JudikaturOLG Wien

7Rs130/02t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
15. April 2002

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Hellwagner (Vorsitzender) sowie die Richter des Oberlandesgerichtes DDr. Huberger und Dr.Manica als beisitzende Richter (Senat gemäß § 11 a Abs.2 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei F*****M*****, 1070 Wien, *****, vertreten durch Dr.Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in 1030 Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Wien, 1203 Wien, Webergasse 4, wegen Versehrtenrente, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 8.2.2002, 25 Cgs 114/00p-44, in nichtöffentlicher Sitzung den

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss der hinsichtlich der Abweisung des Mehrbegehrens von Euro 119,24 (= ATS 1.640,80) als ausdrücklich unangefochten unberührt bleibt, wird dahin abgeändert, dass er insgesamt lautet:

Die Gebühren des Sachverständigen Univ.Prof. Dr.P*****W*****für die Erstellung des Gutachtens vom 6.Juni 2001 (samt Hilfsbefund aus dem Fachgebiet der k*****P*****durch *****Dr.M*****) und die Teilnahme an der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung beim Arbeits- und Sozialgericht Wien vom 12.Oktober 2001 samt Gutachtensergänzung werden nach dem GebAG 1975 idgF wie folgt bestimmt:

für drei begonnene Stunden (Aktenabholung

und Retournierung; Weg zum und vom Gericht)

á ATS 267,-- ATS 801,-- € 58,21

2. Aktenstudium § 36 GebAG 1975 idgF. ATS 529,-- € 38,44

3. Mühewaltung § 43 Abs 1 Z 1 lit e

GebAG (schriftl. GA) ATS 2.298,-- € 167,--

§ 35 Abs 2 GebAG (mündl.

ErgGA 12.10.2001) ATS 1.200,-- € 87,20

4. Schreibgebühren § 31 Z 3 GebAG

5 Seiten á ATS 23,-- ATS 115,-- € 87,20

10 Seiten Durchschrift á ATS 7,-- ATS 70,-- € 5,08

5. Postgebühren, Anfertigung von Kopien,

Telefonate (pauschal) ATS 200,-- € 14,53

6. Fahrt (Verhandlung 12.Okotber 2001) ATS 48,-- € 3,48

7. EEG Ableitung (BVA-Tarif) ATS 650,-- € 47,23

Zwischensumme ATS 5.911,-- € 429,52

8. zuzüglich p*****. Hilfsbefund

*****Dr. M*****(Gerichtspauschale) ATS 2.164,-- € 157,26

Gesamtsumme ATS 8.075,-- Euro 586,78

Die Auszahlungsanweisung wird dem Erstgericht vorbehalten.

B e g r ü n d u n g:

Mit Bescheid der beklagten Partei vom 20.6.2000 wurde die Erkrankung des am *****geborenen Klägers an *****, die sich dieser als freiwilliger Blutplasmaspender bei der Firma Seroplas GesmbH in Linz zugezogen hat als Berufskrankheit gemäß § 176 Abs.1 Z 2 in Verbindung mit § 176 Abs.2 und § 177 ASVG als Berufskrankheit (Nr. 38 der Anlage 1 zum ASVG: "Infektionskrankheiten") anerkannt und der Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles mit 24.1.1994 festgestellt, die Gewährung einer Versehrtenrente jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass die chronische Infektion mit dem *****Virus keine Minderung der Erwerbsfähigkeit mit entschädigungspflichtigen Ausmaß - wenigstens 20vH - bedinge.

Die gegenständliche Klage richtete sich auf Gewährung einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß, dieses Klagebegehren wurde zwischenzeitig mit rechtskräftigem Urteil vom 12.10.2001, ON 41, mangels bestehender Minderung der Erwerbsfähigkeit im entschädigungspflichtigen Ausmaß - wenigstens 20vH - (Rechtskraftbestätigung vom 11.12.2001, AS 167 oben), weil der Kläger nach den Sachverständigengutachten als ausgeheilt anzusehen ist, abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht die

Gebühren des Sachverständigen Univ.Prof. Dr.Peter Wessely für die

Erstellung des Gutachtens vom 6.Juni 2001 (samt Hilfsbefund aus dem

Fachgebiet der k***** P***** durch *****Prof. Dr.M*****) und die

Teilnahme an der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung beim

Arbeits- und Sozialgericht Wien vom 12.Oktober 2001 samt

Gutachtensergänzung wie im Spruch ersichtlich, jedoch zuzüglich USt

von ATS 1.182,20 = Euro 85,91 für die Positionen 1.) bis 7.) - ohne

jede Begründung hinsichtlich des Zuspruches der Umsatzsteuer -

bestimmt, sodass es zu einem Gesamtzuspruch von ATS 9.257,20 = Euro

672,75 gekommen ist. Ein Mehrbegehren von ATS 1.640,80 = Euro 119,24

wurde unangefochten vom Erstgericht abgewiesen.

Der Rekurs der beklagten Partei (ON 45) richtet sich wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung ausschließlich nur gegen den Zuspruch der im Vorabsatz genannten Umsatzsteuer von ATS 1.182,20 = Euro 85,91 für die Positionen 1.) bis 7.) mit dem Begehren, den Gebührenzuspruch um diese Position zu kürzen, weil nach § 6 Abs.1 Z 19 UStG 1994 auf Grund EU-rechtlicher Grundlagen sowie der Erlässe der BM für Finanzen (zuletzt 9.1.1998, GZ 09 0619/26-IV 9/97) für ärztliche Sachverständigengutachten eine unechte Umsatzsteuerbefreiung vorliege.

Der Rekurs ist im Ergebnis berechtigt.

Text

Beschluss

gefasst:

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall ergibt sich nämlich aus der Aktenlage, dass weder in dem Leistungsnachweis für ein Gutachten (AS 117 verso) noch in der darauf basierenden Gebührennote (AS 117) in Übereinstimmung mit dem Schreiben des Magistrates der S*****, vom 8.3.2002, ON 46 (an die Rekurswerberin auch zugestellt worden, siehe ON 47 im Akt, jedoch nach der Rekurserhebung, ON 45, zumal die Äußerung zwar erst nach der Beschlussfassung erfolgt ist, jedoch insoferne keine Neuerung darstellt, weil auch AS 117 und verso hervorgeht, dass keine USt enthalten ist), ein Umsatzsteuerbetrag enthalten ist, sodass das Erstgericht ohne jede Grundlage, insbesondere ohne entsprechendes Begehren, einen solchen Zuspruch getätigt hat, sodass schon allein aus diesem Grund der Rekurs der beklagten Partei berechtigt ist und der Kostenzuspruch um den Umsatzsteuerbetrag auf insgesamt ATS 8.075.-- = Euro 586,78 zu reduzieren war.

Zusätzlich ist jedoch ergänzend dazu auszuführen:

Nach Artikel 13 Teil A Abs.1 lit.c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Umsatzsteuern-Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - einheitliche Steuerbemessungsgrundlage - befreien die Mitgliedstaaten unter anderem die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen oder arztähnlichen Berufen erbracht werden. Nach § 6 Abs.1 Z 19 UStG 1994 sind seit 1.1.1997 die Umsätze als Arzt, Dentist u.a. unecht (umsatz)steuerbefreit.

Der EuGH hat in seinem Erkenntnis vom 14.9.2000, C-384/98, (siehe SV 2000/4, 172 [Krammer], vgl. dazu auch Krammer, Umsatzsteuerpflicht bei ärztlicher Gutachtertätigkeit, SV 2001/1,29; Krammer-Schmidt, SDG-GebAG3 § 31 GebAG Anm.9 und Entsch.94) ausgeführt, dass medizinische Leistungen, die nicht in der Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung bestehen, demgemäß auch nicht unter die unechte Steuerbefreiung fallen. Krammer-Schmidt führen aaO (Anm.9 zu § 31 GebAG) noch weiters aus, dass der mittlerweile zuletzt ergangene Erlass des BMF vom 17.1.2001, GZ 09 0619/1-IV/9/01, insoferne missverständlich sei, wenn er dahin ausgelegt werden sollte, dass ärztliche Gutachtertätigkeiten generell unecht steuerbefreit seien. Wie bereits das OLG Innsbruck zu dg. 23 Rs 9/01x vom 20.2.2001 und das OLG Linz zu 12 Rs 73/01v und 12 Rs 91/01v vom 16.3.2001 sowie 11 Rs 103/01 y vom 23.3.2001 ausgeführt haben, könne der Begriff der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Sinne des Artikels 13 Teil A Abs.1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 nicht derart erweiternd ausgelegt werden, dass er medizinische Eingriffe umfasse, die zu einem anderen Zweck als dem der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen durchgeführt werden. Entscheidend sei vielmehr der Zweck der medizinischen Leistungen, wobei auch bei Gutachten, die zur Klärung der Ermittlung der medizinischen Folgen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit und der dadurch herbeigeführten Minderung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten dienten, jedenfalls nicht eine Heilbehandlung oder eine Diagnose für therapeutische Maßnahmen bezweckten.

In diesem Zusammenhang soll auch auf die Schlussanträge des Generalanwaltes Saggio vom 27.1.2000, Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-06795 (betreffend das bereits zitierte, von Österreich iniierte EuGH -Erkenntnis), verwiesen werden und ist demnach ergänzend auszuführen.

Der EuGH hatte Gelegenheit, sich mehrmals mit der vorliegenden Befreiung zu beschäftigen. Beginnend mit dem Urteil Stichting Uitvoering Financiele Acties, Urteil vom 15.6.1989, Rechtssache 348/87; vgl. auch Urteil vom 5.6.1997 in der Rechtssache C-2/95 (SDC, Slg. 1997, I-3017, Randnrn. 20 und 21), hat er wiederholt allgemein ausgeführt, dass "die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Artikel 13 der Sechsten Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen sind, weil sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, wonach jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt"; weiter hat er ausgeführt, dass den Befreiungen keine erweiterte Bedeutung beigemessen werden könne, wenn nicht "überzeugende Gründe für eine Auslegung" vorliegen, die es ermöglicht, sie über den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen hinaus anzuwenden.

In zwei weiteren Entscheidungen hat der Gerichtshof dann die Befreiung gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c untersucht, um die es in der vorliegenden Rechtssache geht, und ihren Inhalt und ihre Tragweite definiert. Im Urteil Kommission/Italien (Slg. 1988, 2685) hat er ausgeführt, dass die Befreiung für Heilbehandlungen so zu verstehen ist, dass sie sich ausdrücklich auf "Behandlungen im Bereich der Humanmedizin" beschränke, und durch diese Beschränkung "die Behandlung von Tieren eindeutig aus dem Anwendungsbereich des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c ausgeschlossen" werde. Im Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich hat er dann festgestellt, dass sich aus der Stellung der in Rede stehenden Bestimmung "unmittelbar hinter derjenigen über die Krankenhausleistungen" (Buchstabe b) "sowie aus dem Zusammenhang, in dem sie steht, ergibt ..., dass es sich um Leistungen handelt, die außerhalb von Krankenanstalten im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient und Behandelndem erbracht werden". Dies vorausgeschickt, hat der EuGH zu Recht erkannt, dass die Steuerbefreiung der Heilbehandlungen im Sinne von Buchstabe c, abgesehen von den Lieferungen kleineren Umfangs, die bei der Heilbehandlung unbedingt notwendig sind, nicht die Abgabe von Arzneimitteln und sonstigen Gegenständen, wie z.B. von Brillen zum Ausgleich von Sehfehlern, die von einem Arzt oder anderen hierzu ermächtigten Personen verordnet werden, erfasst, die sich in tatsächlicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht von der Dienstleistung trennen lässt.

Aus der wiedergegebenen Rechtsprechung des EuGH ergibt sich vor allem, dass die Steuerbefreiung für Heilbehandlungen auf Behandlungen humanmedizinischer Art mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln oder sonstigen Gegenständen beschränkt werden kann (sofern es sich um von der Leistung untrennbare Lieferungen handelt). Danach bleibt zu hinterfragen, ob, wie die Kommission geltend machte, auch Heilbehandlungen befreit werden müssen, die nicht im Zusammenhang mit der Vorbeugung, der Diagnose oder der Heilung einer Krankheit stehen. Zu dieser Kategorie gehören nach der Ansicht des Senates wohl auch die medizinischen Sachverständigengutachten in sozialgerichtlichen Verfahren, wie im vorliegenden Fall gegeben.

Die wörtliche Formulierung der Bestimmung deutet darauf hin, dass die Befreiung die letztgenannte Leistungsgruppe nicht erfasst. Mit Ausnahme der italienischen Fassung, die allgemein von "prestazioni mediche" spricht, beziehen sich alle anderen, auch wenn sie unterschiedliche Ausdrücke benutzen, ziemlich ausdrücklich allein auf humanmedizinische Leistungen. So stellen die deutsche Fassung, die von "Heilbehandlungen", und die französische Fassung, die von "prestations de soins a la personne" spricht, ausdrücklich auf den ärztlichen Beistand für Menschen. Wendungen gleicher Bedeutung finden sich dann in der englischen, dänischen, niederländischen, griechischen, finnischen, schwedischen, spanischen und der portugiesischen Fassung. Die italienische Fassung unterscheidet sich hingegen von allen anderen durch ihre allgemeine Formulierung ("prestazioni mediche"), die gleichwohl wegen ihres allgemeinen Charakters einer restriktiven Auslegung der Befreiung nicht entgegensteht. Die diesbezüglichen "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" werden in der englichen Fassung mit "the provision of medical care in the exercise of the medical and paramedical professions as defined by the Member State concerned" umschrieben. Betrachtet man sodann Sinn und Zweck der Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungen, so macht die Erwähnung der Humanmedizin in der in Rede stehenden Bestimmung mit einer gewissen Klarheit deutlich, dass eine solche Befreiung durch das Erfordernis gerechtfertigt ist, Krankheitskosten niedrig zu halten und auf diese Weise den Zugang zum Gesundheitsschutz zu fördern. Jede andere Erwägung - mit anderen Worten, wenn die Steuerbefreiung auf sämtliche berufliche Tätigkeiten von Ärzten angewandt würde - würde den Geltungsbereich der begünstigenden Norm auf Tätigkeiten erweitern, die keinen Bezug zur menschlichen Gesundheit aufweisen und in ungerechtfertigter Weise unterschiedliche Sachverhalte und Interessen gleichbehandeln. Wie das Vereinigte Königreich im Verfahren (siehe nächster Absatz) ausführte, sind die Belange der Gewährleistung des Schutzes der menschlichen Gesundheit und die Belange der Gewährleistung des "technischen Beistandes von Ärzten für ein Gericht im Rahmen eines bestimmten Rechtsstreits" zweierlei. Die letztgenannte Tätigkeit unterscheidet sich, wie leicht ersichtlich und vergleichbar ist, nicht von der technischen Beratung durch Personen, die in anderen als dem ärztlichen Bereich tätig sind, wie Ingenieure, Buchsachverständige oder Psychologen, und daher wäre es nicht gerechtfertigt, die Steuerbefreiung auf die gutachterliche Tätigkeit der Ärzte und vergleichbare Tätigkeiten der Angehörigen anderer Berufe zu erstrecken. Es sei hinzugefügt, dass die Steuerbefreiungen Ausnahmen von der Regel der allgemeinen Erhebung der Steuer darstellen und daher eng auszulegen sind.

Sodann ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung des EuGH einen präzisen Anhaltspunkt für eine enge Auslegung der Befreiung liefert. In dem bereits erwähnten Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich vom 23. Februar 1988, in dem der Umfang der Steuerbefreiung des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c untersucht wurde, hat der EuGH nämlich ausgeführt, dass es sich bei den steuerbefreiten Leistungen um solche handelt, die "im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient und Behandelndem" erbracht werden und auf diese Weise angedeutet, dass andere berufliche Leistungen, die Medizinern vorbehalten sind, wie rechtsmedizinische Untersuchungen, von der Befreiung nicht erfasst werden, weil sie nicht im Rahmen einer solchen Beziehung erbracht werden und keine humanmedizinische Heilbehandlung umfassen. Damit zieht aber auch der EuGH eindeutig die Grenzen zugunsten einer engen Auslegung, eine solche Steuerbefreiung verlangt, weil sie im wesentlichen auf der Heilungsfunktion der humanmedizinischen Behandlung beruht, dass die Natur der Leistung für die Zwecke der Erhebung der Mehrwertsteuer in jedem einzelnen Fall bestimmt werden muss. Zwar ist im Steuerrecht das Vorhandensein klarer und objektiver Kriterien für die Frage, ob die Steuer zu erheben ist, zu berücksichtigen, und dieses Erfordernis hat seinen Niederschlag ebenfalls im einleitenden Satz von Artikel 13 Teil A Absatz 1 gefunden, worin die Notwendigkeit "einer korrekten und einfachen Anwendung der ... Befreiungen" hervorgehoben wird. Die enge Auslegung der Steuerbefreiung ruft wohl keine Auslegungsschwierigkeiten hervor, wenn die Heilung von Menschen als Kriterium für die Unterscheidung der steuerbefreiten ärztlichen Leistungen von allen anderen Leistungen herangezogen wird, die ebenfalls von Ärzten in Ausübung ihres Berufes erbracht werden. Diese Überlegungen stehen im Einklang mit der Judikatur des OLG Innsbruck und Linz.

Es ist daher im Ergebnis sicherlich der Auslegung der Vorzug zu geben, dass die ärztliche Gutachtertätigkeit im Rahmen eines Sozialgerichtsverfahren nicht (generell) - zum Erlass des BMF siehe noch unten- von der Umsatzsteuer befreit ist.

Wenn auch im gegenständlichen Fall ein Umsatzsteuerzuspruch keinesfalls zu erfolgen hatte und dem Rekurs dadurch ein Erfolg beschieden ist, erübrigt sich aus den oben dargelegten Gründen eine nähere Befassung mit der früheren Entscheidung des OLG Wien vom 7.9.1999, 11 R 137/99v.

Zu den Erlässen des BMF:

Es ist zwar unbestritten, dass ein Erlass als verwaltungsinterne generelle Weisung die Gerichte nicht bindet, dennoch sollte der oben zitierte Erlass des BMF (als letzter einer Reihe) hinsichtlich der dort eingeräumten, ausdehnenden Möglichkeit, auch für medizinische Sachverständigengutachten die unechte Steuerbefreiung (generell) zu gewähren, wohl nur nach den Intentionen des BMF dahin verstanden und interpretiert werden, dass damit jedenfalls eine Wahlmöglichkeit für den einzelnen Arzt geschaffen werden sollte, entweder sich der unechten Steuerbefreiung zu bedienen, sodass er in diesem Fall keine Umsatzsteuer verzeichnen kann, oder aber diese nicht in Anspruch zu nehmen, weil z.B. die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges geplant ist und der Arzt in diesem Fall sodann sehr wohl auch aus der Sicht der Steuerbehörden berechtigt ist, die Umsatzsteuer für ärztliche Gutachten zu verzeichnen, die ihm sodann auch zuzuerkennen ist. Es war daher vollinhaltlich spruchgemäß zu entscheiden, die Abweisung eines Mehrbegehrens hatte jedoch nicht zu erfolgen, weil ein solches - wie oben ausgeführt - gar nicht gestellt worden ist, sodass dieser Verstoß (vgl. § 405 ZPO) nach ständiger Rechtsprechung als wesentlicher Verfahrensmangel (vgl. Rechberger in Rechberger, ZPO1 , Rz 6 zu § 405 und die dort zitierte Judikatur) zu werten ist, im Gegensatz zur hL, die darin einen in § 477 ZPO nicht genannten Nichtigkeitsgrund erblickt.

Die Entscheidung war durch einen Senat gemäß § 11a Abs.2 Z 2 lit.a und b ASGG (Dreiersenate der Oberlandesgerichte) zu fällen. Der Revisionsrekurs ist gemäß den §§ 2 ASGG, 528 Abs.2 Z 5 ZPO jedenfalls unzulässig.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

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