4R283/95 – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Derbolav als Vorsitzenden sowie den Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Hradil und den Kommerzialrat Pollak in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dipl.Ing.K***** B *****, 1030 Wien, vertreten durch Giger, Ruggenthaler Simon, Rechtsanwälte KEG in Wien, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Dr.H***** K *****, 2380 Perchtoldsdorf, vertreten durch Dr.Wilfried Weigert, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung u.a. (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 2.11.1995, 35 Cg 80/95v-6, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird t e i l w e i s e Folge gegeben und der
angefochtene Beschluß dahin a b g e ä n - d e r t , daß er zu
lauten hat:
"I.) Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Anspruches des Klägers auf Unterlassung von Urheberrechtsverletzungen durch die Beklagte wird dieser bei sonstiger Exekution ab sofort bis zur Rechtskraft des über die zu 35 Cg 80/95 des Handelsgerichtes Wien eingebrachte Klage ergehenden Urteils geboten, es zu unterlassen, ohne Einwilligung des Klägers, dessen Zeichnung des Bauprojektes Perchtoldsdorf/Lehargasse, die einen integrierenden Bestandteil dieser Verfügung bildet, zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten.
2.) Hingegen wird das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig es zu unterlassen, ohne Einwilligung des Klägers dessen Zeichnung des Bauprojektes Perchtoldsdorf/Lehargasse zu verändern, a b g e w i e - s e n .
3.) Der Kläger, der 2/3 der Kosten seines Sicherungsantrages und seiner Gegenäußerung vorläufig sowie 1/3 dieser Kosten endgültig selbst zu tragen hat, ist schuldig, der Beklagten 1/3 deren Äußerungskosten, nämlich S 4.407,60, binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Der Kläger, der 2/3 der Kosten seines Rekurses vorläufig und 1/3 dieser Kosten endgültig selbst zu tragen hat, ist schuldig, der Beklagten 1/3 der Kosten der Rekursbeantwortung, nämlich S 5.511,--, binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt S 50.000,--.
Ein ordentlicher Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung:
Text
Mit seiner auf die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes gestützten Klage vom 31.8.1995 begehrte der Kläger unter anderem, die Beklagte für schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, ohne Einwilligung des Klägers dessen Zeichnung des Bauprojektes Perchtoldsdorf/Lehargasse, die einen integrierenden Urteilsbestandteil bilde, zu verändern und/oder zu vervielfältigen und/oder zu veröffentlichen. Zur Sicherung dieses auf § 81 UrhG gestützten Anspruches begehrte der Kläger überdies die Erlassung einer gleichlautenden Einstweiligen Verfügung. Der Kläger habe die als Beilage ./A vorgelegte Zeichnung des Bauprojektes einer Wohnanlage in Perchtoldsdorf/Lehargasse geschaffen. Dieses Bildnis sei mit Zustimmung des Klägers in verkleinerter, insbesondere durch Abrundung modifizierter und in Schwarz/Weiß-Druck gehaltener Form von der Haus Wohnen Baumanagement GmbH für in Zeitungen geschaltete Inserate verwendet worden, mit denen Kaufinteressenten gewonnen werden sollten. Weitere Werknutzungsrechte bzw. -bewilligungen seien vom Kläger nicht eingeräumt worden. Die Beklagte sei führende Repräsentantin der PBL Perchtoldsdorf, die wiederum Medieninhaberin und Herausgeberin der periodischen Druckschrift "Perchtoldsdorfer Umschau" sei und sei für den gesamten Inhalt dieser periodischen Druckschrift verantwortlich. Insbesondere habe die Beklagte das vorerwähnte Werk verändert, indem sie die hieran in den Inseraten vorgenommenen Modifikationen übernommen habe, sie habe ferner ohne Einwilligung des Klägers dieses Werk vervielfältigt und auf der Seite 4 der Folge Nr. 41 der Perchtoldsdorfer Umschau - ebenfalls ohne Einwilligung des Klägers - wie folgt veröffentlicht: Dieser Verstoß der Beklagten räume dem Kläger einen auf § 81 UrhG gestützten Unterlassungsanspruch ein. Ob zusätzlich der Medieninhaber hafte, sei unerheblich, die Beklagte habe jedenfalls persönlich die Urheberrechtsverstöße unmittelbar begangen und sei daher haftbar. Unrichtig sei der Einwand der Beklagten, nur von einem freien Werknutzungsrecht im Sinne des § 54 UrhG Gebrauch gemacht zu haben. Abgesehen davon, daß Veränderung, Vervielfältigung und Veröffentlichung des Werkes nicht zu Werbezwecken oder gar als Bestandteil eines Inserates, sondern deshalb erfolgt seien, um den Kläger und sein Werk schlecht zu machen, nehme diese Vorgangsweise dem Entwurf nicht seinen Charakter als Werk.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages und wendete ein: Sie sei geschäftsführende Gemeinderätin der Marktgemeinde Perchtoldsdorf und trete im Rahmen ihrer politischen Tätigkeit vor allem für die genaue Einhaltung der Bauordnung, für die Erhaltung der Wohn- und Lebensqualität und für die Wahrung der Anrainerrechte bei Bauvorhaben ein und wehre sich gegen die geplante Erhöhung der Bebauungsdichte in Perchtoldsdorf und gegen teure Wohnbaugroßprojekte. Der Kläger sei gleichfalls Gemeinderat, und zwar als Angehöriger der Fraktion mit der relativen Mehrheit, der ÖVP. Seine politischen Ziele seien entsprechend seiner Tätigkeit für das Bauprojekt Perchtoldsdorf/Lehargasse (Ketzergasse) vor allem in Angelegenheiten des Wohnbaues meist verschieden von denen der Perchtoldsdorfer Bürgerliste. Die vom Kläger für sich beanspruchte Zeichnung des Bauprojektes einer Wohnhausanlage in Perchtoldsdorf sei in der periodischen Druckschrift "Perchtoldsdorfer Umschau" Folge Nr. 41 erschienen. Entsprechend dem Impressum sei Medieninhaber und Herausgeber die PBL (Perchtoldsdorfer Bürgerliste) in der Kunigundbergstraße 11, 2380 Perchtoldsdorf. Die Perchtoldsdorfer Bürgerliste habe als politische Partei Rechtspersönlichkeit, alle Ansprüche im Zusammenhang mit Veröffentlichungen in diesem Medium seien daher richtigerweise an die Perchtoldsdorfer Bürgerliste zu richten. Eine Bezeichnung "für den Inhalt verantwortlich" sei im Impressum gemäß § 24 MedienG nicht vorgesehen und könne daher die Beklagte, sei es nach dem Urheberrechtsgesetz oder anderer Art, nicht verantwortlich machen. Die inkriminierte Abbildung sei kein Werk im Sinne der §§ 1 ff UrhG, und zwar weder in der der Beklagten nicht bekannten ursprünglichen Form, noch in der vorgenommenen Modifikation. Es handle sich um eine einfache, schematische Zeichnung von im Rechteck angeordneten Reihenhäusern in angedeuteter grüner Umgebung. Derartige Darstellungen seien fester Bestandteil der Inseratenteile von Tageszeitungen, Illustrierten oder Magazinen. Es bedürfe keiner allzu großen zeichnerischen Fähigkeiten, solche Zeichnungen anzufertigen, auch bedürfe es keiner künstlerischen Fähigkeiten. Es liege keine eigentümliche geistige Schöpfung vor, auch ermangle es am notwendigen Merkmal der Individualität, die eine Zuordnung des Werkes zu seinem Schöpfer ermögliche. Die Zeichnung des Klägers sei mit seiner Zustimmung in verschiedenen Formaten, in diversen Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen erschienen, sie sei damit mit Willen des Klägers der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden, sodaß es im Sinne des § 54 UrhG zulässig sei, die Zeichnung als Bestandteil eines Inserates im Zuge einer politischen Auseinandersetzung zu veröffentlichen. Infolge der mit Einwilligung des Klägers erfolgten Inverkehrbringung sei dessen Verbreitungsrecht erschöpft. Eine Bescheinigung der Einschränkung der behaupteten Werknutzungsrechte sei vom Kläger nicht erbracht worden. Es fehle auch an der für einen Unterlassungsanspruch notwendigen Wiederholungsgefahr, da entsprechend einer Aufforderung des Klagevertreters in der nächsten Folge der "Perchtoldsdorfer Umschau", also der Folge Nr. 42, eine Gegendarstellung abgedruckt worden sei, womit zum Ausdruck gebracht worden sei, daß die inkriminierte Äußerung und damit auch die Zeichnung nicht mehr abgedruckt werden.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Erstgericht den Sicherungsantrag ab und nahm im wesentlichen als bescheinigt an: Der Kläger schuf die dem Beschluß angeschlossene und dessen integrierenden Bestandteil darstellende Zeichnung Beilage ./A des Bauprojektes einer Wohnanlage in Perchtoldsdorf/Lehargasse. Dieses Bildnis wurde mit Zustimmung des Klägers, in verkleinerter, insbesondere durch Abrundung modifizierter und in Schwarz/Weiß-Druck gehaltener Form von der Haus und Wohnen Baumanagement GmbH für in Zeitungen geschaltete Inserate verwendet, mit denen Kaufinteressenten gewonnen werden sollten. Weitere Werknutzungsrechte bzw. Bewilligungen wurden vom Kläger nicht eingeräumt. Die beklagte Partei ist führende Repräsentantin der Perchtoldsdorfer Bürgerliste, die wiederum Medieninhaberin und Herausgeberin der periodischen Druckschrift "Perchtoldsdorfer Umschau" ist. Die Beklagte ist für den gesamten Inhalt der "Perchtoldsdorfer Umschau" verantwortlich. Inhalt der Perchtoldsdorfer Umschau Folge Nr. 41 ist auf Seite 4 folgende Einschaltung: Der auf dieser Seite geschaltete Text von "Wohnen im Grünen" einschließlich der abgerundeten Zeichnung bis hin zur Adresse entspricht den von der "Haus und Wohnen Baumanagement GmbH" geschalteten Inseraten in diversen Zeitungen.
Ausgehend von diesen Feststellungen gelangte das Erstgericht rechtlich zur Ansicht, daß der Zeichnung des Klägers wie Beilage ./A Werkcharakter zukomme, sodaß der Kläger grundsätzlich Urheberrechte für sich in Anspruch nehmen könne. Durch die Schaltung von Inseraten mit Einwilligung des Klägers sei es zur Veröffentlichung des mit seiner Einwilligung veränderten Werkes gekommen (§ 8 UrhG). Es sei demnach nicht erfindlich, worin die Veröffentlichung eines bereits veröffentlichten Werkes liegen solle. Auch habe die Beklagte keine Veränderung vorgenommen, da nur das bereits veränderte Inserat gleichlautend und ansonsten unverändert übernommen worden sei. In der Inseratengestaltung trete der Werkcharakter der Zeichnung des Klägers zur Gänze zurück, sodaß die Wiedergabe des Inserates keine "Vervielfältigung" eines Werkes des Klägers darstelle und auch ein solcher Eingriff in Urheberrechte des Klägers nicht gesetzt worden sei. Darüberhinaus sei der Ausnahmetatbestand des § 42 a UrhG anzunehmen, der eine Werknutzung im gegenständlichen Fall erlaube.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Sicherungsantrag zur Gänze stattgegeben werden.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Aufgrund der im Akt erliegenden "Perchtolsdorfer Umschau" Nr. 42, Beilage ./1, wird vom Rekursgericht ergänzend festgestellt:
Auf Seite 2 dieser Druckschrift findet sich am unteren Rand folgende, im Kleinstdruck gehaltene Veröffentlichung: "Auf Wunsch der Firma Haus und Wohnen Baumanagement GmbH: Gegendarstellung zu Nr. 41. Im Rahmen des Projektes Perchtoldsdorf/Lehargasse werden nicht "Wohnungen", sondern Einfamilien- bzw. Reihenhäuser errichtet und verkauft. Im Kaufpreis ist das anteilige Entgelt für einen Eigengarten samt Terrasse, einen Stellplatz, einen Keller und anteilige Allgemeinflächen enthalten. Der auf die Nettonutzfläche umgerechnete Kaufpreis liegt zwischen öS 30.500,-- und öS 36.400,--."
Diese ergänzende, aufgrund anderer Rechtsansicht des Rekursgerichtes notwendig gewordene Feststellung ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten, als Beilage ./1 im Akt erliegenden Druckschrift, die an die Perchtoldsdorfer Haushalte versendet wurde.
Zunächst ist in Lehre und Rechtsprechung (4 Ob 362/85, RdW 1993, 275 jeweils mwN; Peter, Urheberrecht 44; Scolik in WBl 1987, 240) unbestritten, daß, soferne ein Werk der Baukunst im Sinne des § 3 Abs 1 UrhG vorliegt, auch die Baupläne und -zeichnungen sowie Entwürfe und Ansichten hiezu Urheberrechtsschutz genießen, sie gelten als zweidimensionale Vervielfältigungsstücke des Bauwerkes. Die von der früheren Rechtsprechung vertretene Auffassung, wonach die Annahme eines urheberrechtlich geschützten Werkes der bildenden Kunst stets eine entsprechende "Werkhöhe", also eine "Gestalt gewordene Idee, die den Stempel der persönlichen Eigenart ihres Schöpfers trägt und sich zumindest durch eine persönliche Note von anderen Erzeugnissen ähnlicher Art abhebt" - voraussetzte, wird von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht mehr aufrechterhalten (ÖBl 1992, 81;
1992, 181). Das Urheberrecht kennt nur einen einheitlichen Werkbegriff, welcher nicht von den einzelnen Werkkategorien abhängt;
es verlangt daher keineswegs für einzelne dieser Kategorien abweichende oder gar höhere Schutzvoraussetzungen als für die anderen. Entscheidend für das Vorliegen eines Werkes der bildenden Künste (§ 3 Abs 1 UrhG) kann daher zunächst nur sein, daß das Schaffensergebnis objektiv als Kunst interpretier ist, daß es also mit den Darstellungsmitteln der bildenden Künste durch formgebende Tätigkeiten hervorgebracht und zum Anschauen bestimmt ist, ohne Rücksicht darauf, ob es auch einen praktischen Gebrauchswert hat. Werke nach § 3 Abs 1 UrhG müssen eigentümliche geistliche Schöpfungen, also das Ergebnis schöpferischer geistiger Tätigkeit sein, das eine Eigenheit, die es von anderen Werken unterscheidet, aus der Persönlichkeit seines Schöpfers empfangen hat. Maßgebend ist daher allein die individuelle Eigenart, also die auf der Persönlichkeit seines Schöpfers beruhende Individualität des Werkes, für welche allerdings die rein statistische Einmaligkeit für sich allein noch nicht ausreicht. Die individuelle eigenartige Leistung muß sich vom alltäglichen, landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abheben, sie setzt voraus, daß beim Werkschaffenden persönliche Züge - insbesondere durch die visuelle Gestaltung und durch die gedankliche Bearbeitung - zur Geltung kommen (ÖBl 1992, 81; 181). Auch nach der zur vergleichbaren Bestimmung des § 2 d UrhG ergangenen Rechtsprechung und Literatur spielt der Gebrauchszweck des Werkes selbst für die Beurteilung als geschütztes Bauwerk keine Rolle, auch muß der künstlerische Zweck gegenüber dem Gebrauchszweck nicht im Vordergrund stehen (Schricker, Urheberrechtskommentar, Rz 97, 98 zu § 2 d UrhG, Bigel, Urheberrecht des Architekten, RN 39). Wenngleich Stil, Technik und Manier für sich allein nicht schutzfähig sind (Schricker aaO Rz 95), kann ein Bauwerk als Ergebnis individueller, persönlicher geistiger Schöpfung dennoch schutzfähig sein, wenn es aus der Masse alltäglichen Bauschaffens herausragt (Schricker aaO, Rz 98; Fromm/Nordemann Urheberrecht8 Rz 70 zu § 2 d UrhG). Diese individuellen Eigenschaften sind dem Werk, nämlich auch dem Entwurf des Klägers durchaus beizumessen. Wenn das Werk, dessen Schutz begehrt wird, dem Gericht - wie hier - vorliegt, bedarf es keiner Bescheinigung, daß es sich um eine eigentümliche geistige Schöpfung handelt, da es sich bei dieser Beurteilung um eine Rechtsfrage handelt (MGA, Urheberrecht**2, § 1/123; § 81/52). Die Werkkriterien müssen dem vorliegenden Entwurf Beilage ./A, welche die Vorlage sowohl zum Inserat, als auch der Vervielfältigung und Verbreitung durch die Beklagte zugrundelag, beigemessen werden. Die 12 getrennten, einstöckigen Hauseinheiten sind, obwohl zueinander räumlich versetzt angeordnet, so konzipiert, daß sie insgesamt das Bild eines in der Mitte offenen Vierkanthofes wiedergeben, in dessen Mitte sich ein teilweise begrünter Platz befindet. Darüberhinaus bilden durch Säulen unterstützte Balkons und in den Dachbereich hineinreichende, zur Gaupenbildung führende hohe Fenster und Türen ein weiteres unterscheidungskräftiges und individuelles Merkmal, das zweifelsohne Ergebnis einer eigentümlichen geistigen Schöpfung ist. Es kann der Beklagten auch nicht in ihrer Ansicht gefolgt werden, daß dieser als Werk der bildenden Kunst zu beurteilende Entwurf dadurch seinen Werkcharakter verloren hat, weil er zu Zwecken der Gestaltung eines Inserates verkleinert in Schwarz/Weiß-Form und in die Umrisse einer Ellipse gebracht wurde. Das dem Urheber gemäß § 15 Abs 1 UrhG ausschließlich zustehende Vervielfältigungsrecht wird nicht bereits durch eine erfolgte Veröffentlichung aufgehoben. Das Recht der Vervielfältigung (= die Festlegung eines Werkstückes in Fläche oder Raum derart, daß das Feststellungsstück geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen unmittelbar wahrnehmbar zu machen - Peter, 62) kann sowohl das ganze Werk oder Teile desselben, sei es in unveränderter, veränderter oder bearbeiteter Form erfassen (Peter aaO). Der Umstand, daß das Werk des Klägers daher bereits in veränderter Form durch einen Bauträger zulässigerweise vervielfältigt bzw. verbreitet worden ist, gibt jedoch weiteren Personen, so auch der Beklagten, keineswegs das Recht, ebenfalls Vervielfältigungen vorzunehmen. Das ausschließliche Verbreitungsrecht des Urhebers (§ 16 Abs 1 UrhG) wiederum bedingt, daß kraft dieses Rechtes Werke ohne seine Einwilligung weder freigehalten noch auf eine andere Art, die das Werk der Öffentlichkeit zugänglich macht, in Verkehr gebracht werden dürfen, wobei dieses Verbreitungsrecht nicht nur Unikate, sondern auch Vervielfältigungsstücke unabhängig davon betrifft, ob diese mit oder ohne Verletzung des Vervielfältigungsrechtes hergestellt wurden (Peter, 64). Auch nach der zur vergleichbaren deutschen Rechtslage veröffentlichten Literatur (Möhring-Nicolini Urheberrechtsgesetz § 16 Anm. 2, § 17 Anm. 2) ist es ohne Bedeutung, ob die Vervielfältigung und die Verbreitung nach dem Original oder aber bereits nach einem Nachdruck bzw. Vervielfältigungsstück des Werkes erfolgen. Auch das "Verschenken", somit auch die unentgeltliche Versendung, erfüllt daher den Tatbestand der Verbreitung (vgl. Peter, 64). Wenngleich der Kläger von einer zu unterlassenden "Veröffentlichung" spricht, läßt das eindeutige Vorbringen erkennen, daß eine "Verbreitung" untersagt werden soll, sodaß das Rekursgericht dem Spruch eine andere, dem klar erkennbaren Willen des Klägers entsprechende Fassung geben konnte, ohne gegen § 405 ZPO zu verstoßen (ständige Rechtsprechung SZ 37/28 = ÖBl 1964/123 uva, zuletzt 4 Ob 7/94). Da es sich bei den auf den Verwertungsrechten des Klägers beruhenden Unterlassungsansprüchen um verschuldensunabhängige handelt, kann es nicht darauf ankommen, ob die Beklagte lediglich eine politische Auseinandersetzung damit untermauern wollte, ohne ein Werk der bildenden Kunst vervielfältigen oder verbreiten zu wollen. Es ist auch nicht erheblich, daß die Vervielfältigung zunächst in Inseratenform und dann - durch die Beklagte - in der Wiedergabe dieses Inserates erfolgt ist. § 54 UrhG legt als Ausnahme zum ansonsten unbeschränkten Verwertungsrecht des Urhebers freie Werknutzungen an Werken der bildenden Künste fest. Da die von der Beklagten vorgenommenen Vervielfältigungs- bzw. Verbreitungsarten dort nicht genannt sind und eine Analogie eine unzulässige und vom Gesetzgeber nicht gewollte Beeinträchtigung der Urheberrechte darstellen würde, kann sich die Beklagte auf eine freie Werknutzung im Sinn dieser Bestimmung nicht berufen.
Zutreffend hat jedoch das Erstgericht einen Anspruch des Klägers auf die Unterlassung von Veränderungen des Werkes des Klägers verneint. Die Beklagte hat nämlich eine derartige Veränderung nicht bewirkt, sondern lediglich eine vom Kläger autorisierte veränderte Fassung seines Werkes zum Vorbild ihrer eigenen Vervielfältigung bzw. Verbreitung genommen und daher keinen eigenen Veränderungstatbestand gesetzt. In diesem Umfang war der Sicherungsantrag daher abzuweisen.
Die weitere Frage der Wiederholungsgefahr ist bei Unterlassungsansprüchen nach dem Urheberrechtsgesetz nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen wie im Verfahren nach dem UWG (MGA Urheberrecht**2, § 81/5), das heißt, es darf bei der Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht engherzig vorgegangen werden (aaO/6), vielmehr ist eine solche Gefahr schon bei einem einmaligen Gesetzesverstoß anzunehmen (aaO/7), wenn nicht das Verhalten des Beklagten nach der Beanstandung eine ernstliche Willensänderung erkennen läßt (aaO/8). Für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr besteht sohin eine tatsächliche Vermutung (aaO/9), die Gefahr einer weiteren Verbreitung eines Werkes fällt nicht schon dadurch weg, daß das Werk aus einem ganz bestimmten Anlaß erschienen ist (aaO/10). Da es sich bei dem Medium, in dem die Urheberrechtsverletzung erfolgte, um eine immer wieder erscheinende und der politischen Auseinandersetzung - auch mit dem Kläger - dienende Druckschrift handelt, ist die Wiederholungsgefahr offensichtlich. Die Gegendarstellung (Beilage ./1) vermag einen Gesinnungswandel der Beklagten auch nicht annähernd zu bescheinigen, zumal in dieser Veröffentlichung nur auf die angebotenen Leistungen und den Kaufpreis, nicht jedoch auf die begangene Urheberrechtsverletzung eingegangen wird.
Zur Passivlegitimation der Beklagten: Die Beklagte hat ihre Verantwortung nur deshalb bestritten, weil Medieninhaber und Herausgeber die Perchtoldsdorfer Bürgerliste sei. Lediglich deshalb vermeint die Beklagte ihrem eigenen Vorbringen nach, nicht verantwortlich zu sein. Da das Erstgericht seine Feststellungen keineswegs nur auf das Impressum, sondern auf den Gesamtinhalt der inkriminierten Druckschrift gestützt hat, ist die Feststellung, daß die Beklagte für den gesamten Inhalt verantwortlich sei, als Ergebnis eines unbedenklichen Bescheinigungsverfahrens anzunehmen, ohne daß es der (in der Rekursbeantwortung gar nicht relevierten) Einvernahme auch der Beklagten bedürfte, da diese nur zur Bescheinigung nicht entscheidungserheblichen Vorbringens beantragt wurde. Als Verletzer und sonst passiv legitimiert ist derjenige, der an der Verletzung des Urheberrechtes aufgrund eigener Willensbetätigung und mit der rechtlichen Möglichkeit, die Tat oder zumindest seinen Beitrag zu verhindern, mitwirkt (Möhring-Nicolini, Urheberrechtsgesetz, § 97 Anm. 2 a). Täter einer durch Presseveröffentlichung begangenen Rechtsverletzung ist der Verfasser des Beitrages, der für den betreffenden Sektor verantwortliche Redakteur (- hier: die Beklagte -) ist verantwortlicher Mittäter (Möhring-Nicolini aaO, Anm. 2 b). An der Passivlegitimation der Beklagten kann daher nach den getroffenen Feststellungen kein Zweifel bestehen.
Letztlich vermag auch eine (- konkret erst im Rekursverfahren relevierte -) auf § 42 a UrhG gestützte Rechtfertigung von Vervielfältigung und Verbreitung des geschützten Werkes nicht zu überzeugen: Die in § 42 a UrhG geregelte freie Werknutzung im Rahmen der Berichterstattung über Tagesereignisse stellt - wie andere freie Werknutzungen - eine Ausnahmeregelung zum sonst umfassenden Urheberrecht dar. Ausnehmevorschriften sind jedoch grundsätzlich eng auszulegen (MR 1995, 179; Mestmäcker-Schulze, Kommentar zum Deutschen Urheberrechtsgesetz, Anm. 2 zu § 50). Unter einem Tagesereignis ist eine tatsächliche Begebenheit zu verstehen, die für die Allgemeinheit, mindestens aber für einen Teil des Publikums von Interesse ist. Zwei Komponenten machen ein Ereignis zum Tagesereignis: Die Aktualität des Geschehens und das Interesse des Publikums, mindestens einer interessierten größeren Gruppe. Der Begriff des Tagesereignisses muß objektiv bestimmt werden, nicht subjektiv nach den Maßstäben des Berichterstatters (Gerstenberg in Schricker, Kommentar zum Deutschen Urheberrechtsgesetz, § 50 Rz 4). Das Rekursgericht verkennt durchaus nicht, daß auch lokale Ereignisse für einen lokalen Interessentenkreis "Tagesereignisse" darstellen können, doch mangelt es im vorliegenden Fall an einem entsprechenden Tatsachenvorbringen, welches eine Bescheinigung und daraus folgend die Feststellung zuließe, daß es sich tatsächlich um ein "Tagesereignis" handelte, d.h., daß das mit Hilfe des Entwurfes des Klägers dargestellte Bauvorhaben über subjektive - wenn auch politische - Interessen der Beklagten hinaus auch andere, nicht nur unmaßgeblich interessierte Personen betraf. Der Berücksichtigung erstmals in der Rekursbeantwortung erstatteten konkreten Vorbringens der Beklagten, die ihr Versäumnis offensichtlich nachträglich erkannte, steht jedoch das auch im Rechtsmittelverfahren gegen eine einstweilige Verfügung geltende Neuerungsverbot (MGA EO13, § 402/12) entgegen. Zumindest für den Bereich des Provisorialverfahrens kann daher die Ausnahme einer freien Werknutzung infolge Berichterstattung über ein "Tagesereignis" nicht angenommen werden.
Es war daher, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung in erster Instanz gründet sich, soweit sie die vorläufige Kostentragung durch den Kläger betrifft, auf § 393 Abs 1 EO, hinsichtlich der endgültigen Kostentragung auf §§ 402, 78 EO, 40 ZPO. Gemäß §§ 402, 78 EO, 41 ZPO hat die Beklagte Anspruch auf Ersatz der Kosten des Provisorialverfahrens, soweit dem Sicherungsantrag nicht Folge gegeben wurde, wobei mangels Bewertung durch den Kläger davon auszugehen ist, daß der abgewiesene Teil des Begehrens betreffend Unterlassung von Veränderungen des Werkes des Klägers mit 1/3 des insgesamt drei Teilansprüche umfassenden Begehrens zu bewerten ist.
Gleiches gilt unter Anwendung des § 50 ZPO auch für die Kosten des Rekursverfahrens.
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes gründet sich auf §§ 402, 78 EO, 500 Abs 2 Z 1 iVm § 526 Abs 3 ZPO.
Gemäß §§ 402, 78 EO, 528 Abs 1 ZPO war ein ordentlicher Revisionsrekurs nicht zuzulassen, da die vom Rekursgericht zu beurteilende Rechtsfrage nicht von der
im § 528 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung ist.