7Bs97/25a – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Hemetsberger als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Jugendschöffengericht vom 22. April 2025, GZ Hv*-43, nach der in Anwesenheit der Oberstaatsanwältin Mag. Breier, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Kolodej durchgeführten Berufungsverhandlung am 14. August 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird im Strafausspruch dahin abgeändert, dass die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf sechs (6) Jahre erhöht wird.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 erster Fall StGB, mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 206 Abs 1, 15 Abs 1 StGB, der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB, der Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach §§ 15 Abs 1, 207a Abs 3 zweiter Fall StGB idF BGBl. I Nr. 117/2017, der Vergehen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach § 207a Abs 3 zweiter Fall StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hierfür unter Anwendung der §§ 28 Abs 1 StGB, 19 Abs 4 Z 2 JGG nach dem ersten Strafsatz des § 206 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren verurteilt.
Nach dem Schuldspruch hat er in **
Nach Zurückweisung der angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom 23. Juni 2025, GZ B*-47, und Zurückziehung der Berufung des Angeklagten richtet sich gegen dieses Urteil noch die Berufung der Staatsanwaltschaft (ON 44), welche auf die Verhängung einer höheren unbedingten Freiheitsstrafe abzielt.
Die Berufung ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd die Unbescholtenheit des Angeklagten, das Alter teilweise (bis 21. Dezember 2016) unter 21 Jahren, den teilweisen Versuch sowie die schwerwiegende Persönlichkeitsstörung des Angeklagten und erschwerend den langen Tatzeitraum sowie das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen mit mehreren Vergehen (gegenüber unterschiedlichen Opfern).
Überdies berücksichtigte das Erstgericht augenscheinlich das Geständnis des Angeklagten als weiteren Milderungsgrund. Dies wird auch von der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Berufung aufgegriffen und dazu ausgeführt, dass das Geständnis des Angeklagten zwar im schriftlichen Urteil offenbar irrig nicht ausdrücklich als Milderungsgrund angeführt, aber im Rahmen der Beweiswürdigung festgehalten wurde. Das vorliegende Geständnis sei laut mündlicher Urteilsverkündung im Zuge der Urteilsfindung auch ausdrücklich als mildernd berücksichtigt worden.
Das Erstgericht hat damit die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen vollständig und zutreffend erfasst. Konkretisierend ist auszuführen, dass die Tatsache unterschiedlicher Opfer bei unterschiedlichen Verbrechen und Vergehen bereits in dem Erschwerungsgrund des Zusammentreffens von mehreren Verbrechen mit mehreren Vergehen aufgeht (vgl OLG Linz 9 Bs 175/15x). Im Rahmen der Gewichtung der Schuld nach § 32 StGB ist das sehr junge Alter des Tatopfers, welches das Schutzalter des § 206 Abs 1 StGB insbesondere anfänglich deutlich unterschritt, als schuldaggravierend zu werten. Die Berücksichtigung der, aufgrund des äußerst geringen Alters gegebenen, besonderen Schutzwürdigkeit des Opfers entspricht auch dem Strafzumessungssystem des StGB, das mehrfach opferbezogene Erwägungen als Strafbemessungskriterien vorsieht (vgl §§ 32 Abs 3, 33 Z 6 und Z 7 StGB; vgl RIS-Justiz RS0090958 [T3]).
Ausgehend davon und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Bemessung der Strafe nach § 32 StGB kann bei dem gegebenen Strafrahmen des § 206 Abs 3 StGB (Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren) mit der vom Erstgericht verhängten Mindeststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe nicht mehr das Auslangen gefunden werden. Auch bei Berücksichtigung der, in der Gegenausführung (ON 46) hervorgehobenen schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung und der Entwicklungsverzögerung des Angeklagten wird die Mindeststrafe dem Erfolgs-, Gesinnungs-, und Handlungsunwert des vom Angeklagten gesetzten Verhaltens nicht gerecht. Eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren ist tat- und schuldadäquat und der konkreten Täterpersönlichkeit entsprechend. Diese Erhöhung wird nicht nur spezialpräventiven, sondern auch generalpräventiven Erwägungen gerecht, zumal bei der Strafbemessung im engen Sinne durch Präventionserwägungen das Maß des Schuldangemessenen ohnehin weder über- noch unterschritten werden darf (RIS-Justiz RS0090592, RS0090600).