10Bs52/25f – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 und 2 Z 2 StGB und weiteren strafbaren Handlungen über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe gegen das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Wels vom 10. Juli 2024, Hv*-50, nach der in Anwesenheit des Ersten Oberstaatsanwalts Mag. Winkler LL.M., jedoch in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführten Berufungsverhandlung am 3. April 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Auf die Berufung wegen Nichtigkeit wird keine Rücksicht genommen.
Im Übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil (das auch einen rechtskräftigen Verweis von Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg enthält) wurde der ** geborene A* des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 und Abs 2 Z 2 StGB (zu 1.) und der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (zu 2.) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 107a Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Nach dem Schuldspruch hat er in ** B* C*-D* und E* C* als Verfügungsberechtigte des Auktionshauses E* C* AG
1. in der Zeit von 13. November 2020 bis 22. Februar 2023 vorsätzlich widerrechtlich beharrlich verfolgt, nämlich in einer Weise, die geeignet ist, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt zu ihnen im Wege eines Kommunikationsmittels Kontakt aufgenommen bzw. aufzunehmen versucht, indem er sie wiederholt per E-Mail als Abzocker, Diebe bzw. Betrüger bezeichnete und sie im Sinne des Punkt 2. gefährlich bedrohte;
2. in der Zeit von 13. November 2020 bis 22. Februar 2023 sowie zumindest am 26. Juni 2024 gefährlich mit der Zufügung einer Ehrverletzung bzw. einer Vermögensschädigung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihnen gegenüber wiederholt per E-Mail sinngemäß ankündigte, dass er der Welt die Augen über das Auktionshaus C* - als Abzocker, Diebe bzw. Betrüger - öffnen werde bzw. dies per Flyer, Internet, Flugzettel usw. bzw. dadurch öffentlich machen werde, dass er sich vor dem Auktionshaus oder der Staatsanwaltschaft in der Schweiz anketten oder ankleben werde.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen Nichtigkeit sowie wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe angemeldete Berufung des Angeklagten (ON 52), welche schriftlich jedoch nicht ausgeführt wurde.
Die Berufung, zu der die Oberstaatsanwaltschaft eine Stellungnahme abgegeben hat, ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Auf die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit war keine Rücksicht zu nehmen, weil er weder bei der Anmeldung seines Rechtsmittels noch in einer Berufungsausführung erklärte, welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen will.
Aus Anlass der Überprüfung des Ersturteils auf seine materiell-rechtliche Richtigkeit (§§ 290 Abs 1, 471, 489 Abs 1 StPO) ist zu Punkt 2. festzuhalten, dass sich die bei Drohungen geforderte Absicht des Täters, einen anderen in Furcht und Unruhe zu versetzen ( Schwaighofer in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 107 Rz 10) bei verschränkter Betrachtung der Entscheidungsgründe als Ganzes (insb US 5 wonach es dem Angeklagten auch darauf ankam, dass B* C*-D*, E* C* und die sonstigen Mitarbeiter der E* C* AG diese Drohung als ernst gemeint verstanden und den Eindruck hatten, dass der Angeklagte in der Lage ist, das angekündigte Übel auch umzusetzen) in Verbindung mit dem ausdrücklichen Verweis auf den Urteilsspruch in den Entscheidungsgründen (RIS-Justiz RS0098664 [T3]), insb. aus der darin enthaltenen Formulierung „um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen“ (vgl. Seiler/Seiler in Hinterhofer , Salzburger Kommentar zum Strafgesetzbuch § 107 StGB Rz 5) – im Gegensatz zur Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft - gerade noch ausreichend ableiten lässt. Somit haften dem Urteil keine amtswegig wahrzunehmenden Nichtigkeitsgründe an.
Der Schuldberufung ist vorauszuschicken, dass es sich bei der freien Beweiswürdigung um einen kritisch-psychologischen Vorgang handelt, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind (RIS-Justiz RS0098390). Das Gericht prüft dabei die im Verfahren vorgekommenen Beweismittel in Ansehung ihrer Glaubwürdigkeit und Beweiskraft und kommt aufgrund des Ergebnisses dieses Vorgangs zur Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen entscheidender Tatsachen, die es im Urteil feststellt. Im Zuge dessen berechtigen das Gericht nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse zu Tatsachenfeststellungen (vgl RIS-Justiz RS0098362; Kirchbacher, StPO15 § 258 Rz 8). In diesem Sinn gelingt es dem Berufungswerber nicht, Zweifel an der erstrichterlichen Beweiswürdigung und den darauf gegründeten Feststellungen zu erwecken. Zutreffend wurde vom Erstgericht hervorgehoben, dass vom Angeklagten die Übermittlung der inkriminierten Nachrichten zugestanden wurde. Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite leitete der Erstrichter in seiner Beweiswürdigung aus dem Inhalt der Nachrichten (US 6; vgl RIS-Justiz RS0116882) sowie aus dem Umstand ab, dass der Angeklagte über einen längeren Zeitraum wiederholt derartige Mitteilungen versendete. Insgesamt hat sich das Erstgericht mit sämtlichen Ergebnissen des Beweisverfahrens auseinandergesetzt und seine Feststellungen – auch zur subjektiven Tatseite – ausreichend begründet, sodass der Schuldspruch Bestand hat.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd die bisherige Unbescholtenheit, erschwerend hingegen das Zusammentreffen von mehreren Vergehen und den langen Tatzeitraum. Vor dem Hintergrund dieser Strafzumessungsgründe, der allgemeinen Kriterien der Strafbemessung nach § 32 Abs 2 und 3 StGB und der schuldaggravierenden Wirkung, weil dem Angeklagten die Begehung strafbaren Verhaltens teils während einer nach § 203 Abs 1 StPO ausgesprochenen Probezeit zur Last liegt, erweist sich bei dem vorliegenden Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen die vom Erstgericht verhängte (gänzlich bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe von vier Monaten als angemessene Sanktion. Die flankierende Bestimmung der Probezeit in Dauer von drei Jahren ist notwendig, um den Angeklagten hinkünftig wieder zu rechtstreuen Verhalten zu motivieren. Die alternative Verhängung einer Geldstrafe scheiterte bereits am Fehlen der dafür erforderlichen Zustimmung des Angeklagten.