JudikaturOLG Wien

4R200/95 – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
13. November 1995

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Derbolav als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Pimmer und Dr.Hradil in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.S***** Gesellschaft m.b.H., ***** Wien, vertreten durch Dr.Alexander Milavec, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C*****gesellschaft m.b.H., ***** Wien, vertreten durch Dr.Alix Frank, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rechnungslegung (Streitwert S 5.184.000,-- s.A.) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 18.5.1995, 17 Cg 104/94i-9, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird z u r ü c k g e w i e s e n.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt S 50.000,--.

Ein ordentlicher Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Mit ihrer Stufenklage vom 16.6.1994 begehrt die Klägerin 1.) die Beklagte für schuldig zu erkennen, den im Laufe des Jahres 1992 abgeschlossenen Bestandvertrag betreffend die Inbestandnahme des Hotels D*****, 1090 Wien, *****, der klagenden Partei vorzulegen und

2.) die beklagte Partei für schuldig zu erkennen, der Klägerin den aufgrund der Vorlage des Bestandvertrages sich auf der Grundlage des Bestandzinses ergebenden gesetzlichen Mäklerlohn zu bezahlen.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und berief sich zum Beweise ihrer mangelnden Passivlegitimation unter anderem auf eine notariell beglaubigte auszugsweise Abschrift aus dem zwischen der B*****gesellschaft mbH und Herrn Mag.Peter K***** geschlossenen Pachtvertrag vom 1.11.1992. Eine Kopie dieser auszugsweisen Abschrift wurde gleichzeitig mit dem Beweisantrag (ON 8) vorgelegt.

Die Klägerin beantragte daraufhin, der Beklagten gemäß § 82 Abs.1 ZPO aufzutragen, die von ihr selbst als Beil./1 und ./2 bezeichneten Urkunden, auf die er in ihrem Schriftsatz ON 8 Bezug genommen hatte, dem Gericht die Urschrift binnen 3 Tagen niederzulegen und die Klägerin hievon zum Zwecke der Einsichtnahme zu benachrichtigen, darüberhinaus, der Beklagten aufzutragen, die im Schriftsatz ON 8 als Beil./2 bezeichnete Urkunde nicht bloß auszugsweise, sondern ihrem gesamten Inhalt und Umfange nach in Ansehung der Bestimmung des § 82 Abs.1 ZPO in Urschrift vorzulegen und die Klägerin zum Zwecke der Einsichtnahme auch hievon zu verständigen (ON 9).

Mit dem angefochtenen Beschluß (Stampiglienerledigung) bewilligte das Erstgericht diesen Antrag.

Gegen den Auftrag, die im Schriftsatz ON 8 als Beil./2 bezeichnete Urkunde nicht bloß auszugsweise, sondern in ihrem gesamten Inhalte und Umfange nach vorzulegen, richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß dahin abzuändern, daß vom Auftrag des Gerichtes nur die Vorlage derjenigen Originale aufgetragen werden, wie sie von der Beklagten als Beweis geführt und in Kopie vorgelegt worden seien.

Der Rekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Auch für die Erhebung eines Rekurses gilt nach ständiger Rechtsprechung, daß die Beschwer Voraussetzung der Rechtsmittelzulässigkeit ist (Kodek in Rechberger ZPO Rz 6 von § 514). Nach Rechtsprechung und herrschender Auffassung muß die Beschwer sowohl bei Einlangen des Rechtsmittels als auch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung vorliegen, um das Rechtsmittel einer sachlichen Erledigung zuführen zu können. Mangels einer solchen Beschwer ist ein Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen (Kodek in Rechberger ZPO Rz 9 vor § 461). Wenngleich der angefochtene Teil des erstgerichtlichen Beschlusses vom Gesetz nicht gedeckt erscheint (hg 4 R 141/95 vom 18.8.1995), kann sich die Beklagte dennoch nicht für beschwert erachten. Die Nichtbefolgung eines Auftrages nach § 82 Abs.1 ZPO führt nämlich zu keiner unmittelbaren gesetzlichen Sanktion (Gitschthaler in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 82). Allfällige Kostensanktionen im Sinne des § 44 ZPO wiederum knüpfen nur an einen objektiven Verzögerungstatbestand, sind jedoch von einer Beschlußfassung nach § 82 ZPO unabhängig.

Die Sanktionslosigkeit der Nichtbefolgung des angefochtenen Beschlußteils nimmt der Rekurswerberin somit die für eine Rekurszulässigkeit notwendige Beschwer.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß die Unzulässigkeit eines Rechtsmittels mangels Beschwer keinen Fall des § 523 ZPO darstellt und daher nicht schon vom Erstgericht aufgegriffen werden konnte (vgl. RZ 1992/17; hg 4 R 141/95).

Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes gründet sich auf §§ 526 Abs.3, 500 Abs.2 Z 1 ZPO.

Gemäß § 528 Abs.1 ZPO war ein ordentlicher Revisionsrekurs nicht zuzulassen, da vom Rekursgericht keine Rechtsfrage von der dort genannten Bedeutung zu beurteilen war.

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