JudikaturOLG Wien

4R293/95 – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 1996

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Derbolav als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Pimmer und Dr.Pöschl in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Ö*****,***** Wien, vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und gefährdende Partei D***** Wien, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs (Gesamtstreitwert S 240.000,-), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 12.12.1995, 35 Cg 97/95v-2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die vorliegende Klage (samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt S 50.000,-; der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Erstgericht die Klage samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wegen Unzuständigkeit des angerufenen Handelsgerichtes Wien zurück. Die Klägerin stütze ihre Zuständigkeit auf §§ 51 Abs.1 Z 8b, 65 JN. Ein Tatsachenvorbringen, wonach der Beklagte eine Verbreitung der inkriminierten Äußerungen in einem Medium vorgenommen habe, habe die Klägerin nicht erstattet. Nur in einem derartigen Fall wäre jedoch die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes anzunehmen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Klägerin, der berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, daß die Klägerin unter Punkt 7 der Klage die Behauptung aufgestellt hat, der Beklagte habe die näher umschriebene Äußerung "behauptet, jedenfalls aber zumindest verbreitet". Er habe dies mit dem Vorsatz getan, daß der Vorwurf der Lüge von der Öffentlichkeit wahrgenommen und in Medien und Mediendiensten weiter verbreitet werde. Dies sei auch geschehen. Die inkriminierte Anschuldigung wurde von fast allen österreichischen Medien aufgegriffen. Im Punkt 8 der Klagebehauptungen führte der Kläger unter anderem aus, daß sich die Zuständigkeit des Handelsgerichtes Wien auf die §§ 51 Abs.1 Z 8b, 65 JN stütze.

Nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle gehören vor die Handelsgerichte auch Streitigkeiten nach den §§ 1330 ABGB wegen einer Veröffentlichung in einem Medium (§ 1 Abs.1 Z 1 MedienG). Die Z 8b des § 51 Abs.1 JN wurde aus verfahrensökonomischen Gründen in das Gesetz eingefügt, um Streitigkeiten nach § 1330 ABGB wegen einer Veröffentlichung in einem Medium der gleichen sachlichen Zuständigkeit zuzuweisen wie die in Z 10 genannten und oft damit zusammenhängenden Streitigkeiten über Bildnisschutz oder wegen unlauteren Wettbewerbs (780 BlgNR 18 GP, 2). Auch für Streitigkeiten wegen eines Bildnisschutzes oder wegen unlauteren Wettbewerbs haftet nicht nur der unmittelbare Täter, sondern es hat für wettbewerbswidriges Verhalten jeder einzustehen, der einen Wettbewerbsverstoß durch eigenes Verhalten gefördert oder überhaupt erst ermöglicht hat. Der Unterlassungsanspruch kann daher auch gegen den Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers gerichtet werden (ÖBl 90, 123; 12/2/91 MR 162 = ÖBl 101 = RdW 233 = WBl 330). Ebenso können nach § 1301 ABGB für einen widerrechtlich zugefügten Schaden, darunter fallen auch Ansprüche nach § 1330 ABGB, mehrere Personen verantwortlich werden, indem sie gemeinschaftlich, unmittelbar oder mittelbar, durch Verleiten, Drohen, Befehlen, Helfen, Verhehlen und dergleichen mehr dazu beigetragen haben. Aus diesem weiten Täterbegriff ist jedenfalls zu folgern, daß derjenige, der Äußerungen zum Zwecke der Weitergabe an Medien verbreitet beim Gerichtsstand des § 51 Abs.1 Z 8b JN in Anspruch genommen werden kann. Wenn auch im vorliegenden Fall ein konkretes Medium, das die inkriminierte Äußerung wiedergegeben hat, in der Klage selbst nicht genannt wird, so wird diesem Erfordernis dennoch durch die in Kopie beiliegenden Presseaussendungen Genüge getan.

Das Erstgericht hat daher zu Unrecht seine Unzuständigkeit ausgesprochen, weshalb in Statttgebung des Rekurses der erstgerichtliche Beschluß aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens zur Entscheidung über die Klage und den Sicherungsantrag aufzutragen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

Der Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, gründet sich auf §§ 526 Abs.3, 500 Abs.2 Z 1 ZPO; jener über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses zusätzlich auf § 500 Abs.5 Z 2 ZPO. Im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung liegen die Voraussetzungen des § 528 Abs.1 ZPO nicht vor.

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