten Verwendungsdauer besteht nicht (VwGH 89/12/0016; Blaha/Hutterer aaO Seite 516).
Für die Klägerin als Vertragsbedienstete gilt diese Rechtslage kraft Verweises inhaltsgleich (siehe in diesem Zusammenhang auch RIS-Justiz RS0081837 zur umfassenden Anwendung der öffentlich-rechtlichen Gehaltsvorschriften auf Vertragsbedienstete bei der Überstellung in höhere Entlohnungsgruppen).
Finden die dargestellten Bestimmungen der BO 1994 auf ein privatrechtlich begründetes Arbeitsverhältnis (Vertragsbedienstetenverhältnis) Anwendung, so bedeutet dies, dass dem Dienstgeber bei der Überstellung eines Vertragsbediensteten in eine höhere Verwendungsgruppe bei gleichbleibender Tätigkeit ein Gestaltungsrecht unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben eingeräumt wurde, welches er unter Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht unsachlich ausüben darf (Äquivalent zum gebundenen Ermessen der Dienstbehörde im öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis).
Zutreffend hat das Erstgericht bereits festgehalten, dass es im vorliegenden Fall nicht um eine allfällige Kürzung des Entgeltfortzahlungsanspruches der Klägerin geht (zur Unzulässigkeit sogenannter „Anwesenheitsprämien“ RIS-Justiz RS0058567, RS0058620), sondern um eine ausschließlich gehaltsmäßige Beförderung der Dienstnehmerin in eine höhere Verwendungsgruppe bei gleichbleibender Tätigkeit.
Wesentlich ist nun, dass § 39a BO 1994 die Berücksichtigung auch der Quantität der erbrachten und zu erbringenden Leistungen des Dienstnehmers bei der Entscheidung des Dienstgebers über eine vorzunehmende Überstellung ausdrücklich vorschreibt. Auch eine Differenzierung innerhalb der zu berücksichtigenden Krankenstände ist insofern vorgesehen, als unverschuldete Krankenstände im Ausmaß von bis zu 13 Tagen jährlich außer Betracht zu bleiben haben. Abgesehen von der fraglichen praktischen Durchführbarkeit erscheint die von der Berufungswerberin gewünschte weitere Differenzierung zwischen verschiedenen Arten von gleichermaßen unverschuldeten Krankenständen sachlich fragwürdig, würde dies doch im Ergebnis darauf hinauslaufen, von Krankheiten betroffene Dienstnehmer je nach der Art ihrer Erkrankungen entgeltmäßig unterschiedlich zu behandeln.
Aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung überzeugt auch nicht der Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach bei der Frage einer Rechtfertigung einer Kündigung (etwa im Rahmen einer Kündigungsanfechtung nach dem ArbVG oder bei der Kündigung eines bestandgeschützten Dienstverhältnisses) die Zukunftsprognose bei Krankenständen maßgeblich ist. Darüber hinaus bezieht sich diese Judikatur auch auf die Kündigung eines Dienstverhältnisses und somit eine zu Lasten des Dienstnehmers gehende Maßnahme. Hier ist hingegen die Überstellung der Dienstnehmerin in eine höhere Verwendungsgruppe bei gleichbleibender Arbeit zu beurteilen, welche Maßnahme unmittelbar in das synallagmatische Austauschverhältnis Arbeit gegen Entgelt eingreift und für die gesamte weitere Dauer des Dienstverhältnisses zugunsten des Dienstnehmers wirksam bleibt.
Auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts hat das Erstgericht nicht nur zutreffend auf die Bestimmung des § 39a BO 1994 hingewiesen, sondern auch ausgeführt, dass der beklagten Partei bei der Handhabung der Überstellungen unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Krankenstandsdauer über einen Beobachtungszeitraum von drei Jahren ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vorgeworfen werden kann. Festgestelltermaßen hat die beklagte Partei eine Prüfung der durchschnittlichen Krankenstandsdauer als Überstellungsvoraussetzung generell gehandhabt (Mosler in ZellKomm² § 18 AngG Rz 99) und ist auch im Fall der Klägerin von dieser generellen Handhabe nicht abgewichen. Ausdrücklich wurde festgestellt, dass kein Mitarbeiter der beklagten Partei im Fachbereich Wirtschaftspersonal (Arbeiter und Arbeiterinnen in Wiener Kindergärten) mit – in den letzten drei Jahren vor der möglichen Überstellung - vergleichbar langen Krankenständen wie die Klägerin in eine höhere Verwendungsgruppe überstellt wurde.
Die Berufungswerberin führt weiters aus, dass das Erstgericht bei richtiger rechtlicher Beurteilung feststellen hätte müssen: „Es konnte nicht festgestellt werden, dass andere Mitarbeiter bei Vorliegen derselben Voraussetzungen, abgesehen von der schweren Krankheit, wie bei der Klägerin, nicht überstellt worden wären.“ Die Berufungswerberin meint damit inhaltlich die Positivfeststellung, dass mit der Klägerin vergleichbare andere Mitarbeiter bei Vorliegen derselben Voraussetzungen (gemeint wohl Dienstzeit und Beurteilungen), aber ohne Vorliegen von Krankenständen wie bei der Klägerin, überstellt worden wären.
Richtig ist, dass diese Feststellung, also die generelle Vornahme der Überstellung bei Erfüllung der zeitlichen Voraussetzungen sowie zumindest sehr guter Dienstbeurteilung bei maximal durchschnittlichen Krankenständen, Voraussetzung dafür ist, dass man die längeren Krankenstände der Klägerin überhaupt als sachlich gerechtfertigte Ausnahme von einer generell gehandhabten Praxis des Dienstgerbers wertet. Würde man bereits die erste Annahme nicht teilen, also die grundsätzliche Überstellung bei Erfüllung der zeitlichen Voraussetzungen und sehr guten Dienstbeurteilungen, könnte sich der Dienstnehmer – auch ohne überdurchschnittlich langer Krankenstände – schon vom Ansatz her nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen.
Da das Erstgericht jedenfalls ausreichende Feststellungen dazu getroffen hat, wie die beklagte Partei die Nichtvornahme von Überstellungen bei überdurchschnittlichen Krankenständen handhabt, und hier der beklagten Partei keine unsachliche Vorgangsweise vorgeworfen werden kann, schadet es nicht, dass das Erstgericht keine dezidierten Feststellungen zur Überstellungspraxis von mit der Klägerin vergleichbaren Mitarbeitern ohne lange Krankenstände getroffen hat. Mit anderen Worten: Das Erstgericht hat bei seiner Prüfung, ob ein Dienstnehmer mit überlangen Krankenständen zulässigerweise von einer Überstellung ausgenommen werden kann, rechtlich systematisch ohnehin vorausgesetzt, dass (vergleichbare) Dienstnehmer ohne überdurchschnittlicher Krankenstände bei Erfüllung der sonstigen im Verwendungsgruppenschema vorgesehenen Voraussetzungen (Verwendungsdauer, Dienstbeurteilungen) überstellt werden.
Es erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf die in der Berufung aufgeworfenen Fragen der Behauptungs- und Beweislast zum Thema der generellen Überstellungspraxis bei der beklagten Partei sowie zu der dem Erstgericht in dieser Frage vorgeworfenen unzureichenden Erörterung gemäß § 182a ZPO.
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO und das Kostenverzeichnis in der Berufungsbeantwortung.
Die streitgegenständliche Auslegung der Vorschriften über eine Überstellung eines Dienstnehmers in eine höhere Verwendungsgruppe bei gleichbleibender Verwendung nach der BO 1994 im Rahmen eines Vertragsbedienstetenverhältnisses geht in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinaus und liegt – soweit vom Berufungsgericht überblickbar – eine einschlägige oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu nicht vor. Gemäß § 502 Abs 1 ZPO war daher die ordentliche Revision zuzulassen (so auch OLG Wien 10 Ra 79/12d, zur Zeit mit Revision anhängig beim Obersten Gerichtshof zu 9 ObA 9/13h).