JudikaturOLG Wien

19Bs366/96 – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
04. Oktober 1996

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie die Richter Dr.Philipp und Dr.Danek in nichtöffentlicher Sitzung in der Strafsache gegen P***** L ***** wegen §§ 146 ff StGB über die Erklärung gemäß § 48 Z 2 StPO der Privatbeteiligten ***** in Ansehung des Beschlusses auf Einstellung des Verfahrens vom 1. April 1996, AZ 25 b Vr 1689/96, AS 3 verso, des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Wiederaufnahme der Voruntersuchung gegen P***** L***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148, 2. Fall, StGB, begangen zum Nachteil der ***** wird v e r f ü g t .

Text

Begründung:

Die Firma ***** erstattete am 31. Jänner 1996 gegen P***** L***** Anzeige wegen des Verdachtes des Betruges und behauptete, der Genannte habe als freier Mitarbeiter ihres Unternehmens in zumindest drei Fällen Versicherungsanträge fingiert sowie die Unterschriften auf jenen gefälscht, um sich auf diese Weise Provisionen zu erschleichen. Die fingierten Versicherungsanträge hätten auf die Namen R***** W*****, G***** J***** und J***** F***** gelautet. Die genannte Firma schloß sich dem Strafverfahren mit einem vorläufig symbolischen Betrag von S 1.000,-- als Privatbeteiligte an (AS 11).

Aufgrund dieser Anzeige beantragte die Staatsanwaltschaft Wien am 8. Februar 1996 die Einleitung der Voruntersuchung gegen P***** L***** wegen §§ 146 ff StGB, wobei sie darauf hinwies, daß das Faktum "J*****" bereits von der im Verfahren 25 b Vr 264/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien erhobenen Anklage umfaßt war, sodaß davon auszugehen ist, daß dieses Faktum im Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einleitung der Voruntersuchung nicht eingeschlossen war.

Dem Antrag folgend hat der Untersuchungsrichter mit Beschluß vom 19. Februar 1996 die Einleitung der Voruntersuchung gegen P***** L***** wegen §§ 146 ff StGB verfügt (AS 2).

Am 27. März 1996 gab die Staatsanwaltschaft Wien die Erklärung ab, keinen Grund zur weiteren Verfolgung des P***** L***** wegen §§ 146 ff StGB zu finden (§ 109 Abs 1 StPO); dies aus dem Grunde des § 34 Abs 2 Z 1 StPO im Hinblick auf die Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. März 1996, AZ 5 a Vr 264/96, gemäß §§ 31, 40 StGB. Mit dem zitierten Urteil war P***** L***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer 10-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, wobei auch das Faktum "J*****" umfaßt war (ON 38 im genannten Verfahren).

Mit Beschluß vom 1. April 1996 stellte der Untersuchungsrichter das Verfahren gegen P***** L***** gemäß § 109 Abs 1 StPO antragsgemäß ein.

Hievon wurde die Privatbeteiligte am 10. April 1996 verständigt, welche innerhalb offener Frist die als Subsidiarantrag nach § 48 Z 2 StPO zu wertende Erklärung abgab, daß sie die Verfolgung des P***** L***** aufrecht erhalte (ON 7).

Der Subsidiarantrag erweist sich als zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Umstand, daß die Voraussetzungen des § 34 Abs 2 Z 1 StPO vorliegen, kann dem Privatbeteiligten bei der Prüfung der Frage, ob die Wiederaufnahme der Voruntersuchung gerechtfertigt ist, nicht entgegengehalten werden. Dies ergibt sich schon aus § 34 Abs 2, letzter Satz, StPO, wonach die dem Privatbeteiligten nach § 48 StPO zustehenden Rechte durch § 34 Abs 2 StPO nicht berührt werden. Hinzu kommt, daß die Bestimmung des § 34 Abs 2 StPO lediglich eine gesetzlich vorgesehene Durchbrechung des an sich gemäß § 34 Abs 1 StPO vorherrschenden Legalitätsprinzips beinhaltet und den Strafverfolgungsbehörden nur eine rein interne Ermächtigung erteilt, in gewissen, in der bezogenen Gesetzesstelle vorgesehenen Fällen, von der Verfolgung strafbarer Handlungen abzusehen (Mayerhofer-Rieder, StPO**n, Anm. 1 zu § 34). Die Bestimmung des § 34 Abs 2 StPO richtet sich demnach ausschließlich an die Anklagebehörde; ein Gericht kann die Verfolgung einer Person unter Hinweis auf das Vorliegen der Voraussetzungen der zitierten Gesetzesstelle niemals ablehnen. Es ist daher, wie in jedem anderen Fall, nur zu prüfen, ob die Verdachtslage bzw. die bisher vorliegenden Ergebnisse der Voruntersuchung eine Wiederaufnahme bzw. Fortsetzung derselben rechtfertigen. Dies muß aber fallbezogen aufgrund der Angaben der Zeugen Mag.C***** Z*****, R***** W***** und J***** M*****, der von der Anzeigerin bzw. ihrer informierten Vertreterin vorgelegten Unterlagen, aber auch aufgrund der Angaben des Beschuldigten selbst bejaht werden.

Aus der von Mag.C***** Z***** vorgelegten Abrechnung ergibt sich, daß vermutlich auch der Versicherungsantrag, lautend auf F***** M*****, fingiert und die Unterschrift des Genannten durch den Beschuldigten gefälscht wurde (siehe AS 73), wobei die Voruntersuchung auf dieses Faktum bisher nicht Bedacht genommen hat. Diesbezüglich werden daher noch ergänzende Untersuchungshandlungen zu führen, insbesondere der Beschuldigte P***** L***** zu vernehmen sein.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Rückverweise