31Ra70/94 – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter des Oberlandesgerichtes DDr. Huberger (Vorsitzender), Dr. Meinhart und Dr. Dragostinoff (beisitzende Richter) sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rudolf Bilzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Peter Hanisch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Karl Heinz K*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Anton Pokorny, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntnerstraße 39, wider die beklagte Partei I*****D*****vertreten durch Dr. Hermann Rieger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Krugerstraße 17, wegen 111.292,61 S (95.292,61 S brutto und 16.000 S netto), infolge Berufung des Klägers (Berufungsinteresse 66.731,50 S) gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14. 10. 1993, 18 Cga 332/93m-27, nach mündlicher Berufungsverhandlung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Berufung wird F o l g e gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Arbeitsrechtssache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Außer Streit steht:
Der Kläger war vom 15.5. bis 30.9.1990 bei der beklagten Partei als Angestellter beschäftigt (ON 2 AS 4). In den vereinbarten Bereichsschutz (./A) fällt Dr. Urbanetz (ON 5 AS 27).
Anerkannt sind: eine Provision von 16.534,05 S samt 4 % Zinsen seit 1.10.1990 aus dem Geschäftsfall Dr. G***** U*****(ON 26 AS 135) und 4.000 S Kilometergeld von samt 4 % Zinsen (ON 26 AS 137).
Der als technischer Sachbearbeiter und Kundenberater bei der beklagten Partei angestellt gewesene Kläger begehrt schließlich 95.292,61 S brutto an Gehalt und offenen Provisionsansprüchen und 16.000 S netto an Kilometergeld.
Dazu brachte der Kläger unter anderem vor (ON 15 AS 60 f), seine Tätigkeit habe die Organisation und Durchführung von Klinikabenden und sonstigen Informationsveranstaltungen, Ausarbeitungen von Offerten mit Einrichtungsplänen, Abnahme von Naturmaßen usw, Offerteinholung und Baustellenabwicklung mit den Handwerkern umfaßt. Zufolge des Bereichsschutzes stünden dem Kläger für Kaufabschlüsse mit Frequentanten des 1. bis 4. Semesters an der Wiener Universitätszahnklinik Provisionen zu. Er habe einen technisch-handwerklichen Beruf - Allgemeinmechanik - erlernt, sich im TGM als technischer Kaufmann weitergebildet und sei sodann langjährig als technisch-kaufmännischer Assistenten und Betriebsleiter in namhaften Wiener Unternehmen der lichttechnischen Objektausstattung (Bakalowitsch, Lobmeyer, Zahn Co) beruflich tätig gewesen, habe Palais, Opernhäuser, Theater, Regierungsgebäude, Großbanken im In- und Ausland gestaltet. Später sei der Kläger selbständiger Werbegestalter gemeinsam mit Architekten und Bauleitern bei Realisierung von Großprojekten bei Kapsch, BBC, Philipps, Austrotours usw tätig gewesen. Diese Projekten seien über dem Schwierigkeitsniveau des Einrichtens von Zahnarztpraxen gelegen. Der Kläger habe Provisionansprüche in den Geschäftsfällen der Doktores Döller, Mitterdorfer, Futter und Kartusch, weil sie in den Bereichsschutz des Klägers gefallen seien.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage, bestritt und brachte vor, mit dem Kläger sei ein Bruttomonatsgehalt von 20.000 S bis 15.7.1990 und anschließend 25.000 S inklusive eines Provisionspauschale von 10.000 S vereinbart worden, das mit tatsächlich verdienten Provisionen gegenzuverrechnen gewesen sei.
Das Erstgericht sprach dem Kläger 28.570,11 S brutto und 4.000 S netto samt 4 % Zinsen aus 28.570,11 S brutto seit 1.10.1990 und weiteren 56.410 S samt 4 % Zinsen vom 1.10. bis 3.11.1990 sowie aus 4.000 S seit 1.10.1990 zu und wies das Mehrbegehren von 66.731,50 S brutto und 12.000 S netto samt gestaffelten Zinsen bei Verfällung des Klägers zum Kostenersatz ab.
Dabei ging das Erstgericht von den auf den Seiten 7 bis 13 der Urteilsausfertigung wiedergegebenen Feststellungen aus, auf die - soweit im Folgenden nicht wiederholt - verwiesen wird.
Der Kläger war als technischer Sachbearbeiter und Kundenberater zufolge des Dienstvertrages vom 17.5.1990 (./A) angestellt worden. Die letztendliche Vertragsformulierung geht auf den Kläger zurück. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte erklärt, der beruflichen Belastung wegen keinen Vertrag zu entwerfen, sondern nur mit dem Kläger darüber diskutieren zu können.
Zu einzelnen Vertragsbestimmungen (./A) hob das Erstgericht in den Feststellungen hervor:
"Für Herrn K***** wurde jedoch ein 'Bereichsschutz' für Kaufabschlüsse mit Frequentanten des 1. bis 4. Semesters an der Wiener Universitätsklinik vereinbart". Zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der beklagten Partei blieb ungeklärt, was zu gelten habe, wenn der Frequentant - [vom Kläger gewählter Begriff] - die Klinik verlasse und sich als Zahnarzt niederlasse, besprachen der Kläger und der Geschäftsführer der beklagten Partei nicht.
" Das Gehalt beträgt für die ersten 2 Monate: 20.000 S Bruttogehalt, ohne Provisionspauschale, jedoch mit einer direkten Provisionsabsrechnung. Direktabschlüsse im nicht geschützten Bereich können nur im Einvernehmen mit der Geschäftsleitung erfolgen".
"Danach, befristet auf die Dauer eines Jahres: 20.000 S Bruttogehalt, jedoch mit einer Provisionspauschale von 10.000 S pro Monat.
Die Berechnung der Provision erfolgt vom Umsatz eines Auftrages, mit 3 % bei Maschinen und Geräten, mit 1 % bei Anwendermaterial. Sie wird monatlich vom bezahlten Umsatz, errechnet, und dabei wird die Provisionspauschale in Abzug gebracht. Wenn die Provisionsabsrechnung laufend die monatliche Provisionspauschale übersteigt, werden wir dieselbe entsprechend anpassen."
"Die Möglichkeit eines Urlaubes in der Zeit vom 30. Juli bis 17. August (in dieser Zeit ist eine Urlaubssperre vorgesehen)"
Beide Parteien verstanden den Vertrag so, daß der Kläger die ersten zwei Monate neben dem Gehalt kein Provisionspauschale bekomme, sondern Provisionsansprüche nur bei konkret vermittelten Geschäftsfällen erhalten solle. Denn der Kläger meinte, noch bei zwei Zahnärzten ins Geschäft kommen zu können.
Für die folgende Zeit verstand der Kläger die Vereinbarung dahin, daß ihm für die ersten zwei Monate kein Provisionspauschale gebühre, sondern Provisionen nur nach von ihm vermittelten Geschäften. Ab dem dritten Dienstmonat sollte ein Provisionspauschale von 10.000 S garantiert sein. Hätte der Kläger einen geringeren Provisionsanspruch gehabt, wäre es beim Pauschale geblieben, bei Überschreiten des Pauschales wären dem Kläger Mehrbeträge zugeflossen.
Der Geschäftsführer der beklagten Partei ging hingegen von einer Gehaltsanhebung um 5.000 S für sechs Monate aus, dies als Entgegenkommen für eine entsprechende "Lehrzeit". Nach sechs Monaten hätte dann der gesicherte Fixanteil sinken und der variable Provisionsanteil steigen sollen. Die Provisionsstaffel sollte für die ersten 2 Monate (./A) gelten. Kaufabschlüsse außerhalb der "Frequenz" sollten keine Provisionsansprüche begründen.
Der Kläger verstand "Bereichsschutz" (./A) als Abschlußprovision. Komme der Kunde innerhalb der Vertragsdauer des Klägers mit der beklagten Partei zum Abschluß, gehöre er dem Kläger. Solche Frequentanten innerhalb der Ausbildung zum Facharzt an die Unversitätsklinik waren: Dr. Gabriele Urbanetz, Dr. Rupert Döller, Dr. Christian Mitterdorfer, Dr. Franz Kartusch und Dr. Doris Döller.
Rechtlich folgerte das Erstgericht:
Dem Kläger stehe keine Provision zu aus den Geschäftsfällen Doktores R***** und Doris D***** sowie Christian M*****, weil die Auftragserteilung mit 11.10.1990 bzw 15.1. 1990 außerhalb des Vertragszeitraumes mit der beklagten Partei lägen.
Provisionsberechtigt sei der Kläger nur im Fall Dris. Kartusch, weil er am 30.9.1990 die letzte Facharztprüfung abgelegt und tags darauf die Ordination in Neuberg a.d.Mürz eröffnet habe. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Provisionsanspruch sei der Vertragsabschluß. Die Vertragsabschlüsse seien in den "garantieprovisionsfreien Zeitraum" vom 16.5.1990 und 2.6.1990 gefallen. In die spätere "provisionspauschalierte" Vertragsdauer hingegen seien die Umsatz laut den in ./4a enthaltenen Rechnungen gefallen. Dem daraus erwachsenen Provisionsanspruch des Klägers sei der Garantieprovisionsanspruch vom 15.7. - 30.9.1990 - also für 2,5 Monate - von 25.000 S gegenüberzustellen. Daraus folge, daß dem Kläger aus dem Rechtsgrund der variablen Provision (vgl oben ON 9 AS 43) kein Anspruch zustehe.
Die Beklagte habe an den Kläger aus dem Titel des Dienstvertrages Teilzahlungen in einem Umfang geleistet, sodaß dem Kläger nur noch zustünden die Provision "Dr. U*****" fällig 30.9.1990 in Höhe von 16.534,05 S, die Provision "Dr. Kartusch" fällig 30.9.1990 in Höhe von 12.027,06 S und 4.000 S Kilometergeld - fällig 30.9.1990.
Die Vereinbarung (./A): ....
" Das Gehalt beträgt für die ersten 2 Monate: 20.000 S Bruttogehalt, ohne Provisionspauschale, jedoch mit einer direkten Provisionsabsrechnung. Direktabschlüsse im nicht geschützten Bereich können nur im Einvernehmen mit der Geschäftsleitung erfolgen".
"Danach, befristet auf die Dauer eines Jahres: 20.000 S Bruttogehalt, jedoch mit einer Provisionspauschale von 10.000 S pro Monat." sei hier in Verbindung mit der Entstehungsgeschichte des Vertrages so zu verstehen, daß eine Provision einem Dienstnehmer nicht "darüber hinaus" sondern eben nur "mit" also einbeziehend, einschließlich zustehe. Es überzeuge nicht, daß der Kläger von einem Gehalt von 20.000 S brutto ohne Fixprovision plötzlich nach zwei Monaten einen Sprung auf 25.000 S zuzüglich Fixprovision machen solle, zumal der Kläger mit langjähriger lichttechnischer Objektausstattung und selbständiger Werbegestaltung nur in Richtung einer "kaufmännischen Begabung" punkten könne, zumal die Einrichtung von zahnärztlichen Ordinationen in der Mitfunktion eines "technischen Sachbearbeiters" demgegenüber deutlich anders strukturiert sei. Die Fixprovision sei nur für die erste Zeit der Einarbeitung im Geschäftsleben üblich. Daher sei das strittige Wort "mit" - wie grammatikalisch naheliegend - als "einschließlich" zu verstehen.
Gegen den das Mehrbegehren von 66.731,50 S brutto abweisenden Teil des Urteils richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger und mangelhafter Tatsachenfeststellung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt (ON 28).
Die beklagte Partei beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben (ON 29).
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt im Sinne des Aufhebungsantrages Berechtigung zu.
Zur Tatsachenrüge führt der Kläger aus, das Erstgericht folge dem Standpunkt der Beklagtenseite mit dem Argument, sie hätte von Anfang an einen einheitlichen klaren Prozeßstandpunkt eingenommen und "auf ungünstige Beweisergebnisse prompt mit Anerkenntnissen reagiert." Dem sei zu erwidern, daß die beklagte Partei von allem Anfang an alles bestritten und nur dort nachgegeben habe, wo auf Grund der Beweisergebnisse der ablehnende Standpunkt nicht mehr aufrechthaltbar gewesen sei. Auch bei der Bedeutung des Begriffsumfanges Frequentant sei das Gericht nicht der Meinung der beklagten Partei gefolgt. Die Urteilsausführung (Seite 14 der Ausfertigung), der Kläger hätte erst am Ende der vorletzten Verhandlung nach bereits zweieinhalbjähriger Prozeßdauer vorgebracht, der Provisionsanspruch gründe sich auf den Bereichsschutz, widerspreche den Tatsachen (richtig wohl dem Akteninhalt). Denn einerseits sei der Dienstvertrag (Beilage ./A) bereits in der mündlichen Streitverhandlung vom 25.1.1991 vorgelegt und andererseits bereits im Schriftsatz vom 31.8.1992 (ON 15) ausdrücklich auf diesen Bereichsschutz Bezug genommen worden. Daß sich die Vertragsauslegung gemäß dem Klagsvorbringen nicht mit den Angaben des Klägers vereinbaren lasse, entspreche ebenfalls nicht den Tatsachen (richtig: sei ebenfalls aktenwidrig), wie dem Protokoll vom 23.4.1991 (ON 5 AS 19 f) zu entnehmen sei. Zum Inhalt des Dienstvertrages hätte auch die Zeugin G***** T***** vernommen werden müssen. Bei richtiger Beweiswürdigung und vollständiger Tatsachenfeststellung hätte das Erstgericht daher feststellen müssen, daß dem Kläger ab dem 2. Dienstmonat ein Bruttogehalt von 25.000 S zuzüglich einer Provisionspauschale von 10.000 S per Monat zustehe. Dem Klagebegehren wäre daher unter Berücksichtigung der Außerstreitstellungen vollinhaltlich stattzugeben gewesen.
Ein näheres Eingehen auf die Akten- und Tatsachenrüge erübrigt sich jedoch nach Ansicht des Berufungsgerichts, denn zufolge der gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge bedarf es noch einer Erweiterung der Feststellungen für eine abschließende rechtliche Beurteilung.
In seiner Rechtsrüge führt der Kläger aus, dem Erstgericht sei beizupflichten, der Schwerpunkt der Beurteilung der Berechtigung des Klagsanspruches liege bei der Auslegung des Dienstvertrages vom 17.5.1990 (Beilage ./A). Richtig zitiere das Erstgericht die Bestimmungen des Dienstvertrages, lege sie jedoch inhaltlich unrichtig aus. So betrage das Gehalt für die ersten zwei Monate 20.000 S Bruttogehalt ohne Provisionspauschale, jedoch mit einer direkten Provisionsabrechnung. Das bedeute also, so auch das Erstgericht, in den ersten beiden Monaten habe der Kläger 20.000 S Bruttogehalt zuzüglich Provisionen zu bekommen. Für das folgende Jahr seien 25.000 S Bruttogehalt, jedoch mit einer Provisionspauschale von 10.000 S pro Monat vereinbart worden. Die Vereinbarung verwende also dieselben Worte "jedoch mit", die vorstehend zuzüglich bedeuten würden. Wieso das Wort "mit" einbeziehend, einschließlich bedeuten solle, sei mit dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht vereinbar, denn beispielsweise bedeute "Schnitzel mit Salat", 'Schnitzel und bzw zuzüglich Salat' und nicht ein 'salatgefülltes Schnitzel', "Mann mit Hut" usw. Schließlich sei die von der Beklagtenseite angestrebte Vertragsauslegung auch deshalb unzutreffend, weil eine Gehaltsvereinbarung von 15.000 S zuzüglich einer Provisionspauschale von 10.000 S bedeuten würde, bei einer Anpassung und Anhebung dieser Provisionspauschale, wie sie im nächsten Absatz vereinbart sei, wäre das Gehalt laufend zu schmälern. Richtig sei wohl, daß sowohl der Unternehmer als auch der provisionsberechtigte Angestellte daran interessiert seien, möglichst viele Aufträge zu erhalten. Hier würde aber die Regelung für die Folgemonate eine Schlechterstellung bedeuten. Da der Auftrag Dris. U***** in die ersten beiden Monate falle, habe der Kläger unbestrittenermaßen den Bruttogehalt 20.000 S, sowie die Provision von 16.534.05 S zu erhalten, insgesamt daher 36.534.05 S. Wäre der Auftrag später zu verprovisionieren, so erhielte der Kläger nach Meinung des Erstgerichtes 25.000 S inklusive 10.000 S Provisionspauschale und den darüber hinausgehenden Betrag von 6.534.05 S, also insgesamt S 31.534,05 S. Ob ein Bruttogehalt von letztlich 15.000 S nicht unter den kollektivvertraglichen Mindestlöhnen liege, sei noch zu überprüfen. Bei richtiger rechtlicher Würdigung hätte das Erstgericht daher nach den ersten zwei Monaten ein Bruttogehalt von 25.000 S zuzüglich einer Provisionspauschale von 10.000 S pro Monat feststellen und demgemäß dem Klagebegehren stattgeben müssen.
Dem kommt aus den noch darzulegenden Gründen Relevanz zu.
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung mit den Parteien und gegebenenfalls geeigneter Vorbringen zu klären haben, wie die beklagte Partei für den Kläger erkennbar davon ausgehen konnte, daß er, ungeachtet der erfolgten Vorkenntnisse und möglicherweise entsprechenden Bezüge in diesen vorangegangenen Dienst- oder Vertragsverhältnisses, nicht unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn entlohnt werde.
Eine Beweisergänzung durch das Berufungsgericht scheidet schon allein im Hinblick auf zusätzliches Vorbringen und zusätzlicher Beweisanträge beider Parteien im Rahmen der Erörterung des unerledigt gebliebenen Prozeßvorbringens des Klägers aus, weil den Parteien hiedurch eine Tatsacheninstanz genommen wäre.
Ausgehend von diesen Berufungsausführungen bedarf es aber der Klärung der kollektivvertraglichen Einstufung und deren Auswirkung auf die Vertragsauslegung, zumal der Kläger im Schriftsatz ON 15 AS 60 f die für eine kollektivvertragliche Einstufung - als technischer Kaufmann - erforderlichen Behauptungen aufstellte - was die beklagte Partei in der Berufungsbeantwortung übersieht. Das relevante Berufungsvorbringen stellt keine Neuerung dar. Denn der Schriftsatz (ON 15) wurde in der folgenden Verhandlung (ON 16 - 3.9.1992) vorgetragen. Die beklagte Partei beschränkte sich auf eine bloße Bestreitung. Das klägerische Vorbringen blieb im weiteren Verfahren unerledigt, wiewohl es für die Auslegung des Vertrages zwischen den Parteien zu berücksichtigen war. Sind doch hier nicht allein der Wortlaut des unstrittigen Urkundeninhaltes des vom Kläger verfaßten Dienstvertrages (./A) sondern der normativ wirkende Kollektivvertrag neben der Absicht der Parteien zu berücksichtigen, zumal die beklagte Partei ebensowenig wie der Kläger - offensichtlich in Erwartung zu optimistisch eingeschätzten Geschäftsverlaufes - ein allfälliges Nichterreichen des kollektivvertraglich geschützten Mindestentgeltes bedacht haben. Auch ist bei der Vertragsauslegung nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen (§ 914 ABGB). Dazu wird sich das Erstgericht mit dem Vorbringen des Klägers über seine kollektivvertraglich relevante Einstufung näher auseinanderzusetzen und die "grundsätzliche Philosophie der Vereinbarung" als von den Parteien beabsichtigten Zweck des Vertrages (vgl 10 Ob 515/95, 8 Ob A 330/94 uva) zu klären haben. Es wird zu beachten sein, daß die Provision ebenso das einzige Entgelt sein kann, wie es auch zum festen Grundgehalt hinzutreten kann (Martinek - M u W. Schwarz AngG7, 255 Erl 6 zu § 10 AngG). Die Provision ist die Erscheinungsform einer Entlohnung, die in gewisser Form zu einer Übertragung von Arbeitgeberrisken auf den Arbeitnehmer führt (Walter Schwarz - Günter Löschnigg, Arbeitsrecht5, 301). Das ist bei der Auslegung des Dienstvertrages wohl entsprechend zu gewichten.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 2 ASGG in Verbindung mit § 52 ZPO (Fucik in Rechberger, ZPO Rz 6 zu § 52).
Eines ausdrücklichen Ausspruches über die Unzulässigkeit des Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluß an den Obersten Gerichtshof bedurfte es gemäß § 2 ASGG iVm § 519 ZPO nicht (Kuderna, ASGG, 231 - § 45 Erl 15 und Kodek in Rechberger, ZPO § 519 Rz 4).
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11