11R27/95 – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Leitner als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Manica und Dr. Kuras in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, ***** Wien, *****, vertreten durch Dr. Gertrude W*****, Rechtsanwältin in Wolkersdorf, wider die beklagte Partei Karl Daniel V*****, Kaufmann, ***** Wien, *****, vertreten durch Dr. Walter E*****, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 131.687,- s.A., infolge Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse S 31.687,- s.A.) und Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse S 100.000,- s.A.) gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 12.9.1994, 19 Cg 339/93z-14, mangels Antrages auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 492 Abs 2 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung
I. zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung des Beklagten wird n i c h t Folge gegeben und das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Teil als Teilurteil bestätigt.
Die Entscheidung über die auf diesen Teilbetrag der Klagsforderung entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
Die ordentliche Revision ist zulässig;
II. den
Beschluß
gefaßt:
Der Berufung der klagenden Partei wird F o l g e gegeben und das angefochtene Urteil in Ansehung des klagsabweisenden Teiles mit dem Betrag von S 31.687,- samt 4 % Zinsen seit 22.9.1993 und im Kostenzuspruch aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die auf diesen Teil der Klagsforderung entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Außer Streit steht das Klagebegehren der Höhe nach.
Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von S 131.687,- samt 4 % Zinsen seit 22.9.1993 und brachte im wesentlichen vor, daß der Beklagte mit den von ihm gelenkten Fahrzeugen Mercedes, polizeiliches Kennzeichen W CD 001, und Mercedes 500 SE, polizeiliches Kennzeichen W 98887B, am 13.8.1991 und am 23.12.1991 Verkehrsunfälle verursacht habe. Dabei sei einmal ein Schaden von S 31.687,- und das andere Mal ein solcher von über S 100.000,- entstanden. Die klagende Partei habe diese Forderungen bezahlt und sei berechtigt, sich am Beklagten zu regressieren, und zwar hinsichtlich des ersten Unfalles am 13.8.1991 deshalb, weil dem Beklagten die Lenkerberechtigung gefehlt habe und er beim Unfall alkoholisiert gewesen sei. Ferner habe er im Verfahren gegen ihn vor dem Bezirksgericht Fünfhaus 6 C 2435/91 seine Obliegenheiten verletzt, da er trotz ausgewiesener Ladung zur letzten Tagsatzung unentschuldigt nicht erschienen sei. Hinsichtlich des zweiten Unfalles am 23.12.1991 stützte die klagende Partei ihre Regreßforderung darauf, daß der Beklagte nicht über eine gültige Lenkerberechtigung verfügt habe.
Der Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im wesentlichen nur ein, daß keine Tatbestände vorliegen würden, die die klagende Partei zum Regreß berechtigten. Das Verwaltungsstrafverfahren wegen Alkoholisierung nach dem ersten Unfall vom 13.8.1991 sei eingestellt worden. Im Zusammenhang mit der geltend gemachten Obliegenheitsverletzung wegen Nichterscheinens im Verfahren 6 Cg 2435/91 des BG Fünfhaus wendete die beklagte Partei ein, daß das Verfahren auch keinen anderen Ausgang genommen hätte, wenn der Beklagte vernommen worden wäre.
Ein Verwaltungsstrafverfahren wegen fehlender Lenkerberechtigung sei beim Unfall vom 23.12.1991 nicht eingeleitet worden.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren im Umfang von S 100.000,- samt 4 % Zinsen seit 22.9.1993 statt und wies das Mehrbegehren im Ausmaß von S 31.687,- samt 4 % Zinsen seit 22.9.1993 ab. Es stellte den auf den Seiten 4 und 5 der Urteilsausfertigung (AS 49 und 51) wiedergegebenen Sachverhalt wie folgt fest:
Der Beklagte verschuldete am 13.8.1991 mit dem PKW Mercedes 500 SE, polizeiliches Kennzeichen W 98887B, den er selber lenkte, einen Schaden am parkenden PKW Nissan Bluebird, polizeiliches Kennzeichen W 840.066, Halter Julius M*****, dessen Ansprüche in der Höhe von S 31.687,-, die klagende Partei als Haftpflichtversicherer des Beklagten befriedigt hat. Das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien Pst 3476/91 vom 31.3.1991, mit dem der Beklagte gemäß § 99/1b iVm § 5/2 StVO wegen Alkoholisierung beim Unfall am 13.8.1991 bestraft worden war, wurde mittelsBerufungsbescheid des UVS Wien UVS-03/11/01275/92 vom 20.5.1992 gemäß § 66 Abs 4 AVG behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VstG eingestellt. Bei diesem Unfall war der Beklagte im Besitz einer polnischen Lenkerberechtigung, die ihm damals für einige Zeit abgenommen wurde.
Der Beklagte verschuldete weiters am 23.12.1991 einen Unfall mit dem PKW Mercedes 126, polizeiliches Kennzeichen W-CD00-1, bei dem Dipl. Ing. Kurt M***** und Karl G***** verletzt wurden, deren Ansprüche in der Höhe von mehr als S 100.000,- die klagende Partei befriedigt hat. Wegen dieses Unfalles ist ein Strafverfahren beim Strafbezirksgericht Wien 10 U 1998/92 wegen § 88 Abs 1 und 4 1. Fall StGB gegen den Beklagten anhängig, wobei die Hauptverhandlung am 29.10.1993 auf unbestimmte Zeit vertagt und das Verfahren schließlich abgebrochen wurde.
In der Verkehrsunfallanzeige vom 23.12.1991 gab der Beklagte den Besitz einer polnischen Lenkerberechtigung an, die er aber nicht mithatte. Vom 27.10.1990 bis zum 27.7.1992 war er in Wien gemeldet.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß eine rechtskräftige Entscheidung eines Strafgerichtes oder ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Alkoholisierung des Beklagten beim Unfall am 13.8.1991 nicht vorliege und daher ein Regreß gemäß § 6 Abs 2 Z 2 AKHB nicht in Betracht komme.
Da jedoch gemäß § 64 Abs 5 KFG das Lenken eines KFZ aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch eine Person mit ordentlichem Wohnsitz im Bundesgebiet nur innerhalb eines Jahres zulässig sei, habe der vom 6.9.1990 bis 27.7.1992 in Österreich gemeldete Kläger zwar noch nicht beim ersten Unfall am 13.8.1991 den Regreßtatbestand des § 6 Abs 2 Z 1 AKHB, das Lenken eines KFZ ohne Lenkerberechtigung erfüllt, jedoch beim zweiten Unfall am 23.12.1991.
Gegen den den Teilbetrag von S 31.687,- abweisenden Teil des Urteiles richtet sich die Berufung der klagenden Partei aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt die klagende Partei einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte beantragte, dieser Berufung nicht Folge zu geben und erhob selbst gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteiles eine Berufung aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es aufzuheben. Hilfsweise stellt der Beklagte den Antrag, das Urteil im klagsabweisenden Sinne abzuändern.
Die klagende Partei beantragte, dieser Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung des Beklagten ist nicht berechtigt.
Der Berufung der klagenden Partei kommt Berechtigung im Sinne des Aufhebungsantrages zu.
Rechtliche Beurteilung
Zur Berufung des Beklagten:
Mit dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht der Beklagte geltend, daß er in erster Instanz die Parteieneinvernahme zum Beweis seines Vorbringens, daß er keine Tatbestände gesetzt hätte, die die klagende Partei zum Regreß berechtigte, beantragt habe, das Erstgericht jedoch, obwohl er zur Verhandlung am 9.9.1994 entschuldigt war, auf die Parteieneinvernahme verzichtet habe.
Die gesetzmäßige Ausführungen des Berufungsgrundes der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erfordert es, daß der Berufungswerber jene für die Entscheidung wesentlichen Feststellungen darlegt, die zu treffen gewesen wären, wenn das beantragte Beweismittel durchgeführt worden wäre. Der Beklagte hat jedoch schon in erster Instanz zu dem konkret geltend gemachten Regreßgrund, daß er ohne Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung Verkehrsunfälle verursacht habe, nicht konkret Stellung genommen, sondern sich damit begnügt, nur zu behaupten, daß er keine Tatbestände gesetzt habe, die die klagende Partei zum Regreß berechtigen. Darin kann jedoch weder in erster Instanz eine ausreichend konkrete Behauptung gesehen werden, noch ist diese allgemeine Darlegung geeignet, die Relevanz des Verfahrensmangels darzutun.
Soweit die Berufung als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt, daß es das Erstgericht unterlassen hätte, zu begründen, warum ein Verstoß nach § 64 Abs 5 KFG vorliegt, ist ihr entgegenzuhalten, daß sich eine dahingehende Feststellung zu Recht im erstgerichtlichen Urteil gar nicht findet. Die Ausführungen dazu sind der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen und die vom Beklagten geltend gemachten Mängel werden mit der Rechtsrüge behandelt.
Als unrichtige rechtliche Beurteilung bemängelt der Beklagte, daß der Meldung alleine keine Aussagekraft über den tatsächlichen Wohnsitz einer Person zukomme. Es stelle jedenfalls einen sekundären Verfahrensmangel dar, daß das Erstgericht keinerlei Feststellungen zu den tatsächlichen und den psychischen Momenten, die für den Wohnsitzbegriff maßgeblich seien, getroffen habe.
§ 6 Abs 2 Z 1 AKHB sieht als eine Obliegenheitsverletzung, die die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung bewirkt, unter anderem vor, wenn der Lenker die kraftfahrrechtliche Berechtigung nicht besitzt. Diese ist grundsätzlich gemäß § 64 Abs 1 KFG von der zuständigen Behörde nach § 65 KFG zu erteilen.
Für die ausländischen Lenkerberechtigungen verweist § 64 Abs 1 KFG auf § 64 Abs 5 und § 84 KFG.
§ 64 Abs 5 KFG sieht vor, daß das Lenken eines Kraftfahrzeuges aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig ist, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist.
§ 64 Abs 6 KFG ermöglicht es dem Besitzer einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung, der seit länger als 6 Monaten seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat, unter bestimmten erleichterten Bedingungen auch in Österreich eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erhalten.
Im Rahmen der Regelungen über den internationalen Kraftfahrverkehr (§§ 79 bis 85 KFG) legt § 79 Abs 1 a KFG fest, daß Personen ohne Wohnsitz in Österreich aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung dann ein KFZ in Österreich lenken dürfen, wenn sie vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet "eingetreten" sind und die Bestimmungen der §§ 84 und 86 (Aberkennung des Rechtes) KFG eingehalten werden.
§ 84 Abs 1 KFG stellt dann unter anderem bei den ausländischen Lenkerberechtigungen auf die Mitgliedsstaaten verschiedener Abkommen, so auch des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr, BGBl Nr. 222/1955, dem Polen angehört, ab.
In dem Fall, in dem die Berechtigung zum Lenken aus einer ausländischen Lenkerberechtigung abgeleitet werden soll, ist also zu unterscheiden, ob der betreffende Lenker einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat - dann ist diese Lenkerberechtigung bis zu einem Jahr nach dessen Begründung wirksam - oder nicht, dann erlischt die Berechtigung ein Jahr nach dem Eintritt in das Bundesgebiet.
Hier war der Beklagte durchgehend mehr als ein Jahr in Österreich gemeldet. Folgt man nun seinem Vorbringen, daß er damit keinen Wohnsitz begründet hat, so sind die §§ 79 und 84 KFG anzuwenden. Danach erlischt aber die Berechtigung ein Jahr nach dem "Eintritt" in das Bundesgebiet.
Der Inhalt des Begriffes "Eintritt" in § 79 KFG muß von dem des Wohnsitzbegriffes verschieden sein, da die Anwendung von § 79 Abs 1 KFG ja gerade voraussetzt, daß der Inhaber der ausländischen Lenkerberechtigung keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat.
Der "Eintritt" erfordert daher nicht die Feststellung einer darauf gerichteten besonderen "Absicht" des Inhabers der ausländischen Lenkerberechtigung, sondern es ist im wesentlichen nur auf die regelmäßige körperliche Anwesenheit im Bundesgebiet abzustellen. Genau diese wird aber schon durch die Meldung nach dem Meldegesetz dokumentiert. Dafür, daß der Beklagte seinen Verpflichtungen gemäß § 4 MeldeG dann, wenn er seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt, innerhalb von 3 Tagen davor oder danach sich bei der Meldebehörde abzumelden, nicht entsprochen hätte, haben sich im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben.
Wenngleich nun im allgemeinen dem Versicherer die Behauptungs- und Beweislast für die Obliegenheitsverletzungen trifft (vgl MGA VersVG § 6 E 43), ist doch auch anerkannt, daß den Versicherten Aufklärungspflichten treffen. Wenn trotz einer Meldung im Inland - die nicht auch gleichzeitig einen ordentlicher Wohnsitz im Sinne des § 64 Abs 5 KFG begründen muß (vgl KFG MGA § 64 E 60) - nicht einmal der "Eintritt" in das Bundesgebiet vorliegen sollte, so hätte dies der Versicherungsnehmer zu behaupten und zu beweisen. Typischerweise hat nur er die Möglichkeit, von diesen Umständen Kenntnis zu erlangen (vgl zu letzterem auch zum Grundsatz der Beweisnähe, Fasching ZPO, Rz 884 - dadurch unterscheidet sich der Zivilprozeß auch teilweise vom Verwaltungsverfahren). Da der Beklagte aber kein konkretes Vorbringen dazu erstattet hat, warum er trotz ordentlicher Meldung in Österreich nicht in das Bundesgebiet eingetreten ist, war davon auszugehen, daß 1 Jahr nach der Meldung seine Lenkerberechtigung erloschen ist.
Ginge man von der Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes im Sinne des § 64 Abs 5 KFG aus, so hat das Erstgericht ebenfalls zu Recht angenommen, daß nach Ablauf eines Jahres in Österreich eine Berechtigung zum Lenken eines KFZ in Österreich aufgrund der polnischen Lenkerberechtigung nicht mehr bestanden hat.
§ 6 Abs 5 AKHB 1988 ordnet zwar ergänzend an, daß die für das Lenken aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Bundesgebiet nach Ablauf der in § 64 Abs 5 1. Satz KFG festgesetzten Frist vorgesehenen Folgen solange nicht eintreten, als nicht ein Antrag gemäß § 64 Abs 6 KFG abgewiesen wurde.
Daraus ergibt sich, daß zivilrechtlich das Auslaufen der Lenkerberechtigung in diesem besonderen Fall nicht als Obliegenheitsverletzung (im Falle des Lenkens eines KFZ) angesehen wird. Unklar ist jedoch, ob die Antragstellung nach § 64 Abs 6 KFG als Voraussetzung für diese Einschränkung anzusehen ist, oder ob es ausreicht, daß - wenngleich auch ohne eine solche Antragstellung - auch kein Bescheid ergangen ist (im letzteren Sinne offenbar MGA KFG § 64 Anm 13 d). Vertritt man diese zuletzt genannte Ansicht, so steht es dem Lenker (Versicherten) frei, durch das Unterlassen einer Antragstellung auf Dauer die versicherungsrechtliche Bedeutung der §§ 64 ff und 79 ff KFG hintanzuhalten. Eine solche einseitige, völlig freie Gestaltungsmöglichkeit ist jedoch nicht anzunehmen. Daher ist § 6 Abs 5 letzter Satz AKHB 1988 nur auf Fälle anzuwenden, in denen bereits ein Antrag auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung nach § 64 Abs 6 KFG gestellt wurde.
Ein Kausalitätsgegenbeweis im Sinne des § 6 Abs 2 VVG, also daß die Obliegenheitsverletzung keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalles gehabt hätte, wurde vom Beklagten gar nicht angetreten (vgl dann auch OGH 14.7.1993, VersR 1994, 503). Wenngleich nun aufgrund des Erlasses des BmfV vom 26.8.1975, Zl. 66.327/3-IV/3-82 (zum Nachweis siehe MGA KFG4, 1141) die volle Gegenseitigkeit für alle Führerscheingruppen, und zwar ohne weitere Prüfung festgestellt wurde, wäre doch vor (erneuter) Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung gemäß § 64 Abs 6 KFG unter anderem etwa die Verkehrszuverlässigkeit des Klägers zu prüfen gewesen, wobei hier feststeht, daß dem Kläger die polnische Lenkerberechtigung bereits abgenommen wurde und sich aus den beigeschafften Akten auch verschiedene Vorstrafen ergeben.
Das Erfordernis des Erwerbs einer österreichischen Lenkerberechtigung kann hier nicht bloß als Formalvorschrift verstanden werden (vgl SZ 50/94).
Aus den angeführten Gründen war daher der Berufung des Beklagten ein Erfolg zu versagen.
Hingegen ist die Berufung der klagenden Partei im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.
Nicht berechtigt sind allerdings die keinem Berufungsgrund zugeordneten Ausführungen der Berufung zur Frage des ordentlichen Wohnsitzes des Beklagten vor dem 13.8.1991. Wie bereits oben dargestellt, trifft die Behauptungs- und Beweislast für Obliegenheitsverletzungen grundsätzlich den Versicherer. Nur dann, wenn der Versicherer bereits die typischen Sachverhaltselemente für eine Obliegenheitsverletzung nachgewiesen hat, trifft den Versicherungsnehmer die Verpflichtung, das Vorliegen allfälliger außergewöhlicher Umstände zu behaupten und zu beweisen. Die klagende Partei hat aber bisher ein konkretes Vorbringen dazu, daß der Beklagte schon vor dem 27.10.1990 einen Wohnsitz in Österreich begründet habe, nicht erstattet. Allerdings ist zu bemerken, daß selbst aus der vom Erstgericht eingeholten Meldeauskunft bereits ab 1985 eine Meldung des Beklagten in Österreich (1050 Wien, Margaretenstraße 95/1/1/9) zu ersehen ist sich die häufige Anwesenheit des Beklagten in Österreich auch aus den im Verwaltungsstrafakt eingeholten Strafregisterauskünften (AS 13 und 15) ebenso wie aus der Aussage der Zeugin G***** im Verfahren vor dem Bezirksgericht Fünfhaus 6 C 2435/91f (AS 33, "Herrn V***** kenne ich schon seit 1945 ...") ergibt.
Die klagende Partei hat sich im erstgerichtlichen Verfahren für ihren Regreßanspruch auch darauf berufen, daß der Beklagte sich am Verfahren vor dem Bezirksgericht Fünfhaus nicht beteiligt hat. Sie hat dieses Verhalten als Obliegenheitsverletzung geltend gemacht.
§ 8 der AKHB 1988 sieht in seinem Abs 2 als eine Obliegenheit des Versicherten, bei deren Verletzung sich die Leistungspflicht des Versicherers auf den Betrag beschränkt, den er auch bei gehöriger Erfüllung der Pflicht zu leiten gehabt hätte, unter anderem vor, daß der Versicherte nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhaltes beizutragen hat und die zur Vermeidung oder zur Minderung von Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen hat (§ 8 Abs 2 Z 2 und 3 AKHB).
Das Erstgericht hat jedoch weder dazu, noch zu dem Einwand der Beklagten, daß das Verfahren auch dann negativ verlaufen wäre, wenn er als Partei ausgesagt hätte, Feststellungen getroffen.
Da nach dem Inhalt der Prozeßakten erheblich erscheinende Tatsachen in erster Instanz nicht erörtert und festgestellt wurden, war allein schon deshalb das erstinstanzliche Urteil aufzuheben (§ 496 Abs 3 Z 1 ZPO). Die Voraussetzungen des § 496 Abs 3 ZPO für eine Verfahrensergänzung durch das Berufungsgericht liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 52 ZPO.
Hinsichtlich des bestätigenden Teiles der Berufungsentscheidung war die ordentliche Revision zuzulassen, weil zur Frage der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung von Personen ohne ordentlichen Wohnsitz in Österreich und ob für die Feststellung des "Eintrittes" im Sinne des § 79 Abs 1 a KFG die Feststellung der Meldung ausreicht, wenn der Versicherte keine davon abweichenden Behauptungen aufstellt, soweit ersichtlich, keine eindeutige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt.