JudikaturOLG Wien

1R275/96k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 1997

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Kaindl als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Hurch und Dr.Hoch in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) M***** und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH CO KG, 2.) M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH, 3.) K*****-Verlag GmbH Co KG, 4.) K***** Verlag GmbH, alle Muthgasse 2, 1190 Wien, alle vertreten durch Giger, Ruggenthaler Simon, Rechtsanwälte KEG in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) V***** Gesellschaft mbH CO KG, 2.) V*****Gesellschaft mbH, beide Praterstraße 31, 1020 Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 1,000.000,--) über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 27.11.1996, 15 Cg 240/96b-2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben, der angefochtene Beschluß a u f g e h o b e n und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit der vorliegenden, beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage, begehren die Kläger die Beklagten dazu verpflichten, es in ihren periodischen Druckwerken insbesondere "*****" zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) den Käufern unentgeltliche Zugaben zu gewähren bzw. gewähren zu lassen, insbesondere....

b) Gewinnspiele zu veranstalten/veröffentlichen bzw. Gutscheine zum kostenlosen/verbilligten Bezug von Waren oder Dienstleistungen zu veröffentlichen, wenn durch die regelmäßige Veranstaltung/Veröffentlichung beim Leserpublikum der Eindruck erweckt wird, daß auch in künftigen Ausgaben wieder ein Gewinnspiel/Gutschein enthalten sein wird.

Sie erheben weiters ein Veröffentlichungsbegehren und beantragen zur Sicherung ihres Unterlassungsanspruches die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Zur Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes berufen sich die Kläger auf § 83 c JN. Für die beim Landesgericht St.Pölten mit Sitz in Tulln registrierten Beklagten sei als Geschäftsanschrift die Praterstraße in 1020 Wien eingetragen. Diese Postanschrift scheine auch im Impressum von "*****" als Redaktions-, Herausgabe- und Verwaltungsadresse auf. Als Niederlassung im Sinn des § 83 c gelte aber beispielsweise auch die Grazer Lokalredaktion einer Wiener Tageszeitung. Der "Standort" des Unternehmens der Beklagten liege somit in 1020 Wien. Jedenfalls aber bezögen sich die geltend gemachten Wettbewerbsverstöße auf das in Wien etablierte Unternehmen. Allfällige Teilnahmekarten seien nämlich an die Wiener Anschrift der Erstbeklagten zu senden.

Mit dem angefochtenen Beschluß sprach das Erstgericht a limine seine örtliche Unzuständigkeit aus und überwies den Sicherungsantrag an das Landesgericht St.Pölten. Die vorliegende Klage nach UWG könnte nur beim allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten erhoben werden, nicht aber - auch - beim "Niederlassungsgerichtsstand" in Wien. Der in der Klage zitierte § 83 c JN stelle schon nach seinem Wortlaut auf physische Personen ab (arg: "...Personen klagt, deren Unternehmen sich im Inland befindet..."). Außerdem lasse sich diese Norm für alle in § 83 c Abs.1 JN enthaltenen Fälle sinnvoll nur dahin auslegen, daß der Sitz der beklagten Unternehmen maßgeblich sei. Zur Begründung dieser Rechtsansicht berief sich das Erstgericht "für etliche Entscheidungen in jüngster Zeit" auf jene des Oberlandesgerichtes Wien vom 24.10.1996, 15 R 144/96y.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Klägerinnen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des ordentlichen Verfahrens aufzutragen.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 83 c Abs.1 JN ist für Streitigkeiten wegen unlauteren Wettbewerbs (§ 51 Abs.2 Z 10 JN) jenes Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Sprengel das im Inland befindliche Unternehmen des Beklagten (oder das Unternehmen, bei dem er seine Tätigkeit entfaltet hat) liegt. Bei mehreren Niederlassungen besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Gericht der Hauptniederlassung und derjenigen Zweigniederlassung, auf die sich die Handlung bezieht. Fehlt ein solches Unternehmen, dann ist der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten maßgebend (Fasching Lehrbuch**2 Rz 292; Mayr in Rechberger ZPO Rz 2 zu § 83 c JN).

Zutreffend weisen die Rekurswerber darauf hin, daß sie mit ihren Angaben in der Klage, wonach das Unternehmen der Beklagten im Sprengel des angerufenen Gerichtes liege und sich die dargelegten Wettbewerbsverstöße jedenfalls auf das in Wien etablierte Unternehmen bezögen, ausreichendes Vorbringen zur Inanspruchnahme des Gerichtsstandes gemäß § 83 c JN erstattet haben. Angesichts dieser - eingangs wiedergegebenen - Zuständigkeitsbehauptungen (die weder dem Erst- noch dem Rekursgericht als unrichtig bekannt waren bzw. sind) kam eine a limine Zurückweisung im Rahmen der Prüfung gemäß § 41 Abs.2 JN nicht in Betracht.

Der vom Senat 15 des Oberlandesgerichtes Wien in der Entscheidung 15 R 144/96y vertretenen Auffassung, wonach unter "Personen" in § 83 c JN nur physische Personen gemeint seien und die Formulierung "...das Gericht, in dessen Sprengel das Unternehmen... gelegen ist", sinnvoll nur so zu interpretieren wäre, daß der registrierte Sitz des Unternehmens maßgeblich sei, kann sich der erkennende Senat - wie bereits zu 1 R 255/96v ausgesprochen wurde - nicht anschließen. Gerade der Umstand, daß in § 83 c JN von "Personen" schlechthin die Rede ist, spricht nämlich - wie der Rekurs zutreffend aufzeigt - dafür, daß damit sowohl physische als auch juristische Personen gemeint sind, die ja beide Unternehmen betreiben können; und wenn der Gesetzgeber ausdrücklich eine Sonderregelung für juristische Personen treffen bzw. auf den Firmensitz abstellen will, wird dies in der Regel auch ausdrücklich so formuliert (vgl. z.B. § 63 Abs.2 ZPO bzw. § 75 JN).

Daß sich die gegenteilige Auslegung (15 R 144/96y), die das Erstgericht übernommen hat, weder auf die Gesetzesmaterialien zu dem mit der Zivilverfahrensnovelle 1983 eingeführten Gerichtsstand gemäß § 83c JN (669 BlgNR 15.GP, 38 bzw. 1337 BlgNR 15.GP, 5), noch auf die Vorgängerbestimmung des § 23 UWG (vgl. zum Begriff der "Niederlassung" ÖBl.1979, 25-Steirerkrone = SZ 51/29) berufen kann, sei daher nur noch am Rande erwähnt.

In Stattgebung des Rekurses der Klägerin war daher der angefochtene Beschluß aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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