JudikaturOLG Wien

10Rs373/96p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 1997

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Schönthal als Vorsitzende, die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Dragostinoff und DDr. Huberger als beisitzende Richter sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. W. Peter Lerner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Bernhard Achitz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei G*****S*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr.Franz Wielander, Rechtsanwalt in 3950 Gmünd, wider die beklagte Partei P*****, wegen Ausgleichszulage, infolge Berufung der klagenden Partei wider das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 3.7.1996, 8 Cgs 142/95p-14, nach mündlicher Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben, das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß im abweisenden Teil des Urteilsspruches die Abweisungsbeträge in chronologischer Reihenfolge S 2.392,30, S 2.892,60 sowie S 2.550,50 zu lauten haben.

Die Berufungswerberin hat die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei hat mit Bescheid vom 31.1.1995 die der am 14.1.1932 geborenen Klägerin gebührende Ausgleichszulage ab 1.10.1993 mit S 2.057,-- ab 1.1.1994 mit S 2.433,40 und ab 1.1.1995 mit S 2.501,60 bestimmt.

Dagegen richtet sich die fristgerechte Klage mit dem Begehren, der Klägerin ab 1.10.1993 eine Ausgleichszulage von monatlich S 4.552,80 Abs 1.1.1994 eine solche von S 4.971,70, ab 1.1.1995 von S 5.131,50 zuzuerkennen, mit der wesentlichen Begründung, daß vom geschiedenen Ehegatten der Klägerin gemäß § 71 EheG kein Unterhaltsanspruch rechnerisch anzunehmen sei, weil dieser in der Reihenfolge nach dem Sohn der Klägerin einzureihen sei. Aber selbst wenn nach der zitierten Gesetzesstelle eine Unterhaltsleistung des geschiedenen Ehegatten anzunehmen sei, würde in Anrechnung von 12,5% eine höhere Ausgleichszulage zu gewähren sein.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren, beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß die Ehe der Klägerin gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden worden sei und demnach der Klägerin gemäß § 69 Abs 3 EheG ein Unterhaltsanspruch nach Billigkeit zustünde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Erstgericht der Klägerin folgende Ausgleichszulagenbeträge zuerkannt:

1.) ab dem 1.10.1993 S 2.161,50

2.) ab dem 1.1.1994 S 2.499,10

3.) vom 1.1. - 3.1.1995 S 2.581,--

Unstrittig ist folgender Sachverhalt:

Die Ehe der Klägerin wurde mit Urteil des (damaligen) Kreis [nunmehrigen Landes]gerichtes Krems an der Donau vom 31.1.1967, 13 Cg 596/66 gemäß § 55 Abs 1 EheG ohne Verschuldensausspruch, weil ein solcher nach § 61 Abs 2 EheG nicht begehrt worden ist, geschieden; ein Unterhaltstitel existiert nicht.

Für die Bemessung der Ausgleichszulage ist weiters von Bedeutung, daß der Klägerin nach dem Anstaltsakt (BIZ 55 und 56) an der EZ 37, Haus Nr. 39 in Großschönau die Dienstbarkeit der Wohnung zusteht. Dieses Haus hat der Sohn der Klägerin Ing. Erwin Stiedl, geb. am 27.2.1956 (aus der geschiedenen Ehe der Klägerin stammend, wenn auch vom geschiedenen Ehegatten dessen leibliche Vaterschaft bezweifelt, jedoch niemals im Klagsweg die Ehelichkeit bestritten worden ist!), sowie dessen Ehegattin Silvia Stiedl, geb. am 18.3.1956, im Erbweg nach Anna Tüchler, der Mutter der Klägerin, gemäß deren Testament vom 3.2.1985 je zur Hälfte eigentümlich erworben (die Erblasserin verstarb am 29.6.1985, Verlassenschaftsverfahren zu A 76/85 des BG Weitra).

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß es sich beim § 69 Abs 3 EheG um einen echten Unterhaltsanspruch handle, nicht um einen Billigkeitsanspruch (arg.: "hat ... Unterhalt zu gewähren"), wobei aber der von Pichler in Rummel (Komm zum ABGB, RZ 2 zu § 71 EheG; vgl auch JBl 1982, 660) vertretenen Kommentarmeinung nicht zu folgen sei, daß die Verwandten den Unterhalt auch im Fall des § 69 Abs 3 EheG vor dem geschiedenen Ehegatten schuldeten.

Dieses Urteil bekämpft die Klägerin mit ihrer fristgerechten Berufung ON 17 wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie eines inneren Widerspruches der Entscheidung mit dem Begehren, der Klägerin die vollen begehrten Ausgleichszulagenbeträge ohne Zurechnung eines fiktiven Unterhaltsbeitrages des geschiedenen Ehegatten zu gewähren.

Die Berufung ist im Ergebnis, bis auf die Klarstellung im Rahmen der Maßgabebestätigung (geltend gemacht unter dem "inneren Widerspruch der Entscheidung") nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die darin gelegen sein soll, daß das Erstgericht entgegen dem Klagebegehren den Ausgleichszulagenanspruch im Kalenderjahr 1995 vom 1.1. - 31.12.1995 begrenzt habe, liegt deshalb nicht vor, weil das Erstgericht dem Urteilsspruch nur eine klare Formulierung von amtswegen gegeben hat, weil ab 1.1.1996 - siehe auch den Inhalt des Anstaltsaktes - ein neuer Bescheid über die Höhe der der Klägerin gebührenden Ausgleichszulage erlassen worden ist.

Zur Rechtsrüge ist auszuführen:

Das Verhältnis des § 69 Abs 3 EheG zu § 71 EheG (vgl Volkmar, Kommentar zum EheG 270; Anhaltspunkte dafür, daß sich die maßgeblichen Wertungsgesichtspunkte seit dem Jahre 1939 diesbezüglich verschoben hätten, bestehen nicht; vgl EFSlg 63.519) ist dahin zu definieren, daß gemäß § 69 Abs 3 EheG ein echter Unterhaltsanspruch in dem Sinne gegeben ist (vgl auch Schwind in Klang 2.Aufl. I/1, 881 ff; Schwind, 2.Aufl. 280; SZ 22/140; EFSlg 13.995; ÖJZ 1982, 16/5), daß sich der Berechtigte nicht von vornherein auf die Leistung eines Betrages, den er aus seinem Einkommen und aus den Leistungen seiner Verwandten beziehen könnte, verweisen lassen muß; die Unterhaltspflicht der Verwandten (hier Sohn der Klägerin) nach § 71 EheG kommt nicht in erster Linie in Betracht (EFSlg 63.519).

In Deutschland ist zwischenzeitig das Ehe- und Unterhaltsrecht wieder in das BGB reintegriert worden (vgl §§ 1360, 1361, 1584, 1607 II, 1608 BGB), wobei grundsätzlich auch der Vorrang der Unterhaltsreichung durch den (geschiedenen) Ehegatten besteht.

Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes ist daher im Ergebnis richtig, sodaß mit der Bestätigung vorzugehen war (§§ 2 ASGG, 500 a ZPO).

Gegen die Höhe der Berechnung im Urteil wurden ausgehend von dem festgestellten Sachverhalt keine Einwendungen erhoben.

Soweit moniert wurde, daß die Differenzbeträge im Rahmen der Abweisung nicht richtig angeführt worden sind, war diesem Einwand im Rahmen der Maßgabebestätigung Rechnung zu tragen, wobei aber das Erstgericht in seiner Spruchformulierung dadurch, daß vom übersteigenden Klagebegehren ausgegangen wird, dies zwar angedeutet, jedoch ziffernmäßig allenfalls mißverständlich dargestellt hat.

Der Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision hatte zu entfallen, weil ein privilegierter Fall gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG vorliegt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG, wobei Billigkeitsgründe weder aus dem Akteninhalt hervorgehen, noch geltend gemacht worden sind.

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