8Ra52/09i – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Lindner als Vorsitzenden, die Richterin des Oberlandesgerichtes Mag. Schredl und den Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Rassi (Senat gemäß § 11a Abs. 2 Ziffer 2 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I*****, vertreten durch Dr. Andreas Frank, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Mag. Jürgen Payer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 6.570,56 sA, über die Rekurse der klagenden Partei gegen die Beschlüsse des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21.8.2007, GZ 10 Cga 53/05v-36, und vom 20.2.2009, GZ 10 Cga 53/05v-38, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Text
1. Dem Rekurs gegen den Beschluss vom 21.8.2007 (ON 36) wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschlus, der hinsichtlich der Bestimmung der Gebühr des Dolmetsch M*****, mit EUR 154,40 teilrechtskräftig ist, wird in seinem Ausspruch über die Ersatzpflicht nach § 2 GEG sowie die an den Kläger gerichtete Anweisung zum Erlag von EUR 154,40, dahin abgeändert, dass er lautet:
„...
Die Ersatzpflicht gegenüber dem Dolmetsch M***** trifft gemäß § 42 Abs 1 GebAG die beklagte Partei.“
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
2. Der Rekurs gegen den Beschluss vom 20.2.2009 (ON 38) wird zurückgewiesen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig
Begründung
Die Beklagte wurde mit Urteil des Erstgerichtes vom 25.4.2007 (ON 32) rechtskräftig zur Zahlung von EUR 6.570,56 sA sowie zum Ersatz der Prozesskosten verurteilt.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21.8.2007 (den Streitteilen zugestellt am 16.2.2009) wurden die Gebühren des Dolmetsch M***** für die Teilnahme an der Tagsatzung am 25.4.2007 mit EUR 154,40 bestimmt. Dieser Gebührenbestimmung lag zugrunde, dass der Dolmetsch gemäß § 34 Abs 2 GebAG auf die Zahlung der Gebühren aus Amtsgeldern verzichtet hat und die Gebühren gemäß dem sogenannten Gebührensplitting nach seinen außergerichtlichen Erwerbseinkünften verzeichnet hat. Das Erstgericht sprach aus, dass die vorläufige Ersatzpflicht gemäß § 2 GEG den Kläger treffe und wies diesen an, binnen drei Wochen EUR 154,40 beim Rechnungsführer zu hinterlegen. Mit Amtsvermerk vom 27.9.2007 bestätigte das Erstgericht, dass der Beschluss ON 36 rechtskräftig und vollstreckbar ist.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 20.2.2009 (ON 38) wurde diese erteilte Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung aufgehoben.
Die am 21.8.2007 erteilte Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung des Urteils ON 32 blieb davon unberührt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die im Beschluss ON 36 ausgesprochene vorläufige Ersatzpflicht des Klägers nach § 2 GEG und die an ihn gerichtete Anweisung, EUR 154,40 beim Rechnungsführer zu erlegen, richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss in diesem Umfang aufzuheben.
Den Beschluss ON 38 bekämpft der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt dessen Behebung.
Der Rekurs gegen den Beschluss ON 36 ist berechtigt; der Rekurs gegen
den Beschluss ON 38 ist zurückzuweisen.
Zum Rekurs gegen den Beschluss ON 36:
Nach dem gemäß § 53 Abs 1 GebAG auch auf Dolmetscher sinngemäß anzuwendenden § 34 Abs 2 GebAG hat der Dolmetsch auf die Zahlung der Gebühr aus Amtsgeldern verzichtet.
Kann in einem solchen Fall die Gebühr nicht aus einem erliegenden Kostenvorschuss beglichen werden, hat das Gericht unter sinngemäßer Anwendung des § 2 Abs 1 GEG auszusprechen, welche Partei zur Bezahlung der Gebühren an den Sachverständigen (den Dolmetsch) verpflichtet ist. Gegen diesen Beschluss ist der Rekurs zulässig. Ersucht der Sachverständige (der Dolmetsch) um die Einhebung des durch einen erliegenden Kostenvorschus nicht gedeckten Betrages, so ist dieser nach den für die Einbringung der gerichtlichen Gebühren und Kosten geltenden Vorschriften für den Sachverständigen (den Dolmetsch) einzubringen (§§ 42 Abs 1, 53 GebAG).
Gemäß § 2 Abs 1 GEG sind die im § 1 Z 5 GEG genannten Kosten (also auch jene der Sachverständigen und Dolmetscher), sofern kein Kostenvorschuss erlegt wurde, oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese ... sind dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehen Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Hiebei ist, wenn wenn über die Kostenersatzpflicht der Parteien schon rechtskräftig entschieden worden ist, von dieser Entscheidung auszugehen. Mangels einer Vorschrift oder Entscheidung sind diese Beträge von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlasst haben oder in dessen Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde.
Aus dieser Regelung ergibt sich zunächst, dass der erste Halbsatz des § 2 Abs 1 GEG hier nicht anwendbar ist, weil der Dolmetsch auf die Zahlung aus Amtsgeldern verzichtet hat. Dennoch ist gemäß § 42 Abs 1 GebAG vom Gericht unabhängig von der Höhe der bestimmten Gebühren auszusprechen, welche Partei gegenüber dem Sachverständigen (dem Dolmetsch) zur Bezahlung der Gebühren verpflichtet ist. § 2 Abs 2 GEG ist nicht anwendbar.
Nach § 2 Absatz 2 GEG hat der Vorsitzende des erkennenden Gerichtes mit Beschluss dem Grunde nach zu bestimmen, welche Partei in welchem Umfang die Kosten einer Amtshandlung, die den Betrag von EUR 300,-- übersteigen, und die aus Amtsgeldern zu berichtigen oder berichtigt worden sind, zu ersetzen hat. Bei einem EUR 300,-- nicht übersteigenden Betrag, sofern sie aus Amtsgeldern zu berichtigen sind oder berichtigt wurden, obliegt die Entscheidung gemäß § 2 Abs 2 GEG dem Kostenbeamten im Verwaltungsweg (Krammer/Schmidt, SDG-GebAG3, Anh
§ 42 GebAG Anmerkung 16 und E 95 f je mwN; hg 14 R 34/09m).
§ 42 Abs 1 GebAG verweist nicht auf § 2 Abs 2 GEG. Somit ist in den Fällen, in denen der Sachverständige (der Dolmetsch) auf die Auszahlung aus Amtsgeldern verzichtet, immer vom Gericht (und nicht vom Kostenbeamten) über die Kostenersatzpflicht der Parteien gegenüber dem Sachverständigen (dem Dolmetsch) zu entscheiden. Ohne eine solche Entscheidung könnte der Sachverständige (der Dolmetsch) seine Gebühren nie erhalten, könnte er sie doch wegen seines Verzichts weder aus Amtsgeldern begehren, noch wäre es zulässig, sie von den Parteienvertretern zu fordern. Einer Klage des Sachverständigen (des Dolmetsch) stünde die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegen (Krammer/Schmidt, SDG-GebAG3, § 38 GebAG Anmerkung 1).
Wendet man § 2 Abs 1 GEG sinngemäß an, so ist beim Ausspruch, welche Partei die Gebühren gegenüber dem Sachverständigen zu ersetzen hat, primär von der rechtskräftigen Kostenentscheidung im Urteil auszugehen. Danach trifft die Kostenersatzpflicht die Beklagte. Somit hat nicht der Kläger, sondern die Beklagte dem Dolmetsch die Gebühren zu ersetzen.
Dem Rekurs, der inhaltlich eine Ersatzpflicht der Beklagten anstrebt, war daher Folge zu geben und gemäß § 42 Abs 1 GebAG (nicht nach § 2 GEG) auszusprechen, dass die Ersatzpflicht die Beklagte trifft. Ein - wirkungsloser und nicht exekutiv durchsetzbarer - Auftrag zum Erlag eines (nachträglichen) Kostenvorschusses hatte zu unterbleiben (vgl Krammer/Schmidt SDG-GebAG3, Anh § 42 GebAG E 24). Für die Anweisung des Gerichtes an eine Partei, die nicht durch einen Vorschuss gedeckten Gebühren an den Dolmetsch bei Gericht zu erlegen, fehlt eine gesetzliche Grundlage. Es ist Sache des Dolmetsch, nach Rechtskraft dieses Beschlusses die Gebühren von der Beklagten zu verlangen und – wenn sie nicht bezahlt werden sollten – die gerichtliche Einhebung zu begehren.
Zum Rekurs gegen den Beschluss ON 38:
In seinem Rechtsmittel geht der Kläger irrtümlich davon aus, dass das Erstgericht die Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung des in der Hauptsache ergangenen Urteils ON 32 aufgehoben hat. Tatsächlich hat das Erstgericht jedoch die Bestätigung der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeit des angefochtenen Beschlusses ON 36 aufgehoben. Nach ständiger Rechtssprechung und Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse voraus, ist es doch nicht Sache der Rechtsmittelinstanz nur rein theoretisch Fragen zu entscheiden (SZ 52/86; SZ 61/6 uva). Durch die angefochtene Entscheidung kann sich der Kläger weder in formeller noch in materieller Hinsicht beschwert erachten. Seine Rechtsstellung wurde durch die Aufhebung der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung des Gebührenbeschlusses in keiner Weise beeinträchtigt, sodass das Rechtsmittel mangels Beschwer zurückzuweisen war (Krammer in Fasching/Konecny2, § 365 ZPO, Rz 15 ff; hg 14 R 175/08w).
Der Revisionsrekurs ist gemäß §§ 2 ASGG, 528 Abs 2 Z 5 ZPO jedenfalls unzulässig (vgl Zechner in Fasching/Konecny, § 528 ZPO, Rz 174 ff). Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11