JudikaturOLG Linz

9Bs117/25g – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
11. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Engljähringer als Vorsitzende und Mag. Kuranda und den Richter Mag. Huemer-Steiner in der Strafsache gegen Ing. A* B* wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft jeweils wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 2. Oktober 2024, Hv*-38, nach der in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts HR Mag. Daxecker sowie des Verteidigers Mag. Machan, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführten Berufungsverhandlung am 11. Juni 2025 zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird im Strafausspruch dahin abgeändert, dass unter Ausschaltung des § 43a Abs 2 StGB und zusätzlicher Anwendung des § 43a Abs 3 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verhängt wird, wovon ein 21-monatiger Strafteil unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen wird; der unbedingte Teil beträgt demnach drei Monate.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von weiteren Tatvorwürfen enthält, wurde der am ** geborene Ing. A* B* des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt und nach dem Strafsatz des § 147 Abs 3 StGB unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten und zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes wurde mit 117 Euro festgesetzt.

Nach dem Schuldspruch hat Ing. A* B* am 5. Dezember 2021 in ** mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der C* AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die per E – Mail übermittelte Vorgabe, zwei im Lastenblatt (C - Blatt) einer im angefochtenen Urteil näher bezeichneten, im Eigentum der D* gmbh stehenden Liegenschaft einverleibte Hypotheken mit dem Höchstbetrag von 960.000 Euro und 288.000 Euro seien „als Sicherheiten hinfällig“, weil dieses von B* geführte Unternehmen „keine Geschäftsbeziehung, keine Konten und keine Verbindlichkeiten“ mehr bei dieser Bank habe, wobei er den Umstand verschwieg, dass diese Hypotheken im Zuge einer Forderungseinlösung (§ 1422 ABGB) auf die E* AG übergegangen waren und der Besicherung eines im Tatzeitpunkt mit 544.934,75 Euro aushaftenden Kredits dienten, welchen diese Bank der D* gmbh zwecks Umschuldung gewährt hatte, zur Ausstellung einer Löschungserklärung betreffend die genannten Hypotheken verleitet, wodurch die E* AG infolge Verlusts der dinglichen Sicherung der uneinbringlichen Kreditforderung im 300.000 Euro übersteigenden Betrag von 544.934,75 Euro am Vermögen geschädigt wurde.

Gegen den Strafausspruch richten sich – nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 13. Mai 2025, 14 Os 17/25v-4 (ON 48.1) – die Berufung des Angeklagten, mit welcher er eine Strafmaßreduktion unter Gewährung gänzlich bedingter Strafnachsicht begehrt, sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft, welche die Verhängung einer teilbedingten Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 43a Abs 3 StGB und sohin die Ausschaltung des § 43a Abs 2 StGB anstrebt.

Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht den bisherigen ordentlichen Lebenswandel mit Blick auf das hohe Lebensalter des Angeklagten als mildernd und keinen Umstand als erschwerend. Aufgrund der Höhe des Vermögensschadens schloss das Erstgericht zwar eine gänzlich bedingte Strafnachsicht aus, erachtete jedoch die Voraussetzungen des § 43a Abs 2 StGB für gegeben.

Der vom Angeklagten zusätzlich reklamierte Milderungsgrund der tatsachengeständigen Verantwortung (§ 34 Abs 1 Z 17 zweiter Fall StGB) liegt nicht vor, da ein Tatsachengeständnis unter dem Aspekt eines wesentlichen Beitrags zur Wahrheitsfindung nur dann strafmildernde Bedeutung erlangt, wenn es sich, anders als hier, maßgeblich auf die Beweiswürdigung ausgewirkt hat (RIS-Justiz RS0091460 [T5, T6]). Fallkonkret ergaben sich die vom Angeklagten zugestandenen objektiven Vorgänge (vgl US 7) aber ohnedies unzweifelhaft bereits aus der Urkundendokumentation (zum tatgegenständlichen E-Mail vgl ON 2.8).

Auf Basis des nicht korrekturbedürftigen Strafzumessungskatalogs entspricht eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten – entgegen der Argumentation des Angeklagten, wonach Unwert- und Schuldgehalt allenfalls als durchschnittlich zu bezeichnen wären – vor allem mit Blick auf den nicht unbeträchtlichen Erfolgsunwert der personalen Täterschuld und dem Unrechtsgehalt der Tat, und wird auch den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung gerecht. Die vom Erstgericht ausgemittelte Sanktionshöhe ist somit in ihrer Gesamtheit keiner Reduktion zugänglich.

Zutreffend weist die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass mit Blick auf die – sich dem zweifachen der Wertqualifikation des § 147 Abs 3 StGB bereits deutlich annähernde – Schadenshöhe eine Anwendung des § 43a Abs 2 StGB nicht mehr in Betracht kommt, um den Präventionszwecken zu genügen.

Neben der Person des Rechtsbrechers und seinem Vorleben sind für die Präventionsprüfung auch die Art der Tat und der Grad der Strafbemessungsschuld beachtlich, wobei der täterbezogene Handlungsunwert unter spezialpräventivem Aspekt im Vordergrund steht ( Jerabek/ Ropper in WK² StGB § 43 Rz 22). Mit Blick auf das Gewicht des Handlungs- und Erfolgsunwerts reicht eine Anwendung des § 43a Abs 2 StGB beim weiterhin im Wirtschaftsleben tätigen Angeklagten nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus, um spezialpräventiv eine ausreichende Motivationskraft auf zukünftiges Wohlverhalten zu entfalten und die Annahme eines künftig deliktsfreien Lebens zu rechtfertigen. Darüber hinaus erfordern auch Belange der Generalprävention als Mittel der Bekräftigung des Geltungsanspruchs der Rechtsordnung den Vollzug eines Teils der Freiheitsstrafe, um potentielle Straftäter von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten und das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtspflege zu stärken, zumal der hohe Vermögensschaden bislang auch zur Gänze nicht gutgemacht wurde (vgl RIS-Justiz RS0091497 sowie § 51 Abs 2 letzter Satz StGB). Fallspezifisch erweist sich aber ein unbedingter Strafteil in Höhe eines Achtels der verhängten Freiheitsstrafe unter Präventionsgesichtspunkten als ausreichend.

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