8Ra132/95 – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungs- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Schrödl als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter des Oberlandesgerichtes DDr. Schwarz und Dr. Hopf und die fachkundigen Laienrichter Peter Ammer (AN) und Harald Brinek (AG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** D*****, A*****, vertreten durch Dr. Gerhard Weiser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P***** AG, O*****, vertreten durch Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt in Gloggnitz, wegen Ausstellung eines Dienstzettels (Streitwert S 15.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27.9.1994, GZ 17 Cga 5/94t-40, und Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 24.11.1994, GZ 17 Cga 5/94t-42 in nichtöffentlicher Sitzung
I.) den
Beschluß
gefaßt:
1.) Der Rekurs wird zurückgewiesen.
2.) Die Berufung wird, soweit darin Nichtigkeit geltend gemacht wird verworfen.
II.) und zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird im übrigen n i c h t Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.709,12 (darin S 451,52 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Zum Rekurs:
Mit der am 11.1.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Ausfolgung eines Dienstzettels mit dem Vorbringen, sie sei vom 1.4.1969 bis 31.12.1993 bei der beklagten Partei beschäftigt gewesen und habe trotz Urgenz von der beklagten Partei keinen Dienstzettel erhalten.
Der Streitwert wurde im erstinstanzlichen Verfahren durch die klagende Partei mit S 1,163.475,-- bewertet. Die beklagte Partei bemängelte diese Bewertung in der ersten mündlichen Streitverhandlung vom 15.2.1994 gemäß § 7 RATG als überhöht und beantragte, den Streitwert in Anlehnung an die Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes mit höchstens S 15.000,-- zu bewerten. Mit Beschluß vom 27.9.1994 setzte das Erstgericht den Streitwert gemäß § 7 RATG mit S 15.000,-- fest.
Dagegen richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Vorbringen, sie habe in der Klage den Streitwert nach den Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm mit dem dreifachen Jahresbezug bewertet. Das Erstgericht habe den Streitwert ohne bzw. ohne nachvollziehbare Begründung auf S 15.000,-- herabgesetzt. Dies sei willkürlich und hätte das Erstgericht, wenn es schon eine Herabsetzung beschließe, sich einer anderen Gesetzesstelle bedienen sollen, beispielsweise § 14 RATG, welcher bestimme, daß, wenn der Streitwert nicht anders zu ermitteln sei im Senatsverfahren beim Gerichtshof ein solcher von S 300.000,-- angemessen sei.
Gemäß § 7 RATG kann der Beklagte spätestens bei der zur ersten mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung die vom Kläger gemäß §§ 56 oder 59 JN vorgenommene Bewertung des Streitgegenstandes bemängeln. Das Gericht hat mangels Einigung der Parteien, möglichst ohne weitere Erhebungen und ohne die Erledigung wesentlich zu verzögern oder Kosten zu verursachen, den Streitgegenstand für die Anwendung des Rechtsanwaltstarifgesetzes im Rahmen der von den Parteien behaupteten Beträge zu bewerten. Dieser Beschluß ist unanfechtbar. Mangels Zulässigkeit des Rechtsmittels war daher der Rekurs zurückzuweisen.
Zur Berufung:
Die Klägerin begehrte von der beklagten Partei die Ausfolgung eines Dienstzettels, "enthaltend den Verlauf ihrer Einstufungen" und brachte vor, vom 1.4.1969 bis zum 31.12.1993 bei der beklagten Partei als Angestellte beschäftigt gewesen zu sein. Sie benötige als Beweisurkunde, welche Unklarheiten nach Möglichkeit vermeiden solle, den genannten Dienstzettel. Trotz eines an die beklagte Partei am 31.12.1993 gerichteten Telefaxes verweigere diese die Übersendung des Dienstzettels. Da die Klägerin dienstfrei gestellt sei, erweiterten sich die Pflichten der beklagten Partei um die Ausstellung des gegenständlichen Dienstzettels und dessen Übersendung an ihre Wohnadresse.
Die beklagte Partei beantragte die Klageabweisung und brachte vor, daß die Klägerin während des Betriebsurlaubes der beklagten Partei, welcher bis einschließlich 9.1.1994 gedauert habe, mittels Fax inhaltlich gleichlautend wie das Klagebegehren einen Dienstzettel binnen 3 Tagen gefordert habe. Bereits am 11.1.1994 sei die Klägerin mit Klage vorgegangen. Für die beklagte Partei sei jedoch nicht klar, welchen Dienstzettel die Klägerin inhaltlich begehre, Einstufung in Verwendungsgruppe oder Mitteilung der Zeitpunkte von Gehaltserhöhungen. Die Klägerin habe in der Zeit vom 24. bis 31.12.1994 der beklagten Partei insgesamt 47 Telefax-Mitteilungen zukommen lassen. Die beklagte Partei habe der Klägerin mit Schreiben vom 12.1.1994 bezugnehmend auf alle Faxe ihre Bereitschaft zur Erhebung von Daten erklärt. Die beklagte Partei brachte weiters vor, daß sie der Klägerin jeweils bei betreffendem Anlaß einen Dienstzettel übergeben habe und legte diese vor.
Die klagende Partei bestritt dieses Vorbringen ihrerseits und führte aus, daß der Anspruch auf Übermittlung eines Dienstzettels gemäß § 6 Abs.3 AngG zu Recht bestehe.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab und ging dabei von den auf den Seiten 4 bis 6 der Urteilsausfertigung getroffenen Feststellungen aus, auf die verwiesen wird. Hievon ist hervorzuheben:
Der Klägerin wurde zumindest einmal jährlich ein Dienstzettel ausgefolgt, beginnend mit dem ersten, die Anstellung der Klägerin betreffenden Dienstzettel vom 12.2.1969. Für jedwede kollektivvertragliche Änderung, für jeden Biennalsprung und für jede individuell vereinbarte Gehaltserhöhung wurden der Klägerin ebenfalls Dienstzettel ausgefolgt.
Außer dem klagegegenständlichen Verfahren hat die Klägerin beim Arbeits- und Sozialgericht Wien insgesamt 27 weitere Klagen gegen die beklagte Partei eingebracht, die sich ihrem Wortlaut nach meist auf die Ausstellung von Dienstzetteln bezogen.
Weder die Klägerin noch ihr als Zeuge namhaft gemachte Gatte Mag. G***** D***** sind jemals bei Gericht erschienen.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß es dem von der Klägerin gestellten Begehren an der von § 226 ZPO geforderten Bestimmtheit fehle. Es könne daher nicht festgestellt werden, inwieweit in Anbetracht der vielen übrigen beim Arbeits- und Sozialgericht Wien anhängigen Verfahren bereits Streitanhängigkeit besteht. Gemäß § 6 Abs.3 AngG sei dem Dienstgeber lediglich ein Dienstzettel über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Dienstvertrag auszufolgen, welcher nicht unterschrieben sein müsse. Im Rahmen der Information über die Rechte eines Dienstnehmers wären jedoch verschiedenste Informationen subsumierbar. Auf die Anwendung eines Kollektivvertrages habe sich die Klägerin nicht berufen. Selbst bei Heranziehen des § 15 des Rahmenkollektivvertrages für die Angestellten der Industrie wäre jedoch das Klagebegehren nicht bestimmbar, weil nicht ersichtlich sei, ob die Einstufungen in eine Verwendungsgruppe oder die Einstufungen anhand eines bestimmten Vorrückungsschemas gemeint seien.
Jedenfalls wäre aber das Klagebegehren hinsichtlich eines Dienstzettels vor dem 11.1.1991 wegen Verjährung abzuweisen gewesen.
Darüber hinaus habe die beklagte Partei durch Ausfolgung der in Beilage ./3 vorliegenden Dienstzettel ihre Pflicht gemäß § 6 Abs.3 AngG und § 15 des Rahmenkollektivvertrages für die Angestellten der Industrie erfüllt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Nichtigkeit, Verfahrensmangel, mangelhafter bzw. unvollständiger Tatsachenfeststellung, unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagestattgebenden Sinn; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
In ihrer Berufungsbeantwortung beantragt die beklagte Partei, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung der Klägerin ist nicht berechtigt.
ad I, 2.) Der behauptete Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs besagt, daß jeder durch eine gerichtliche Entscheidung in seinen Rechten Betroffene das Recht hat, in dem zu dieser Entscheidung führenden Verfahren gehört zu werden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör enthält nur ein Recht der Partei auf Anhörung, nicht jedoch eine Pflicht zur Äußerung oder zu einem Vorbringen. Inhaltlich äußert sich dieser Grundsatz in zwei Richtungen: Er verpflichtet einerseits das Gericht, den Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit zur Äußerung und Stellungnahme einzuräumen. Andererseits berechtigt er die von der Entscheidung Betroffenen vom Gericht gehört zu werden und Vorbringen erstatten zu können. Die Pflicht des Gerichtes ist es, alle wesentlichen Schriftsätze des Gegners und gerichtlichen Verfügungen und Entscheidungen, Ladung zu Tagsatzungen zu mündlichen Verhandlungen zuzustellen und die Parteien bei der mündlichen Verhandlung anzuhören. Demgegenüber besteht neben dem Recht der Partei auf Durchführung eines Verfahrens auch das Recht zum Vorbringen von Tatsachen und Beweisen. Es kommt dabei aber nicht auf das Gehör selbst, sondern auf die Möglichkeit des Gehörs an. Wird diese nicht genützt, geht das Recht verloren (Eingehend Fasching II, 838 ff; Fasching, Lehrbuch RN 692 ff, Holzhammer, österr. Zivilprozeßrecht2, 133 f; ZBl.1931/51). Im vorliegenden Fall hatte die klagende Partei insgesamt in drei Tagsatzungen zur mündlichen Streitverhandlung die Möglichkeit, ihr Klagebegehren dem Erstgericht darzulegen. Wie aus dem Akt ersichtlich ist, hat die Klägerin jeweils kurz vor den Verhandlungsterminen einen Erstreckungsantrag (ON 5) und (teilweise auch ärztliche) Bestätigungen über ihre Erkrankung bzw. die des Zeugen Mag. D*****, jedoch ohne konkrete Angaben der Art und des Ausmaßes der Erkrankung dem Gericht übermittelt. Zuletzt wurden vor der Tagsatzung am 24.11.1994 vom Klagevertreter am 23.11.1994 nach Dienstschluß um 17.55 Uhr und 17.59 Uhr zwei im Wortlaut gleiche ärztliche Bestätigungen über die Erkrankung der Klägerin und des Zeugen Mag. D***** wiederum ohne Angaben einer konkreten Erkrankung und dessen Ausmaßes an das Gericht gefaxt; dies obwohl dem Klagevertreter schon in der Tagsatzung vom 27.9.1994 bekanntgegeben worden war, daß derlei Entschuldigungen nicht als hinreichend angesehen werden könnten. Selbst der (nunmehr allgemein bevollmächtigte) Klagevertreter war trotz ausgewiesener Zustellung (AS 111) zur Tagsatzung am 24.11.1994 unentschuldigt nicht erschienen.
Eine gesetzwidrige Verhinderung der Möglichkeit vor Gericht zu verhandeln lag daher nicht vor.
ad II.) Das Vorbringen der Berufungswerberin zum behaupteten Verfahrensmangel ist nicht stichhältig. Das Gericht ist an einen gefaßten Beweisbeschluß nicht gebunden. Wohl ist es richtig, daß das Erstgericht keinen Beschluß gefaßt hat, mit dem es von weiteren beschlossenen Beweismitteln Abstand genommen hat, woraus sich jedoch daraus und den weiteren angeführten Gründen die Eignung ableiten soll, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen, also eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern, ist angesichts des gestellten Klagebegehrens nicht erkennbar. Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
Den Ausführungen zu den Berufungsgründen der mangelhaften bzw. unvollständigen Tatsachenfeststellung sowie der unrichtigen Beweiswürdigung mußte aufgrund der bisherigen Ausführungen der Erfolg versagt bleiben.
Das Schwergewicht der Berufung liegt in der Rechtsrüge.
Das Gericht ist zufolge des Dispositionsgrundsatzes an das Klagebegehren gebunden und darf im Urteil nur das zusprechen, was der Kläger begehrt hat, (§ 405 ZPO - nicht mehr und nichts Anderes), daher muß das Klagebegehren den Wortlaut des gewünschten Urteilspruches wiedergeben. § 226 Abs.1 ZPO verlangt, daß das Klagebegehren bestimmt sein muß. Dies ist für Leistungsklagen schon deshalb erforderlich, weil das Urteil für die anschließende Exekution einen hinreichend bestimmten Exekutionstitel (§ 7 Abs.1 EO) und damit die zuverlässige Grundlage für eine zwangsweise Durchsetzung der zugesprochenen Leistung bilden muß. Bei Leistungsklagen muß das Urteil zweifelsfrei nach objektiven, allgemein feststellbaren Merkmalen erkennen lassen, was geleistet werden soll. Ausnahmen von diesem Bestimmtheitsgrundsatz bestehen nur für Begehren auf Zahlung, die mit einem Begehren auf Rechnungslegung oder Vermögensabgabe verbunden sind und im Verfahren in Sozialrechtssachen (Fasching, Lehrbuch RN 1044 ff). Darüber hinaus ist dieses Erfordernis auch ein Kriterium zur Überprüfung der negativen Prozeßvoraussetzung der Streitanhängigkeit.
Die Bestimmtheit des Klagebegehrens ist nach unbestrittener Auffassung eine von Amts wegen zu beachtende prozessuale Klagevoraussetzung (Stohanzl ZPO14, E 21 und 22 zu § 226). Fehlt es an der Bestimmtheit des Begehrens, so hat der Richter (auch im Anwaltsprozeß) die klagende Partei anzuleiten, diesen Mangel zu beseitigen. Dies ist im vorliegenden Fall in der Tagsatzung am 27.9.1994 auch geschehen, jedoch hat die Klägerin ihr Klagebegehren nicht präzisiert. Die klagende Partei hat sich ausdrücklich nur auf § 6 Abs.3 AngG berufen (AS 107). Diese Bestimmung, die gleichzeitig mit der Neueinführung des Arbeitsvertragsrechtes-Anpassungsgesetzes geändert wurde lautet nunmehr: "Dem Angestellten ist bei Abschluß des Dienstvertrages vom Dienstgeber eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Dienstvertrag auszuhändigen, auf die die Vorschriften des § 2 des Arbeitsvertrages-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. 459/1993 in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind".
§ 2 AVRAG listet in seinem Absatz 2 einen Katalog von Angaben auf, die der Dienstzettel zu enthalten hat, darunter in Punkt 7.) "allfällige Einstufung in ein generelles Schema". Sowohl die Änderung des § 6 Abs.3 AngG als auch das neu eingeführte AVRAG sind mit 1.1.1994 in Kraft getreten.
Unabhängig von der Frage, ob das Klagebegehren unter dem Aspekt der geänderten Rechtslage, § 6 Abs.3 AngG gab vor seiner Abänderung keine Hinweise darauf, was unter "wesentlichen Rechten und Pflichten" zu verstehen war, ausreichend bestimmt ist oder nicht, ist zunächst zu klären, ob ein Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzettels nach Beendigung des Dienstverhältnisses überhaupt besteht.
Die von der Berufungswerberin, jedoch in anderem Zusammenhang, zitierte Entscheidung des OGH vom 1.10.1974, 4 Ob 48, 53/74 = ZAS 1975, 182 ff befaßte sich in erster Linie mit dieser Frage.
Der OGH hat in der angeführten Entscheidung, allerdings unter Bezugnahme auf § 15 Abs.3 des Kollektivvertrages für Angestellte der Industrie, den Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzettels nach Beendigung des Dienstverhältnisses bejaht und damit begründet, daß die Ausstellung eines Dienstzettels gemäß der zitierten Gesetzesstelle auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses nicht sinnlos sei, da nämlich gemäß § 15 Abs.9 dieses Kollektivvertrages Voraussetzung für die Anrechnung von Verwendungszeiten aus früheren Dienstverhältnissen bei einem anderen Dienstgeber sei, daß sie der Angestellte schon beim Antritt der Firmenleitung bekannt gibt und sie tunlichst sofort, bis spätestens aber innerhalb von zwei Monaten durch "entsprechende Zeugnisse oder sonstige Arbeitspapiere" nachweist. Als solcher Nachweis könne auch ein Dienstzettel in Frage kommen.
Diese Entscheidung wurde im Anschluß an ihrer Veröffentlichung in der ZAS 1975, 184 ff von Reischauer überzeugend mit dem Ergebnis kommentiert, daß mit Beendigung des Dienstverhältnisses der Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzettels verloren geht. Dazu ist zunächst die Frage der Funktion des Dienstzettels zu klären. Allein die Tatsache, daß der Dienstzettel im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß auszustellen ist (nach alter Rechtslage auf Verlangen des Dienstnehmers, nunmehr ohne dieses Erfordernis) zeigt, daß seine Aufgabe darin besteht, Dienstnehmer gegenüber dem Dienstgeber ein Beweismittel zu geben, daß der Beweiskraft eines schriftlich abgeschlossenen Vertrages entsprechen soll. Der Dienstzettel soll als Surrogat für die Vertragsurkunde in der Beziehung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer dienen. Auch die systematische Interpretation spricht für diese Ansicht: Allein aus der Überschrift vor § 6 AngG "Inhalt des Dienstvertrages" ist abzuleiten, daß die Ausstellung einer Urkunde über den Vertrag bzw. über dessen wesentlicher Punkte das Ziel hat, zwischen den Parteien Klarheit zu schaffen und nicht ein Beweismittel im Verhältnis zu Dritten abzugeben. Wenn auch der abgeänderte § 6 Abs.3 AngG den Begriff "Dienstzettel" nicht mehr ausdrücklich verwendet, so ist doch durch § 2 AVRAG, der diesen Begriff sehr wohl verwendet, klargestellt, daß diesbezüglich eine Änderung nicht erfolgt ist. Nach Beendigung eines Dienstverhältnisses geht es um offengebliebene Ansprüche aus dem Vertrag und damit in Verbindung um das Beweisproblem über die Entstehung und das Bestehen eines Anspruches. Bestreitet nunmehr der Dienstgeber nach Ende des Dienstverhältnisses das Bestehen eines Anspruches, so wäre ein erst auszustellender Dienstzettel geradezu funktionslos, müßte doch der Dienstnehmer dieselben Beweise die er zur Erreichung eines Dienstzettels auf streitigem Wege führen müßte auch zur Durchsetzung des offengebliebenen Anspruches selbst führen. Demgegenüber ersetzt jedoch bei aufrechtem Dienstverhältnis zur Wahrung zukünftiger Ansprüche die Klage auf Ausstellung eines Dienstzettels ein Feststellungsbegehren auf Bestehen bestimmter Rechte und den Inhalt des Dienstzettels.
Dagegen hat das Dienstzeugnis die Aufgabe als Beweismittel gegenüber Dritten zu dienen und erfüllt demnach von vornherein eine gänzlich andere Aufgabe als der Dienstzettel, wodurch jedoch ein teilweiser deckungsgleicher Inhalt nicht ausgeschlossen ist. Auf die verschiedenen Funktionen von Dienstzettel und Dienstzeugnis ist der OGH in der oben zitierten Entscheidung jedoch nicht eingegangen.
Das Klagebegehren war daher bereits aus diesen rechtlichen Erwägungen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Da das Berufungsgericht in seiner Entscheidung in der Frage des Ausspruches auf Ausstellung eines Dienstzettels nach Ende des Dienstverhältnisses eine von der Rechtsansicht des OGH abweichende Meinung vertritt und die weiteren Voraussetzungen des § 46 Z 1 ASGG nach Ansicht des Berufungsgerichtes vorliegen, war die Revision zuzulassen.