JudikaturOLG Wien

19Bs520/96 – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 1997

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie die Richter Dr.Philipp und Dr.Danek in nichtöffentlicher Sitzung in der Strafsache gegen Christian K ***** wegen § 302 Abs 1 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. Dezember 1995, GZ 7 a E Vr 7553/95-10, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Beschwerde wird F o l g e gegeben und der angefochtene

Beschluß ersatzlos a u f g e h o b e n .

Text

Begründung:

Gegen Christian K***** fand am 12. Dezember 1995 aufgrund einer Anklage wegen § 302 Abs 1 StGB eine Hauptverhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht statt. Ungeachtet dessen erhielt der zuvor unvertretene Angeklagte am 17. November 1995 lediglich eine Ladung des Beschuldigten zur Hauptverhandlung vor dem Einzelrichter (StPOForm Lad 7) anstelle der erforderlichen Ladung des unvertretenen Angeklagten im schöffengerichtlichen Verfahren samt Aufforderung, einen Verteidiger zu wählen und Fristsetzung zur Bekanntgabe desselben (StPOForm Lad 10 - siehe die richterliche Verfügung ON 9 und den dort angeschlossenen Rückschein). In der Folge faßte der Vorsitzende des Schöffengerichtes am 1. Dezember 1995 den (nunmehr angefochtenen) Beschluß auf Beigebung eines Amtsverteidigers gemäß § 41 Abs 3 StPO, dessen Kosten der Angeklagte zu tragen habe (ON 10), worauf mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien vom 4. Dezember 1995 Dr.Norbert P***** zum Verteidiger des Christian K***** bestellt wurde (AS 68). Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt wenige Tage vor der Hauptverhandlung erfolgte die Zustellung eines StPOForm VH 3 (Beigebung eines Amtsverteidigers) an Christian K***** (siehe AS 147), wobei in dieser formularmäßigen Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses keine der beiden ausdrücklich alternativ angeführten Möglichkeiten, daß der Angeklagte die Kosten seiner Verteidigung zu tragen oder nicht zu tragen habe, gekennzeichnet wurde (siehe ON 13). Eine Beschlußausfertigung, beinhaltend auch die Kennzeichnung des beschlußwesentlichen Faktors der Kostentragungspflicht, an den Angeklagten erfolgte (nach Auftrag des Oberlandesgerichtes Wien) erst am 4. November 1996 (ON 48).

Zur Hauptverhandlung am 12. Dezember 1995 erschien Christian K***** mit einem Wahlverteidiger; eine Vollmachtsvorlage desselben erfolgte zuvor nicht.

Rechtsanwalt Dr.Norbert P***** beantragte am 19. Dezember 1995 gemäß § 395 Abs 5 StPO seine Entlohnung mit S 6.048,-- für die Abholung einer Aktenabschrift und die frustrierte Wartezeit vor der Hauptverhandlung festzusetzen und dem Angeklagten deren Zahlung aufzutragen.

Nach zweimaliger Aufhebung eines diesbezüglich stattgebenden Beschlusses durch das Oberlandesgericht Wien mangels Rechtskraft des Beschlusses auf Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs 3 StPO richtet sich nunmehr gegen letztgenannten eine am 6. November 1996 zur Post gegebene Beschwerde des Christian K*****.

Rechtliche Beurteilung

Diese ist rechtzeitig, da nur die Zustellung einer Beschlußausfertigung, die frei von entscheidenden Formgebrechen oder Auslassungen ist, die Frist zur Ausführung einer Beschwerde in Gang setzen kann (vgl. Mayerhofer, StPO4, § 79, E 65; SSt 14/81). Eine solche stellte aber die Erstausfertigung des angefochtenen Beschlusses, die dem Beschwerdeführer im Dezember 1995 zukam, nicht dar.

Die Beschwerde ist aber auch berechtigt, da Voraussetzung für die Fassung eines Beschlusses nach § 41 Abs 3 StPO die Aufforderung an den Beschuldigten ist, einen Verteidiger zu wählen oder die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach § 41 Abs 2 StPO zu beantragen. Nur im Fall der Nichtbefolgung dieser Aufforderung kann ihm von Amts wegen ein Verteidiger beigegeben werden, dessen Kosten er zu tragen hat (§ 41 Abs 3, letzter Satz, StPO). Da Christian K***** gegenständlich weder zur Wahl eines Verteidigers aufgefordert, noch ihm hiefür eine Frist gesetzt worden ist, lagen somit die angeführten gesetzlichen Bestimmungen für die Beigebung eines Amtsverteidigers nicht vor, sodaß der angefochtene Beschluß daher ersatzlos aufzuheben war.

Das Erstgericht wird nun erneut über den Antrag des Dr.Norbert P***** gemäß § 395 Abs 5 StPO zu entscheiden und dabei zu beachten haben, daß die Grundlage hiefür durch die ersatzlose Aufhebung des Beschlusses nach § 41 Abs 3 StPO entfallen ist.

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