7Ra57/12x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende, die Richterin Mag. a Smutny und den Richter Mag. Nigl sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Binder und KR Michaela Guglberger in der Rechtssache der klagenden Partei B***** G***** , *****, vertreten durch Dr. Christian Függer, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei S ***** , vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 5.268,66 brutto sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 19.10.2011, 8 Cga 22/11b-16, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 650,16 (darin enthalten EUR 108,36 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war bei der beklagten Partei von 4.11.1996 bis 31.1.2011 als Angestellte beschäftigt. Auf das gegenständliche Dienstverhältnis ist der Kollektivvertrag für angestellte Wirtschaftstreuhänder anwendbar. Die Normalarbeitszeit der Klägerin betrug 40 Stunden pro Woche. Die Klägerin hatte zuletzt einen Bezug von EUR 2.258,-- brutto monatlich.
Die Klägerin begehrte von der beklagten Partei die Zahlung von EUR 5.268,66 brutto samt 4 % Zinsen seit 29.3.2011 und brachte dazu – so weit im Berufungsverfahren von Relevanz – vor, dass sie im Zusammenhang mit ihrem Wechsel zu einem anderen Dienstgeber mit der beklagten Partei vereinbart habe, dass das Dienstverhältnis durch Dienstnehmerkündigung beendet werde und sie 50 % ihrer Abfertigungsansprüche bekommen solle. Zwischen den Streitteilen sei vereinbart worden, dass dieser Betrag (50 % der Abfertigung) in zwei Raten, und zwar die erste Hälfte Ende Februar 2011 und die zweite Hälfte Ende März 2011 bezahlt werde. Die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Dienstnehmerkündigung zum 31.1.2011 sei deshalb erfolgt, damit die arbeitsrechtliche Deckung der Auszahlung des halben Abfertigungsanspruchs ermöglicht werde.
Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und brachte dazu – so weit im Berufungsverfahren von Relevanz – vor, dass das Dienstverhältnis der Klägerin zwar durch Dienstnehmerkündigung zum 31.1.2011 geendet habe, eine Vereinbarung zwischen den Streitteilen, dass der klagenden Partei eine Abfertigung in der Höhe von 50 % des gesetzlichen Ausmaßes bezahlt werden solle, aber nicht getroffen worden sei.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab und verpflichtete die Klägerin zum Kostenersatz.
Es legte dabei seiner Entscheidung die auf den Seiten 9 bis 12 der Urteilsausfertigungen wiedergegebenen Feststellungen zugrunde, auf die verwiesen und aus denen als für das Berufungsverfahren wesentlich hervorgehoben wird:
Die Klägerin war bei der beklagten Partei als Leite rin der Lohnverrechnung und Buchhaltung beschäftigt.
Am 22.12.2010 teilte die Klägerin dem Geschäftsführer der beklagten Partei, Dr. Z ***** M*****, mit, dass sie eine neue Arbeit in S***** in Aussicht hat und im Falle einer fixen Zusage dies Dr. Z***** M***** sofort mitteilen werde. Am 22.12.2010 wurde zwischen der Klägerin und der beklagten Partei noch nicht vereinbart, wie das Dienstverhältnis der Klägerin bei der beklagten Partei enden soll und wann. Ob bei diesem Treffen am 22.12.2010 über die Zahlung eines (halben) Abfertigungsanspruchs gesprochen wurde, kann nicht festgestellt werden. Über das Datum des Dienstantrittes der Klägerin beim neuen Arbeitgeber wurde bei diesem Treffen nicht gesprochen, da die Klägerin eine fixe Zusage des neuen Arbeitgebers noch nicht erhalten hatte. Am 3.1.2011 bekam die Klägerin von ihrem neuen Dienstgeber mitgeteilt, dass sie das Dienstverhältnis bei diesem in S***** mit 1.2.2011 antreten kann. Dies teilte die Klägerin dem Geschäftsführer der beklagten Partei, Dr. Z***** M*****, am 5.1.2011 mit und überreichte diesem ein Kündigungsschreiben mit dem Datum 5.1.2011. Der Inhalt dieses Schreibens stellt sich wie folgt dar:
„(...) KÜNDIGUNG
Sehr geehrter Herr Dr. M*****! Wie bereits mündlich besprochen, teile ich ihnen mit, dass ich auf Grund einer Arbeitsstelle in S***** mit 31. Jänner 2011 aus Ihrem Betrieb ausscheide. Mit der Bitte um Kenntnisnahme und Übergabe aller notwendigen Arbeitspapiere bis zu diesem Zeitpunkt verbleibe ich
mit vorzüglicher Hochachtung
(...).“
Den Vorschlag Dr. M *****, dass die Klägerin noch bis 31.3.2011 im Unternehmen der beklagten Partei weiterarbeiten soll, lehnte diese ab, da sie unbedingt am 1.2.2011 bei der neuen Firma in S***** – auch unter der Prämisse keine Abfertigung zu bekommen – beginnen wollte und beharrte auf einer Beendigung mit 31.1.2011. Es wurde dann unter Anwesenheit von Mag. N***** M***** – einer weiteren Geschäftsführung der beklagten Partei – sowie deren Vater Mag. DI Dr. Z***** Mafi mit der Klägerin vereinbart, dass diese das Kündigungsschreiben auf den 22.12.2010 rückdatieren solle, um die Kündigungsfrist zu wahren und einen unberechtigten vorzeitigen Austritt als Arbeitnehmerin zu vermeiden.
Die beklagte Partei wollte das Dienstverhältnis mit der Klägerin zum 31.1.2011 noch nicht beenden, sondern schlug eine Beendigung zum 31.3.2011 vor, stimmte allerdings letztlich unter der Voraussetzung einer Dienstnehmerkündigung einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses unter Nichteinhaltung der Kündigungsfrist der Klägerin zum 31.1.2011 zu. Dass zwischen den Geschäftsführern der beklagten Partei, Mag. N ***** M***** und Mag. DI Dr. Z***** M*****, sowie der Klägerin mit dieser mündlich die Zahlung einer freiwilligen 50 %igen Abfertigung auch für die Beendigung des Dienstverhältnisses zur beklagten Partei durch Dienstnehmerkündigung zum 31.1.2011 vereinbart wurde, welche in zwei Raten (die erste Hälfte Ende Februar, die zweite Hälfte Ende März) bezahlt werden sollte, kann nicht festgestellt werden.
Das neue, rückdatierte Kündigungsschreiben mit Datum 22.12.2010 hatte die Klägerin am darauf folgenden Montag, dem 10.1.2011 bei der beklagten Partei abgegeben. Bevor die Klägerin mit 31.1.2011 aus dem Unternehmen der beklagten Partei ausschied, erstellte sie in der letzten Jänner-Woche 2011, im Rahmen der Lohnverrechnung für die ganze Firma, ihre eigene Endabrechnung. Diese Endabrechnung enthält neben dem Monatslohn für Jänner 2011 in der Höhe von EUR 2.258,-- keine weiteren Posten, insbesondere auch nicht den Posten Abfertigung. Dass zwischen den Parteien mündlich vereinbart wurde, dass die klagsgegenständliche Abfertigung nicht in die Endabrechnung der Klägerin aufgenommen werden soll und erst wenn diese Endabrechnung ausbezahlt wurde in einer eigenen Abrechnung auf einem zusätzlichen Lohnzettel hätte erfolgen sollen, kann nicht festgestellt werden, zumal auch nicht festgestellt werden kann, dass überhaupt eine freiwillige Abfertigung zwischen den Parteien vereinbart wurde.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass das klagsgegenständliche Dienstverhältnis mit 31.1.2011 durch Arbeitnehmerkündigung geendet habe. Gemäß § 23 Abs 7 AngG bestehe daher kein gesetzlicher Anspruch auf Abfertigung. Da die Klägerin die Vereinbarung einer freiwilligen Abfertigung in Höhe von 50 % der gesetzlich zustehenden Abfertigung nicht beweisen habe können, wäre das Klagebegehren abzuweisen gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitige Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen bzw unvollständigen Sachverhaltsfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im vollinhaltlich klagestattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1.1.) Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen bzw unvollständigen Sachverhaltsfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung bekämpft die Berufungswerberin zunächst die Feststellung des Erstgerichts, wonach sie Mitte Dezember 2010 ein Vorstellungsgespräch bei ihrem späteren, neuen Arbeitgeber in S***** gehabt habe. An Stelle dieser Feststellung hätte das Erstgericht feststellen müssen, dass sie am 13. oder 14.12.2010 dieses Vorstellungsgespräch gehabt habe. Weiters wird die Feststellung bekämpft, dass sie am 22.12.2010 dem Geschäftsführer der beklagten Partei mitgeteilt habe, dass sie eine neue Arbeit in S***** in Aussicht habe. An Stelle dessen wird die Feststellung begehrt, dass dieses Gespräch nicht am 22.12.2010, sondern bereits am 17.12.2010 stattgefunden habe.
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der 13. bzw 14.12.2010 Mitte Dezember 2010 liegt, sodass kein wesentlicher Unterschied zwischen der bekämpften Feststellung und der begehrten Ersatzfeststellung im Zusammenhang mit dem Termin des Vorstellungsgesprächs der Klägerin beim späteren Arbeitgeber erkannt werden kann. Hinsichtlich des genauen Termins des Gesprächs zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer am 17. bzw 22.12.2010 ist die Relevanz für die Lösung der vorliegenden Rechtsfragen gleichfalls nicht ersichtlich und wird von der Berufungswerberin auch im Rahmen der Berufung nicht näher dargelegt. Mangels Relevanz braucht damit auf das diesbezügliche Berufungsvorbringen nicht weiter eingegangen zu werden.
Gleiches gilt für das Vorbringen, wonach das Erstgericht weiters feststellen hätte müssen, dass der Geschäftsführer der beklagten Partei seine grundsätzliche Bereitschaft zu einer Einigung hinsichtlich der Zahlung der halben Abfertigung abgegeben und gemeint habe, dass dies kein Problem sei, führt doch die Berufungswerberin in ihrer Rechtsmittelschrift ausdrücklich aus, dass sie auch davon ausgeht, dass es bei dem Gespräch am 17.12. bzw 22.12.2010 zu keiner definitiven Einigung gekommen ist.
Auch die Frage, ob im Rahmen des Gesprächs im Dezember 2010 überhaupt über die Möglichkeit der Bezahlung einer Abfertigung für die Klägerin gesprochen wurde, ist nicht von Relevanz sodass eine weitere Auseinandersetzung mit den von der Berufungswerberin in diesem Zusammenhang angestellten Fragen der Glaubwürdigkeit der Geschäftsführers der beklagten Partei Dr. Z***** M***** und Mag. N***** M***** nicht erforderlich ist. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das Erstgericht im Hinblick auf die vorliegenden divergierenden Aussagen diesbezüglich ohnedies eine Negativfeststellung getroffen hat.
Die Berufungswerberin bekämpft weiter die Negativfeststellung des Erstgerichts, wonach nicht festgestellt werden könne, dass zwischen dem Geschäftsführer der beklagten Partei, Dr. Z***** M***** und ihr, mündlich die Zahlung einer freiwilligen 50 %igen Abfertigung auch für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses zur beklagten Partei durch Dienstnehmerkündigung zum 31.1.2011 vereinbart wurde. Das Erstgericht hätte im Hinblick auf die Divergenz der Aussagen der beiden Geschäftsführer der beklagten Parteien feststellen müssen, dass sowohl bei dem Gespräch im Dezember 2010 als auch dem Gespräch am 5.1.2011 davon gesprochen worden sei, dass man sich einigen werde und dann am 5.1.2011 die Vereinbarung hinsichtlich der freiwilligen 50 %igen Abfertigung getroffen wurde, die in zwei Tranchen zu bezahlen gewesen wäre. Dazu wird vorgebracht, dass es für die Klägerin überhaupt keinen Grund gebe, einfach zu behaupten, dass diese Vereinbarung getroffen wurde. Gehe man von den Feststellungen des Erstgerichts aus, so stelle sich dies als „Erfindung“ der Berufungswerberin dar und gebe es keinen wie immer gearteten Grund, ihre Aussage anzuzweifeln. Der Hintergrund wäre für die Klägerin der gewesen, dass sie der beklagten Partei in der Form entgegenkommen wollte, als sie nicht die gesamte Abfertigung angesprochen habe, andererseits sie sich wiederum von der beklagten Partei ein Entgegenkommen hinsichtlich des Termins der Beendigung des Dienstverhältnisses erwartet habe, sodass die geschilderte Vereinbarung getroffen worden sei.
Weiters werde die erstgerichtliche Feststellung bekämpft, dass nicht festgestellt werden könne, dass zwischen den Parteien mündlich vereinbart wurde, dass die klagsgegenständliche Abfertigung nicht in die Endabrechnung der Klägerin aufgenommen werden sollte und erst dann, wenn diese Endabrechnung ausbezahlt werde, eine gesonderte Abrechnung auf einem zusätzlichen Lohnzettel hätte erfolgen sollen. In diesem Zusammenhang hätte das Erstgericht feststellen müssen, dass mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei vereinbart wurde, dass hinsichtlich der Bezahlung der Abfertigung eine eigene Abrechnung angefertigt werde und diese Vereinbarung knapp vor dem Ausscheiden der Klägerin, sohin Ende Jänner 2011, getroffen worden sei. Auch diesbezüglich verweist die Berufungswerberin auf ihre glaubwürdigen Angaben sowie auf das bestehende Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem Geschäftsführer der beklagten Partei, Dr. Z***** M*****. Dazu komme noch, dass eine ähnliche Situation ihrerseits bereits zu bewältigen gewesen sei, als sie aus dem Betrieb, in welchem sie vor ihrer Tätigkeit bei der beklagten Partei beschäftigt war ausgeschieden sei und hier eine ähnliche Regelung getroffen worden sei, die auch von allen Teilen eingehalten worden sei. Aus all diesen Gründen liege daher der Berufungsgrund der unrichtigen bzw unvollständigen Sachverhaltsfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung vor.
1.2.) Diese Ausführungen überzeugen nicht:
Nach dem für das österreichische Zivilprozessrecht geltenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat das Gericht nach seiner persönlichen Überzeugung zu beurteilen, ob ein Beweis gelungen ist oder nicht. Dabei spielen der persönliche Eindruck, die Kenntnis von Lebensvorgängen, Erfahrungen und Menschenkenntnis eine entscheidende Rolle ( Rechberger in Fasching/Konecny² III Rz 4 f zu § 272 ZPO). Daraus folgt, dass die Beweiswürdigung erst dann erfolgreich angefochten werden kann, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel daran rechtfertigen könnten. Der bloße Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht gezogenen Schlussfolgerungen zugelassen hätten, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen führen. Es kann einer Tatsacheninstanz auch nicht verwehrt werden, in freier Beweiswürdigung einem angebotenen Beweismittel keinen Glauben zu schenken oder andere als die vom Beweisführer gewünschten Schlüsse daraus zu ziehen.
Das Erstgericht hat sich in seiner eingehenden Beweiswürdigung gründlich mit den vorliegenden Beweisergebnissen auseinandergesetzt. Auf seine Ausführungen kann daher grundsätzlich verwiesen werden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO).
Ausgehend von den vorliegenden Beweisergebnissen ist deren Würdigung durch das Erstgericht nicht zu beanstanden. Nicht zuletzt konnte sich das Erstgericht auch einen eingehenden persönlichen Eindruck von den jeweils vernommenen Personen verschaffen und hat diesen bei der Beweiswürdigung auch angemessen berücksichtigt. So weit divergierende Aussagen vorlagen, ist das Erstgericht zum Teil auch zum Schluss gekommen, lediglich Negativfeststellungen treffen zu können. Auch der Inhalt der vorliegenden Urkunden, insbesondere des Kündigungsschreibens der Klägerin und der von ihr erstellten Endabrechnung wurde vom Erstgericht berücksichtigt und angemessen gewürdigt.
Die Berufungswerberin betrachtet hingegen die von ihr ins Treffen geführten Beweisergebnisse lediglich aus dem Blickwinkel der für sie günstigen Verfahrensergebnisse und vermag in dem Zusammenhang keine stichhaltigen Gründe dafür darzulegen, wonach die Beweiswürdigung des Erstgerichts bei Berücksichtigung der Gesamtheit der vorliegenden Beweisergebnisse fundierten Bedenken begegnen würde. Der bloße Hinweis auf ihre eigene Glaubwürdigkeit und das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem Geschäftsführer der beklagten Partei reicht nicht hin, die fundierten Ausführungen des Erstgerichts, insbesondere im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorliegenden, von der Klägerin erstellten Urkunden (Kündigungsschreiben und Endabrechnung) zu entkräften.
Auch der Verweis darauf, dass die Klägerin der beklagten Partei in der Form entgegenkommen wollte, als sie nicht die gesamte Abfertigung angesprochen habe, sie sich andererseits aber von der beklagten Partei ein Entgegenkommen hinsichtlich des Termins der Beendigung des Dienstverhältnisses erwartet habe, ist nicht geeignet die Argumentation der Berufungswerberin zu stützen, läuft sie doch darauf hinaus, dass die beklagte Partei der Klägerin in zwei Punkten, nämlich bei der Bezahlung einer freiwilligen Abfertigung und beim Kündigungstermin entgegenkommen hätte müssen, sodass ein gegenseitiges Interesse an dieser Vereinbarung für beide Seiten, die den Abschluss einer solchen plausibel gemacht hätte, nicht ersichtlich ist. Warum Abmachungen der Klägerin mit anderen Arbeitgebern und deren Einhaltung Rückschlüsse auf die vorliegende Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zulassen sollten, ist gleichfalls nicht ersichtlich.
Das Berufungsgericht teilt die Ansicht des Erstgerichtes, dass der Klägerin ausgehend von den vorliegenden Beweisergebnissen der ihr obliegende Beweis einer Vereinbarung mit der beklagten Partei über die Zahlung einer freiwilligen Abfertigung nicht gelungen ist. Im Ergebnis gelingt es der Berufungswerberin auch nicht, Zweifel an der Würdigung der vorliegenden Beweisergebnisse durch das Erstgericht oder den daraus abgeleiteten Tatsachenfeststellungen zu erwecken. Es besteht für das Berufungsgericht damit kein Grund, von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts abzugehen bzw diese nicht zur Gänze der Behandlung der Rechtsrüge zugrunde zu legen (§ 2 Abs 1 ASGG iVm § 498 Abs 1 ZPO).
2.) Davon ausgehend versagt auch die Rechtsrüge .
So weit die Berufungswerberin in diesem Zusammenhang ausführt, dass das Erstgericht den gegenständlichen Sachverhalt rechtlich so beurteilen hätte müssen, dass zwischen dem Geschäftsführer der beklagten Partei Dr. Z***** M***** einerseits und ihr eine Vereinbarung in der Form geschlossen worden wäre, dass sich die beklagte Partei verpflichtet habe, ihr 50 % der gesetzlichen Abfertigung zu bezahlen, negiert sie die gegenteiligen Negativfeststellungen des Erstgerichts und geht daher nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Die Rechtsrüge erweist sich damit als nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Daneben wiederholt die Berufungswerberin im Rahmen der Rechtsrüge inhaltlich lediglich ihr Vorbingen zur Beweisrüge, sodass sie zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zu verweisen ist. Ergänzend dazu ist im Hinblick auf die Argumentation im Rahmen der Rechtsrüge lediglich auszuführen, dass für das Berufungsgericht nicht nachvollziehbar ist, warum das Erstgericht den Inhalt der vorliegenden Urkunden, insbesondere des Kündigungsschreibens und der Endabrechnung nicht im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigen hätte sollen. Die Berufungswerberin betrachtet auch in diesem Zusammenhang die Beweisergebnisse lediglich aus ihrem subjektiven, auf ihren Prozesserfolg hinzielenden Blickwinkel.
So weit im Rahmen der Rechtsrüge ausgeführt wird, dass das Erstgericht sich nicht rechtlich damit auseinandergesetzt habe, dass von ihr angegeben worden sei, dass mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei vereinbart gewesen wäre, dass die Abfertigung nicht auf einmal, sondern eben in zwei Raten zu zahlen wäre, entfernt sie sich in rechtlicher Hinsicht vom festgestellten Sachverhalt bzw ist wiederum auf die Behandlung der Beweisrüge zu verweisen.
Es konnte daher der zur Gänze unberechtigten Berufung der Klägerin kein Erfolg beschieden sein.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf §§ 40, 51 ZPO.
In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass die anwaltlich vertretene beklagte Partei ihre Berufungsbeantwortung in Schriftsatzform am 14. Mai 2012 beim Erstgericht per Post, nicht aber im elektronischen Rechtsverkehr übermittelt hat.
Nach § 89c Abs 5 und 6 GOG in der anzuwendenden Fassung BGBl I Nr 26/2012 sind Rechtsanwälte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß dagegen ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist. Nach den erläuternden Bemerkungen zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes BGBl I Nr 26/2012 (GP XXIV RV 1676, AB 1699) soll durch diese Bestimmung das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung verpflichtete – als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift – zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen. In den Erläuterungen wird weiter ausgeführt, dass vorgesehen werden soll, dass die im neu gefassten § 89c Abs 5 genannten ERV-Teilnehmer/innen in Hinkunft den elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden müssen. Der zwingende Charakter dieser Vorschrift soll dadurch klargestellt werden, dass die Nichtbeachtung wie ein Formmangel zu behandeln ist, der zu verbessern ist.
Dazu ist auszuführen, dass das vom Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien angegebene Ziel der zwingenden Verwendung des elektronischen Rechtsverkehrs durch Rechtsanwälte im vorliegenden Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden hat. So schränkt bereits § 89c Abs 5 GOG diese Verpflichtung auf die „Maßgabe der technischen Möglichkeiten“ ein. Korrespondierend dazu regelt die Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2006) idF BGBl II Nr 141/2012 in § 1 Abs 1c, dass zum elektronischen Rechtsverkehr verpflichtete Teilnehmer (§ 89c Abs 5 GOG) in der nicht im elektronischen Rechtsverkehr übermittelten Eingabe zu bescheinigen haben, dass die konkreten technischen Möglichkeiten im Einzelfall ausnahmsweise nicht vorliegen. Parallel dazu wurde die Bestimmung des § 11 Abs 1a ERV 2006 unverändert belassen, wonach ab 1. Juli 2007 die generellen technischen Möglichkeiten für Rechtsanwälte und Notare vorliegen, die nach dieser Verordnung zugelassenen Eingaben und im Original vorzulegende Beilagen im Grundbuch– oder Firmenbuchverfahren im elektronischen Rechtsverkehr einzubringen. Liegen die konkreten technischen Möglichkeiten dafür im Einzelfall nicht vor, so ist dies vom einbringenden Rechtsanwalt oder Notar in der nicht im elektronischen Rechtsverkehr übermittelten Eingabe glaubhaft zu machen.
Wie schon nach der alten Rechtslage vor Inkrafttreten der Änderung des Gerichtsogranisationsgesetzes BGBl I Nr 26/2012 bzw der Fassung des ERV 2006 idF BGBl II Nr 141/2012 ist § 89c Abs 5 GOG im Hinblick auf die genannten Regelungen des ERV 2006 weiterhin als Ordnungsvorschrift zu sehen (vgl dazu RIS-Justiz RS0124335). Die von der Rechtsprechung als Grundlage der Bewertung als reine Ordnungsvorschrift herangezogene Möglichkeit zur Einbringung von Urkunden und Eingaben außerhalb des elektronischen Rechtsverkehrs besteht weiterhin. Die den Rechtsanwälten und Notaren auferlegte Verpflichtung, im Einzelfall glaubhaft zu machen, dass für den Einschreiter die konkreten technischen Möglichkeiten (noch oder derzeit) nicht bestehen, ist weiterhin als reine Ordnungsvorschrift zu sehen, der jederzeit entsprochen werden kann (vgl 5 Ob 234/08k). Ein inhaltlicher Mangel der Eingabe ist damit nicht verbunden (5 Ob 117/09f).
Ungeachtet des Umstandes, dass also bei einem bloßen Verstoß gegen § 89c Abs 5 GOG kein Form- oder Inhaltsmangel der Eingabe vorliegt, ordnet aber die Vorschrift des § 89c Abs 6 GOG nunmehr an, dass „ein Verstoß gegen Abs 5 wie ein Formmangel zu behandeln (ist), der zu verbessern ist“. Es stellt sich damit die Frage der konkreten Auswirkung dieser Norm auf die Behandlung der vorliegenden Berufungsbeantwortung der beklagten Partei.
Über die Verweisungsnorm des § 2 Abs 1 ASGG sind die Bestimmungen der §§ 84 und 85 ZPO auch im vorliegenden Verfahren anzuwenden. Nach § 84 Abs 1 ZPO hat das Gericht die Beseitigung von Formgebrechen, welche die ordnungsgemäße geschäftliche Behandlung eines überreichten Schriftsatzes zu hindern geeignet sind , von Amts wegen anzuordnen. Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung stellen also darauf ab, ob das Formgebrechen dazu führt, dass dadurch die ordnungsgemäße geschäftliche Behandlung des überreichten Schriftsatzes gehindert wird und ordnet nur in diesem Fall ein Verbesserungsverfahren an.
Hingegen zielt die Bestimmung des § 89c Abs 6 GOG ihrem reinen Wortlaut nach darauf ab, dass ein Verstoß gegen § 89c Abs 5 GOG - ohne Berücksichtigung des Umstandes, ob deshalb eine den Verfahrensgesetzen entsprechende Behandlung des Schriftsatzes gehindert oder eine sonstige konkrete Auswirkung auf das vorliegende Verfahren verbunden ist - jedenfalls ex lege zu einem Verbesserungsverfahren zu führen hat. Dies steht in eindeutigem Widerspruch zur Bestimmung des § 84 Abs 1 ZPO.
Grundsätzlich ist die Frage, ob ein späteres Gesetz dem früheren widerspricht, mit Mitteln der Auslegung festzustellen (RIS-Justiz RS0082338). § 9 ABGB enthält in der Sache den Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ der positivrechtliche Geltung besitzt (RIS Justiz RS0082334). Im Zweifel hebt das spätere Gesetz alle, auch die spezielleren Gesetze eines bestimmten Rechtsgebietes dann auf, wenn es eine Kodifikation ist, also eine beabsichtigte vollständige und abschließende Regelung eines ganzen Rechtsgebietes (RIS Justiz RS0008900). Der Wunsch nach einer abschließenden Regelung aller die Gerichte betreffenden Verfahrensgesetze im Rahmen des GOG im Sinne einer Kodifikation kann dem Gesetzgeber wohl nicht unterstellt werden. Es ist damit davon auszugehen, dass § 84 Abs 1 ZPO auch nach dem Willen des Gesetzgebers weiterhin – auch im Zusammenhang mit der Einbringung von Eingaben bei Gericht – in Geltung stehen soll.
Damit stellt sich die Frage der Vereinbarkeit der Bestimmung des § 89c Abs 5 GOG mit § 84 Abs 1 ZPO. Grundsätzlich ist das Zivilprozessrecht mehr als viele andere Rechtsbereiche durch Formvorschriften gekennzeichnet. Der prozessuale Formalismus ist aber kein Selbstzweck, sondern dient der Eindeutigkeit und Evidenz der Erklärungen und Prozesshandlungen, sowie deren Überprüfbarkeit und damit der Rechtssicherheit. Ferner dient er der Rationalisierung des Verfahrens und der Prozessökonomie. Die Verbesserungsvorschriften sollen sicherstellen, dass ein Form- oder Inhaltsmangel die sachliche Behandlung einer Eingabe nicht hindert und darüber hinaus auch nicht zur sofortigen Erfolglosigkeit des entsprechenden Antrags führt ( Kodek in Fasching/Konecny² §§ 84, 85 ZPO [Rz 1]).
Im vorliegenden Fall entspricht die von der beklagten Partei eingebrachte Berufungsbeantwortung sämtlichen formalen, von den anzuwendenden Bestimmungen der ZPO vorgeschriebenen Formvorschriften und kann damit ohne weiteres dem Verfahren zugrunde gelegt werden. Ein ungeachtet dessen durchgeführtes Verbesserungsverfahren würde der Rationalisierung des Verfahrens und der Prozessökonomie diametral entgegenlaufen und wäre auch sonst ausschließlich mit einer Verfahrensverzögerung aber keinem sonstigen Mehrwert für das vorliegende Verfahren verbunden.
Der streitige Zivilprozess, dem auch das vorliegende arbeitsrechtliche Verfahren unterfällt, war von je her vom Gedanken der Prozessökonomie getragen (vgl schon 1 Ob 246/38). Nicht zuletzt durch die ZVN 2002 wurden die Grundsätze der Verfahrenskonzentration und -beschleunigung vom Gesetzgeber gestärkt und zu einem der wesentlichen Grundsätze des Zivilverfahrens ausgestaltet. Damit erweist sich – zumindest im Bereich des streitigen Zivilprozesses – die Bestimmung des § 84 Abs 1 ZPO als die, im Verhältnis zu § 89c Abs 5 GOG speziellere Norm, der der Vorzug zu geben ist, sodass im Bereich der ZPO (und des ASGG) Verbesserungsaufträge weiterhin nur dann zu erteilen sind, wenn sie dem dargelegten Zweck der Verbesserungsvorschriften entsprechen. Die aus dem Blickwinkel der Prozessökonomie nicht zweckmäßige Bestimmung des § 89c Abs 6 GOG hat damit hier in den Hintergrund zu treten.
Es war damit von der Durchführung eines Verbesserungsverfahrens im Hinblick auf die Berufungsbeantwortung ON 19 abzusehen und der beklagten Partei der diesbezüglich vollinhaltlich richtig verzeichnete Kostenbetrag für diesen Schriftsatz zuzusprechen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im Ergebnis die Voraussetzung der gesetzmäßigen Ausführung der Rechtsrüge zumindest hinsichtlich irgendeiner Rechtsfrage fehlt (RIS-Justiz RS0043352) und damit keine im Revisionsverfahren überprüfbare Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts vorliegt. Hat die unterlegende Partei ihre Berufung nicht auch auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützt und diesen gesetzmäßig ausgeführt, so kann die versäumte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachgetragen werden (RIS-Justiz RS0043480).
Aber selbst so weit in den vorliegenden Berufungsausführungen eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge erblickt werden sollte, scheitert die Zulässigkeit der ordentlichen Revision am fehlenden Vorbringen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.
Hinsichtlich der Entscheidung im Kostenpunkt ist die Erhebung eines weiteren Rechtsmittels jedenfalls unzulässig (vgl § 528 Abs 2 Z 3 ZPO).