JudikaturOLG Wien

30R28/12a – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. Juli 2012

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Pöschl als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichts Dr. Hinger und Mag. Guggenbichler in der Rechtssache der klagenden Partei K***** gegen die beklagte Partei B***** wegen Unterlassung über den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 27.4.2012, 11 Cg 16/12h 7, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil wird geändert und lautet:

«Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen an Prozesskosten EUR 2.029,05 (darin EUR 226,01 USt und EUR 673,00 Barauslagen) zu ersetzen.»

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die Kosten des Rekursverfahrens von EUR 225,07 (darin EUR 37,51 USt) zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung

1. In der Klagebeantwortung anerkannte die Beklagte das auf Unterlassung gerichtete Klagebegehren vollständig, beantragte jedoch Kostenzuspruch nach § 45 ZPO. Die dabei – in der angefochtenen Entscheidung negierten – Argumente spielen im Rekursverfahren keine Rolle, weil sich die Beklagte nun nur gegen die Höhe der zugesprochenen Kosten wendet.

Die Klägerin erstattete vor der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung einen vorbereitenden Schriftsatz, in dem sie die Kostenersatzpflicht der Beklagten bejaht. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung (zu deren Datum s. unten) verkündete das Erstgericht das Anerkenntnisurteil und sprach aus, dass die Beklagte zum Kostenersatz verpflichtet sei. In der Urteilsausfertigung (der Geschäftsabteilung am 14.5.2012 übergeben) bezifferte es die Ersatzpflicht mit EUR 3.323,08 (darin EUR 673,-- Barauslagen und EUR 441,68 USt) und führte dazu aus, die Beklagte habe gegen die verzeichneten Kosten keine Einwände erhoben.

Rechtliche Beurteilung

2. Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, den zugesprochenen Betrag

auf EUR 1.926,28 zu reduzieren (Reduktion um EUR 1.396,80).

Der Kläger beantragt, dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.

Der Kostenrekurs ist überwiegend berechtigt.

3.1 [...]

3.2 Es trifft zu, dass durch das Anerkenntnis des gesamten Klagebegehrens nur mehr die Kostenfrage strittig war, weshalb ab dem Anerkenntnis die Bemessungsgrundlage nach § 12 Abs 4 lit b RATG EUR 730,-- betrug. Grundlage dafür ist § 12 Abs 3 RATG, der in nicht weiter zu problematisierenden Weise darauf abstellt, ob der Streit „teilweise erledigt“ wird, was bei einem Anerkenntnis zwanglos genauso anzunehmen ist wie zum Beispiel bei der Einschränkung des Klagebegehrens (vgl RIS Justiz RW0000069 = OLG Wien 14 R 149/02p; in Obermaier , Kostenhandbuch2 Rz 690 unerörtert). Das gilt im vorliegenden Fall schon deshalb, weil wegen des in der Klagebeantwortung ausgesprochenen Anerkenntnisses das Unterlassungsbegehren schon bei Aufruf der Sache nicht mehr strittig war. Das Rekursgericht sähe es als zu formalistisch an, dass das Anerkenntnis erst durch Vortrag der Klagebeantwortung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung wirksam würde. Dort, wo das Gesetz Prozesserklärungen mit Schriftsatz zulässt, werden sie mit ihrer Zustellung wirksam; ausgenommen wäre der (hier nicht relevante) Fall, dass die Partei den Vortrag in der Folge unterlässt oder die abgegebene Erklärung widerruft. (Die Frage, unter welchen Umständen der Widerruf von Prozesserklärungen möglich ist, braucht hier nicht untersucht zu werden.)

Das Rekursgericht sieht auch kein Problem der Über- oder Unterordnung zwischen § 12 Abs 3 und 4 RATG und TP 2 II.1.c RATG; vielmehr ist die Geltung beider Normen nebeneinander möglich, ohne dass darin eine Unbilligkeit zu erblicken wäre. Es spricht nichts dagegen, die Frage der Bemessungsgrundlage und die Frage des auf dieser Basis anzuwendenden Ansatzes denklogisch voneinander zu trennen. Die Anwendung des RATG insgesamt erfordert diese Trennung ständig. Dass bestimmte Konstellationen dazu führen, dass sich einerseits die Bemessungsgrundlage nach unten ändert und andererseits bestimmte Prozesshandlungen nicht nach der einen, sondern nach einer anderen Tarifpost zu beurteilen sind, bringt keine Wertungswidersprüche mit sich.

Die Überlegung, § 12 Abs 3 RATG und TP 2 II.1.c RATG in Widerspruch zu setzen und deshalb nur die eine oder andere Norm anzuwenden, wäre nur begründbar, wenn dem Gesetz eine „Zweifelsregel“ zu entnehmen wäre, wonach stets ein möglichst hoher Kostenbetrag festzusetzen wäre (weshalb die Annahme zweier Tatbestände, die den Endbetrag verringern, zu vermeiden wäre). Eine solche Zweifelsregel enthält das RATG nicht.

Das bedeutet, dass sowohl für den Schriftsatz des Klägers vom 16.3.2012, ON 4, der sich nur – wenn auch weitwendig – mit der Kostenfrage auseinandersetzt, als auch für die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 27.4.2012 als Bemessungsgrundlage EUR 730,-- heranzuziehen sind.

Nicht im Recht ist die Beklagte allerdings mit dem Argument, der Schriftsatz des Klägers sei nur nach TP 2 zu honorieren; der Schriftsatz gehört zu jenen, die in TP 3 I.1.d RATG genannt sind.

Auch die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung unterliegt TP 3A RATG; der Fall von TP 2 II.1.c RATG läge nach Ansicht des Rekursgerichts nur vor, wenn der Streit durch das Anerkenntnisurteil völlig – das heißt inklusive Kostenentscheidung – erledigt wäre.

Kosten für die Einwendungen gegen die Kostennote stehen nicht zu (§ 54 Abs 1a letzter Satz ZPO).

3.3 Es ergibt sich folgende Berechnung: [...]

4. Zu den Kosten des Rekursverfahrens: Die Beklagte begehrte eine Herabsetzung ihrer Kosten um EUR 1.396,82 und erreichte eine Herabsetzung um EUR 1.204,03 (über 90 %). Nach § 43 Abs 2 ZPO ist sie als obsiegend anzusehen und erhält die – richtig verzeichneten – Kosten des Rekurses ersetzt.

5. § 528 Abs 2 Z 3 ZPO schließt den weiteren Rechtszug aus.

Rückverweise