8Bs80/25h – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 16. Jänner 2025, Hv1*-41, nach der in Anwesenheit des Ersten Oberstaatsanwalts Mag. Winkler, LL.M., des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Dr. Mauhart durchgeführten Berufungsverhandlung am 17. Juni 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil im Strafausspruch dahin abgeändert, dass die verhängte Freiheitsstrafe auf fünf Jahre erhöht wird.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 16. Jänner 2025 wurde A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 3, Abs 2 SMG und der Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 2 und Z 3 WaffG schuldig erkannt und hierfür zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie zum Kostenersatz verurteilt.
Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die erlittene Vorhaft auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.
Nach dem Schuldspruch hat A* seit 28. Jänner 2020 bis 4. Juli 2024 in ** und andernorts
I./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem er seit zumindest 5. März 2023 in einer Indoor-Anlage in mehreren Anbauzyklen zumindest 140 Cannabispflanzen anbaute und daraus durch das Abernten der Pflanzen zumindest 7.000 Gramm Cannabiskraut (enthaltend 21,06% THCA und 1,6% Delta-9- THC ) gewann bzw. zum Teil zu gewinnen versuchte, da es vor der Erntereife am 4. Juli 2024 zur polizeilichen Sicherstellung von 28 Cannabispflanzen kam;
II./ im Zeitraum von 28. Jänner 2020 bis 4. Juli 2024 vorschriftswidrig und ausschließlich zum persönlichen Gebrauch;
1./ Suchtgift erworben und besessen, indem er Amphetamine erwarb und das entsprechend Punkt I./ erzeugte Cannabiskraut sowie daraus hergestellte THC-hältige Produkte bis zum Eigenkonsum bzw bis zur polizeilichen Sicherstellung besaß, wobei am 4. Juli 2024 Nettomengen von 66,6 Gramm Cannabiskraut, 3 Gramm THC-hältige Gummibärchen, 9,4 Gramm THC-hältiges Harz und geringe Mengen Amphetamin sichergestellt wurden;
2./ psilocin- und psilocybinhältige Pilze zum Zweck des Suchtgiftmissbrauchs angebaut, wobei am 4. Juli 2024 eine Nettomenge von 136,3 Gramm psilocin- und psilocybinhältige Pilze sichergestellt wurde;
III./ wenn auch nur fahrlässig verbotene Waffen sowie Waffen und Munition, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG aufgrund des Bescheids der OÖ LPD, ** (seit 9. April 2019 bis 15. Februar 2029) verboten ist, besessen, indem er bei der polizeilichen Sicherstellung am 4. Juli 2024 in Besitz folgender Waffen war: 1 Stück Springmesser, Klingenlänge 10,5 cm; 2 Stück Klappmesser, Klingenlänge 10,5 cm; 1 Packung GECO Doated competition Slug Red 28 Cal. 12; 1 Stück 3D-Drucker Waffe schwarz/grün; 1 Stück Kleinkaliber „Pietro Beretta Cal 22LR“ Farbe schwarz; 1 Stück Langwaffe „Walther Carl“ Cal. 4,5 mm inkl. Optik 4x32 Walther; 1 Stück 3D-Drucker Waffe – Kleinkaliber Ockerfarben mit der Aufschrift 22LR; 1 Stück Pistole Nr. 00130 mit einem Laufdurchmesser von ca. 2,8 cm; 2 Stück Schlagring in der Farbe Gelb – Hergestellt mit dem 3D-Drucker; 1 Stück Schreckschusspistole ZORAKI R1-RD 2.5 Cal. 380-R Blank Nr. 0218- 000491; 2 Stück Butterflymesser, Klingenlänge 11 cm; 3 Klappmesser, Klingenlänger 10 cm; 1 Stück Original Bowie Kniefe, Klingenlänge 15 cm; 1 Stück Springmesser, Klingenlänge 9 cm; 1 Stück Survivalmesser MK043315 M9 Phrobis Cuk, Klingenlänge 20 cm, 3 Nunchakus; 1 Kleinglas mit diverser Munition; 1 Beutel mit Stahlkugeln 6 mm; 7 Stück Signalmunition Kaliber 85; 1 Stück Steinschleuder Marke Cobra; 1 Stück Softgun (Glock 42) inkl. Magazin; 1 Stück Softgun (Glock 17 weiß) inkl. Magazin mit 10 Stück Softair Munition.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Anklagebehörde, mit der eine Anhebung des Strafmaßes angestrebt wird (ON 42) und zu der sich der Angeklagte ablehnend äußerte (ON 43).
Das Rechtsmittel ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd das vollumfängliche reumütige Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), die teilweise objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung von Suchtgift (§ 34 Abs 1 Z 14 StGB) und die Gewöhnung des Angeklagten an Suchtmittel, erschwerend hingegen drei einschlägige Vorstrafen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) sowie den langen Tatzeitraum zu I./ und II./ (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB).
Dieser Strafzumessungskatalog ist entsprechend den Berufungsausführungen dahingehend zu ergänzen, dass die Tatbegehung teilweise im raschen Rückfall (Punkt II./) erfolgte (vgl RIS-Justiz RS0091041).
Schuldaggravierend wirkt sich – mit Blick die Verurteilung zu Hv2* des Landesgerichts Linz (ON 35) - weiters die Delinquenz (zu II./) während offener Probezeit und anhängigen Verfahrens aus (vgl Riffel in WK 2 StGB § 33 Rz 10). .
Festzuhalten ist zugunsten des Angeklagten, dass es zur Beurteilung eines Tatgeschehens als versuchte „Erzeugung" im Sinn des § 28a Abs 1 erster Fall SMG einer im Hinblick auf die „Gewinnung" von Suchtgift ausführungsnahen, im Falle von Cannabispflanzen also einer nach den Vorstellungen des Täters der Trennung der Cannabisblüten und des Cannabisharzes von Blättern und Stängeln, mit anderen Worten dem Abschneiden der Pflanzen unmittelbar vorangehenden Handlung bedarf (RIS-Justiz RS0124029). Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen, wonach der letzte Anbauzyklus von 28 Pflanzen sich zum Zeitpunkt der polizeilichen Sicherstellung in keinem erntereifen Stadium befunden hat, kann demnach nicht von einer versuchten Erzeugung von Suchtgift in Bezug auf diesen letzten (fünften) Zyklus ausgegangen werden. Bei Bemessung der Strafe ist somit von einer tatverfangenen Suchtgiftmenge von lediglich 5.600 Gramm Cannabiskraut und damit – unter Zugrundelegung der festgestellten unbedenklichen Reinheitsgehalte, von einer Delinquenz bezogen auf die 33,964-fache Grenzmenge auszugehen.
Insgesamt ist der Anklagebehörde vor dem Hintergrund allgemeiner und besonderer Strafzumessungskriterien beizupflichten, dass sich die vom Erstgericht im konkret zur Verfügung stehenden Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe ausgemittelte Strafe mit Blick auf die - die Qualifikationsgrenze des § 28a Abs 4 Z 3 SMG immer noch deutlich übersteigenden – tatverfangene Suchtgiftmenge, insbesondere aber aufgrund des fallkonkret hohen Handlungs- und Gesinnungsunwerts und der dem – seit dem Jahr 2007 wiederholt und zum Teil im engsten Sinn einschlägig vorbestraften – hafterfahrenen Angeklagten (ON 9) auszustellenden äußerst negativen Legalprognose als deutlich anhebungsbedürftig erweist. Eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren wird neben spezialpräventiven auch generalpräventiven Erfordernissen gerecht, ist doch eine entsprechende Sanktionierung zur Abschreckung potenzieller Nachahmungstäter gerade im Kontext der Erzeugung verbotener Substanzen ebenso wie zur Aufrechterhaltung des Vertrauens der Bevölkerung auf Durchsetzung des Rechts unumgänglich (vgl Jerabek/Ropper in WK² StGB § 43 Rz 18).
Der Argumentation des Angeklagten in seiner Gegenäußerung, die Anzahl der Suchtgifttoten zeige die Wirkungslosigkeit strengerer Strafen im Bereich des SMG, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr verdeutlichen gerade auch diese Todesfälle die Wichtigkeit der Signalwirkung einer entsprechenden Sanktionierung verbotener Handlungen insbesondere bezogen auf das Hantieren mit übergroßen Suchtgiftmengen. Das Argument, der Angeklagte habe ausschließlich zum Eigenkonsum erzeugt, geht schon deshalb ins Leere, da der Gesetzgeber die einzelnen Begehungsformen des § 28a SMG nicht durch unterschiedliche Strafrahmen untereinander abstuft.
Zur ins Treffen geführten Familiensituation ist auszuführen, dass den Angeklagten das Bestehen einer Lebensgemeinschaft und seine Stellung als Kindesvater auch in der Vergangenheit nicht von schwerer Delinquenz abzuhalten vermochten und diese Umstände schon deshalb die ihm spezialpräventiv auszustellende Prognose nicht zu seinem Vorteil zu beeinflussen vermögen.