6R99/95 – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes D***** (Vorsitzender) und D***** sowie die Richterin des Oberlandesgerichtes D***** in der Ausgleichssache der Schuldnerin prot.Firma A*****, *****, vertreten durch Dr.W***** und D*****, Rechtsanwälte in Wien, über den Rekurs der Ausgleichsschuldnerin gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 5.4.1995, 5 Sa 397/95g-19, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird n i c h t Folge gegeben,
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
In dem mit Beschluß vom 15.12.1994 (ON 3) über das Vermögen der prot.Firma A***** Gesellschaft mbH eröffneten Ausgleichsverfahren kam es in der Tagsatzung vom 14.3.1995 zur Abstimmung über den verbesserten Ausgleichsvorschlag der Ausgleichsschuldnerin. Dabei stimmten insgesamt 12 Gläubiger für die Annahme des Ausgleiches. Von den insgesamt 15 Gegenstimmen entfielen 6 auf Dienstnehmer, deren Stimmrecht auf Grund ihrer anerkannten Forderungen vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, vertreten durch den Alpenländischen Kreditorenverband, ausgeübt wurde.
Mit dem angefochtenen Beschluß (ON 19) stellte das Erstgericht das Ausgleichsverfahren gemäß § 67 Abs.1 Z 2 AO ein und sprach aus, daß über die Eröffnung des Konkurses nach Rechtskraft dieses Beschlusses gemäß § 69 Abs.1 KO entschieden werde. Jeder Dienstnehmerforderung komme eine eigene Kopfstimme zu, welche mit dem Forderungsübergang auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds übergegangen sei. Demnach habe der Ausgleichsvorschlag nicht die für die Annahme erforderliche Kopfmehrheit erreicht, sodaß der Ausgleich nicht innerhalb der 90-tägigen Frist angenommen worden sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Ausgleichsschuldnerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die gegenständliche Ausgleichssache an das Erstgericht zur weiteren Beschlußfassung (Stimmrechtsprüfungsverfahren) zurückzuverweisen, in eventu ihn dahin abzuändern, daß festgestellt werde, daß anläßlich der am 14.3.1995 durchgeführten Abstimmung über den Ausgleichsvorschlag die notwendige Kopfmehrheit für die Annahme des Ausgleiches gestimmt habe.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Dienstnehmerforderungen, welche als Ausgleichsforderungen zu qualifizieren sind, sind gemäß § 1 Abs.5 IESG als solche im Ausgleich anzumelden. Werden solche Forderungen - wie die gegenständlichen Lohn- und Gehaltsansprüche - angemeldet und als nicht bestritten in das Anmeldungsverzeichnis eingetragen, wird damit gemäß § 11 Abs.1 IESG der Übergang der Ansprüche auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds bewirkt.
Gemäß § 40 Abs.3 AO gebührt einem Gläubiger, der mehrere Forderungen angemeldet hat, nur eine Stimme. Für eine Forderung, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch Abtretung erworben hat, gebührt ihm, soweit ihm dafür gemäß § 41 AO überhaupt ein Stimmrecht zusteht, auch die Stimme des Gläubigers, dem die Forderung vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zustand.
Die Bestimmung des § 41 Abs.1 AO ist im Fall der Legalzession gemäß § 11 Abs.1 IESG nicht anwendbar. Denn § 41 Abs.1 AO findet gemäß Abs.2 leg.cit. keine Anwendung, wenn der Gläubiger die Forderung auf Grund eines vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eingegangenen Verpflichtungsverhältnisses übernommen hat. Der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds hat die Dienstnehmerforderungen unmittelbar auf Grund der Vorschrift des § 11 Abs.1 IESG übernommen und diese gesetzliche Verpflichtung entspricht einem "vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eingegangenen Verpflichtungsverhältnis" (OLG Wien 6 R 23/87; Liebeg, Aktuelle Fragen der Insolvenz-Entgeltsicherung, (ÖJZ 1990, 680; Rechberger-Frauenberger,
Zur Kopfmehrheit des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, ZIK 1995/1, 11).
Somit stehen dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds für die durch Legalzession gemäß § 11 Abs.1 IESG erworbenen Dienstnehmerforderungen nach § 40 Abs.3 Satz 2 AO die Stimmen der jeweiligen Gläubiger (Dienstnehmer) zu.
Der Einwand der Rekurswerberin, daß der Anspruchsübergang nach § 11 Abs.1 IESG aufschiebend bedingt sei, geht ins Leere. Denn die aufschiebende Bedingung für diese Legalzession ist das Nichtbestreiten der Forderungen (Jelinek KO4, 350) und soweit die gegenständlichen Dienstnehmerforderungen anerkannt wurden, ist der Bedingungsfall bereits eingetreten. Zutreffend ist das Erstgericht somit davon ausgegangen, daß der durch den Alpenländischen Kreditorenverband vertretene Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nicht bloß die Stimme eines Gläubigers hatte - wie die Rekurswerberin vermeint -, sondern mit dem Forderungsübergang auch die Kopfstimmen der einzelnen Dienstnehmer erworben hat (Rechberger-Frauenberger aaO 12f).
Auch eine Beurteilung nach dem Zweck der Bestimmungen über die Ausübung des Stimmrechtes im Fall einer Zession führt zu keinem anderen Ergebnis: Diese Vorschriften (§§ 40 Abs.3 und 41 AO) stellen eine Maßregel gegen den Stimmenkauf und die Schaffung künstlicher Gläubigermehrheiten dar; sie sollen verhindern, daß der Schuldner, der zahlungsunfähig geworden ist und ausgleichen will, Forderungen von einzelnen Gläubigern um eine verhältnismäßig hohe Quote aufkauft und vorgeschobenen Käufern abtreten läßt, um dann andere Gläubiger, denen eine geringere Quote angeboten wird, durch diese Forderungskäufer niederstimmen zu lassen und so einen wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Ausgleich durchzudrücken. Diese Gefahr besteht jedoch beim Forderungsübergang auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nicht (Liebeg aaO 683).
Dem unberechtigten Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 171 KO, 528 Abs.2 Z 2, 526 Abs.3, 500 Abs.2 Z 2 ZPO.