7Bs157/25z – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Hemetsberger als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafvollzugssache der A* B* wegen bedingter Entlassung über die Beschwerde der Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 29. August 2025, GZ BE1*-7, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben; der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass A* B* gemäß § 46 Abs 1 StGB aus der über sie mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 10. Juni 2024 zu AZ Hv1* verhängten Freiheitsstrafe am 19. November 2025 (bei einem Strafrest von zwei Monaten) bedingt entlassen wird.
Gemäß § 48 Abs 1 StGB wird die Probezeit mit drei Jahren bestimmt.
Gemäß §§ 50, 51 Abs 1 und 2 StGB wird A* B* die Weisung erteilt, für die Dauer der Probezeit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen und das aufrechte Beschäftigungsverhältnis in halbjährlichen Abständen dem Gericht gegenüber nachzuweisen.
Gemäß §§ 50, 52 StGB wird für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet.
Text
BEGRÜNDUNG:
Die ** geborene A* B* verbüßt seit 19. April 2024 Strafen und Strafteile im Gesamtausmaß von 21 Monaten im Rahmen des elektronisch überwachten Hausarrests (ON 2, 2) in der Justizanstalt C*. Dem liegen Urteile des Landesgerichts Steyr vom 3. März 2022, GZ Hv2*-9, wegen eines schweren (Darlehens-)Betrugs unter Verwendung falscher Daten (zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, von der sechs Monate unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen wurden), des Bezirksgerichts Perg vom 16. Juni 2023, GZ U*-17, wegen Betrugs im Zusammenhang mit einem Angebot für ein gebrauchtes Unterhaltungsgerät auf einer Onlineplattform (zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe), des Landesgerichts Linz vom 22. Mai 2024, GZ Hv3*-20, wegen gewerbsmäßigen (Warenbezugs-)Betrugs (zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten) und erneut des Landesgerichts Linz vom 10. Juni 2024, GZ Hv1*-17, wegen Veruntreuung (eines Leasing-Pkws) und schweren (Darlehens-)Betrugs (zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von vier Monaten) zugrunde.
Die Hälfte der Strafzeit war am 3. März 2025 vollzogen, zwei Drittel waren am 18. Juni 2025 erreicht (ON 2, 5). Strafende aus derzeitiger Sicht ist der 19. Jänner 2026 (ON 2, 4).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht im Rahmen einer Anhörung (ON 6) den auf eine bedingte Entlassung gerichteten Antrag der Strafgefangenen wegen spezialpräventiver Bedenken ab (ON 7).
Dagegen richtet sich deren fristgerechte Beschwerde (ON 5), zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft nicht geäußert hat.
Sie ist teilweise erfolgreich.
Rechtliche Beurteilung
Zur rechtlichen Grundlage für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit und zum schwer getrübten Vorleben der Beschwerdeführerin sei an dieser Stelle auf den Beschluss dieses Rechtsmittelsenats vom 5. Juni 2025 im Verfahren zu AZ 7 Bs 66/25t (= GZ BE2*-11.2 des Landesgerichts Linz) verwiesen.
Seither sind zum einen vier Monate vergangen (vgl zur Zulässigkeit neuerlicher Antragstellung nach einer wesentlichen Veränderung der zeitlichen Umstände: Pieber in WK-StGB² § 152 StVG Rz 33) und hat zum anderen die Beschwerdeführerin eine Vollzeitbeschäftigung angenommen (vgl ON 2, 9; ON 4, 1). Ihr Vollzugsverhalten blieb weiterhin ohne Beanstandungen (ON 2, 2).
Wenn auch dem Erstgericht zuzustimmen ist, dass eine bedingte Entlassung der Beschwerdeführerin Ende August 2025 verfrüht gewesen wäre (und einer Beschlussfassung unter voller Ausnützung der Dreimonatsfrist des § 152 Abs 1 StVG zu viele Unwägbarkeiten entgegenstanden), stellt sich nunmehr die Sachlage anders dar.
Anders als eine Entlassung (erst) zum Strafende bietet nämlich die bedingte Entlassung mit einem (wenngleich geringen) Strafrest die Möglichkeit, auch nach diesem Zeitpunkt noch auf die Beschwerdeführerin einzuwirken und sie durch Anordnung von Bewährungshilfe (die vom Verein D* befürwortet [ON 4] und von der Beschwerdeführerin angestrebt [ON 2, 10; ON 5, 2] wird) zu unterstützen (§ 50 Abs 1 StGB). Außerdem soll sie der hiermit gewährte Vertrauensvorschuss zusätzlich motivieren, ihre selbst gesteckten Ziele (ON 2, 10; ON 5) zu erreichen und tatsächlich ein straffreies Leben zu führen (vgl Drexler/Weger , StVG 5 § 152 Rz 2). Ein wesentlicher Unterschied zu den zurückliegenden bedingten Entlassungen in den Jahren 2009 und 2015, die offenkundig keine nachhaltig rückfallsverhindernde Wirkung entfalten konnten, liegt außerdem darin, dass die Beschwerdeführerin die nunmehrigen Strafen im elektronisch überwachten Hausarrest verbüßt und damit in der Zeit nach dem Vollzug auf bereits vorhandene Strukturen aufbauen kann.
Aufgrund dieser Überlegungen ist trotz deren massiv belasteten Vorlebens davon auszugehen, dass eine bedingte Entlassung (aus der noch in Vollzug stehenden Strafe [15 Os 74/10m]) zum 19. November 2025 die Beschwerdeführerin zumindest gleich wirksam von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten wird, wie die vollständige Verbüßung der Strafe.
Dabei sollen die Probezeit im gesetzlich höchstzulässigen Ausmaß sowie die angeordneten Bewährungsauflagen das künftig von ihr erwartete Wohlverhalten möglichst nachhaltig absichern.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG, § 89 Abs 6 StPO).