JudikaturOLG Wien

15R49/02i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
21. Mai 2002

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Univ.Prof.Dr. Ertl als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Rechberger und Dr. Schrott-Mader in der Rechtssache der klagenden Partei m*****, S*****, vertreten durch den Verfahrenshelfer Dr. H*****, Rechtsanwalt in W*****, wider die beklagte Partei M*****, K*****, wegen S 100.000,-- (€ 7.267,28) s.A. und Feststellung (Streitwert: S 300.000,-- = € 21.801,85), über den Rekurs des Verfahrenshelfers gegen den Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 28.1.2002, 19 Cg 67/00p-21, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die vom Verfahrenshelfer Dr. Helmut Graupner gemachten Barauslagen im Betrag von € 21,73 vorläufig aus Amtsgeldern zu berichtigen sind. Die Auszahlungsanordnung bleibt dem Erstgericht vorbehalten. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 4 ZPO).

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 24.10.2000 hat das Erstgericht der Klägerin die Verfahrenshilfe gemäß § 64 Abs 1 Z 1 lit a bis f, Z 2 und Z 3 ZPO im vollen Ausmaß bewilligt. Es wurde RA Dr. H***** zum Vertreter für die Klägerin bestellt. Das Verfahren ist aufgrund des rechtskräftigen Versäumungsurteiles vom 28.12.2000, in welchem der Klägerin Kostenersatz im Betrag von S 27.458,40 zugesprochen wurde, beendet. Mit seinem Antrag vom 18.1.2002 begehrte der Verfahrenshelfer die Überweisung der von ihm bezahlten, näher aufgeschlüsselten Barauslagen und Fahrtkosten im Betrag von zusammen € 21,73. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, das Verfahren habe durch ein klagestattgebendes Versäumungsurteil geendet, mit welchem der Klägerin die tarifmäßigen Kosten des beigegebenen Rechtsanwaltes zuerkannt worden seien. Mit dem darin enthaltenen Einheitssatz seien auch die nunmehr verzeichneten Barauslagen bereits abgegolten.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der berechtigte Rekurs des Verfahrenshelfers. Die Begünstigung nach § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO umfasst nach dem Gesetzeswortlaut die notwendigen Barauslagen, die von dem vom Gericht bestellten gesetzlichen Vertreter oder von dem der Partei beigegebenen Rechtsanwalt oder Vertreter gemacht worden sind; diese werden vorläufig aus Amtsgeldern berichtigt. Klar erkennbarer Zweck dieser Bestimmung ist es, dass sowohl die Partei als auch der ihr zur Verfahrenshilfe beigegebene Rechtsanwalt von der Tragung dieser Kosten - die Partei jedenfalls einstweilen - befreit sein sollen (WR 518). Dass die vom Verfahrenshelfer in angemessener Höhe verzeichneten Auslagen (Porti, Kopien, Fax und Fahrtkosten) unter die Bestimmung des § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO fallen, erscheint nicht zweifelhaft.

Gemäß § 23 Abs 1 RATG gebührt dem Rechtsanwalt bei Entlohnung von Leistungen, die unter die TP 1, 2, 3, 4 oder 7 fallen, anstelle aller unter die TP 5, 6 und 8 fallenden Nebenleistungen und anstelle des Ersatzess für die Postgebühren im Inland ein Einheitssatz. Diese Vorschrift gilt jedoch, was das Erstgericht übersehen hat, im Verhältnis zwischen dem Mandanten und dem bevollmächtigten Rechtsanwalt (sofern nicht eine Einzelverrechnung nach § 23 Abs 2 RATG vereinbart wird) sowie bei der Bestimmung der vom Prozessgegner zu ersetzenden Kosten (§ 1 Abs 2 RATG). Sie hat jedoch nichts mit der Frage der notwendigen Barauslagen des Verfahrensfehlers zu tun, welche nach § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO vorläufig aus Amtsgeldern zu berichtigen sind. Als solche kommen auch solche Auslagen in Betracht, die nach § 23 Abs 1 RATG durch den Einheitssatz abgedeckt wären (AnwBl 1997/7307).

Nach Auffassung des erkennenden Senates kommt die vorläufige Berichtigung der Barauslagen des Verfahrenshilfeanwaltes auch dann noch in Betracht, wenn der Gegner der Verfahrenshilfe genießenden Partei bereits rechtskräftig zum Kostenersatz verpflichtet worden ist. Maßgeblich ist nämlich, ob die betreffenden Barauslagen vom Prozessgegner auch tatsächlich ersetzt wurden, was nach dem Akteninhalt hier nicht zutrifft. Die gegenteilige Auffassung, wie sie in WR 698 vertreten wird, hätte zur Folge, dass der Verfahrenshelfer bzw. die Partei bis zur Zahlung durch den Gegner mit Barauslagen belastet bleibt, von deren Tragung er (sie) nach dem Zweck der Bestimmung des § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO (die Partei jedenfalls einstweilen: vgl. § 71 ZPO) befreit sein soll.

Dem Rekurs war daher Folge zu geben und der angefochtene Beschluss spruchgemäß abzuändern.

Gemäß der analog anwendbaren Bestimmung des § 11 RATG hat der Rekurswerber, da der ersiegte Betrag an Barauslagen € 100,-- nicht übersteigt, lediglich Anspruch auf Ersatz der Barauslagen im Rekursverfahren; solche wurden nicht verzeichnet.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

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