7Rs164/95 – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Hellwagner (Vorsitzender), die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Meinhart und DDr. Huberger (beisitzende Richter) sowie der fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Kuda (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Renate Dittmar (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache des Klägers E**** , *****, vertreten durch Dr. Hans Nemetz und Dr. Hans Christian Nemetz, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Uchatiusgasse 4, wider die beklagte Partei B u n d e s s o z i a l a m t für Wien, Niederösterreich und das Burgenland (vormals Landesarbeitsamt Niederösterreich), 1013 Wien, Hohenstaufengasse 2, wegen 1,359.499,01 S s.A. infolge Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 17.7.1996, 27 Cgs 319/93k-14,
1.) gemäß § 2 ASGG iVm § 471 Z 5, § 473 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Die Berufung wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen
und
2.) nach mündlicher Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Im übrigen wird der Berufung n i c h t Folge gegeben.
Der Kläger hat seine Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.
Die Revision ist zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 10.9.1993 lehnte die beklagte Partei den am 9.6.1993 gestellten Antrag des Klägers auf Insolvenz-Ausfallgeld ab, nachdem das Landesgericht St. Pölten mit Beschluß vom 9.9.1991, 8 Nc 113/91 den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über die Firma H ******* GesmbH mangels hinreichenden Vermögens des Arbeitgebers abgewiesen hatte. Das vom Kläger dem insolventen Dienstgeber gewährte Darlehen betreffe keinen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis und sei kein gesicherter Anspruch im Sinn des § 1 Abs 2 IESG.
Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage begehrt der Kläger 1,359.499,01 S s.A. Er habe am 27.11.1989 1 Mio S als Kaution an die H****GmbH für die beabsichtigte Begründung eines Dienstverhältnisses als Hotelmanager eines Hotels in Kreta leisten müssen. Die Kaution sei treuhändig zu hinterlegen gewesen und hätte vom Kautionsnehmer nur behalten werden dürfen, wenn eine Finanzierungssicherstellung für das umzubauende Hotel gewährt worden wäre. Mangels Erfüllung dieser Bedingung habe der Kläger die Kaution zurückverlangt und erfolgreich beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingeklagt. Der zurückverlangte Kautionsbetrag sei unter Bedachtnahme auf das Risiko und die Höhe des relativ hohen Arbeitsentgeltes von S 500.000 Kaution sachlich erforderlich gewesen. Der Kläger habe mangels Rechtskenntnis den Kautionsbetrag ohne Bedachtnahme auf die nach dem Kautionsschutzgesetz Hinterlegungsvorschriften geleistet.
Die beklagte Partei bestritt gestützt darauf, daß im ar-beitsgerichtlichen Prozeß zwischen dem Kläger und der H **** GmbH der Zuspruch aus dem Titel eines unverzinslichen Darlehens an den beklagten Arbeitgeber auf Grund einer Vereinbarung der Streitteile vom 17.11.1989 erfolgt sei, ohne daß die Leistung zur Erfüllung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis oder der Treuepflicht geboten gewesen wäre.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren - ausgehend von den auf den Seiten 4 - 9 (AS 76 - 81) wiedergegebenen Feststellungen ab. Nicht erwiesen sei, daß der Betrag von 1 Mio S im Zeitpunkt der Hingabe aus einem anderen Titel als dem des Darlehens geleistet worden sei. Der Kläger habe den Betrag nicht zur Sicherung des Arbeitsplatzes (S 500.000 Jahresbruttogehalt) sondern in der Hoffnung auf eine spätere Beteiligung am Hotel Sandy Beach in Kreta geleistet. Nicht erwiesen sei, daß der Betrag von 1 Mio S ausschließlich oder überwiegend als Kautionsbetrag an die H**** GesmbH überwiesen worden sei. Rechtlich (9 ObS 4/91 = SZ 64/54) sei die Klage daher abzuweisen gewesen.
Gegen dieses Urteils richtet sich die Berufung des Klägers wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung, unrichtiger Beweiswürdigung sowie und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei erstattete eine Berufungsbeantwortung (ON 16) und beantragte, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung kommt insgesamt keine Berechtigung zu.
1./ Zur Nichtigkeitsberufung
Eine Nichtigkeit im Sinn des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO sei deshalb gegeben, weil beim mehrfachen Wechsel der Senatszusammensetzung keine Verlesung und Erörterung des vorangegangenen Verfahrensstandes erfolgt seien - so die Protokolle.
Dem kann nicht gefolgt werden. Aus dem Umstand, daß mündliche Erörterungen oder Verlesungen der vorangegangenen Beweisergebnisse zufolge Wechsels des oder der fachkundigen Laienbeisitzer aus dem Protokollen nicht ersichtlich sind, ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungswerbers nicht der zwingende Schluß, die Laienbeisitzer seien - ungeachtet ihres Fachwissens und geleisteten Eides - mangels ausreichender In-formation nicht in der Lage gewesen, dem Verhandlungsverlauf zu folgen.
Die Berufung übersieht, daß beim Wechsel der Senatszu-sammensetzung üblicherweise aus zeitökonomischen Gründen schon vor der Verhandlung Erörterungen stattfinden; außerdem verfügt der Laienrichter durch § 16 ASGG über eine solch umfassende und ausreichende Stellung und Befugnis, daß er sich Informationen nicht nur das Recht zur Fragestellung in der Verhandlung, sondern auch durch das Recht zur Akteneinsicht (vgl Kuderna ASGG, 111) beschaffen kann. Schließlich gibt der Akt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Laienbeisitzer nicht in der Lage gewesen wären, der Verhandlung oder gar der Urteils-beratung zu folgen. Es lag daher weder eine Nichtigkeit gem § 477 Z 2 ZPO vor, zumal der Senat mit der erforderlichen Anzahl an Richtern besetzt war, noch eine solche nach § 477 Z 9 ZPO, zumal das Urteil keine die Überprüfbarkeit hindernden Mängel aufweist.
2./ Zur übrigen Berufung
Die Beweisrüge des Klägers bekämpft die Negativfeststellung als unrichtig, "Es kann jedoch nicht festgestellt werden, daß vor dieser Einzahlung eine Vereinbarung zwischen Horst Blöchinger und dem Kläger dahin zustande kam, daß die 1 Mio S nunmehr als Sicherheit vom Kläger bezahlt werden solle, daß er das Hotelprojekt nicht im Stich lasse."
Entgegen den Berufungsausführungen vermögen jedoch die zitierten Aussagen in Verbindung mit dem gesamten Akteninhalt keine Bedenken gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung auszulösen. Wie in der Berufungsbeantwortung zutreffend ausgeführt wurde, sprechen sowohl der Urkundenbeweis (./B) wie die Zeugenaussage B****s für die erstgerichtliche Beweiswürdigung.
Eine Aktenwidrigkeit erblickt der Kläger in der Feststellung: "Der Kläger stellte den Betrag von S 1,000.000 der Firma G**** A.E. (welche noch zu gründen war), zur Verfügung, wobei dieser Betrag tatsächlich auf ein Konto der B**** Ges.m.b.H. überwiesen wurde. Gewünscht wird die Feststellung, daß die griechische Aktiengesellschaft schon bestand und vielmehr Horst Blöchinger Aktien erwerben wollte
Das Berufungsgericht legt unter Bedachtnahme auf diese vom Berufungswerber gewünschte Korrektur der Aktenwidrigkeit die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis sowohl eines sonst mängelfreien Verfahrens und einer schlüssigen Beweiswürdigung auch seinen Feststellungen für die Überprüfung der rechtlichen Beurteilung zugrunde.
Soweit die Rechtsrüge von der als aktenwidrig zutreffend gerügten Feststellung, die G*** AE als noch nicht bestehenden unterstellt, ist der Berufungswerber auf die Erledigung der Aktenwidrigkeitsrüge als berechtigt zu verweisen.
An die Spitze der Rechtsrüge stellt der Kläger die Aus-landsbezogenheit des Arbeitsverhältnisses in dessen Zusammen-hang die Leistung des Klägers von S 1 Mio erfolgt sei.
Nach Ansicht des Berufungsgericht kommt dem Kläger schon zufolge des für das IESG als Sonderversicherung auch geltenden Territorialitätsprinzipes kein Versicherungsschutz zu (W Schwarz - G.-P.Reissner, Wolfgang Holzer, Ingrid Holler, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz3, 37; 9 ObS 32/93 = RdW 1994, 320 = infas 1994 A 130; 8 ObS 37/95 ua). Zutreffend verneinte das Erstgericht entgegen der Ansicht des Klägers, daß die von ihm geltend gemachte Forderung eine gesicherte sei. Auf Basis der Feststellungen kommt der Forderung kein Kautionscharakter zu, vielmehr ist die Leistung der 1 Mio S an die insolvent gewordene GesmbH eine gewährte Finanzierungshilfe oder ein gewährtes Darlehen (vgl ArbSlg 10.089, 10.090, 9 ObS 491 [SZ 64/54] 9 Ob S 4/92 SVSlg 39.197 ua) kein durch das IESG gesicherter Anspruch.
Der gänzlich unberechtigten Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Ein Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision beruht auf § 45 Abs 1 iVm § 46 Abs 3 Z 3 ASGG.
