6R95/95 – OLG Wien Entscheidung
Rückverweise
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Mayer als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Silberbauer und Dr. Schenk in der Firmenbuchsache der ***** A***** mit dem Sitz in Wien, infolge Rekurses der Gesellschaft, vertreten durch Dr. ***** C*****, Dr. M. G*****, Dr. ***** A*****, Rechtsanwälte in Wels (701 Fr 5577/95 s) gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 18.5.1995, 701 Fr 4792/95k-3, in nichtöffentlicher Sitzung, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird n i c h t Folge gegeben.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
Im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien ist die Andernach Gesellschaft mbH in Liquidation seit 21.4.1971 zur Firmenbuchnummer FN 124167z (früher HRB 12851) eingetragen. Das Stammkapital beträgt S 100.000,-- und ist zur Gänze bar eingezahlt. Als Gesellschafter scheinen im Firmenbuch ***** A***** mit einer Stammeinlage von S 25.000,-- und ***** A***** mit einer Stammeinlage von S 75.000,-- auf.
Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 13.10.1988, HRB 12851-20, wurde die Gesellschaft mangels Erhöhung des Stammkapitals auf S 500.000,-- gemäß Art. III § 8 des Bundesgesetzes vom 2.7.1980, BGBl. 320 von Amts wegen aufgelöst und die Eintragung der Auflösung, des Firmenzusatzes "in Liquidation", sowie die Bestellung der bisherigen Geschäftsführer zu Liquidatoren verfügt. Die Eintragung ins Firmenbuch (damals Handelsregister) erfolgte am 11.11.1988. Nach Abberufung der zunächst bestellten Liquidatoren wird die Gesellschaft seit 3.2.1992 von Mag. ***** N***** als selbständig vertretungsbefugtem Liquidator vertreten.
Über Antrag des Finanzamtes für Körperschaften vom 26.11.1993, HRB 12851-39 ist zur Geschäftszahl 701 Fr 14782/94v ein Amtslöschungsverfahren anhängig, eine Entscheidung über den Löschungsantrag ist noch nicht erfolgt.
Am 15.5.1995 meldete der alleinvertretungsbefugte Liquidator Mag. ***** N***** eine Änderung des Firmenwortlautes in "I*****" zur Eintragung ins Firmenbuch an. Vorgelegt wurde ein im Umlaufweg gefaßter Beschluß der Gesellschafter, wobei für den mittlerweile verstorbenen ***** A***** die Rechtsanwälte Dr.***** N***** und Dr. ***** S***** als gemeinschaftliche Testamentsvollstrecker einschritten. Die Echtheit der Unterschrift des Gesellschafters ***** A***** wurde am 13.3.1995 von einem Notar in Weilheim beglaubigt, jene der Testamentsvollstrecker am 3.3.1995 in Bonn. Der Gesellschafterbeschluß weist keine notarielle Beurkundung im Sinn des deutschen Beurkundungsgesetzes auf.
Gleichfalls vorgelegt wurde die in § 51 Abs. 1 GmbHG vorgesehene Beurkundung des Gesellschaftsvertrages in der nach der Änderung vorliegenden Fassung.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Erstgericht die Eintragung der Firmenwortlautänderung mit der wesentlichen Begründung ab, der Gesellschafterbeschluß sei nur beglaubigt unterfertigt, weise jedoch die in § 49 GmbHG vorgesehene notarielle Beurkundung nicht auf. Darüber hinaus sei die Wahl einer reinen Sachfirma im Liqudationsstadium schon deshalb unzulässig, weil die Liquidationsgesellschaft keinen mit einer werbenden Gesellschaft vergleichbaren Unternehmensgegenstand habe, auf den der Firmenwortlaut hinweisen könnte. Eine Sachfirma widerspreche daher dem Grundsatz der Firmenwahrheit.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Gesellschaft, vertreten durch den selbständig vertretungsbefugten Liquidator mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Eintragung der beschlossenen Firmenwortlautänderung und der damit verbundenen Änderung des Gesellschafts- vertrages.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Während nach bisher herrschender Lehre in Österreich Gesellschafterbeschlüsse, die gleich Beschlüssen auf Änderung des Gesellschaftsvertrages notarieller Beurkundung bedürfen, einer schriftlichen Beschlußfassung im Sinn des § 34 Abs. 1 GmbHG nicht zugänglich sind (Graschopf, Die GmbH 25, 151, 161 ff, 171, 194; Kostner - Umfahrer GmbH4, RN 561, 474, 475) bejahen Koppensteiner (GmbHG Rz 21 zu § 34) und Gaeta (GesRZ 1981, 170 ff) die Möglichkeit einer schriftlichen Beschlußfassung nach § 34 Abs. 1 GmbHG auch im Fall einer Abänderung des Gesellschaftsvertrages, wobei jedoch auch diese Lehrmeinungen nicht vom Erfordernis einer notariellen Beurkundung des schriftlichen Gesellschafterbeschlusses abgehen.
Wenngleich § 49 GmbHG die schriftliche Beschlußfassung über eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich nicht ausschließt, sieht diese Bestimmung anders als § 17 Abs. 1 GmbHG für die Bestellung des GmbH-Geschäftsführers - in welchem Fall ein Nachweis nur in beglaubigter Form ausreicht - zwingend die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann diese Beurkundung auch im Ausland erfolgen, wenn das Notariat im entsprechenden ausländischen Staat den österreichischen Anforderungen entspricht (AnwBl. 1992,72; EvBl. 1991/93), wobei eine Beurkundung nach dem deutschen Beurkundungsgesetz jedenfalls als gleichwertig angesehen wird (vgl. ZfRV 1993,214).
Auch die vom Rekurswerber zitierte Lehrmeinung Koppensteiner (GmbHG Rz 13 zu § 49) verlangt im Falle einer Satzungsänderung eine notarielle Beurkundung in der durch § 76 NO vorgesehenen Form (s. auch Gellis GmbHG3 Anm. 16 zu § 49) und verweist auf die praktischen Schwierigkeiten bei der Beurkundung eines schriftlichen Gesellschafterbeschlusses (Rz 21 und 23 zu § 34).
Bei der notariellen Beurkundung beurkundet der Notar was in seiner Gegenwart geschehen und erklärt wird, es werden daher Tatsachenfeststellungen, abgegebene Willenserklärungen oder sonstige rechtlich relevante Vorgänge beurkundet (vgl. Wagner, NO4, Anm. 1 zu § 76), wobei die Beurkundung selbst in Form einer unmittelbaren Klauselsetzung auf der Urkunde in Vermerkform oder in Form einer Amtsbestätigung erfolgen kann (Wagner NO4 Anm. 2 zu § 1).
Die notarielle Beurkundung einer schriftlichen Beschlußfassung müßte daher jedenfalls einen Vermerk über die einzelne Stimmabgabe, den Zugang der Erklärung an die übrigen Gesellschafter (vgl. Koppensteiner GmbHG Rz 23 zu § 34), sowie den Beschlußinhalt als das Ergebnis der Stimmabgabe enthalten. Selbst der Rekurswerber verkennt nicht, daß das Beschlußergebnis vom Notar im Rahmen der notariellen Beurkundung festzustellen ist.
Dies ist jedoch bei der hier vorliegenden bloßen Legalisierung der Unterschriften der Gesellschafter entgegen der Ansicht des Rekurswerbers nicht der Fall. Bei der im gegenständlichen Fall vorgenommenen Legalisierung der Unterschriften (nach § 40 dBeurkG, welches hierin § 79 NO entspricht) beschränkt sich die Tätigkeit des Notars auf die Bezeugung der Echtheit der Unterschrift, ohne die Beschlußfassung, deren Zustandekommen und den Beschlußinhalt zu beurkunden, während sich die notarielle Beurkundung auch auf den Inhalt der Beschlußfassung als Ergebnis von Willenserklärungen, sowie deren Form und Inhalt erstreckt (vgl. Keidel-Kuntze-Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Teil B12, Beurkundungsgesetz, Anm. 5, 6 und 12 zu § 40).
Die im gegenständlichen Fall vorgenommene bloße Legalisierung der Unterschriften der Gesellschafter kann daher die im § 49 GmbHG vorgesehene notarielle Beurkundung der Beschlußfassung nicht ersetzen (vgl. Gellis GmbHG3 Anm. 17 zu § 49; Gaeta GesRZ 1981,170, Fn 15), da diese bloß die Echtheit der Unterschrift, nicht jedoch die Tatsache der Stimmabgabe und deren Inhalt umfaßt.
Der Rekurswerber wendet sich ferner gegen die Ansicht des Erstgerichtes, die Firmenwortlautänderung in eine reine Sachfirma sei im Liquidationsstadium jedenfalls unzulässig und widerspreche dem Grundsatz der Firmenwahrheit.
Satzungsänderungen nach Auflösung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung sind soweit zulässig, als sie dem Abwicklungszweck nicht entgegenstehen (Gellis GmbHG3, Anm. 5 zu § 92; Rspr. 1929/7; Rowedder dGmbHG2, Anm. 61 zu § 53; Priester in Scholz dGmbHG8, Anm. 187 zu § 53). So wird die Änderung des Firmenwortlautes der aufgelösten GmbH im Fall einer Veräußerung ihres Unternehmens samt Firma als zulässig angesehen, soweit dadurch nicht zugleich auch die Abwicklung beendet ist (Reich-Rohrwig GmbH-R 706; Rowedder dGmbHG2 Anm. 61 zu § 53; Karsten Schmidt in Scholz dGmbHG Rz 13 zu § 69; Gellis GmbHG3 Anm. 5 zu § 92).
Unzulässig ist hingegen eine willkürliche, dem objektiven Liquidationszweck widersprechende Änderung (Reich-Rohrwig, aaO, 107).
Ob nun im gegenständlichen Fall die Firmenwortlautänderung sachlich
begründet ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Derartige
Gründe sind weder dem Protokollierungsantrag noch auch dem
Akteninhalt zu entnehmen. Für den Fall einer neuerlichen Anmeldung
der Firmenwortlautänderung nach einer § 49 GmbHG entsprechenden
Beschlußfassung wird die Einschreiterin daher die sachlichen Gründe
für die Wortlautänderung darzulegen haben, wobei die Befassung der
gesetzlichen Interessenvertretung nach § 14 Abs. 1 FBG sich als
erforderlich erweisen könnte. Bereits jetzt wird darauf hingewiesen,
daß eine Fortsetzung der nach Art. III, § 8 GmbH-Novelle 1980
aufgelösten Gesellschaft nicht möglich erscheint (RdW 1990,286 =
ecolex 1990,485 = EvBl. 1990/122).
Das Erstgericht hat daher mangels Vorliegens einer § 49 GmbHG entsprechenden Beschlußfassung der Gesellschafter das Eintragungsbegehren zu Recht abgewiesen. Dem unberechtigten Rekurs war ein Erfolg zu versagen.
Ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes entfällt mit Rücksicht auf dessen organisationsrechtliche Natur. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 15 Abs. 1 FBG, 13 Abs. 1 Z. 3, 14 Abs. 1 AußStrG. Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil zur Frage der (Nicht ) Ersetzbarkeit einer notariellen Beurkundung durch bloße Legalisierung der Unterschriften klare gesetzliche Bestimmungen vorliegen und die Frage, ob Änderungen des Gesellschaftsvertrages einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch noch im Liquidationsstadium beschlossen werden können, nicht abschließend zu beurteilen war.
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