JudikaturOLG Wien

7Ra165/96 – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
21. Mai 1996

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Hellwagner (Vorsitzender), die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Meinhart und DDr. Huberger in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** P*****, 1170 Wien, *****, vertreten durch Dr. E***** B*****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Fa. G*****, 1120 Wien, *****, vertreten durch Dr. O***** K*****, Angestellter der Sektion Industrie Wirtschaftskammer Österreich, 1045 Wien, *****, wegen S 147.841,56 samt Nebenforderung infolge des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10.2.1996, GZ 18 Cga 68/95s-8, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der angefochtene Beschluß wird aus Anlaß des Rekurses als nichtig aufgehoben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Erstgericht 1.) die der Klägerin am 12.4.1995 gewährte Verfahrenshilfe durch Befreiung von den Gerichtsgebühren entzogen, 2.) ausgesprochen, daß für den Ersatz der Pauschalgebühr von S 6.890,-- die Parteien je zur Hälfte haften und 3.) der Klägerin aufgetragen binnen 14 Tagen die restliche Pauschalgebühr in erster Instanz von S 305,-- mittels beigeschlossenen Erlagscheines nachzuzahlen.

Das Erstgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

In den Fällen des § 70 ZPO sei der Gegner zur Zahlung der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt habe, verpflichtet, soweit ihm die Kosten des Rechtsstreites auferlegt seien oder soweit er die Kosten durch Vergleich übernommen habe; im Zweifel ist die Hälfte der Gebühr einzuheben. Das Verfahren habe durch gerichtlichen Vergleich auf der Basis von rund 50 % der Klageforderung geendet, wobei sich die Beklagte kostenmäßig nur zu einem Kostenbeitrag von S 4.800,--, darin 20 % USt = S 800,--, verpflichtete. Da der Betrag von S 4.000,-- eine "sonstige Leistung" im Sinne des Umsatzsteuergesetzes darstelle und auch keinen teilweisen Barauslagenersatz oder Anteil an der Pauschalgebühr, weil er zur Gänze mit 20 % zu versteuern sei, wären die Gerichtsgebühren umsatzsteuerfrei sein. Da sohin der beklagten Partei weder Kosten im Zusammenhang mit den Gerichtsgebühren auferlegt worden seien, noch sie entsprechende Kosten im Vergleichsweg übernommen habe, sei sie im Zweifel verpflichtet, die Hälfte der Pauschalgebühr erster Instanz zu bezahlen. Daß die Frage der Gerichtsgebühren beim Vergleich möglicherweise von einer oder beiden Parteien nicht bedacht oder die Ersatzpflicht falsch beurteilt worden sei, ändere nichts daran, daß ein Zweifelsfall im Sinne des § 20 GGG vorliege. Was Punkt 1.) und

3.) des angefochtenen Beschlusses betreffe, führte das Erstgericht aus: Die Klägerin habe auf die Verfahrenshilfe "verzichtet" und Teilzahlung geleistet. Dieser "Verzicht" erfolgte nach der Mitteilung des Kostenbeamten, daß die Klägerin nur die Hälfte der Pauschalgebühr zu ersetzen habe und sei demnach so zu verstehen, daß die Klägerin in Form der Ratenzahlung die Bezahlung der geringen Differenz auf die richtig berechnende Pauschalgebühr von S 305,-- zumutbar sei. Irrtümlich sei aber eine um S 550,-- (richtig: S 650,--) zu geringe Gebühr (insgesamt S 6.890,--, statt falsch S 6.240,--) vorgeschrieben worden. Auf die Hälfte dieses Betrages habe die Klägerin schon Teilzahlungen von S 3.140,-- geleistet, sodaß ein ihren notwendigen Unterhalt offensichtlich nicht gefährdeter Rest nachgefordert werden könne.

Gegen Punkt 2.) des angefochtenen Beschlusses richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, diesen Teil abzuändern, daß ausgesprochen werden, daß die klagende Partei für den Ersatz der Pauaschalgebühr von S 6.890,-- hafte.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß des Rekurses stellte das Rekursgericht fest, daß der angefochtene Beschluß an einer von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeit leidet (MGA ZPO14, § 77/1 ua). In den Fällen des § 70 ZPO sowie bei persönlicher Gebührenfreiheit aus anderen Gründen ist gemäß § 20 GGG der Gegner zur Zahlung der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte verpflichtet, sofern ihm die Kosten des Rechtsstreites auferlegt sind oder soweit er die Kosten durch Vergleich übernommen hat. Im Zweifel ist die Hälfte der Gebühr einzuheben. Dadurch soll verdeutlicht werden, daß der unterlegene Beklagte hinsichtlich der Gebühr nicht ersatzpflichtig gegenüber dem Gegner, sondern zahlungspflichtig gegenüber dem Bund ist. Das Ausmaß der Gebührenpflicht soll sich nach dem Ausmaß des Unterliegens richten. Eine Entscheidung des Gerichtes ist nur im Sinne des zweiten Satzes des § 70 Abs.1 ZPO notwendig, wenn die gebührenbefreite Partei zwar obsiegt, aber keine Prozeßkosten angesprochen hat. In allen anderen Fällen obliegt es dem Kostenbeamten die Gebühr nach § 20 GGG beim Gegner einzuheben. Eine derartige Entscheidung des Kostenbeamten ist aber nicht im Rechtswege, sondern im Verwaltungswege zu bekämpfen. Es obliegt dem Verwaltungsgerichtshof als höchste Instanz zuletzt die Entscheidung inwieweit eine Partei zur Zahlung von Gerichtsgebühren verpflichtet ist (MGA GGG5, § 20 S 90, 91 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch hg 14 R 49/85).

Daraus ergibt sich, daß der angefochtene Beschluß mit dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs.1 Z 6 ZPO behaftet ist.

Da auch der Beschluß des Rekursgerichtes mit dem ein Kostenbestimmungsbeschluß des Erstgerichtes als nichtig aufgehoben wurde unanfechtbar ist, war gemäß §§ 2 ASGG, 528 ZPO auszusprechen, daß der Revisionsrekurs unzulässig ist.

Gemäß § 11 a Abs.2 Z 2 lit b ASGG waren der Entscheidung keine fachkundigen Laienrichter beizuziehen.

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