9Rs134/11h – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Blaszczyk als Vorsitzende, die Richter des Oberlandesgerichtes Mag. Brandl und Mag. Zechmeister (Senat gemäß § 11a Abs 2 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei ***** , vertreten durch *****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt , *****, vertreten durch *****, ebendort, wegen Witwenpension, infolge Rekurses der beklagten Partei (Rekursinteresse: EUR 399,99) gegen die im Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27.06.2011, 18 Cgs 152/10i-13, enthaltene Kostenentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Text
Mit dem ausschließlich im Kostenpunkt angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die beklagte Partei gegenüber der Klägerin zur Gewährung einer Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß ab 01.04.2010 nach dem am 05.03.2010 verstorbenen ***** sowie zum Kostenersatz im Betrag von EUR 1.392,25. Die Kostenentscheidung stützte das Erstgericht ohne weitere Ausführungen auf § 77 ASGG.
Soweit die beklagte Partei zu einem über EUR 992,26 hinausgehenden Kostenersatz verpflichtet wurde, richtet sich gegen die Kostenentscheidung der Kostenrekurs der beklagten Partei ausschließlich aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abzuändern, dass der beklagten Partei lediglich ein Verfahrenskostenersatz in Höhe von EUR 992,26 auferlegt werde.
Der Kläger beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Vorweg ist der Umstand näher zu behandeln, dass die beklagte Partei gegen die vom Klagevertreter unmittelbar vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tagsatzung vom 27.04.2011 gelegte Kostennote (AS 33) keine Einwendungen gemäß §§ 2 ASGG, 54 Abs 1a ZPO erhob.
Gemäß Art 39 Abs 10a Budgetbegleitgesetz 2011 BGBl Nr 111/2010 ist im vorliegenden Fall § 54 Abs 1a ZPO in der ab 01.01.2011 geltenden Fassung dieses Bundesgesetzes anzuwenden. Demnach hat das Gericht das von einer Partei am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz zu übergebende Kostenverzeichnis seiner Entscheidung ungeprüft zu Grunde zu legen, soweit der durch einen Rechtsanwalt vertretene Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt.
Die beklagte Partei war in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.04.2011 durch eine Arbeitnehmerin somit eine gemäß § 40 Abs 1 Z 3 ASGG qualifizierte Person vertreten. Gemäß § 40 Abs 3 ASGG treten die mit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt verbundenen Rechtsfolgen auch dann ein, wenn eine Partei durch eine andere qualifizierte Person im Sinne des § 40 Abs 1 Z 2 bis 5 ASGG vertreten wird. Ausgenommen davon ist nur der Kostenersatzanspruch der qualifiziert vertretenen Partei (§ 40 Abs 3 Z 1 ASGG). Eine weitere Ausnahme im Sinne des § 40 Abs 3 Z 2 ASGG normiert das Gesetz im hier relevanten Zusammenhang nicht. Damit findet die Regelung des § 54 Abs 1a ZPO idF BGBl Nr. 111/2010 auch auf die beklagte Partei und ihre Vertreterin Anwendung (OLG Wien 7 Rs 131/11b).
In diesem Zusammenhang ist dem Protokoll der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.04.2011, ON 12, nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Klagevertreter entsprechend der in § 54 Abs 1a ZPO normierten Verpflichtung auch der beklagten Partei ein Kostenverzeichnis ausgehändigt hat, weil vom Erstgericht lediglich festgehalten wurde: „KV legt Kostennote“. Da die beklagte Partei aber selbst in ihrem Rekurs kein Vorbringen dahingehend erstattet, dass den Vorschriften des § 54 Abs 1a ZPO nicht entsprochen worden wäre, ist jedoch davon auszugehen, dass sie ein Kostenverzeichnis des Klagevertreters erhalten hat, zumal sie sich in ihrem Rekurs inhaltlich mit dem Kostenverzeichnis des Klägers auseinandergesetzt hat (vgl. 7 Rs 145/09h). Sofern ein Kostenverzeichnis lediglich dem Gericht rechtzeitig übergeben wurde, nicht jedoch auch dem Prozessgegner und dieser in weiterer Folge deswegen keine Einwendungen dagegen erhebt, hat der Prozessgegner in einem nachfolgenden Kostenrekurs die Verletzung der in § 54 Abs 1a ZPO normierten Pflicht zur Aushändigung des Kostenverzeichnisses zumindest zu behaupten. Der bloße Umstand, dass die Aushändigung des Kostenverzeichnisses an den Prozessgegner nicht protokolliert wurde, reicht für sich noch nicht aus, um zwingend von einer unterlassenen Aushändigung auszugehen (vgl Obermaier , Kostenhandbuch² Rz 56).
Die beklagte Partei hat keine Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der klagenden Partei erhoben, sodass das Erstgericht gemäß §§ 2 ASGG, 54 Abs 1a zweiter Satz ZPO idF BGBl Nr. 111/2010 das Kostenverzeichnis der klagenden Partei ungeprüft seiner Kostenentscheidung zugrunde legen konnte.
Soweit die Rekurswerberin einerseits moniert, dass die klagende Partei für die Klage, den Schriftsatz vom 10.12.2010 sowie die beiden Tagsatzungen vom 14.02. und 23.05.2011 (richtig: 27.04.2011) jeweils EUR 145,02 verzeichnet habe anstatt auf Basis des im sozialgerichtlichen Verfahren gesetzlich mit EUR 3.600,-- festgesetzten Streitwertes die Leistung nach TP 3A mit lediglich EUR 129,20, andererseits die im Kostenverzeichnis angeführte pflegschaftsbehördliche Genehmigung nicht vorgelegt worden sei und sich auch sonst nicht im Gerichtsakt finde, beruft sie sich nicht auf das Vorliegen von bloßen Schreib- oder Rechenfehlern oder auf anderen offenbaren Unrichtigkeiten beruhende Fehler. Das Erstgericht hatte daher im Hinblick das Erkenntnis des VfGH G280/09 vom 3.12.2010, wonach bei der Bestimmung § 54 Abs 1a ZPO idF BGBl I 2009/52 eine verfassungskonforme Interpretation dahingehend geboten ist, dass das Kostenverzeichnis nur die Grundlage für die gerichtliche Entscheidung bildet, das Gericht aber auf Schreib- oder Rechenfehlern oder anderen offenbaren Unrichtigkeiten beruhende Fehler zu korrigieren hat.. die von der klagenden Partei verzeichneten Kosten seiner Entscheidung ungeprüft zu Grunde zu legen.
Rechtliche Beurteilung
Dem unberechtigten Kostenrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.
Gemäß § 11a Abs 2 Z 2 ASGG war die Entscheidung über den Kostenrekurs durch einen Dreiersenat des Oberlandesgerichtes ohne Beiziehung fachkundiger Laienrichter zu fällen.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 2 ASGG iVm § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.