8Ra168/96 – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien faßt als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Schrödl als Vorsitzenden, die Richter des Oberlandesgerichtes DDr.Schwarz und Dr.Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Johann Frais (AG) und Brigitte Fischer (AN) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dieter P*****, Angestellter, S*****, 2100 Korneuburg, vertreten durch Dr.Hans Peter Sauerzopf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing.Peter S*****, Inhaber der "Fahrschulen *****, 1090 Wien, vertreten durch Dr.Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 301.543,75 brutto abzüglich S 74.975,25 netto samt Nebengebühren, infolge Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse S 94.384,75 brutto) und Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse S 207.159,- brutto abzüglich S 74.975,25 netto), gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13.12.1995, GZ 29 Cga 211/94z-26, nach mündlicher Berufungsverhandlung
Spruch
I.) den
Beschluß :
Die in der Berufung der beklagten Partei beantragten Beweise werden zurückgewiesen;
II.) und erkennt zu Recht:
Den Berufungen wird n i c h t Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.770,60 (darin S 1.458,97 USt und S 16,80 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.884,80 (darin S 1.976,93 USt und S 23,20 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war beim Beklagten vom 1.2.1993 bis 29.3.1994 beschäftigt. Am 29.3.1994 erklärte der Kläger den vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis.
Mit der am 29.9.1994 eingebrachten Klage begehrt der Kläger nach Einschränkung und Ausdehnung zuletzt den Betrag von S 301.543,75 brutto abzüglich S 74.975,25 netto s.A. (ON 19, AS 116) und macht geltend, daß er wegen nicht nachvollziehbarer Art der Lohnverrechnung und daraus resultierender Entgeltvorenthaltung sowie wegen grob fahrlässiger Vereitelung der Ausbildung zum Fahrlehrer und Unmöglichkeit der Verlängerung des Probelehrerfahrausweises vorzeitig ausgetreten sei. Es sei ein monatliches Gehalt laut Kollektivvertrag von S 15.609,- brutto vereinbart worden. Der (vom Kläger im Schriftsatz ON 19 im Detail aufgeschlüsselte) Klagebetrag von S 301.543,75 brutto resultiere aus restlichem Gehalt, aliquoten Sonderzahlungen, Kündigungsentschädigung und Urlaubsabfindung. Hievon seien geleistete Nettozahlungen von S 74.975,25 in Abzug zu bringen.
Der Beklagte wendete ein, der Kläger sei einvernehmlich nach Stunden entlohnt worden. Als Student habe er unterschiedliche Dienstzeiten eingehalten. Im Jänner bis März 1994 habe der Kläger nur 108 Stunden gearbeitet. Zufolge Ablaufes des Probeführerscheines habe der Kläger ab Dezember 1993 nicht mehr als Fahrlehrer gearbeitet, sondern Büroarbeiten verrichtet. Der Kläger hätte ohne weiteres zur Prüfung antreten können, wenn er sich rechtzeitig um die Unterlagen gekümmert hätte. Er sei mit einem kollektivvertraglichen Entgelt von S 15.000,-
angemeldet worden. Angemessen wäre ein Gehalt von 90 % des Kollektivvertrages gewesen. Der Kläger habe seinen Urlaub zur Gänze konsumiert.
Der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15.9.1995 blieb die Beklagtenvertreterin fern, obwohl sie den Termin in der vorhergehenden Tagsatzung vom 1.6.1995 unter Ladungsverzicht zur Kenntnis genommen hatte (ON 15, AS 109). Der Klagevertreter beantragte hierauf die Fällung eines unechten Versäumungsurteils (ON 22, AS 121).
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren mit S 207.159,- brutto abzüglich S 74.975,25 netto s.A. statt, während es das Mehrbegehren des Klägers von S 94.384,75 brutto s.A. abwies. Dabei ging es von den auf den Seiten 4 bis 9 der Urteilsausfertigungen wiedergegebenen Feststellungen aus, auf die verwiesen wird. Hievon ist hervorzuheben:
Der Kläger war ab 1.2.1993 beim Beklagten als Probefahrlehrer tätig. Fallweise hatte er diese Beschäftigung schon seit Sommer 1992 ausgeübt. Er war damals noch Student und nur an einem Nebenerwerb interessiert. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Streitteilen kam über Vermittlung des Stiefsohnes des Beklagten, Ing.Jochen H*****, zustande, mit dem der Kläger befreundet war. Die Arbeitszeiten des Klägers waren variabel, je nach Bedarf des Beklagten und studienbedingter Möglichkeit des Klägers. Gewöhnlich erfolgte die Einteilung der Arbeitszeit schon rund 6 Wochen im vorhinein. Da die Mutter des Klägers im Jahre 1992 noch Familienbeihilfe für ihn bezog, erfolgte die Lohnabrechnung zwischen den Streitteilen vereinbarungsgemäß zunächst dergestalt, daß die geleisteten Arbeitsstunden ohne Rücksicht auf ihre tatsächliche zeitliche Lagerung vor allem den Ferienmonaten Februar sowie Juli bis September zugerechnet wurden und während des Semesters nur eine geringfügige, den Familienbeihilfenbezug nicht schädliche Beschäftigung ausgewiesen wurde.
Die monatlichen Stundenleistungen des Klägers schwankten im Zeitraum Februar bis September 1993 beträchtlich. Sie lagen zwischen 36 (Mai) und 230,5 (Juli) Stunden. Im Herbst 1993 teilte der Kläger der Ehegattin des Beklagten, Waltraud S*****, mit, daß er sein Studium praktisch aufgegeben habe und deshalb während des Semesters nicht mehr als bloß geringfügig beschäftigt geführt werden, sondern eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung haben wolle. Eine Veränderung über eine geänderte Arbeitszeit wurde aber nicht getroffen. Waltraud S***** sagte dem Kläger nicht, daß er nun zur Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden angestellt werde. Es war absehbar, daß in den Wintermonaten keine ausreichende Beschäftigung für eine Ganztagsanstellung des Klägers vorhanden sein würde. Die Änderung sollte nach ihrem Vorschlag lediglich darin bestehen, daß der Kläger nun auch während des Semesters entsprechend seiner laufenden Arbeitsleistung, über der Geringfügigkeitsgrenze bezahlt werde.
Der Kläger wurde nicht als Angestellter, sondern wie alle Probefahrlehrer des Beklagten als Arbeiter zur Gebietskrankenkasse gemeldet.
Im Oktober 1993 konsumierte der Kläger vereinbarungsgemäß zumindest 25 Werktage Urlaub. Danach leistete er noch im November 1993 55 (inklusive 12 Stunden Überlandfahrt), im Dezember 1993 34 (inklusive 12 Stunden Überlandfahrt) und im Jänner und Februar 1994 108 (Skriptenbearbeitung in Heimarbeit) Stunden.
Der Beklagte hatte zunächst aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen verabsäumt, für den Kläger einen Probefahrlehrerausweis ausstellen zu lassen; dies wurde erst im Juli 1993 nachgeholt. Die Gültigkeit des Ausweises war bis 5.1.1994 befristet.
Eine konkrete Höhe der Entlohnung wurde nie vereinbart. Waltraud S*****, die für den Beklagten die Personalangelegenheiten bearbeitet, legte bei ihren Berechnungen für das Jahr 1993 ein Stundenentgelt von S 100,- und ab 1.1.1994 S 101,- brutto zugrunde. Im Laufe des Jahres 1993 war einmal in einem Gespräch zwischen dem Kläger und Ing.H***** davon die Rede, daß der Kläger kollektivvertraglich entlohnt werde. Von bestimmten Beträgen wurde dabei nicht gesprochen. Der Kläger urgierte spätestens ab November 1993 mehrmals die regelmäßige und nachvollziehbare Auszahlung seines Entgelts. Trotz seiner Bemühungen erhielt er während des gesamten Dienstverhältnisses nur zweimal einen Gehaltszettel. Dies bis Herbst 1993 in bar, dann auf sein Gehaltskonto ausbezahlten Beträge waren entweder als Akonto bezeichnet oder jedenfalls nicht konkreten Arbeitsleistungen zuordenbar und erschienen dem Kläger insgesamt zu gering.
Anfang 1993 (gemeint: 1994) beschwerte sich der Kläger bei Ing.H*****, daß seine Entlohnung nicht korrekt erfolge. Ing.H***** versprach sich darum zu kümmern, ließ dem Kläger aber schließlich nach Rücksprache mit seiner Mutter mitteilen, es sei ohnehin alles in Ordnung.
Der Kläger erteilte sowohl praktischen Fahrunterricht, als auch insbesondere ab Herbst 1993 Theoriekurse. Ab Jänner 1994, nach Ablauf der Befristung seines Probefahrlehrerausweises, weigerte er sich, weitere Fahrstunden zu geben. Auf Grund des freundschaftlichen Verhältnisses zu Ing.H***** wurde der Kläger aber trotz Verlustes seiner vorläufigen Fahrlehrerberechtigung vom Beklagten weiter beschäftigt. Es wurden ihm ab Jänner 1994 Büroarbeiten, nämlich die Zusammenstellung von Skripten für den Fahrschulunterricht zugeteilt. Diese Tätigkeit verrichtete der Kläger zu Hause. Der Kläger hatte die Absicht, am 29.3.1994 die Fahrschullehrerprüfung abzulegen. Waltraud S***** hatte ihm zu Beginn seiner Tätigkeit erklärt, die Prüfungsvorbereitung werde von der Fahrschule organisiert und bezahlt. Tatsächlich wurde der Kläger nicht nur in der Fahrschule ausgebildet, sondern nahm auch an Kursen am WIFI und BFI über Anmeldung durch den Beklagten teil. Der Beklagte bezahlte die Kursgebühren von insgesamt S 8400,-.
Dem Kläger war auf Grund seiner Ausbildung und schriftlicher Unterlagen bekannt, welche Kurse und Praktika er vor Prüfungsantritt nachzuweisen habe. Im Februar 1994 fehlte ihm noch eine vorgeschriebene Pädagogik-Lehrveranstaltung. Waltraud S***** machte den Kläger im Febuar 1994 im Wege eines Telefonates mit seiner Lebensgefährtin auf diesen Umstand aufmerksam und ließ ihm ausrichten, daß der Kurs noch vor der Prüfung nachgeholt werden könnte. Da mit dem Kläger aber im März 1994 keine konkrete Terminvereinbarung mehr getroffen werden konnte, unterblieb die Veranstaltung des Kurses. Der Kläger hätte auch ohne diesen Kurs zur Fahrlehrer-, nicht aber zur Fahrschullehrerprüfung antreten können. Diese Möglichkeit war ihm zwar bekannt und wurde ihm auch von Ing.H***** nahegelegt, er wollte sie aber nicht in Anspruch nehmen. Der Kläger erschien schließlich zum vorgesehenen Prüfungstermin nicht. Am Abend kam er in die Fahrschule und machte seinem Ärger über die seiner Meinung nach vom Beklagten vereitelte Prüfung Luft; darüberhinaus urgierte er neuerlich eine nachvollziehbare Gehaltsabrechnung. Im Zuge der Auseinandersetzung erklärte Waltraud S*****, der Kläger hätte sich selbst um die Prüfungsvorbereitung kümmern müssen, und wies seine Vorwürfe bezüglich der Lohnabrechnung zurück. Der Kläger erklärte daraufhin aus einem spontanen Entschluß seinen Austritt aus dem Dienstverhältnis.
Der Kläger hatte vom Beklagten ab Februar 1993 bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses insgesamt, unter Einrechnung der an Ing.H***** als Untermiete geleisteten Beträge von S 6000,-, S 74.975,25 netto erhalten. Für den Urlaub im Oktober 1993 war dem Kläger kein Entgelt bezahlt worden, sondern nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden, auf die einzelnen Monate willkürlich verteilt, abgerechnet worden.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht zunächst auf die Frage ein, ob der Kläger als Arbeiter - entsprechend seiner Anmeldung zur Gebietskrankenkasse - oder als Angestellter beschäftigt gewesen sei. Der Kollektivvertrag für die Angestellten in den Kraft- fahrschulen Österreichs, auf dessen Anwendung sich der Kläger erkennbar berufe, gelte gemäß Punkt I Z 3 nicht für Probefahrlehrer, die sich im Arbeitsverhältnis befinden, sehe aber vor, daß diese Gruppe Anspruch auf 90 % des Gehaltes eines Fahrlehrers im ersten Berufsjahr habe, sofern sie allein in einem Schulungsfahrzeug Unterricht erteile. Die Frage, ob auf ein Dienstverhältnis das Angestelltengesetz anzuwenden sei, sei aber ohnehin nach der tatsächlichen Tätigkeit des Dienstnehmers zu beurteilen. Fahrlehrer übten nach der Rechtsprechung höhere, nicht kaufmännische Tätigkeiten aus. Auch wenn dem Kläger die formelle Qualifikation eines Fahrlehrers fehlte, habe er doch nach dem festgestellten Sachverhalt die gleichen Tätigkeiten wie ein Fahrlehrer ausgeübt, insbesondere auch theoretischen Unterricht erteilt und Ausbildungsunterlagen bearbeitet. Besonders die letzten Tätigkeiten erforderten ein gehobenes Maß an geistiger Wendigkeit und Verantwortung. Das Dienstverhältnis des Klägers sei daher nach dem Angestelltengesetz zu beurteilen, zumal auch die vereinbarte Arbeitszeit ab Sommer 1993 dem Mindesterfordernis des § 2 Abs 1 AngG entsprochen habe.
Die Vereinbarung einer variablen, kapazitätsorientierten Arbeitszeit auf Abruf sei rechtlich problematisch und könne, wenn damit das Unternehmerrisiko in unzulässigerweise dem Arbeitnehmer aufgebürdet werde, sittenwidrig sein. Diese Überlegung treffe allerdings nicht auf Vertragsgestaltungen zu, bei denen der Arbeitnehmer selbst ein wirtschaftlich fundiertes Interesse an einer flexiblen Arbeitszeit habe, speziell wenn er nur einen Nebenerwerb suche, dessen Ausübung er an die Erfordernisse der Hauptbeschäftigung anpassen müsse. Die mit dem Kläger getroffene Vereinbarung habe ihm die Möglichkeit offen gelassen, den Erfordernissen seines Studiums Rechnung zu tragen, und habe einschließlich der bis Sommer 1993 gepflogenen Abrechnungsmodalität, seinen Interessen entsprochen. Eine sittenwidrige Arbeitszeitregelung könne darin nicht erblickt werden.
Ab Oktober 1993 sei keine geänderte Arbeitszeit, sondern lediglich die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze bei der Abrechnung vereinbart worden. Auch ab diesem Zeitpunkt stehe dem Kläger nur das Entgelt für die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung, ferner das Urlaubsentgelt auf Basis der durchschnittlichen Bezüge und das Entgelt bei sonstiger gerechtfertigter Dienstverhinderung, insbesondere Krankheit, zu, jedoch keine generelle Entlohnung für 40 Wochenstunden. Zur Berechnung des Entgeltdurchschnittes sehe der Kollektivvertrag für Angestellte für Kraftfahrschulen keinen konkreten Beobachtungszeitraum vor. Allerdings sei auf Grund des Spruches einer Schiedskommission der Dienstgeber und Dienstnehmer vom 15.2.1980 für die Weiterbezahlung von Zulagen im Krankheitsfalle ein Durchrechnungszeitraum von 12 Monaten festgesetzt worden. Da es sich beim Betrieb einer Fahrschule um ein Unternehmen handle, das witterungsbedingt saisonalen Schwankungen unterliege, sei dieser Beobachtungszeitraum auch auf die Berechnung des Durchschnittsentgelts bei schwankender Arbeitszeit anzuwenden. Für den einmonatigen Urlaub des Klägers im Oktober 1993 gebühre daher die Fortzahlung des Entgelts für den Monatsdurchschnitt der Zeit vom 1.2. bis 30.9.1993 (1039,5 Stunden : 8 = 130 Stunden x S 100,-), also S 13.000,- brutto. Insgesamt laute der Anspruch des Klägers auf laufendes Entgelt für 1993 wie folgt:
Februar bis September 1039,5 Stunden
a S 100,- S 103.950,--
Urlaubsentgelt Oktober S 13.000,--
November (43 Stunden) S 4.300,--
Dezember (22 Stunden) S 2.200,--
60 Stunden Überlandfahrt S 6.000,--
S 129.450,--.
Die Urlaubsbeihilfe sei nach dem Kollektivvertrag in Höhe des Grundgehaltes für Mai im Juni des Jahres auszuzahlen; bei nicht ganzjähriger Beschäftigung bestehe der Anspruch aliquot. Im Hinblick auf die schwankenden Arbeitszeiten des Klägers sei jedoch auch für die Sonderzahlungen eine Durchschnittsbetrachtung angemessen, da es der Arbeitgeber sonst in der Hand hätte, durch geringe Arbeitszeiten im Mai den Anspruch des Dienstnehmers auf Sonderzahlung ungebührlich zu schmälern. Für die Monate Februar bis Mai ergebe sich eine durchschnittliche Arbeitsleistung des Klägers von gerundet 87 Stunden monatlich, sodaß er Anspruch auf eine Urlaubsbeihilfe von S 7975,-
brutto (S 8700,- aliquot : 12 x 11) habe. Die gleiche Überlegung gelte für die Weihnachtsremuneration, die nach dem Kollektivvertrag in Höhe des Novembergrundgehaltes zu bezahlen wäre. In der Zeit von Februar bis November 1993 habe der Kläger im Durchschnitt monatlich 121 Stunden geleistet, sodaß eine Weihnachtsremuneration von S 11.092,- brutto (S 12.100,- : 12 x 11) gebühre.
Im Jahre 1994 habe der Kläger Anspruch auf Entlohnung für 108 Arbeitsstunden sowie auf Entgeltfortzahlung für 2 Wochen Krankenstand im Jänner. Der Zeitraum der Prüfungsvorbereitung im März 1994, in dem weder eine Arbeitsleistung oder Arbeitsbereitschaft des Klägers feststellbar gewesen, noch eine Urlaubsvereinbarung behauptet worden sei, könne nur als Karenzierungsvereinbarung unter Entfall der Bezüge betrachtet werden. Für das Jahr 1994 ergäben sich sohin folgende Entgeltsbeträge:
Entgeltfortzahlung Jänner (Durchschnitt
Februar bis Dezember 1993 130 Stunden :
4,3 x 2 = 60 Stunden x S 101 für
2 Wochen) S 6.060,--
108 Arbeitsstunden Jänner bis März S 10.908,--
S 16.968,--
Aliquote Sonderzahlungen 1994 (Durch-
schnitt März 1993 bis Februar 1994
inkl. Entgeltfortzahlungszeiträume
1301 Stunden : 12 = gerundet 108
Stunden x S 101,- = S 10.908, dies
aliquot : 12 x 3 Monate x 2) S 5.454,--.
Der vorzeitige Austritt des Klägers sei berechtigt gewesen. Zwar könne nach dem festgestellten Sachverhalt nicht davon die Rede sein, daß der Beklagte die Ausbildung des Klägers vereitelt hätte; vielmehr habe sich der Eindruck ergeben, daß der Kläger selbst keinen Wert darauf gelegt habe. Es sei nämlich nicht anders erklärbar, daß er nicht einmal zur Fahrlehrerprüfung angetreten sei. Ohne diese Prüfung habe er wegen rechtlicher Unerlaubtheit der Fahrlehrertätigkeit mit einer Weiterbeschäftigung beim Beklagten nicht mehr rechnen können. Berechtigt sei aber der Vorwurf des Klägers, der Beklagte habe ihn nicht korrekt entlohnt. Da dem Kläger trotz mehrfacher Urgenz weder nachvollziehbare Abrechnungen übergeben, noch die fehlenden Beträge bezahlt worden seien, sei der Austrittstatbestand des beharrlichen Vorenthaltens des Entgelts verwirklicht worden. Der Kläger habe daher Anspruch auf Kündigungs- und Urlaubsentschädigung. Da nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag eine Kündigung jeweils zum Monatsende unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen gestattet sei, dauere der Entschädigungszeitraum aber nur bis 31.5.1994. Dem Kläger gebühre daher noch Kündigungsentschädigung für April und Mai 1994 in Höhe von je S 10.908,- (Durchschnitt 3/93 bis 2/94) samt aliquoter Sonderzahlungen von monatlich S 1118,-, insgesamt sohin S 25.452,-.
An Urlaub hätte der Kläger noch 35 Werktage (5 Werktage aus 1993/94, 30 Werktage aus 1994/95) offen gehabt, habe aber nur Entschädigung für insgesamt 22 Tage begehrt. Ausgehend von einem Monatsdurchschnittsgehalt (3/93 bis 2/94) von S 10.908,- brutto (für 108 Stunden), betrage die Urlaubsentschädigung für 22 Werktage gerundet S 10.768„-.
Zusammengefaßt ergäben sich daher folgende berechtigte Forderungen des Klägers:
Entgelt 1993 S 129.450,--
Urlaubsbeihilfe 1993 S 7.975,--
Weihnachtsremuneration 1993 S 11.092,--
Entgelt 1994 S 16.968,--
aliquote Sonderzahlungen S 5.454,--
Urlaubsentschädigung S 10.768,--
Kündigungsentschädigung inklusive
aliquoter Sonderzahlungen S 25.452,--
S 207.159,-- brutto.
Hievon seien die ausbezahlten S 74.975,25 netto in Abzug zu bringen.
Ein Anspruch des Beklagten auf Ersatz der WIFI- und BFI-Kosten sei zu verneinen. Die Vereinbarung eines Ersatzes von Ausbildungskosten sei nur eingeschränkt zulässig. Generell ausgeschlossen sei die Rückforderung bei Kündigung durch den Dienstgeber oder einem berechtigten vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers.
Gegen dieses Urteil richten sich die beiden Berufungen der Parteien, und zwar gegen den klageabweisenden Teil des Urteils die Berufung des Klägers bzw. gegen den klagestattgebenden Teil die Berufung des Beklagten.
Der Kläger macht die Berufungsgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellungen und unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte macht die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, die angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Klageabänderung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
In ihren wechselseitigen Berufungsbeantwortungen beantragen die Parteien, der jeweils gegnerischen Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufungen sind nicht berechtigt.
I.) Zur Berufung des Klägers:
Rechtliche Beurteilung
Im Rahmen der Tatsachenrüge wendet sich der Kläger gegen die erstgerichtliche Feststellung, daß ihm nicht zugesagt wurde, daß er zur Normalarbeitszeit von 40 Stunden angestellt werde, und daß die Änderung lediglich darin bestanden habe, daß er nun auch während des Semesters nicht mehr als bloß geringfügig beschäftigt geführt werde. Die diesbezüglichen Behauptungen der Zeugin Smirz seien bloße Schutzbehauptungen. Der Beklagte habe selbst vorgebracht, daß der Kläger als Probefahrlehrer mit einem kollektivvertraglichen Entgelt von S 15.000,- angemeldet worden sei.
Dem kann nicht gefolgt werden. Der Kläger vermengt zunächst in unzulässigerweise Prozeßvorbringen und Beweisergebnisse. Davon abgesehen, zog es sich wie ein roter Faden durch das Verfahren, daß die Parteien gezielt die zeitliche Lagerung der Stunden manipulierten, um nicht den Familienbeihilfenbezug für den Kläger während des Studiums zu gefährden. Aus der Anmeldung ist daher nichts Verläßliches zu gewinnen. Was die gerügten Feststellungen angeht, so stützte sich das Erstgericht insoweit auf die Zeugin S*****, deren Angaben ihm in diesem Punkt zu Recht lebensnäher erschienen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Erstgerichtes wird verwiesen. Auch der Kläger räumt ein, daß er nicht volle 40 Stunden tätig war. Der ihm vorschwebende "Bereitschaftsdienst" war nicht vereinbart. Es wurde insoweit auch unbekämpft festgestellt, daß die Stunden des Klägers gewöhnlich schon 6 Wochen vorher festgelegt wurden. Keiner der vom Kläger genannten Zeugen konnte die von ihm gewünschte Vereinbarung bestätigen. Da der Zeuge Ing.H***** mit dem Kläger keine 40 Stunden-Vereinbarung bzw. Vereinbarung einer Entlohnung nach dem Kollektivvertrag getroffen hat, sind auch die Spekulationen des Klägers zur allfälligen Vollmacht des Ing.H***** nicht zielführend. Die Tatsachenrüge des Klägers muß daher erfolglos bleiben.
Hinsichtlich der bloß vorsichtsweise gerügten Feststellung, daß sich der Kläger "Anfang 1993" bei Ing.Heil über die Entlohnung beschwert habe, räumt auch der Kläger ein, daß es sich insoweit um einen bloßen Schreibfehler handelt und es richtig "Anfang 1994" heißen muß. Hierauf wurde schon bei der Wiedergabe der erstgerichtlichen Feststellungen hingewiesen.
Das Berufungsgericht übernimmt daher die gerügten Feststellungen des Erstgerichtes, wobei jedoch hinsichtlich des Zeitpunktes der Rüge der Entlohnung vom erkennbaren richtigen Zeitpunkt Anfang 1994 auszugehen ist (§ 498 ZPO).
In der Rechtsrüge meint der Kläger, das Erstgericht wäre an die "Außerstreitstellung" gebunden gewesen, daß der Kläger mit dem kollektivvertraglichen Entgelt von S 15.000,- monatlich angemeldet worden sei und daß mangels Prüfung ein Gehalt im Ausmaß von 90 % des kollektivvertraglichen Gehalts angemessen gewesen sei.
Auch diesem Einwand kann nicht beigetreten werden. Zunächst kann auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes verwiesen werden (§ 500a ZPO). Ergänzend ist dem Kläger entgegenzuhalten, daß die gerichtliche Praxis das Zugestehen von Tatsachen als deren Außerstreitstellung bezeichnet. Außer Streit gestellt sind also diejenigen Tatsachen, die der Gegner des Behauptenden als richtig zugesteht (Fasching, Lehrbuch**2 Rz 844). Im vorliegenden Fall bestritt jedoch der Kläger (ON 5, AS 37) unter anderem die Behauptungen des Beklagten (ON 5, AS 35), die er nun zu seinen machen und außer Streit gestellt sehen will. Davon abgesehen erkennt offenbar auch der Kläger, daß es nicht auf die Anmeldung bei der Krankenkasse, sondern auf die Vereinbarung der Parteien ankommt. Hinsichtlich einer Gehaltsvereinbarung liegt aber keine Außerstreitstellung vor. Daß gerade im Dienstverhältnis der Parteien Schein und Wirklichkeit zum Teil erheblich auseinanderklafften, wurde bereits oben erwähnt; einer Anmeldung bestimmten Inhalts kommt daher gerade im vorliegenden Fall keine den Sachverhalt wirklich aufhellende Bedeutung zu. Davon abgesehen stellt die Anmeldung durch den Dienstgeber eine Erklärung gegenüber einem Dritten (Krankenkasse) dar, die weder den Dienstgeber/Dienstnehmer bindet, noch eine allfällige Vereinbarung zu substituieren vermag.
Feststellungsmängel können nicht vorliegen, wenn vom Gericht ohnehin Feststellungen zu einem bestimmten Thema getroffen werden, mögen diese auch nicht im Sinne des Berufungswerbers sein. Überlegungen des Klägers zur Vollmacht des Ing.H***** gehen ins Leere, nachdem vom Kläger mit Ing.H***** keine hier relevante Vereinbarung getroffen wurde. Daß man mit Ing.H***** "über alle Anliegen reden konnte", mag den Rahmensachverhalt bereichern, kann aber hier nicht in relevanter Weise zum Tragen kommen. Auch die Frage der Bestimmtheit der Vereinbarung einer kollektivvertraglichen Entlohnung ist hier irrelevant. Das Erstgericht vermochte nämlich insoweit keine über eine bloß gesprächsweise Erörterung hinausgehende Vereinbarung festzustellen. Hieran vermag auch eine vom stets qualifiziert vertretenen Kläger vermißte "Erörterung" nichts zu ändern.
Zusammenfassend konnte der Kläger weder tatsächliche noch rechtliche Aspekte aufzeigen, die eine völlige Klagestattgebung gerechtfertigt hätten, weshalb seiner Berufung ein Erfolg versagt bleiben muß.
II.) Zur Berufung des Beklagten:
Zunächst ist festzuhalten, daß der Beklagte in seinen Ausführungen die einzelnen Berufungsgründe in unzulässiger Weise vermengt (§ 471 Z 3 ZPO; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 10 zu § 471); allfällige Zuordnungsprobleme gehen daher zu seinen Lasten.
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens meint der Beklagte darin zu erblicken, daß ihn das Erstgericht trotz fehlender qualifizierter Vertretung in erster Instanz nicht zu "entsprechendem" Vorbringen und zur Vorlage "zweckdienlicher" Beweismittel angeleitet habe. Das Erstgericht hätte es auch unterlassen, den Beklagten anzuleiten, den Einwand des Verfalls zu erheben.
Dem kann nicht gefolgt werden. Mit "entsprechendem" Vorbringen und "zweckdienlichen" Beweismitteln meint der Beklagte seine Neuerungen, auf die noch näher einzugehen sein wird. Der Kläger ließ sich in erster Instanz durch seine Ehegattin, Waltraud S*****, vertreten. Richtig ist, daß es sich dabei um keine qualifizierte Person im Sinne des § 40 Abs 1 ASGG handelte. Ist eine Partei nicht Versicherungsträger und wird sie auch nicht durch eine qualifizierte Person vertreten, so gelten im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Bestimmungen über die richterliche Anleitungs- und Belehrungspflicht (§§ 432, 435 ZPO); hiebei hat der Vorsitzende die Parteien, über die bei derartigen Arbeitssachen in Betracht kommenden besonderen Vorbringen und Beweisanbietungen zu belehren, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (Rechtsverteidigung) dienen können, und sie zur Vornahme der sich anbietenden derartigen Prozeßhandlungen anzuleiten (§ 39 Abs 2 Z 1 ASGG). Diese Pflichten hat das Erstgericht nicht verletzt. Die Beklagtenvertreterin erstattete von sich aus ein umfangreiches Vorbringen samt Beweisanträgen (ON 5, AS 33ff) und legte auch eine Reihe von Urkunden vor. Die Vorlage weiterer Urkunden wurde ihr mit Beschluß aufgetragen (ON 5, AS 37). Darüberhinaus bestand für das Erstgericht keine Notwendigkeit, den Beklagten zu weiterem Vorbringen oder Urkundenvorlagen anzuleiten. Daß das Ausmaß der Zahlungen bzw. eines allfälligen Rückstandes des Beklagten das zentrale Thema des Verfahrens waren, ist mit Sicherheit auch dem Beklagten nicht entgangen. Davon abgesehen geht die richterliche Anleitungs- und Belehrungspflicht nicht soweit, daß das Gericht die Rolle des Parteienvertreters zu übernehmen hätte; die Grenze der Parteilichkeit ist strikt zu wahren (Kuderna ASG**2, 229).
Im übrigen kommt in einem Verfahren nach § 399 ZPO, worauf ebenfalls noch näher einzugehen sein wird, ein Mangel der nicht gehörigen Anleitung schon deshalb nicht in Betracht, weil der Säumige auf seine früheren Erklärungen beschränkt und von weiterem Vorbringen ausgeschlossen ist. Der einmal Säumige kann nichts mehr nachholen oder ergänzen (EvBl 1980/93). Auch aus diesem Grund konnten allfällige, sich aus der Aussage der Zeugin Waltraud S***** in der letzten Tagsatzung vor dem 13.12.1995 ergebende überschießende Details, keine besondere Anleitungs- und Belehrungspflicht mehr auslösen.
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor.
Im Tatsachenbereich bringt der Beklagte eine ganze Reihe von Neuerungen vor, deren Zulässigkeit er damit begründet, daß er in erste Instanz nicht qualifiziert vertreten gewesen sei. So behauptete er insbesondere, daß der Kläger im Zeitraum Februar 1993 bis März 1994 insgesamt S 113.165,43 netto und am 31.5.1994 weitere S 9040,10 erhalten habe, sodaß bei Austritt des Klägers kein Zahlungsrückstand bestanden habe, daß der Kläger keine Zahlungsrückstände moniert habe, daß beim Beklagten ein Betriebsrat bestehe, daß mit Einverständnis des Klägers WIFI und BFI-Kurskosten von insgesamt S 8400,- netto gegenverrechnet worden seien, daß die Klageforderung verfallen und verjährt sei, daß der Kläger Ausbildungsunterlagen und Firmenschlüssel nicht zurückerstattet habe, woraus Gegenforderungen des Beklagten von S 15.000,- (Wert der Unterlagen) und S 10.000,-
(Anfertigung eines neuen Schlosses mit 25 Schlüsseln) entstanden seien.
Richtig ist, daß die grundsätzlich auch in Arbeitsrechtsschen zur Anwendung gelangenden Bestimmungen über das Neuerungsverbot nach § 482 ZPO, im Ausnahmefall, daß die Partei in bestimmten Rechtsstreitigkeiten in keiner Lage des Verfahrens qualifiziert vertreten war, nicht anzuwenden sind (§ 63 Abs 1 ASGG; Kuderna aaO, 415f).
Neues Tatsachenvorbringen und neue Beweisanträge sind jedoch auch im Falle fehlender qualizierter Vertretung nicht unbeschränkt zulässig. So regelt § 63 ASGG selbst in Abs 3, daß keine Neuerungen zulässig sind, wenn sich die Berufung gegen ein Versäumungsurteil nach § 396 ZPO richtet. Die ZPO kennt noch weitere Fälle, in denen Neuerungen trotz fehlender qualifizierter Vertretung ausgeschlossen sind:
Nach § 179 Abs 1 zweiter Satz ZPO kann etwa ein solches Vorbringen vom Gericht auf Antrag oder von Amts wegen für unstatthaft erklärt werden, wenn die neuen Angaben und Beweise offenbar in der Absicht, den Prozeß zu verschleppen, nicht früher vorgebracht wurden und deren Zulassung die Erledigung des Prozesses erheblich verzögern würde (Kuderna aaO, 420).
Zu denken ist aber auch an das "unechte" Versäumungsurteil nach den §§ 399, 442 Abs 3 ZPO, das auch in Arbeitsrechtssachen zulässig ist (§ 59 Abs 1 Z 4 ASGG) und im vorliegenden Fall zum Tragen kommt. Der Beklagte versäumte nämlich, wie bereits oben erwähnt, nach zwei besuchten Tagsatzungen eine "spätere" Tagsatzung im Sinne des § 442 Abs 3 ZPO, worauf der erschienene Kläger die Fällung eines "unechten" Versäumungsurteils beantragte (ON 22, AS 121). Die Säumnis des Beklagten und der Antrag des erschienenen Klägers schlossen und schließen den Beklagten von künftigen Vorbringen aus (Fasching III, 632; Fasching, Lehrbuch**2, Rz 1409). Rechtzeitig wird der Antrag auf Fällung eines unechten Versäumungsurteiles vom Erschienenen gestellt, wenn er bis zu einem verspäteten Erscheinen des Säumigen geltend gemacht wird (Fasching, Lehrbuch**2, Rz 1411). Auch wenn eine Erstreckung der mündlichen Streitverhandlung notwendig wird, bleibt die Beschränkung auf das vor Stellung des Antrags auf Fällung des Versäumungsurteils bereits erstattete Sachvorbringen und die beantragten Beweise aufrecht. Erscheint der Säumige zur fortgesetzten Verhandlung, dann bleibt er weiterhin von jedem Neuvorbringen und von jedem weiteren Beweisanbot ausgeschlossen (Fasching, Lehrbuch**2, Rz 1412; JBl 1955, 173). Dies ist zwar nicht unumstritten; eine andere Auslegung macht jedoch keinen Sinn, solange gleichzeitig die Meinung vertreten wird, daß die Säumnisfolgen dann nicht eintreten, wenn die bei Aufruf der Sache noch nicht anwesende Partei noch vor Ende dieser Tagsatzung erscheint (SZ 41/138). Könnte nämlich der Antrag auf Fällung eines Versäumungsurteils nach § 399 ZPO nur dann und nur solange wirken, als der säumige Gegner nicht erscheint, so bräuchte er gar nicht gestellt werden, da der Gegner, solange er säumig ist, mangels Anwesenheit ohnehin nichts vorbringen kann.
Das Erstgericht ging auf den Antrag des Klägers auf Fällung eines "unechten" Versäumungsurteils nicht näher ein, was wohl damit zu erklären ist, daß vom Beklagten, der nach Versäumung der Tagsatzung vom 15.9.1995 (ON 22) wieder zur folgenden (letzten) Tagsatzung vom 13.12.1995 erschienen ist, ohnehin nichts Neues mehr vorgebracht wurde. Der Antrag des Klägers kommt daher erst im Berufungsverfahren zum Tragen, worauf der Kläger in seiner Berufungsbeantwortung zutreffend hinweist.
Überlegungen, daß die Ausnahmeregel des § 63 Abs 1 ASGG den Ausschluß
von neuem Vorbringen im Falle der Zulässigkeit eines unechten
Versäumungsurteils durchbrechen könnte, vermögen nicht zu greifen. In
Abkehr von der vor dem ASGG geltenden Rechtslage soll zur
Beschleunigung des Verfahrens, einem der erklärten Hauptziele der
Reform der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit, grundsätzlich das
Neuerungsverbot gelten und Neuerungen nur mehr ausnahmsweise zulässig
sein (Feitzinger-Tades, ASGG**2 Anm.1; Kuderna, aaO, 415). Die
Ausnahme kann aber nur dort zum Tragen kommen, wo nicht schon auf
Grund anderer Bestimmungen ein weiteres Vorbringen ohnehin
ausgeschlossen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß Neuerungen
deshalb zulässig sein sollen, um den Rechtschutz der nicht
qualifiziert vertretenen Partei jenem der qualifiziert vertretenen
Partei anzugleichen. § 63 ASGG wollte jedoch keine Besserstellung
gegenüber der qualifiziert vertretenen Partei herbeiführen (Kuderna,
aaO, 417ff). Die säumige Partei hat daher die Folgen der Säumnis zu tragen, gleich ob sie qualifiziert oder nicht qualifiziert vertreten war, sofern dem Gericht nicht sonstige Verfahrensmängel vorzuwerfen sind. Der Beklagte rügt weder, daß ihn das Erstgericht im Zusammenhang mit der Säumnis nicht ausreichend belehrt hätte, noch daß das Erstgericht auf Grund seiner Eingabe seiner Vertreterin vom 8.9.1995 die Tagsatzung zu verlegen gehabt hätte (ON 21). Der Beklagte behauptet nicht einmal, daß ein Verlegungsgrund im Sinne des § 134 ZPO vorgelegen wäre.
Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, daß eine schlüssige Rücknahme des Antrags auf Urteilsfällung gemäß § 399 ZPO ausgeschlossen ist, sie müßte ausdrücklich erklärt werden (Fasching III, 632; RZ 1954, 31). Daran, daß der Kläger an seinem Antrag nach § 399 ZPO festhält, kann schon nach seinem Vorbringen in der Berufungsbeantwortung kein Zweifel bestehen (8 Ob 179/82). Es kann in diesem Zusammenhang auch noch angemerkt werden, daß es völlig zweck- und systemwidrig wäre, den Säumigen in erster Instanz von einem weiteren Vorbringen und Beweisen auszuschließen, die dann in zweiter Instanz wirksam nachgeholt werden könnten.
Auf ein unzulässiges neues Vorbringen ist vom Berufungsgericht nicht Rücksicht zu nehmen; Beweise die in diesem Zusammenhang unzulässig sind, sind zurückzuweisen (Kuderna, aaO, 423), was im Spruch unter Punkt I geschehen ist.
Auf die Neuerungen des Beklagten ist sohin nicht weiter einzugehen,
sodaß sich das Berufungsgericht den getroffenen
Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes zuwenden kann. Hiezu räumt
der Beklagte ein, daß diese im wesentlichen den Tatsachen
entsprechen. Unrichtig seien jedoch die Feststellung, daß der Kläger
lediglich S 74.975,25 netto erhalten habe. Daß der Beklagte hiezu im
Rahmen einer unzulässigen Neuerung meint, der Kläger hätte insgesamt
S 122.205,53 erhalten, wurde bereits oben erwähnt. Das Erstgericht
stützt sich bei der bekämpften Feststellung auf die Angaben des
Klägers. Dem hält der Beklagte in der Berufung keine anderslautenden
Beweisergebnisse entgegen, sondern meint lediglich, nicht angeleitet
worden zu sein, weitere Beweise vorzulegen. Dieses Argument ist
jedoch nicht geeignet, eine unrichtige Tatsachenfeststellung darzutun. Das Berufungsgericht übernimmt daher neben den von keiner Partei bekämpften und den vom Kläger oben zu Unrecht bekämpften Feststellungen nur auch die vom Beklagten zu Unrecht bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes und legt diese der Berufungsentscheidung zugrunde (§ 498 ZPO).
In rechtlicher Hinsicht kann wie schon beim Kläger auch bei der
Berufung des Beklagten auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des
Erstgerichtes verwiesen werden (§ 500a ZPO). Soweit der Beklagte
argumentiert, der Kläger nie die Zahlungsrückstände moniert, entfernt
er sich vom festgestellten Sachverhalt, sodaß die Berufung insoweit
nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Das Erstgericht stellte nämlich
fest, daß der Kläger spätestens ab November 1993 mehrmals eine
regelmäßige und nachvollziehbare Auszahlung des Entgelts forderte.
Mit der Reklamation des Klägers bei Ing.H***** wurde die zuständige Ehegattin des Beklagten sichtlich konfrontiert, nachdem sie dem Kläger (zu Unrecht) mitteilen ließ, es sei ohnehin alles in Ordnung. Auch am Tag des vorzeitigen Austritts verlangte der Kläger nochmals (letztmals) eine nachvollziehbare Gehaltsabrechnung. Die Ehegattin des Beklagten wies jedoch die diesbezüglichen Vorwürfe des Klägers (zu Unrecht) zurück. Die Annahme des Beklagten in der Rechtsrüge, der Kläger hätte die Zahlungsrückstände "hingenommen" entfernt sich vom festgestellten Sachverhalt; sie verkennt aber auch, daß allfälliges Schweigen in der Regel nicht als Zustimmung zu werten ist. Die Setzung einer Nachfrist war entbehrlich. Zum einen hatte der Kläger schon Monate vorher urgiert und damit quasi eine Nachfrist gewährt, zum anderen ließ die Ehegattin des Beklagten keine Bereitschaft erkennen, den berechtigten Forderungen des Klägers zu entsprechen. Die Überraschung auf Beklagtenseite über den Austritt des Klägers ist kein relevantes Kriterium. Der vorzeitige Austritt des Klägers war zufolge ungebührlicher Schmälerung und Vorenthalten des Entgelts berechtigt. Hieraus resultiert entgegen der Ansicht der Berufung die Berechtigung der beendigungsabhängigen Ansprüche.
Die Höhe der einzelnen Ansprüche wurde vom Beklagten nicht näher bekämpft. Der erstmals in der Berufung erhobene Einwand, das Erstgericht hätte die Grundlage der Sonderzahlungsansprüche nicht geklärt, stellt mangels diesbezüglicher Bestreitung in erster Instanz eine unzulässige Neuerung dar.
Zutreffend sind auch die Ausführungen des Erstgerichtes zur
Angestellteneigenschaft des Klägers. Der vorzeitige Austritt erfolgte
am 29.3.1994. Unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist von 6 Wochen
(§ 20 Abs 2 AngG) stellt der 31.5.1994, bis zu dem das Erstgericht
die Kündigungsentschädigung ermittelte, das nächste Monatsende dar,
zu dem eine Kündigung durch den Beklagten möglich gewesen wäre. Die
Behauptung des Beklagten, das Erstgericht hätte eine dreimonatige
Kündigungsfrist zum Quartal angenommen, ist aktenwidrig. Hiezu wird
auf die Seite 16 des Ersturteils hingewiesen. Trifft den Arbeitgeber
das alleinige Verschulden am vorzeitigen Austritt, so behält der
Arbeitnehmer seine vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den
Zeitraum, der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch
Ablauf der Vertragszeit oder durch ordnungsgemäße Kündigung des
Arbeitgebers verstreichen hätte müssen (Schwarz-Löschnigg,
Arbeitsrecht5, 617).
Zusammenfassend vermochte auch der Beklagte keinen Fehler des
Erstgerichtes aufzuzeigen, weshalb auch seiner Berufung ein Erfolg
versagt bleiben muß.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Keine der Parteien ist mit ihrer Berufung durchgedrungen. Die Parteien sind daher wechselseitig verpflichtet, einander die Kosten der Berufungsbeantwortung und die anteiligen Koaten der Berufungsverhandlung auf Basis des Gesamtberufungsinteresses zu ersetzen.