JudikaturOLG Wien

3R37/08w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
10. Oktober 2008

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Jelinek als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Herberger und Mag. Guggenbichler in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Rechtsanwalts-Gesellschaft m.b.H. , *****, vertreten durch MMag. Dr. Rudolf Jirovec ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei M***** OEG, ***** , vertreten durch GRAFF NESTL BAURECHT ZORN Rechtsanwälte GmbH in Wien wegen (zuletzt) EUR 4.819,97 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 11.12.2007, GZ 46 Cg 92/06h-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 10.4.2006, 3 S 58/06h, wurde über das Vermögen der Beklagten der Konkurs eröffnet. Die Klägerin meldete eine Konkursforderung im Gesamtbetrag von EUR 28.729,69 an. Ihre Forderungsanmeldung (Beil./1) hatte folgenden Inhalt:

„Die Gläubigerin meldet ihre nachstehend näher bezeichnete Forderung gegen die Gemeinschuldnerin mit

Kapitalforderung

(hievon lt. Zahlungsbefehl 19 Cg 251/05d,

vollstreckbar vom 28.12.2005 € 7.000,00) € 25.149,58

Zinsen seit 1.3.2005 bis Konkurseröffnung

aus Titel € 745,76

Zinsen seit 1.3.2005 aus € 18.149,58 gem.

§ 1333 Abs 2 ABGB (restliche

(Kapitalforderung) € 1.933,61

Zinseszinsen seit 8.11.2005 € 7,63

Kosten (Titel) € 559,86

Zinsen aus Kosten € 9,26

Kosten (Antrag) 323,99

Gesamtbetrag € 28.729,69

an und beantragt die Feststellung dieser Forderung als Konkursforderung.

Die Antragstellerin hat auftragsgemäß rechtliche Vertretungs- und Beratungsleistungen erbracht und hiefür der Gemeinschuldnerin das angemessene Honorar in Höhe von € 25.149,58 in Rechnung gestellt; aus ökonomischer Vorsicht wurde vorerst nur ein Teilbetrag in Höhe von € 7.000,00 gerichtlich geltend gemacht.

Die Rechnung und der Zahlungsbefehl sind der Gemeinschuldnerin bekannt und können über Aufforderung jederzeit vorgelegt werden.“

In ihrer am 5.12.2006 als Prüfungsklage (§ 110 KO) eingebrachten Klage brachte die Klägerin vor, die Masse-verwalterin habe die angemeldete Forderung nur soweit anerkannt, als diese durch einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl über EUR7.000,-- samt 9,47 % Zinsen seit 1.3.2005 bis 9.4.2006 sowie Kosten des Zahlungsbefehles und der Exekutionsbewilligungen tituliert sei, und begehrte die Feststellung der von der Masseverwalterin bestrittenen Forderung von EUR 20.083,19 als weitere Konkursforderung. Die Klägerin habe für die Gemeinschuldnerin auftragsgemäß rechtliche Vertretungs- und Beratungsleistungen erbracht und die dafür tarifmäßig angemessenen Honorare verrechnet. Die Klagsforderung stelle sich wie folgt dar:

Nicht titulierte Kapitalforderung EUR 18.149,58

Zinsen bis Konkurseröffnung EUR 1.933,61

Gesamtbetrag EUR 20.083,19

Nach Zustellung der Klage an die Masseverwalterin am 15.12.2006 wurde im Konkursverfahren am 18.12.2006 ein Zwangsausgleich angenommen und mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 18.12.2006 bestätigt. Nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleiches wurde der Konkurs am 9.1.2007 aufgehoben.

Nach dem Inhalt des Zwangsausgleiches (siehe Insolvenzdatei, HG Wien, 3 S 58/06h) erhalten die Konkursgläubiger eine 24 %ige Quote, zahlbar wie folgt:

a) 15,5 % binnen 14 Tagen nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleiches,

b) je 3 % bis 30.9.2007 und 31.3.2008 sowie

c) 2,5 % bis 30.11.2008

In ihrer am 10.1.2007 (Datum der Postaufgabe) eingebrachten Klagebeantwortung wies die Beklagte auf die Konkursaufhebung infolge rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleiches hin und bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Die Leistungen der Klägerin seien nicht in dem von ihr geltend gemachten Umfang erbracht worden. Die erbrachten Leistungen seien von der Beklagten bereits vereinbarungsgemäß bezahlt worden. Das Vorbringen der Klägerin, wonach eine Klagsforderung in Höhe von EUR 20.083,19 bestehen solle, sei nicht nachvollziehbar. Die Klage sei daher unschlüssig und zurückzuweisen.

In der Verhandlungstagsatzung vom 17.4.2007 stellte die Klägerin das Klagebegehren dahingehend um, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin „ eine Quote von 24 % aus EUR 20.083,19 gemäß den Bestimmungen des mit den Gläubigern zu 3 S 58/06h des HG Wien abgeschlossenen Zwangsausgleiches bei sonstigem Wiederaufleben der gesamten Forderung zu bezahlen, sowie die Prozesskosten binnen 14 Tagen “ (S 3f in ON 10).

Weiters schlüsselte die Klägerin die klagsgegenständliche Honorarforderung wie folgt auf (AS 35 in ON 9):

- Vertretungskosten im Verfahren

22 C 539/99i des BG Hernals laut

Kostennote Beil./A EUR 7.867,35

abzüglich Akonto vom 17.9.2004 von

EUR 500,-- EUR 7.367,35

- Vertretungskosten im Verfahren

22 C 312/02i des BG Hernals laut

Kostennote Beil./B EUR 7.227,04

- Vertretungskosten im Schlichtungs-

stellenverfahren laut Kostennote

Beil./C, aus welcher ein Teilbe-

trag von EUR 3.060,19

aushafte.

-Zinsen laut Forderungsanmeldung EUR 1.933,61

Summe EUR 20.083,19

Zum Kostenverzeichnis über EUR 7.867,35 Beil./A legte die Klägerin in der Verhandlung vom 17.4.2007 eine Detaillierung als Beil./A1 vor. Ergänzend brachte sie vor, es seien auch die Honorarforderungen laut diesem Kostenverzeichnis nicht verjährt. Am 21.4.2004 und am 8.6.2004 seien betreffend das Honorar von etwa EUR 7.000,-- für die Vertretung in einem Räumungsverfahren Vergleichsgespräche geführt worden. Die Beklagte habe Ratenzahlung zugesagt und die Forderung anerkannt. Am 17.9.2005 seien dann EUR 500,-- bezahlt worden (S 2 in ON 10).

Zum Kostenverzeichnis über EUR 13.819,41 Beil./C, welches Leistungen in den Jahren 2000 bis 2004 enthält, legte die Klägerin ein weiteres Kostenverzeichnis als Beil./C1 vor, in welchem Leistungen in den Jahren 2003 und 2004 verzeichnet sind (S 3 in ON 10). Hiezu brachte sie in der Folge vor, von dem Betrag von EUR 13.819,41 laut Kostenverzeichnis Beil./C seien folgende Beträge abzuziehen:

Zahlungsbefehl EUR 7.000,--

Zahlung vom 7.4.2001 EUR 363,--

Zahlung vom 11.7.2002 EUR 1.000,--

Zahlung vom 21.1.2003 EUR 500,--

Zahlung vom 31.7.2003 EUR 1.000,--

Zahlung vom 21.4.2004 EUR 1.000,--

Es habe noch weitere Zahlungen gegeben, die aber nicht „auf diese gegenständlichen Prozesse“ angerechnet worden seien (S 4 in ON 12).

Aus dem Kostenverzeichnis Beil./C würden nur mehr die Leistungen aus den Jahren 2003 und 2004 wie in Beil. /C1 geltend gemacht (S 4 in ON 12).

Die Beklagte wendete ein, die Leistungserbringung der Klägerin in dem angegebenen Umfang könne mangels detailliert aufgeschlüsselten Kostenverzeichnisses nicht nachvollzogen werden. Die Honorarnoten Beil./A bis Beil./C seien - abgesehen von der Anmeldung im Konkurs - gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht worden. Es sei keine ordnungsgemäße Rechnungslegung erfolgt (S 3 in ON 10).

Nach Beendigung des Verfahrens 22 C 312/02i des BG Hernals habe die Beklagte am 8.6.2004 EUR 3.000,-- an die Klägerin bezahlt. Weiters seien in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt EUR 5.000,-- (in Tranchen zu EUR 500,-- und EUR 1.000,--) an die Klägerin bezahlt worden. Dr. Jirovec sei Samstag und Sonntag in den Eissalon gekommen und habe die Zahlungen erhalten (S 2 in ON 10).

Jedenfalls seien die in Rechnung gestellten Leistungen aus den Jahren 1999 bis 2003 verjährt. Es hätten weder Vergleichsgespräche stattgefunden noch sei eine Ratenvereinbarung geschlossen worden (S 3 in ON 10).

Schließlich brachte die Beklagte in der Verhandlungstagsatzung vom 4.9.2007 vor, die Klägerin könne sich nur „auf die Rechtsgrundlage der Forderungsanmeldung Beil./1“ stützen. Es sei bereits im Juni 2006 bekannt gewesen, dass die Masseverwalterin die Forderung bestritten habe. Dennoch sei die Klage erst im Dezember 2006 eingebracht worden. Dies sei „im Sinne des § 110 KO eine übermäßig lange Zeit“. Die Forderung sei daher verjährt, weil sie zu spät eingeklagt worden sei. Das Vorbringen der Klägerin „hinsichtlich Vergleich und laufenden Zahlungen“ könne nicht Klagsgegenstand sein (S 3 in ON 12).

Mit dem angefochtenen Beschluss erklärte das Erstgericht das durchgeführte Verfahren für nichtig und wies die Klage zurück. Weiters verpflichtete es die Klägerin zum Kostenersatz an die Beklagte in Höhe von EUR 5.572,02. Ausgehend vom Inhalt der seinerzeitigen Forderungsanmeldung der Klägerin im Konkurs (Beil./1) führte es rechtlich zusammengefasst aus, das Klagebegehren könne nur auf den Grund gestützt werden, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden sei. Gemäß § 103 Abs 1 KO seien neben dem Betrag der Forderung die Tatsachen, auf die sie gegründet sei, anzugeben und auch die Beweismittel zu bezeichnen, die zum Nachweis der behaupteten Forderung beigebracht werden könnten. Im Prüfungsprozess nach § 110 KO könnten nur solche bestrittene Forderungen geltend gemacht werden, die schon in der Anmeldung ausreichend substantiiert und konkretisiert worden seien. Da die Klägerin die Beklagte in diversen Verfahren beraten und vertreten habe, könne vom Gericht aufgrund der im Konkurs erfolgten, in keiner Weise aufgeschlüsselten Forderungsanmeldung nicht geprüft werden, ob die im Konkurs angemeldete Forderung ident sei mit den Honoraren aus den hier geltend gemachten Kostenverzeichnissen (Beil. ./A bis ./C1).

Grund und Höhe der in der Klage behaupteten Ansprüche könnten aus der Forderungsanmeldung der Klägerin nicht abgeleitet werden. Das dennoch durchgeführte Verfahren sei daher nichtig, die Klage zurückzuweisen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und unrichtiger Tatsachenfeststellung mit dem primären Antrag, den bekämpften Beschluss ersatzlos zu beheben.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Ergebnis berechtigt.

Gegenstand des Prüfungsprozesses im Sinn des § 110 Abs 1 KO ist der Konkursteilnahmeanspruch des Gläubigers, so wie er Gegenstand der Prüfungsverhandlung war (RIS-Justiz RS0065601). Wie das Erstgericht grundsätzlich richtig ausführte, ist im Prüfungsprozess nur die Feststellung einer im Prüfungsverfahren bestrittenen Forderung zulässig, die in der Anmeldung ausreichend subsantiiert und konkretisiert wurde, weil nur auf diese Weise die Identität der im Prüfungsprozess geltend gemachten mit der im Konkursverfahren angemeldeten Forderung festgestellt werden kann. Dem entsprechend hat schon die Forderungsanmeldung den notwendigen Inhalt einer Klage (§226 ZPO) zu enthalten. Die Anmeldung muss so bestimmt sein, dass sie dem Masseverwalter, dem Gemeinschuldner und den Konkursgläubigern die Möglichkeit gibt, sich über den Bestand der angemeldeten Forderung zu informieren, um sie in die Lage zu versetzen, sich bei der Prüfungstagsatzung zu der angemeldeten Forderung richtig zu erklären (8 Ob 173/02b). Wenngleich an die Beurteilung, ob eine Forderungsanmeldung im Konkurs die gesetzlichen Inhaltserfordernisse erfüllt, ein strenger Maßstab anzulegen ist, dürfen die gestellten Anforderungen nicht zu einem über das eigentliche Ziel der ausreichenden Nachvollziehbarkeit und Individualisierbarkeit der Forderung hinausschießenden Formalismus führen (8 Ob 173/02b). So wird etwa in der Rechtsprechung die Präzisierung einer Forderung auch durch ein Begleitschreiben zur Anmeldung als zulässig angesehen. Sind mit der Forderungsanmeldung überreichte Beilagen den einzelnen Positionen der Forderungsanmeldung zuordenbar, so sind sie zu deren Konkretisierung heranzuziehen (RIS-Justiz RS0089657).

Die Frage, ob die seinerzeitige Forderungsanmeldung der Klägerin den für die Durchführung eines Prüfungsprozesses erforderlichen Inhalt aufwies, ist jedoch im gegenständlichen Fall nicht mehr von Bedeutung und muss daher nicht geprüft werden. Wie bereits erwähnt, ist Gegenstand des Prüfungsprozesses der Konkursteilnahmeanspruch, so wie er Gegenstand der Prüfungsverhandlung gewesen ist. Nach Aufhebung des Konkurses kommt jedoch die Prüfung eines Konkursteilnahmeanspruches nicht mehr in Betracht. Das Klagebegehren ist auf Leistung umzustellen, weil ein weiterer Feststellungsprozess (mangels eines Anmeldungsverzeichnisses, das noch Exekutionstitel werden könnte) weder sinnvoll noch (wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der nun wieder möglichen Leistungsklage) zulässig ist. Die Änderung des Feststellungsbegehrens in ein Leistungsbegehren nach Aufhebung des Konkurses hat auch von Amts wegen zu geschehen (Konecny in Konecny/Schubert Rz 58 zu § 110 KO mwN).

Die Klägerin hat nach Aufhebung des Konkurses ihr Begehren richtigerweise in ein Leistungsbegehren geändert. Entsprechend der Zwangsausgleichsquote begehrt sie nunmehr 24 % der von ihr geltend gemachten Forderung von EUR 20.083,19, somit Zahlung von EUR 4.819,97. Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass dieser Betrag auch den Streitgegenstand nach Änderung des Klagebegehrens darstellt, weil hinsichtlich des die Ausgleichsquote übersteigenden Teils der Forderung eine Leistungsklage vor Wiederaufleben der Forderung wegen Verzuges mit der Erfüllung des Ausgleiches (§ 156 Abs 4 KO) nicht möglich ist (MGA 10 E 61 zu §156 KO mwN).

Da im vorliegenden Prozess nicht mehr über einen Teilnahmeanspruch im Konkurs, sondern über ein Leistungsbegehren zu entscheiden ist, kommt es darauf, ob die seinerzeitige Forderungsanmeldung ausreichend substantiiert und konkretisiert war, nicht mehr an. Das Erstgericht hat daher zu Unrecht das Verfahren für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen. Vielmehr ist für die vorliegende Klage mit dem auf ein Leistungsbegehren geänderten Klagebegehren der ordentliche Rechtsweg zulässig.

Dem Rekurs war daher durch Aufhebung des angefochtenen Beschlusses Folge zu geben.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht mit Urteil über den klagsgegenständlichen Anspruch zu entscheiden haben.

Der ordentliche Revisionsrekurs war gemäß § 528 Abs 1 ZPO zuzulassen, weil zur Frage, ob im Falle der Umstellung einer Prüfungsklage auf ein Leistungsklage infolge zwischenzeitiger Konkursaufhebung eine Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsweges im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Forderungsanmeldung vorzunehmen ist, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliegt.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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