JudikaturOLG Wien

15R3/04y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
04. Februar 2004

Kopf

Das Landesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Dr. Franz Hammer als Vorsitzenden sowie Dr. Barbara Jäger und Mag. Doris Langwieser als Beisitzerinnen in der Pflegschaftssache der Betroffenen Rosalinde P*****, geb. 28.2.1931, Pensionistin, *****, über den Rekurs der Sachwalterin Rechtsanwältin Mag. Gerda F*****,*****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 9.12.2003, 5 P 50/97k-74, in nichtöffentlicher Sitzung den

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Mit Beschluss vom 2.2.1998 wurde die Rechtsanwältin Mag. Gerda F***** gemäß § 273 Abs 3 Z 2 ABGB zur Sachwalterin für Rosalinde P***** bestellt, und zwar für die Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden und Gerichten sowie für die Einkommens- und Vermögensverwaltung inklusive Kreditregulierung (ON 23).

Für den Zeitraum 1.9.2002 bis 31.8.2003 legte die Sachwalterin mit Schriftsatz vom 4.12.2003 (ON 73) Rechnung und beantragte "für ihre umfangreiche Tätigkeit zugunsten der Betroffenen" in diesem Zeitraum unter Zugrundelegung eines Jahreseinkommens von Euro 12.356,29 (Nettopension abzüglich Pflegegeld), zuzüglich zwischenzeitig angewachsener Zinsen von Euro 551,70, insgesamt also Euro 12.907,99, folgende "Belohnung":

Belohnung in Höhe von Euro 645,40

zuzüglich Barauslagen für Porti Euro 7,50

zuzüglich Barauslagen für Kopien Euro 16,80

zuzüglich 20 % USt Euro 133,94

gesamt Euro 803,64.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Erstgericht die gelegte Rechnung pflegschaftsgerichtlich (Punkt 1.) und sprach der Sachwalterin einen Aufwandsersatz von Euro 29,16 sowie eine Entschädigung von Euro 645,40 zu (Punkt 2.). In seiner Begründung führte das Erstgericht aus, dass das Entschädigungs-Mehrbegehren der Sachwalterin von Euro 129,08 (resultierend aus geltend gemachter Umsatzsteuer) nicht zuzuerkennen gewesen sei, da ein Zuspruch der Umsatzsteuer in § 266 ABGB nicht vorgesehen sei. Im Übrigen scheine im Hinblick auf § 266 Abs 2 letzter Satz eine Entschädigung von Euro 645,40 für die zu besorgenden Kreise von Angelegenheiten auch angemessen (ON 74).

Gegen Punkt 2. dieses Beschlusses richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Sachwalterin mit dem Antrag auf Abänderung dahingehend, dass ihr für ihre Tätigkeit im Rechnungslegungszeitraum neben dem Aufwandsersatz für Barauslagen von Euro 29,16 eine Entschädigung von Euro 774,48 zugesprochen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Sachwalterin erbringe für die Betroffene im Rahmen des ihr übertragenen Vertretungsbereiches Leistungen, wofür ihr eine Entschädigung zustehe. Somit entstehe ein Leistungsaustausch, welcher Vorgang umsatzsteuerpflichtig sei. Es sei nicht einzusehen, warum der Sachwalterin für ihre tatsächlich erbrachten Leistungen, für die das Erstgericht den beantragten Nettobetrag von Euro 645,40 ausdrücklich als angemessen ansehe, keine Umsatzsteuer vergütet werden solle. § 266 ABGB sei nicht zu entnehmen, dass der Sachwalterin nur 80 % dieses Betrages zukommen solle und der Rest an das Finanzamt in Form der Umsatzsteuer abzuführen sei. Eine allfällige Verringerung des Anspruches auf Entschädigung beziehe sich auf den Umfang der Tätigkeit der Sachwalterin und nicht darauf, dass ihr nur 80 % vom angemessenen Entschädigungsbetrag zukommen solle.

Text

Beschluss

gefasst:

Rechtliche Beurteilung

Dieser Rekurs ist nicht berechtigt.

Die hier einschlägigen Bestimmungen in der Fassung KindRÄG 2001 unterscheiden hinsichtlich der Ansprüche des Sachwalters (also jeweils iVm § 282 Abs 1 ABGB) zwischen dem Anspruch auf eine jährliche Entschädigung (§ 266 ABGB) sowie auf ein angemessenes Entgelt (§ 267 Abs 1 ABGB) und auf Aufwandsersatz (§ 267 Abs 2 ABGB). Damit wurde im Wesentlichen nur die bereits zur alten Rechtslage herrschende Rechtsprechung gesetzlich verankert, die zwischen Belohnung (§ 266 a F ABGB) und Entlohnung sowie Aufwandersatzanspruch des Sachwalters unterschieden hat.

Im vorliegenden Fall wurde kein Entgeltanspruch auf tarifgemäße Entlohnung nach den Grundsätzen des RATG bzw. der AHR geltend gemacht und der begehrte Aufwandsersatz für Porti und Kopien antragsgemäß inklusive USt zuerkannt. Strittig ist also nur die Frage, ob zusätzlich zu einer als angemessen anerkannten Entschädigung dann, wenn der Sachwalter ein Rechtsanwalt ist, zusätzlich Umsatzsteuer gebührt oder nicht.

Gemäß § 266 Abs 1 ABGB (iVm § 282 Abs 1 ABGB) gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang der Tätigkeit und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwandes an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung, soweit dadurch die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Betroffenen nicht gefährdet wird. Sofern das Gericht nicht aus besonderen Gründen eine geringere Entschädigung für angemessen findet, beträgt gemäß § 266 Abs 2 ABGB diese Entschädigung 5 vH sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden gesetzlichen Steuern und Abgaben. Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, sind nicht als Einkünfte zu berücksichtigen. Übersteigt der Wert des Vermögens Euro 10.000,-- kann das Gericht überdies pro Jahr bis zu 2 vH des Mehrbetrages als Entschädigung gewähren, soweit sich der Sachwalter um die Erhaltung des Vermögens oder dessen Verwendung zur Deckung von Bedürfnissen besonders verdient gemacht hat. Gemäß § 266 Abs 3 ABGB kann bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen das Gericht die Entschädigung auch höher als nach Abs 2 1. Satz leg cit bemessen, jedoch nicht höher als 10 vH der Einkünfte. Im Falle der Zuerkennung einer Entschädigung nach Abs 3 leg.cit. ist allerdings ein Kollisionskurator zu bestellen; dies wurde im § 271 Abs 2 ABGB durch Ausnahme der Anführung des § 266 Abs 3 ABGB vorgekehrt (JAB zum KindRÄG 2001, 366 BlgNR 21. GP 4). Die Sachwalterin behauptet weder einen Anspruch von 2 % des über Euro 10.000,-- hinausgehenden Vermögens (Vermögensstatus der Betroffenen insgesamt Euro 24.738,58), noch stellt sie Behauptungen in Richtung eines Anspruches auf 10 % der Einkünfte auf. Demnach ist das abgewiesene Mehrbegehren von Euro 129,08 auch nicht unter einen dieser Tatbestände (besonders umfangreiche und erfolgreiche Bemühungen, besondere Verdienstlichkeit) zu subsumieren. Für eine Sachwaltertätigkeit im normal üblichen Umfang zieht das Gesetz aber eine Grenze insoferne, als maximal 5 % der reinen Einkünfte als Entschädigung gewährt werden können. Im vorliegenden Fall ist dies, ausgehend von der Nettopension der Betroffenen ohne Pflegegeld zuzüglich Zinserträge genau der Betrag von Euro 645,40, den das Erstgericht zuerkannt hat. Damit wurde ohnehin der Ermessensspielraum ausgeschöpft, den das Gesetz vorsieht. Ein darüber hinausgehender Zuspruch der Umsatzsteuer aus diesem als angemessen ermittelten Betrag ist vom Wortlaut nicht gedeckt, zumal die Bestimmung des § 266 Abs 2 1. Satz ABGB vor allem unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Betroffenen und der Sparsamkeit der Kuratelsführung zu beurteilen ist.

Mit dieser Ansicht befindet sich der Rekurssenat auch im Einklang mit der überwiegenden, bislang veröffentlichten Judikatur. So hat das LGZ Graz am 17.4.1998 (2 R 159/98m) ausgesprochen, dass bei Feststellung der Belohnung des Sachwalters gemäß § 266 ABGB das Gericht nicht an Tarife gebunden ist und, sofern nicht ein Entgelt ausnahmsweise für fachliche Leistungen nach einem Tarif zu bemessen ist, der gesonderte Zuspruch der Umsatzsteuer nicht in Betracht kommt. Diese Meinung stützt sich ihrerseits auf Knell (Die Kuratoren im österreichischen Recht, 231) und auf eine Entscheidung des LGZWien vom 3.9.1957 (44 R 601/57, veröffentlicht in RpflSlgA 2576). Soweit das LGZ Graz eine Entscheidung des LGZ Wien vom 14.4.1989 (43 R 79/88, veröffentlicht in EFSlg 59.880) ausdrücklich ablehnt, ist diese ohnehin nur bedingt gegenteilig. Zwar heißt es dort, dass die dem Verlassenschaftskurator zuerkannte Belohnung auch die Umsatzsteuer zu umfassen habe, allerdings wird weiters ausgeführt, dass es als reine Berechnungsfrage nicht von Bedeutung sei, inwieweit dabei der Endbetrag der als angemessen erachteten Belohnung um die Umsatzsteuer vermehrt werde, oder ob ein Betrag verlangt und zugesprochen werde, der diese Umsatzsteuer bereits enthalte.

Der Rekurssenat übersieht bei seinem Rechtsstandpunkt nicht, dass umsatzsteuerpflichtige Rechtsanwälte dadurch eine geringere Entschädigung erhalten als Sachwalter, deren Leistung nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Umgekehrt wären aber auch Betroffene, die umsatzsteuerpflichtige Sachwalterleistungen in Anspruch nehmen, benachteiligt, wenn für sie ein höherer Grenzbetrag gelten würde. Daraus folgt, dass das Erstgericht bei Ausschöpfung der 5% Grenze zu Recht den begehrten zusätzlichen Umsatzsteuerbetrag nicht zuerkannt hat. Dem Rekurs war daher keine Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig.

Landesgericht LINZ, Abteilung 15,

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