JudikaturOLG Wien

7Ra100/96v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 1997

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Hellwagner (Vorsitzender) sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Meinhart und DDr. Huberger (beisitzende Richter) sowie die fachkundigen Laienrichter KR Dr. Peter Lerner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Bernhard Achitz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache des Klägers R**** R *****, Angestellter, ******** vertreten durch Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in A-1010 Wien, Wollzeile 25, wider die beklagte Partei H ****** GmbH, ***, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in A-1010 Wien, Stock im Eisenplatz 3, wegen restlicher S 7.739,51 brutto s.A., infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Endurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9.3.1994, 10 Cga 253/93k-35, gemäß § 2 ASGG iVm § 492 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird mit der Maßgabe n i c h t Folge gegeben, daß an Zinsen nur 4 % statt 10 % gebühren.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 1.860,48 (darin S 310,08 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Berufungsverfahren im zweiten Rechtsgang (erster Rechtsgang 15.12.1993, 31 Ra 138/93-25 und Teilabänderung durch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 25.10.1994, 9 ObA 72/94- 30) sind noch offen 7.739,51 S an restlichem Überstundenentgelt für den Zeitraum 23.4.1990 bis 4.11.1992.

Das Höchstgericht ging dabei von folgenden Feststellungen aus.

Der Kläger ist Angestellter der Beklagten und seit April 1992 Mitglied des Betriebsrates. Der Betriebsrat besteht aus dem Betriebsratsvorsitzenden, dessen Stellvertreter und neben dem Kläger aus zwei weiteren Mitgliedern Der Stellvertreter des Vorsitzenden wurde am 31.1.1992 entlassen An diesem Tag nahm der Kläger in der Zeit von 10 Uhr 41 bis 14 Uhr 41 ad hoc Freizeit in Anspruch und suchte mit dem Vorsitzenden des Betriebsrates die Gewerkschaft der Privatangestellten auf. Grund war die Entlassung des Betriebsratsvorsitzendenstellvertreters und der Umstand, daß über seinen Ersatz sowohl in seiner Funk-tion als Stellvertreter, als auch in der Schlichtungsstelle entschieden werden mußte. Der Kläger stand als Nachfolger zur Debatte. Unmittelbar vor Verlassen des Betriebes meldete sich der Kläger bei seinem Abteilungsleiter ab. Die Dienstzeit des Klägers am 31 1.1992 währte von 6 Uhr 19 bis 19 Uhr

15. Parteienverkehr in der Gewerkschaft der Privatangestellten besteht von Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr 30 (Dienstag Nachmittag ausgenommen) und am Freitag von 6 bis 14 Uhr. Am 26.3.1992 teilte die Geschäftsleitung dem Betriebsratsvorsitzenden mit, daß die Organe der Arbeitnehmerschaft ihre Tätigkeit tunlichst ohne Störung des Betriebes zu vollziehen hätten, Sitzungen des Betriebsrates daher außerhalb der Arbeitszeit anzusetzen wären. Es handle sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit, die auf eigene Kosten und nicht auf Kosten des Unternehmens zu entfalten sei. In Hinkunft hätten die Betriebsratsmitglieder für die Zeit des Fernbleibens vom Arbeitsplatz unter Angabe der Begründung zuvor um Gewährung der hiefür notwendigen Freizeit anzusuchen.

Der Kläger begehrte von der Beklagten einerseits die Fortzahlung des Entgeltes für die Zeit der Betriebsratstätigkeit, unter anderem auch für den 31.1.1992 in der Höhe von insgesamt S 3.428,68 brutto sowie Überstundenentgelt für 47 Stunden und 38 Minuten für die Zeit vom 23.4.1990 bis 4.11.1992 im Betrag von S 7.739,51 sowie S 376,63 brutto als Anspruch für die durch Besuch einer ersten Tagsatzung angefal-lene Dienstverhinderung gemäß § 8 Abs 1 AngG und nach Er-gänzung seines Begehrens insgesamt die Feststellungen, daß die beklagte Partei verpflichtet sei, dem Kläger das Arbeitsentgelt für Freizeit zur Erfüllung der Betriebsratsobliegenheiten gemäß § 116 ArbVG fortzuzahlen und daß es einer vorherigen Ge-nehmigung der Freizeit für Betriebsratstätigkeiten nicht be-dürfe.

Das Erstgericht erkannte mit Teilurteil die beklagte Partei schuldig, dem Kläger S 3.428,68 brutto sA zu bezahlen, wies das Mehrbegehren von S 376,63 (Anspruch nach § 8 Abs 1 AngG) wie auch das Feststellungsbegehren, daß die beklagte Partei verpflichtet sei, dem Kläger Arbeitsentgelt für die Freizeit zur Erfüllung der Betriebsratsobliegenheiten gemäß § 116 ArbVG fortzubezahlen ab, und stellte fest, daß die beklagte Partei Freizeit für Betriebsratstätigkeit nicht von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig machen dürfe.

Bei den vom Kläger wahrgenommenen Terminen bei der Gewerkschaft bzw der Arbeiterkammer seien echte Belange von Dienstnehmern der Beklagten (Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden), eigene Belange und arbeitsverfassungsrechtliche Probleme zu klären gewesen. Der Kläger habe in diesen Angelegenheiten des Betriebsrates die Möglichkeit jederzeitiger Entfernung vom Arbeitsplatz für eine angemessene Zeitspanne unter gleichzeitiger Fortzahlung des Entgeltes besessen. Die Entfernung des Betriebsrates vom Arbeitsplatz dürfe nicht von einer ausdrücklichen Genehmigung durch den Dienstgeber abhängig gemacht werden. Die Verpflichtung zur Fortzahlung des Entgeltes sei bereits in der Klärung der Rechtsfrage des Leistungsbegehrens impliziert, sodaß diesbezüglich kein Feststellungsinteresse bestehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht, hingegen der des Klägers Folge - auch dem Feststellungsbegehren, daß dem Kläger Arbeitsentgelt für Freizeit zur Erfüllung der Betriebsratsobliegenheiten gemäß § 116 ArbVG fortzuzahlen sei, statt. Soweit die Beklagte ein Ansuchen um Gewährung von Freizeit verlangt habe, verkenne sie den von Lehre und Rechtsprechung dem § 116 ArbVG unterstellten Zweck. Das Ansuchen diene der Information und nicht der Vorabbeurteilung der angestrebten Betriebsratstätigkeit. Die Abmeldung ha-be den Zweck, dem Betriebsinhaber danach die Möglichkeit der Beurteilung zu geben, ob ein Anspruch auf Freizeitgewährung gegen Entgelt bestand. Das "Ansuchen um Gewährung", sei nur als Vorabbefugnis zu verstehen. Das Betriebsratmitglied entscheide allein, wieviel Freizeit es für seine Betriebsratstätigkeit aufzuwenden habe. Dem Betriebsinhaber komme keine Einflußnahme und kein Recht auf Einschränkung der Tätigkeit auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu. Das vom Erstgericht abgewiesene Feststellungsbegehren betreffe aber nicht nur einen einzelnen Entgeltanspruch, sondern beruhe auf einer Auslegung der §§ 115 f ArbVG dahin, daß die Inanspruchnahme von Freizeit unter Entgeltfortzahlung einer vorherigen Genehmigung des Betriebsinhabers bedürfe, sodaß durch die Leistungsklage der Feststellungsanspruch nicht voll ausgeschöpft sei.

Gegen das Berufungsurteil richtete sich die Revision der Beklagten wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung und dem Antrag, das angefochtene Urteil durch Ab-weisung des Feststellungsbegehrens und des Leistungsbegehrens abzuändern in eventu es aufzuheben. Die Anfechtung der Leistungsansprüche, betreffend den 3.2.1992 und den 20.2.1992 zog die Beklagte in der Folge zurück.

Der Kläger stellte den Antrag, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Der OGH gab der Revision insoweit Folge, als dem Leistungsbegehren (S 3.428,68) nur mit 2.752,30 brutto Berech-tigung zuerkannt wurde. Abgewiesen wurde unter gegenseitiger Kostenaufhebung das nur auf den Gesetzestext des § 116 ArbVG gestützte Feststellungsbegehren, weil die sich direkt aus dem Gesetzeswortlauf ergebende Verpflichtung als nicht bestreitbar keiner Feststellung zugänglich sei.

Die Entscheidung über die auf das Leistungsbegehren entfallenden Kosten wurden dem Endurteil vorbehalten.

Hingegen bestätigte das Höchstgericht als berechtigt das Feststellungsbegehren, daß die beklagte Partei Freizeit für die Betriebsratstätigkeit nicht von ihrer vorherigen Genehmi-gung abhängig machen darf.

Damit der Betriebsinhaber die Pflicht, dem Betriebsratsmitglied die notwendige Freizeit zu gewähren, erfüllen kann, hat es um diese anzusuchen. Dabei sei dem Betriebsinhaber wenigstens in groben Umrissen der Grund und die voraussicht-liche Dauer des Arbeitsversäumnisses bekannt zu geben. Das Ansuchen bestehe aus einer Abmeldung und einer Information und habe keinen Antrag zum Gegenstand (Floretta in Floretta -Strasser ArbVG-HdKomm 785, Strasser in Floretta - Spielbüchler - Strasser ArbR II3 408 mwN; ZAS 1992/16 [Resch = DRdA 1991/54 (Andexlinger)]).

Da das Ansuchen um Freizeitgewährung daher nur aus einer Abmeldung und einer Information des Betriebsinhabers zu bestehen habe, gehe die Dienstanweisung der Beklagten, "..... in Hinkunft haben die Betriebsmitglieder für die Zeit des Fernbleibens vom Arbeitsplatz unter Angabe der Begründung zuvor um Gewährung der hiefür notwendigen Freizeit anzusuchen", über das dem Betriebsinhaber zustehende Informationsrecht hinaus, weil es sich bei einem Gesuch um eine Bitte an jemanden mit entsprechender Befugnis handle, um in einem bestimmten Fall eine Bewilligung oder Genehmigung zu erhalten. Die von der Beklagten verlangte Pflicht zum Ansuchen, komme einer Antragspflicht gleich, die aber gegen das Beschränkungs- und Benachteiligungsverbot des § 115 ArbVG verstoße, weil damit die Ausübung der Betriebsratstätigkeit durch Einflußnahme des Betriebsinhabers erschwert würde (Cerny, ArbVG 5738; Köck, Betriebsratstätigkeit und Arbeitspflicht, 56).

Soweit der Kläger für den Gang zur Schlichtungsstelle

S 676,38 begehre, mangle es - ungeachtet potentieller Nachfolgechancen als Betriebsratsvorsitzender anstelle des Entlassenen am erforderlichen Tätigwerden als weiteres Betriebsratsmitglied - für die Information über Neuwahl oder die ver-waiste Funktion, als Vertreter bei der Schlichtungsstelle.

Die Beklagte begehre zwar in der Revision die Abänderung des angefochtenen Berufungsurteiles durch Abweisung des nach der Teilrückziehung der Revision noch bestrittenen Entgeltfortzahlungsanspruches für den 31.1.1992, den 4.2.1992 und den 14.5.1992, führe dazu aber mit Ausnahme des 31.1.1992 nichts aus. Den Revisionsausführungen lasse sich nur entnehmen, daß die Beklagte die Notwendigkeit der Inanspruchnahme von be-zahlter ad hoc Freizeit durch zwei Mitglieder des Betriebsrates am 31.1.1992 zur Einholung einer Rechtsauskunft der Gewerkschaft bestreitet.

Grund dafür, daß zwei Betriebsratsmitglieder die Gewerkschaft aufgesucht haben, war nach den Feststellungen, daß es um die Entlassung des Stellvertreters des Betriebsratsvorsitzenden ging und über den Ersatz des entlassenen Stellvertreters, der auch in der Schlichtungsstelle tätig war, zu entscheiden war, und der Kläger als Nachfolger desselben zur Debatte stand.

Ein Freistellungsanspruch des Mitgliedes des Betriebsrates nach § 116 ArbVG besteht nur insoweit, als dies zur Erfüllung der Betriebsratsobliegenheiten erforderlich ist. Anknüpfungspunkt ist dabei der gesetzliche Aufgabenbereich des Betriebsrates (ZAS 1993/11 [Strasser]). Auszuschließen sind aber über- und außerbetriebliche Aktivitäten (Köck aaO 143). Durch die gesetzliche Einschränkung des Entgeltfortzahlungsan-spruches auf die "erforderliche Freizeit" ist aber bei Geltendmachung desselben eine gerichtliche Erforderlichkeitsprüfung möglich (Strasser in ZAS 1993/11 mwN). Dabei hat eine Abwägung zwischen der Nützlichkeit der Aktivität zB im Ver-gleich zu anderen Möglichkeiten einerseits und den be-trieblichen Interessen, also insbesondere der Freistellungsdauer nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß auch die individuellen Fähigkeiten

des Betriebsratsmitgliedes hinsichtlich des Zeitaufwandes nicht vernachlässigt werden dürfen (Köck aaO 140 ff).

Da der Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden von den Betriebsratsmitgliedern gewählt werde (§ 66 Abs 3 ArbVG), sei dem Betriebsratsvorsitzenden zuzubilligen, Informationen sowohl über seine Entlassung als auch über die Neuwahl oder die verwaiste Funktion als Vertreter bei der Schlichtungsstelle bei der Gewerkschaft einzuholen. Ein Tätigwerden eines weiteren Mitgliedes des Betriebsrates sei aber nicht erforderlich gewesen, weil die Information problemlos intern weitergegeben hatte werden können (Köck aaO 138 f). Soweit die Angelegenheit den Kläger persönlich als potentiellen Nach-folger des entlassenen Betriebsratsmitgliedes betroffen habe, sei zu überlegen, daß ein Vertreter bei der Schlichtungsstelle vom Betriebsrat als Streitteil einer Schlichtungsstellenstreitigkeit entsendet und andererseits Arbeitnehmerbeisitzer vom Betriebsrat namhaft gemacht bzw aus einer über Vorschlag der Arbeiterkammer zustandegekommenen Beisitzerliste entnommen werden könne (§§ 144 ff ArbVG). Daher sei auch in dem Fall lediglich das Informationsrecht eines Betriebsratsmitgliedes zu bejahen, das aber grundsätzlich ohne vorgenommene Delega-tion in dem Fall dem Betriebsratsvorsitzenden zugestanden sei.

Der Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung für den 31.1.1992 für die Dauer von vier Stunden (drei Stunden 19 Minuten Normalstunden und 41 Minuten 50 %ige Überstunden) im Ausmaß von S 676,38 bestehe daher nicht zu Recht.

Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes gehöre das Feststellungsbegehren insgesamt zu den in § 50 Abs 2 ASGG genannten Streitigkeiten über Rechte und Rechtsverhältnisse, die sich aus dem II Teil des ArbVG ergeben. Ein Kostenersatzanspruch bestehe daher nur im Verfahren vor dem OGH (§ 58 Abs 1 ASGG). Da der Kläger mit dem mit S 100.000,- bewerteten Interesse am Feststellungsbegehren zur Hälfte unterlegen ist, seien die Kosten gegenseitig aufzuheben gewesen. Die Kostenentscheidung betreffend die auf das Leistungsbegehren ent-fallenden Kosten seien gemäß § 52 ZPO der Endentscheidung vorzubehalten.

Im zweiten Rechtsgang stellten die Parteien das noch offene Klagebegehren von S 7.739,51 für Überstundenzahlungen vom 23.4.1990 bis 4.11.1992 der Höhe nach Außer Streit.

Der Kläger brachte dazu vor (Schriftsatz vom 16.12.1992 ON 6 - und Protokoll vom 3.5.1993 [ON 13 AS 59]), daß in der Zeitspanne insgesamt 47 Stunden und 38 Minuten Arbeitszeitüberschreitungen angefallen seien, die auf Grund ihrer zeitli-chen Lagerung nicht als Mehrarbeitszeit ohne Überstundenzuschlag, sondern mit 100% Überstundenzuschlag zu entlohnen seien. Der 100%ige Überstundenzuschlag betrage S 7.739,51 brutto. Für Arbeitszeit - gleichgültig welcher Art - für die ein Zuschlag von mehr als 50% gebühre - zB Arbeitsleistungen von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr früh - gälten nicht als Mehrarbeit, sondern als Überstunden mit 100%igem Zuschlag.

Die beklagte Partei stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit, brachte aber zum Grund vor, die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit sei auf einen Durchrechnungszeitraum von 26 Wochen vorzunehmen, wie dies im Kollektivvertrag stehe. Bei Zugrundelegung des Durchrechnungszeitraumes bestünden keine offenen Entgeltansprüche des Klägers; zudem wäre der Anspruch verfallen. Nach Ausschöpfung der 38,5 Arbeitsstunden, die in einer Woche vom Kläger verrichtet worden wären, seien die vom Kläger darüber hinaus geleisteten 1,5 Arbeitsstunden die 40-Stunden-Woche, mögen sie auch zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr früh erbracht worden sein, ohne ir-gendwelche Zuschläge abzugelten.

Das Erstgericht sprach - ausgehend von den im zweiten erfolgten ergänzenden Feststellungen - dem Kläger die begehr-ten restlichen S 7.739,51 zu.

Der Betrieb der beklagten Partei wird dadurch aufrecht erhalten, daß die Arbeitnehmer in eine Frühschicht, eine zwei-te Schicht und letztlich in eine Nachtschicht eingeteilt wer-den. In der betreffenden Zeitspanne vom 23.4.1990 bis 4.11. 1992 war der Kläger durch den Dienstgeber an den in Beilage ./F aufgeschlüsselten Tagen jeweils in der Nachtschicht einge-teilt. Die Arbeitszeit des Klägers währte in dieser Nachtschicht ab 14.30 Uhr (oder auch 15.00 Uhr bzw. 15.30 Uhr) bis über 20.00 Uhr hinaus in die Nacht hinein, wobei die vom Dienstgeber vorgegebenen Solldienstzeiten an diesen jeweiligen Tagen jeweils zwischen 21.30 Uhr und 23.00 Uhr endeten. An diesen jeweiligen Tagen - in Beilage ./F aufgezählt - über-schritt der Kläger seine wöchentliche Arbeitszeit laut Kollektivvertrag von 38,5 Stunden und erhielt der Kläger diese Mehrstunden (Differenz von 38,5 auf 40 Wochenstunden) die in den Nachtstunden ab 20.00 Uhr lagen, von der beklagten Partei stets nur mit dem Stundengrundlohn ohne Zuschlag berechnet und ausbezahlt.

Der Kläger begehrt somit den 100%igen Zuschlag für die 1,5 Mehrstunden aber nur, soferne sie in ihrer zeitlichen La-gerung zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr früh und insoweit sie außerhalb der vereinbarten Sollzeit der Nachtschicht zu liegen kommen.

Ab 1.1.1991 hält die beklagte Partei die Dienstzeiten ihrer Arbeitnehmer mittels Magnetkarten fest. Für die Zeit zu-vor gab es eine händische Aufzeichnung, wo in der Abteilung für jeden einzelnen Dienstnehmer tageweise die Anwesenheitszeiten festgehalten wurden. Diese Arbeitszeitlisten unter-schrieb der Abteilungsleiter und der Dienstnehmer. Bis etwa September 1989 wurden die Überstunden korrekt im Sinne des Klägers abgerechnet. Dann stellte sich der Dienstgeber auf den Standpunkt, daß auch in der Nacht gemachte Mehrstunden (von 38,5 auf 40 Wochenstunden) als Mehrzeit ohne Zuschläge zu rechnen seien. Von Anbeginn an protestierte der Kläger als Mitglied des Betriebsrates gegen diese Form der Verrechnung gegenüber der Geschäftsleitung. Sie reagierte darauf aber nicht, sodaß letztlich geklagt werden mußte.

Laut Kollektivvertrag beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit ohne Ruhepausen 38,5 Stunden, 1,5 Stunden Differenz auf 40 Wochenstunden gelten als Mehrarbeitszeit ohne Zuschläge.

Arbeitszeiten, für die gemäß Abschn. VII des Kollektivvertrages ein Zuschlag von mehr als 50% gebührt, sind keine Mehrarbeit, sondern Überstunden. Als Überstunden gelten jeweils Arbeiten an Feiertagen und Sonntagen, aber auch jene Ar-beiten, die die für den betreffenden Wochentag festgelegte Normalarbeitszeit überschreiten. Zusätzlich sind Überstunden in der Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen mit einem Zuschlag von 100% zu entlohnen.

Als erwiesen nahm das Erstgericht an, daß der Kläger für jene Stunden der Normalarbeitszeit, die in der Nacht ab 20.00 Uhr zu liegen kommen, keine Zuschläge begehrt, jedenfalls so lange nicht, als nicht die 38,5 Wochenstunden Normalarbeitszeit erreicht sind. Für die darüber hinaus in der Nacht ge-legene Arbeitszeit von 1,5 Stunden gebührt dem Kläger jeden-falls der 100 %ige Zuschlag, weil die Punkte 1b bzw. Punkt 2c des Abschnittes VII des Kollektivvertrags verwirklicht sind.

Der Kläger überschritt an den Tagen jeweils seine Sollzeit als Normalarbeitszeit, zudem auch die wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden.

Die "Mehrarbeit" sei rechtlich als Überstunde zu qualifi-zieren. Zusätzlich bewirke die Lagerung der "Mehrarbeit", daß diese Überstunden mit einem Zuschlag von 100% zu verrechnen seien. Anders sei der Kollektivvertrag auslegbar. Daher sei dem Klagbegehren stattzugeben.

Ohne ausdrückliche Begründung sprach das Erstgericht dem Kläger anstelle der begehrten Verzugszinsen von 4 % solche von 10 % zu.

Gegen dieses Urteils richtet sich die Berufung der beklagten Partei (ON 39) wegen Aktenwidrigkeit, unrichtiger Tatsachenfeststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger erstattete eine Berufungsbeantwortung (ON 40) und beantragte, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Berufung kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu, ausgenommen des vom Erstgericht irrtümlich entgegen des § 405 ZPO ohne Antrag des Klägers zuerkannten Zinsenzuspruches von 10 % statt der begehrten 4

%.

Als unrichtige Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung sowie Aktenwidrigkeit bekämpft die Beklagte die auf Basis der Beilage ./F getroffenen Feststellungen:

"An diesen jeweiligen Tagen, wie in Beilage ./F aufgezählt, überschritt der Kläger seine wöchentliche Arbeitszeit laut Kollektivvertrag von 38,5 Stunden und erhielt der Kläger diese Mehrstunden (Differenz vom 38,5 auf 40 Wochenstunden) die in den Nachtstunden ab 20.00 Uhr lagen, von der beklagten Partei stets nur mit dem Stundengrundlohn ohne Zuschlag be-rechnet und ausbezahlt".

Richtigerweise wäre festzustellen, daß der Kläger an den in der Beilage ./F angeführten Tagen teilweise die tägliche Normalarbeitszeit und teilweise die wöchentliche Normalarbeitszeit überschritten hat. - Ob hingegen im einzelnen an den jeweils in ./F genannten Tagen die tägliche oder die wö-chentliche Normalarbeitszeit überschritten worden sei oder überhaupt keine solche Überschreitung vorliege, sei aus der Beilage ./F allein gar nicht ableitbar. So habe z. B. der Klä-ger am 7.6.1990 7,5 Stunden gearbeitet, weshalb in dem Fall die gesetzliche und im anzuwendenden Kollektivvertrag normier-te Tagesarbeitszeit oder Wochenarbeitszeit sicher nicht über-schritten worden sei; - so auch am 19.3.1991, 19.6.1991, 18.8. 1992, 1.9.1992 und 23.9.1992.

Da die erhobene Tatsachenrüge mit der unter III. geltend gemachten Rechtsrüge korrespondiere, werde auf die dortigen Darlegungen verwiesen.

Unrichtig sei die Feststellung: "Von Anbeginn an pro-testierte der Kläger als Mitglied des Betriebsrats gegen diese Form der Verrechnung gegenüber der Geschäftsleitung, die darauf aber nicht reagierte, sodaß letztlich Klage geführt wer-den mußte". Festzustellen sei, daß der Kläger sich niemals ge-gen die ihm zur Kenntnis gebrachte Verrechnung oder Abgeltung der von ihm erbrachten Arbeitsleistungen ausgesprochen habe. Vielmehr habe der Kläger die Verrechnung durch unbeanstandete Annahme des an ausbezahlten Entgelts zustimmend bestätigt (PV des Klägers Protokoll vom 11.12.1992 ON 5 AS 41 = Seite 11).

Unrichtig sei die Feststellung des Erstgerichtes: "Ab 1.1.1991 hält die beklagte Partei die Dienstzeiten ihrer Arbeitnehmer mittels Magnetkarten fest. Für die Zeit zuvor gab es eine händische Aufzeichnung, wo in der Abteilung für jeden einzelnen Dienstnehmer tageweise die Anwesenheitszeiten fest-gehalten wurden".

Richtigerweise sei festzustellen, daß es im Unternehmen der Beklagten bereits seit 1990 ein elektronisches Zeiterfassungssystem gegeben habe (PV des Klägers am 19.9.1994, Protokoll ON 32 AS 197). Demgemäß wäre festzustellen gewesen, daß der Kläger von der elektronischen Erfassung der Zeiten seiner erbrachten Arbeitsleistung genaue Kenntnis gehabt und auch die Zuordnung seiner Arbeitsleistung zur Normalarbeitszeit, Mehrarbeitszeit und Überstundenarbeitszeit genau gekannt sowie die Zuordnungen unbeanstandet akzeptiert habe. Das ergebe sich sowohl aus der PV des Klägers sowie daraus, daß er sich nicht sofort nach der elektronischen Erfassung und Zuordnung seiner Arbeitszeiten gegen die Zuordnung ausgesprochen habe.

Mangelhaft soll das Verfahren sein, weil das Erstgericht in der letzten Verhandlung im ersten Rechtsgang (3.5.1993, ON 13 AS 59) über die Klagsänderung (100 %ige Überstundenentlohnung nicht für den Zeitraum 23.4. - 30.5.1990 sondern 23.4. 1990 - 3.11.1992) verhandelt habe, ohne die Klagsänderung beschlußmäßig zuzulassen, wiewohl sich die beklagte Partei dagegen ausgesprochen habe. Weder in der Tagsatzung vom 11.12. 1992 (ON 5) noch in einer später nachfolgenden Tagsatzung (3.5.1993 ON 13) habe das Erstgericht beschlußmäßig über die Zulassung der Klagsänderung abgesprochen. Da auch dem vorliegenden Urteil [das nun angefochtene Endurteil] kein dort aufgenommener Beschluß über die Zulässigkeit der Klagsänderung zu entnehmen sei, leide das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Verfahrensmangel, weil die Zulassung der Klagsänderung zu versagen gewesen wäre (vgl JBl 1971, 256).

Dem kann nicht gefolgt werden.

Die beklagte Partei ließ sich im fortgesetzten Verfahren nach endgültiger Absprache über die auf § 116 ArbVG gestützten Ansprüche des Klägers durch den Obersten Gerichtshof in die weitere Verhandlung des verbliebenen geänderten Begehrens (ON 5 AS 39 f= Protokoll vom 11.12.1992) ein, ohne zu rügen, daß über die Zulässigkeit der Klagsänderung noch nicht entschieden sei. Gemäß § 2 ASGG iVm § 196 Abs 1 ZPO kann aber die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form der Prozeßhandlung regelnden Vorschrift von der zur Beschwerdeführung berechtigten Partei nicht mehr geltend gemacht werden, wenn sich letztere in die weitere Verhandlung der Sache eingelassen hat, ohne diese Verletzung zu rügen, obwohl ihr diese bekannt war oder bekannt sein mußte. Sinn der Pflicht zur Mängelrüge gem § 196 ZPO ist es, zu verhindern, daß Parteien Anfechtungsgründe nicht auf Lager legen und bei Nichtgefallen des Prozeßergebnisses aktivieren sollten (Fucik in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 196; Fasching ZPR2 Rz 798).

Das Berufungsgericht übernimmt daher die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer in Verbindung mit dem Akteninhalt überzeugenden Beweiswürdigung.

Mit der Rechtsrüge wendet sich die beklagte Partei da-gegen, daß dem Kläger zuzüglich zur finanziellen Abgeltung seiner Arbeit ein Überstundenzuschlag von 100% zustehe - pau-schal für Arbeitszeiten mit Überschreiten der wöchentlichen Normalarbeitszeit von 38,5 Stunden, soferne die diese Grenze überschreitende Arbeitszeit nach 20 Uhr erbracht worden sei. Das widerspreche den Punkten 1 b) und 2 c) des Abschnittes VII. des anzuwendenden Kollektivvertrages für die Angestellten des pharmazeutischen Großhandels Österreichs. Das Erstgericht habe den rechtlichen Inhalt des anzuwendenden KollV nicht in der Gesamtheit seiner Bestimmungen im inneren Zusammenhang mit dem AZG ermittelt und auf den gegebenen Sachverhalt nicht richtig angewandt.

Auszugehen sei davon, daß im beklagten Unternehmen die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf einen bestimmten Durchrechnungszeitraum von 26 Wochen gem Abschnitt V. Punkt 4 des anzuwendenden KollV vorgenommen werde.

Dessen Punkt 3 des Abschnittes V. laute:

"Wird an einem Werktag weniger als 8 Stunden oder überhaupt nicht gearbeitet, kann die entfallende Arbeitszeit auf die anderen Tage in der Woche verteilt werden. Doch darf die tägliche Arbeitszeit in diesem Fall 9 Stunden nicht überschreiten".

Dazu werde in Anmerkung 4) zu zitierten Bestimmung des KollV (Ausgabe der Gewerkschaft der Privatangestellten) erläutert:

"Die tägliche Normalarbeitszeit ist mit 9 Stunden begrenzt: jede Überschreitung dieser Zeit ist Überstundenarbeit".

Nach Punkt 2 c) des Abschn VII. des KollV seien Überstunden in der Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen mit einem Zuschlag von 100% zu entlohnen.

Die Bestimmung gehe unzweifelhaft zum 100%-igen Zuschlag, vom Vorliegen von Überstunden aus. - Der Kläger habe aber keine Überstunden zu den in der Beilage ./F angeführten Zeiten, für welche zusätzlich zur bereits erhaltenen Entlohnung, der 100%-igen Zuschlag begehrt werde, geleistet. Vielmehr lägen die Arbeitszeiten innerhalb der täglichen Normalarbeitszeit von 8 Stunden bzw. innerhalb der täglichen Normalarbeitszeit von 9 Stunden als Mehrarbeit also bis zur zeitlichen Höchstgrenze von 1,5 Stunden pro Arbeitswoche.

Habe der Kläger in einer Arbeitswoche mehr als 40 Stunden bzw. 44 Stunden (aufgrund des Durchrechnungszeitraumes) gearbeitet, seien ihm die Leistungen mit dem entsprechenden Überstundenzuschlag vergütet worden - wie in der Beilage ./F vermerkt. - Ebenso sei verfahren worden bei Überschreiten der täglichen Normalarbeitszeit von 8 bzw. 9 Stunden nach 20 Uhr oder bei Erbringen von Mehrarbeit in der Arbeitswoche von mehr als 1,5 Stunden Pro Woche.

Die Auffassung der Definition der Begriffe "Normalarbeitszeit", "Mehrarbeit" und "Überstunde", ergebe sich als rechtskonform schon aus dem KollV insgesamt sowie insb. der Anm 7) zur Bestimmung 2 c) im Abschnitt VII., zum KollV-Text in der von der Gewerkschaft der Privatangestellten, Sektion Handel, Verkehr, Vereine und Fremdenverkehr herausgegeben Fassung. Dort werde erläutert wie folgt:

"Arbeitsleistungen am Sonntag sind immer als Überstunden mit einem 100%-igen Zuschlag zu entlohnen. Arbeitsleistung an einem Feiertag ist erst dann Uberstundenarbeit, wenn sie hinsichtlich ihrer Dauer über das Ausmaß der täglichen Normalarbeitszeit hinausgeht".

Die Anmerkung gehe konform mit den Bestimmungen des AZG, als die im Stufenbau der Rechtsordnung übergeordnete Norm, die durch den KollV nicht ausgelegt werden könne (vgl. G. Klein, Das Überstundentgelt, in FS - Strasser, Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsordnung [1983], 125, 134 f), wenn im konkreten Überstunden gemäß den §§ 3, 4 und 6 AZG ausschließlich - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - nach Über-schreitung der wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden bzw. 44 Stunden (unter Anwendung des Durchrechnungszeitraumes) und/oder der täglichen Normalarbeitszeit von 8 bzw. 9 Stunden rechtswirksam anfallen (vgl Grillberger, AZG [1985] Anm 2 und 3 zu § 6; Arb 8879).

Die Lage der Arbeitszeit an den einzelnen Tagen innerhalb einer Kalenderwoche regele das AZG nicht. Nach dem AZG könne das zulässige Ausmaß der Arbeitszeit daher grundsätzlich zu jeder Zeit innerhalb eines Arbeitstages geleistet werden. Unabhängig von der Rechtslage erhalte der Kläger als Abgeltung, daß er unter anderem zu den in Beilage ./F angeführten Zeiten Arbeit leiste, freiwillig von der Beklagten eine sogenannte "Schichtzulage" zusätzlich zum ihm nach dem Gesetz zustehenden Arbeitsentgelt.

Daraus erhelle, daß der Kläger für Arbeitsleistungen, welche er zwar teilweise nach 20.00 Uhr erbringt, dann keine Überstundenentlohnung ansprechen könne, wenn an dem Tag nicht die Normalarbeitszeit von 8 bzw. 9 Stunden überschritten worden sei, weshalb die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß Arbeitsleistungen in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr grundsätzlich immer Überstundenarbeit sei, verfehlt sei.

Das Erstgericht übersehe und stelle nicht fest, daß der Kläger für das Erbringen seiner täglichen Arbeitsleistung ein zeitlicher Rahmen eingeräumt worden sei, innerhalb dessen die tägliche Arbeitsleistung erbracht werden könne. - Dem Kläger sei konkret eingeräumt worden, seine Arbeitsleistung ab 13.00 Uhr zu erbringen, wie er dies selbst in der von ihm erstellten Beilage ./F angeführt habe. - Aus der Aufstellung sei ersichtlich und außer Streit gestellt, daß der Kläger die "Gleitzeitmöglichkeit" oftmals in Anspruch genommen habe.

Für die beklagte Partei sei es weder nachvollziehbar noch im Rechte begründet, weshalb der Kläger, ohne daß ein Erbringung von Überstunden erbeten und angeordnet worden sei, von der Beklagten willkürlich in einen Zeitraum nach 20. Uhr eigenmächtig verlagerte Arbeitsleistungen als Überstunden mit einem 100%-igen Zuschlag vergütet erhalten sollte, wenn der Kläger die Arbeiten jedenfalls innerhalb der oben angeführten Rahmenarbeitszeit hätten leisten können. - Unterstrichen werde der Rechtsstandpunkt der Beklagten insbesondere durch die zeitliche Lage der Arbeitsleistung des Klägers an den in der Beilage ./F angeführten Tagen 10.9.1991, 19.3.1991, 10.4.1991, 16.7.1991, 4.12.1991, 17.3.1992, 18.5.1992, 20.5.1992 und 23.9.1992 zu verwiesen.

Ausgehend von den so zu treffenden Feststellungen qualifiziere sich die Arbeitsleistungen des Klägers als zu-schlagsfreie Mehrarbeit und sei Klagebegehren daher abzuwei-sen.

Daß die Beklagte Arbeitsleistungen des Klägers nach 20 Uhr als Überstunden mit 100%-igem Zuschlag dann entlohnt bzw. im entsprechenden Ausmaß Zeitausgleich gewährt habe, wenn die tägliche Normalarbeitszeit von 8 bzw. 9 Stunden oder die wöchentliche Normalarbeitszeit von 40 bzw. 44 Stunden (Abschnitt V. des anzuwendenden KollV) überschritten habe, obwohl die Überstunden nicht angeordnet worden seien und auch innerhalb der Rahmenarbeitszeit hätten erbracht werden können und sohin nur mit 50%-igem Zuschlag abzugelten gewesen wären, sei allein auf das freiwillige Entgegenkommen, bezogen auf die Mitarbeiter der Beklagten, zurückzuführen. - Werde aber das amikale Entgegenkommen derart mißbräuchlich ausgeweitet, wie es der Kläger zu praktizieren versucht habe, sei das keinesfalls akzeptabel, zumal, wenn die strittigen Forderungen des Klägers widerspruchsfrei hingenommen würden, diese Gebarung sicherlich von sämtlichen Mitarbeitern der Beklagten an-gesprochen würde, was tiefgreifende Konsequenzen für die langfristige Produktionsplanung hätte, da zusätzlich erheblichste Kostenaufwendungen zu berücksichtigen wären.

Das Erstgericht habe nicht festgestellt, daß der Kläger am 2.4.1991, 21.5.1991, 21.4.1992 und 27.10.1992 Arbeitsleistungen eigenmächtig vor 6 Uhr und vor dem angeordneten Beginn der Arbeitsschicht erbracht habe (Beilage ./F).

Selbst wenn man die Rechtsansicht des Erstgerichtes teile, sei nicht zu erkennen, weshalb auch für diese Zeiten ein Überstundenentgelt mit 100%-igem Zuschlag zugesprochen werde, wo doch nach dem Wortlaut und Zweck des Gesetzes eine Überstunde grundsätzlich erst nach Absolvierung der täglichen bzw. wöchentlichen Normalarbeitszeit anfallen könne (Arb 8879).

Hätte das Erstgericht die obigen Feststellungen getroffen, wären zweifelsfrei die auf den in Rede stehenden Zeiträumen basierenden Überstundenentgeltforderungen abgewiesen wor-den.

Unklar sei, weshalb das Erstgericht für den 22.5.1992 Uberstundenentgelt zuspreche, zumal das sogar im Widerspruch zum klägerischen Vorbringen erfolge.

Am 22.5.1992 sei die Kernarbeitszeit für den Kläger von 15.00 bis 23.00 Uhr festgesetzt gewesen; mit der oben erklärten Möglichkeit, die Arbeitsleistung ab 13.00 Uhr zu beginnen. - Der Kläger habe von 13.25 Uhr bis 22.25 Uhr gearbeitet, also 9 Stunden, wobei in der Arbeitswoche noch 0,5 Stunden auf die 1,5 Stunden wöchentliche Mehrarbeit offen gewesen seien. Dem Kläger sei daher für die Arbeitsstunde, mit der die Tagesarbeitszeit von 8 Stunden überschritten worden sei, 0,5 Stunden an zuschlagsfreier Mehrarbeit und 0,5 Stunden als Überstunde bezahlt, wie dies der Kläger im übrigen selbst für richtig halte (Protokoll vom 27.10.1994).

Hätte das Erstgericht das festgestellt, wäre auch der bezughabenden Teil des Klagebegehrens abzuweisen gewesen.

Im übrigen sei selbst bei Richtigkeit der Rechtsansicht des Erstgerichtes der geltend gemachte Klagsanspruch im Sinne des Abschnittes VII. Punkt 3 c) und 3 d) verfallen.

Die erhobenen Ansprüche seien - wenn man sie bejahe - in den Jahren 1990, 1991 und 1992 entstanden, wobei der zeitlich jüngste Anspruch am 4.11.1992 entstanden wäre.

Das durch vom Erstgericht unberechtigt - von der Beklag-ten vergeblich mit Widerspruch gerügt - durch Klagsänderung in der gegenständlichen Qualifikation und in dem vorliegenden Ausmaß artikulierte Klagebegehren sei erstmals in der Ver-handlung vom 11.12.1992 erhoben worden. - Niemals habe sich der Kläger gegen die ihm zur Kenntnis gebrachte Verrechnung und Abgeltung der von ihr erbrachten Arbeitsleistungen ausge-sprochen, sondern durch unbeanstandete Annahme des an ihn aus-bezahlten Entgelts die Verrechnung zustimmend bestätigt, wes-halb sämtliche erhobenen Ansprüche für die Zeit vor dem 11.9. 1992 verfallen seien. Das hätte das Erstgericht festzustellen gehabt.

Die erhobenen Ansprüche seien, selbst wenn man nicht von der oben dargelegten Akzeptanz der entsprechenden Uberstundenaufzeichnungen durch die klagende Partei ausgehe, jedenfalls für die Zeit vor dem 11.12.1990 verfallen; denn die Arbeitszeiten der Mitarbeiter der Beklagten seien durch sogenannte Stechkarten und Zeitnachweislisten dokumentiert, die nach Meinung des Erstgerichtes, den Ausführungen im angefochtenen Urteil zufolge nicht als Überstundenaufzeichnungen zu werten seien. - In dem Fall würden jedoch etwaige Uberstundenentgeltansprüche gemäß Punkt 3 d) des Abschnittes VII. des anzuwendenden KollV nach dem Ablauf von 2 Jahren verfallen, wie das vom Erstgericht nach seinen Feststellungen rechtlich zu würdigen gewesen wäre.

Der Zuspruch von 10% Zinsen sei im Recht nicht begründet. - Dem Kläger würden bei Bejahen seiner Forderungen gemäß

§ 1333 ABGB nur 4% Zinsen zustehen.

In dem Punkt war die Berufung berechtigt und das Ersturteil im Spruch insoweit abgeändert, zumal der Kläger ohne-dies nur 4 % Verzugszinsen begehrte.

Das modifizierte, im zweiten Rechtsgang noch offene Klagebegehren betrifft nur die Berechtigung der geforderten Ent-lohnung auf Basis eines 100%igen Zuschlages für die ersten

1 1/2 Nachtarbeitsstunden, die der Kläger nach einer 38,5-stündigen Wochenarbeitszeit arbeitete. Die beklagte Partei legt, wie oben wiedergegeben, den Kollektivvertrag dahin aus, daß diese Arbeitszeit als Mehrstunden zuschlagsfrei zu vergüten seien. Demgegenüber vertritt der Kläger die Rechtsansicht, daß auch für diese 1 1/2 Stunden ein 100%iger Überstundenzuschlag, wie er für Nachtarbeit vorgesehen sei, zu-stehe.

Nur die Auslegung des KollV ist noch offen, zumal die zeitliche Lagerung der jeweiligen Arbeitszeit laut ./F des Klägers unbestritten ist (Urkundenerklärung ON vom 18.5.1993, ON 14). Aus der Urkunde ergibt sich ein Überschreiten der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden.

Das Berufungsgericht vermag der von der Berufungswerberin vertretenen Auslegung des Kollektivvertrages für die Angestellten des pharmazeutischen Großhandels nicht zu folgen.

Fest steht, daß die Angaben des Klägers über die zeitliche Lagerung der jeweiligen Arbeitszeit, wie sie sich aus ./F ergebende Aufstellung über angeblich vorenthaltene Überstundenzuschläge hervorgeht, richtig sind (Urkundenerklärung vom 18.5.1993 ON 14). Der Höhe nach unstrittig ist das daraus abgeleitete offene Klagebegehren von S 7.739,51.

Der Kläger legte dem Gericht eine Aufstellung über die Tage im streitgegenständlichen Zeitraum vor, an denen er je-weils die ersten 1 1/2 "Mehr"-Stunden leistete. Der Kläger erläuterte die Beilage ./F in der ergänzenden Einvernahme vom 27.10.1994 (ON 33 AS 209 f) im Sinne des Klagsvorbringens. Dem stehen keine anderslautenden, überzeugenden Beweisergebnisse entgegen.

Erwiesen ist, daß der Kläger gegen die Verrechnungsform der Beklagten protestierte (ON 5 AS 41 = Protokoll vom 11.12.1992). Daran ändert auch nichts, daß die beklagte Partei ein elektronisches Zeiterfassungssystem einsetzt. Dessen Bestehen bestätigte der Kläger in seiner PV (Protokoll vom 19.9.1994, ON 32 AS 197). Aus ./F (inliegend in der Urkundenerklärung des beklagten Partei) ergibt sich, daß jeweils in den in ./F angegebenen Zeiträumen die 38,5 -Stundenwoche überschritten wurde.

Ausgehend von den Feststellungen kommt der Rechtsrüge Berechtigung zu.

Gemäß Pkt VII des KollV für die Angestellten des pharmazeutischen Großhandels Österreichs ist der Dienstgeber verpflichtet, laufend ordentliche Aufzeichnungen über die von seinen Arbeitnehmern geleisteten Überstunden zu führen. Der Arbeitgeber hat sie am Ende der betreffenden Gehaltsperiode dem Arbeitnehmern zur Bestätigung vorzulegen. Solche Bestätigungen sind im Beweisverfahren nicht vom dafür vorlagepflichtigen Dienstgeber vorgelegt worden.

Der anzuwendende Kollektivvertrag bestimmt im Abschnitt VI [Mehrarbeit] unter Z 2: Arbeitszeiten, für die gemäß Abschnitt VII ein Zuschlag von mehr als 50 % gebührt, gelten nicht als Mehrarbeit im Sinn des Pkt 1 - (wöchentliche Normalarbeitszeit) sondern als Überstunden.

Abschnitt VII [Überstunden] regelt als Überstundenentlohnung (VII Z 2 lit c) für Überstunden in der Zeit von 20 bis 6 Uhr mit einem Zuschlag von 100 %. Ein erforderliches Über-schreiten der Normalarbeitszeit für Überstunden iSd AZG wird mit der Regel des Abschnittes VII nicht vorausgesetzt. Damit qualifiziert der Kollektivvertrag im Rahmen seiner Autonomie die zwischen 20 und 6 Uhr gelegenen Stunden als zu-schlagspflichtige Quasiüberstunden. Das Klagebegehren ist somit berechtigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 2 ASGG iVm § 43 Abs 2 und § 50 ZPO. Die beklagte Partei drang mit der Abwehr des gegen § 405 ZPO verstoßenden Mehrzuspruches von 10 % Zinsen statt der begehrten 4 % durch. Das unzulässige Pluspetit stellte einen für die beklagte Partei offenbar erkennbaren Schreibfehler des Erstgerichts im Sinn des § 419 ZPO dar, der mit Berichtigungsantrag (TP 1) - Kostenanspruch 170,88 (inkl 28,48 S USt) zu beseitigen gewesen wäre. In dem Umfang war der Kostenanspruch des teilobsiegenden Klägers zu mindern.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gründet sich auf § 45 Abs 3 Z 2 ASGG. Schwerpunkt im zweiten Rechtsgang bildet nur mehr der restliche Entgeltforderung von S 7.739,51 brutto.

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