4R80/25z – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie Mag. Stefan Riegler und MMag. Andreas Wiesauer in der Rechtssache der Klägerin A* , geb. **, **straße **, **, vertreten durch Dr. Lorenz Kirschner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, wider die Beklagte B* , geb. **, Pensionistin, **straße **, **, vertreten durch Dr. Paul Fuchs, Rechtsanwalt in 4600 Thalheim bei Wels, wegen Rechnungslegung, Ermächtigung und Leistung (Stufenklage gemäß Art XLII EGZPO) über den Kostenrekurs der Beklagten (Rekursinteresse: EUR 58.624,92) gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 9. Mai 2025, Cg*-76, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Kostenrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit EUR 1.804,38 (darin enthalten EUR 300,73 USt.) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
BEGRÜNDUNG
Die Klägerin begehrte von der Beklagten nach mehrfacher Einschränkung und Ausdehnung zuletzt Rechnungslegung sowie Eidesleistung iZm vom Erblasser erhaltenen Vorempfängen und unentgeltlichen Zuwendungen sowie zu diversen Zahlungsflüssen, Ermächtigung der Klägerin zur Auskunftseinholung im Bankensektor samt Eventualbegehren und Leistung des sich nach Hinzurechnung der offenzulegenden Vorempfänge ergebenden Schenkungspflichtteilsanspruchs von einem 1/6-tel, sowie eventualiter zu allen vorherigen Begehren die Zahlung von EUR 83.549,87 s.A.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte dagegen stark zusammengefasst ein, sie sei dem Auskunftsbegehren der Klägerin vollinhaltlich nachgekommen. Dieser fehle zudem jegliches rechtliches Interesse an der begehrten Auskunftserteilung. Der Klägerin stehe jedoch tatsächlich ein auf ein 1/12-tel verminderter Pflichtteil iHv EUR 9.502,54 zu, welcher ausdrücklich anerkannt wurde.
Mit rechtskräftigem Anerkenntnisurteil vom 21. November 2023 verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Leistung von EUR 9.502,54 an die Klägerin. Mit ebenso in Rechtskraft erwachsenem Urteil vom 16. Jänner 2025 zu 4 R 119/24h verwarf das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht die Berufung der Beklagten wegen Nichtigkeit und gab den Berufungen beider Streitteile jeweils teilweise Folge, wobei es das angefochtene Ersturteil vom 31. Juli 2024, das in seinem Spruchpunkt 3. als unbekämpft unberührt blieb, als Teilurteil in seinen Spruchpunkten 1., 2.i., 2.iii., 4. und 5. bestätigte und in den weiteren Spruchpunkten 2.ii., 6. und 7. abänderte.
Mit dem angefochtenen Beschluss verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zu einem Kostenersatz gegenüber der Klägerin iHv EUR 31.033,66. Begründend führte es – soweit für die Behandlung des Kostenrekurses von Relevanz – insbesondere gestützt auf § 43 Abs 2 ZPO zusammengefasst aus, dass aufgrund der zahlreichen Klagsänderungen insgesamt vier Verfahrensabschnitte in erster Instanz zu bilden gewesen seien sowie die Rechtsmittel der Parteien im Berufungsverfahren jeweils gesondert zu beurteilen und anschließend zu saldieren seien.
Dagegen richtet sich der Kostenrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass nicht der Klägerin, sondern der Beklagten ein Kostenersatz von insgesamt EUR 27.591,26 zugesprochen werde.
Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Kostenrekurs keine Folge zu geben.
Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Ein Kostenrekurs muss ziffernmäßig bestimmt erhoben werden, muss also erkennen lassen, was angefochten und welche Abänderung beantragt wird, ferner, in welchem Umfang Teilrechtskraft der erstgerichtlichen Kostenentscheidung eingetreten ist. Die begehrten oder bekämpften Kosten sind im Rekurs rechnerisch darzulegen, d.h. alternativ zu berechnen, wobei das Fehlen einer solchen Darlegung einen nicht verbesserungsfähigen Inhaltsmangel darstellt ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.88; Sloboda in Fasching/Konecny ³ IV/1 § 514 ZPO Rz 72 je mwN; 3 Ob 159/02g; 1 Ob 2049/96x; RIS-Justiz RI0100126). Ein auf eine (Teil-)Abänderung der Kostenentscheidung gerichteter Rekurs hat die bekämpften/begehrten Kosten rechnerisch dergestalt zu präzisieren, dass klar erkennbar ist, welche der konkret bezeichneten Kosten aus welchen, ebenfalls konkret darzustellenden Gründen nicht oder mit einem bestimmten geringeren bzw. doch mit einem bestimmten höheren Betrag honoriert werden sollen (OLG Graz 5 R 54/24m; OLG Innsbruck 3 R 25/23k).
Ausgehend davon liegt – wie die Klägerin in ihrer Rekursbeantwortung zutreffend darlegt – zumindest hinsichtlich der Prozesskosten erster Instanz kein gesetzmäßig ausgeführter Kostenrekurs vor, da keine rechnerische Darlegung dahingehend erfolgte, mit welchen konkreten Kosten die Beklagte im von ihr offensichtlich einzig angenommenen Verfahrensabschnitt in erster Instanz obsiegte. Damit fehlt aber eine nachvollziehbare Alternativberechnung, wie (und warum) die Beklagte aufgrund der durch sie gebildeten Verfahrensabschnitte zu einer Quotenkompensation iSd § 43 Abs 2 ZPO gelangt. Der Rekurs ist damit insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Doch auch unabhängig davon würde sich der Kostenrekurs in diesem Punkt als jedenfalls unberechtigt erweisen: Die Stufenklage kann dogmatisch als objektive Klagehäufung im Sinne des § 227 ZPO verstanden werden, bei der beide Ansprüche den Streitgegenstand bilden und zugleich streitanhängig werden (RIS-Justiz RS0108687 [T3]; Konecny in Fasching/Konecny , Zivilprozessgesetze³ Art XLII EGZPO Rz 111). Es handelt sich um die Möglichkeit, eine Klage auf Leistung mit einer Klage gemäß Art XLII Abs 1 EGZPO zu verbinden, wobei die bestimmte Angabe der begehrten Leistung vorbehalten werden kann, bis die eidliche Angabe über das Vermögen gemacht worden ist (RS0108687 [T2]). Das Gericht hat das Manifestationsverfahren vom Verfahren über den Leistungsanspruch getrennt zu führen und bejahendenfalls zunächst ein Teilurteil über den erstgenannten Anspruch zu fällen (RS0035069 [T1]; RS0108687 [T1]). Die Besonderheit der Stufenklage liegt darin, dass sich der Kläger die bestimmte Angabe der Leistung, die nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis geschuldet wird, vorerst vorbehalten darf. Es besteht damit für das Herausgabebegehren eine (vorläufige) Ausnahme vom Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO (RS0034987 [T1]). Das Zahlungsbegehren muss erst nach Vorliegen der Ergebnisse der Rechnungslegung beziffert werden ( Konecny aaO Rz 116 mwN). Es ist daher zunächst nur über das Rechnungslegungsbegehren zu verhandeln und (mit Teilurteil) zu entscheiden. Das bedeutet, dass in diesem Verfahrensabschnitt allein dieses Teilbegehren Gegenstand der Verhandlung ist; insoweit sind die Kosten gegenüber dem allgemeinen Verfahrensaufwand klar abgrenzbar. Daher ist bei einer Stufenklage grundsätzlich schon in dem das Rechnungslegungsbegehren erledigenden Teilurteil über die bisherigen Verfahrenskosten, jedoch ausschließlich auf der Basis der Bewertung des Rechnungslegungsbegehrens zu entscheiden (zuletzt etwa OLG Wien 4 R 125/24t).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihr in drei Teile (letzteren Teil ergänzt um ein Eventualbegehren) untergliedertes Manifestationsbegehren bereits in der Klage – und unbeachtlich der klägerischen Ausführungen im Rubrum – ausdrücklich mit insgesamt EUR 71.000,00 bewertet (s. Klage vom 16. Februar 2023, ON 1, S. 5 ff). Auf das (zulässigerweise) noch unbestimmte Leistungsbegehren sowie das ursprünglich mit EUR 88.680,53 und zuletzt mit EUR 83.549,87 konkretisierte Eventualleistungsbegehren ist – entgegen der Ansicht der Beklagten – zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch gar nicht abzustellen, weshalb auch das nur auf Leistung gerichtete Anerkenntisurteil vom 21. November 2023 auf den Kostenersatz betreffend das Verfahren über die Behandlung des Manifestationsbegehrens keine Auswirkung hat. Ebenso schadet das Nichtanführen des RATG als Grundlage der im Klagebegehren evidenten Bemessungsbasis, ungeachtet der Ausführungen der Beklagten in ihrem Kostenrekurs, angesichts § 4 RATG, der auf § 59 JN verweist, nicht, zumal letztere Bestimmung einen Spezialfall zu § 56 JN darstellt (vgl. RIS-Justiz RS0046484 [T1]). Damit ist aber der Streitwert sowohl nach RATG, als auch nach JN ident und die Argumentation der Beklagten führt ins Leere. Soweit die Beklagte Rechtsprechung zur Untermauerung ihrer Argumente ins Treffen führt, sind diese angesichts des hier gegebenen Spezialfalles einer Stufenklage im Übrigen nicht einschlägig.
Die Ausführungen der Beklagten zur Kostenberechnung für das Verfahren in erster Instanz sind aber auch rechnerisch nicht nachvollziehbar. So ergibt sich bereits die begehrte Quotenkompensation nicht logisch aus den Erläuterungen der Beklagten. Die Beklagte bildet – anders als das Erstgericht – keine Verfahrensabschnitte bzw. legt nicht dar, warum lediglich ein einheitlicher Streitwert anzunehmen sei oder wie und warum sich die zahlreichen Klagsänderungen (nicht) auf diesen auswirkten. Schon nach der Kostennote der Beklagten selbst ergeben sich aber mehrere unterschiedliche Bemessungsgrundlagen, weshalb der auf das ergangene Anerkenntnisurteil entfallende Streitwert von EUR 9.502,54 – selbst unter Zugrundelegung der inhaltlichen Richtigkeit der Ausführungen der Beklagten in deren Kostenrekurs – von jeder einzeln angeführten Bemessungsgrundlage gesondert abzuziehen gewesen wäre, wodurch sich dann aber wiederum jeweils unterschiedliche Obsiegensquoten ergeben hätten müssen, was die Beklagte aber geflissentlich zu übergehen versucht. Auch die Annahme eines (allgemeinen, offenbar über das gesamte Verfahren) gerundeten 10 %-igen Obsiegens kann zudem rechnerisch keine Obsiegensquote der Beklagten von behauptet 78 % ergeben.
Angesichts des nunmehr rechtskräftigen Berufungsurteils vom 16. Jänner 2025 obsiegte die Klägerin im Ergebnis mit ihrem mit EUR 60.000,00 bewerteten Eidesleistungsbegehren zur Gänze, betreffend das mit EUR 10.000,00 bewertete Eidesleistungs- und Rechnungslegungsbegehren hinsichtlich der Eidesleistung zu zwei Dritteln und unterlag bezüglich des diesbezüglichen Rechnungslegungsbegehrens zur Gänze sowie hinsichtlich der Eidesleistung mit einem Drittel, ebenso wie betreffend ihr mit EUR 1.000,00 bewertetes Begehren gerichtet auf Ermächtigung samt bezughabendem Eventualbegehren zur Gänze. Damit hat im hier ausschließlich zu betrachtenden Verfahrensstadium exkl. Leistungsbegehren aber jedenfalls die Klägerin in einem weit überwiegenden Ausmaß obsiegt, weshalb der Beklagten kein Kostenersatz für die bis dahin aufgelaufenen Vertretungskosten erster Instanz zustehen kann. Weitere Ausführungen zur Richtigkeit des vom Erstgericht konkret ausgemittelten Kostenersatzes für das Verfahren erster Instanz können mangels inhaltlicher Bestreitung durch die Beklagte in ihrem Kostenrekurs auf sich beruhen.
Des Weiteren ist ebenso nicht nachvollziehbar begründet, warum die Beklagte mit ihrer eigenen Berufung mit „mindestens 50%“ teilweise obsiegt haben soll. Vielmehr liegt ein weit überwiegendes Unterliegen der Beklagten vor, da sie mit ihrer Berufung nur in einem (geringfügigen) Unterpunkt durchgedrungen ist. So wurde bloß der Urteilsspruchpunkt 2.ii. betreffend die noch vom Erstgericht angenommene verpflichtende Eidesleistung in eine diesbezügliche Klagsabweisung abgeändert, hingegen die weiteren von der Beklagten bekämpften Urteilsspruchpunkte 1., 2.i. und 2.iii. zur Gänze bestätigt.
Auch die Argumentation hinsichtlich des gänzlichen Obsiegens in Bezug auf die Berufung der Klägerin ist nicht logisch nachvollziehbar, weil lediglich die Urteilsspruchpunkte 4. und 5. – wobei letzterer ein Eventualbegehren zu ersterem darstellt – bestätigt wurden, nicht aber die Urteilsspruchpunkte 6. und 7. – wobei letzterer ebenso ein Eventualbegehren zu vorigem darstellt. Ungeachtet dessen hat das Erstgericht – von der Klägerin unbekämpft und somit in Teilrechtskraft erwachsen – der Beklagten diesbezüglich aber ohnehin vollen Kostenersatz zuerkannt (ON 76, S. 8 letzter Abs.), sodass die Beklagte in diesem Punkt nicht beschwert sein kann. Gegen die vom Erstgericht vorgenommene Saldierung wendet sie sich zudem nicht.
Der von der Beklagten begehrte Prozesskostenersatz zu ihren Gunsten ist somit mangels Alternativberechnung und zufolge fehlender hinreichend verständlicher Begründung, aber auch aus inhaltlichen Gründen nicht berechtigt, weshalb dem Kostenrekurs der Beklagten daher keine Folge zu geben war.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Bemessungsgrundlage im Kostenrekursverfahren ist jener Betrag, dessen Zuspruch bzw. Aberkennung beantragt wird (§ 11 Abs 1 letzter Satz RATG; vgl. auch OLG Linz 11 R 11/22z; OLG Innsbruck 10 R 3/23a; OLG Graz 7 Ra 71/22y; OLG Wien 14 R 183/24w uva), sodass das Rekursinteresse im vorliegenden Kostenrekursverfahren tatsächlich EUR 58.624,92 beträgt. Die Klägerin erhält daher ihre Kosten auf Basis dieses Rekursinteresses allerdings nur nach [richtig] TP 3A (EUR 1.000,70) zzgl. einfachem Einheitssatz von 50 % (EUR 500,35), EUR 2,60 an ERV-Gebühr und 20 % USt. (EUR 300,73).
Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist ein Revisionsrekurs gegen Entscheidungen über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig.